Gruselgeschichte TEIL 5
Ihr Körper lag leblos auf meinem weißen, runden Teppich und ich fragte mich, wie ich weiter vorgehen sollte. Wenn sie wirklich tot war, dann müsste Bryan jetzt wieder zum Mensch werden und nicht länger als Geist umherirren. Es war ein komisches und angsteinflößendes Gefühl nicht zu wissen, ob sie jeden Moment aufspringen und mir den Kopf abreißen würde. Während ich noch weiter darüber nachdachte, öffnete sich ihr Mund. Ich wich perplex zurück, bekam kaum Luft, so erschrocken war ich, dass sie sich rührte. "Du willst mich also doch töten?", ihre spröden Lippen formten die Worte, aber sie brachte kaum mehr als ein Krächzten heraus. Sie bewegte sich nicht, lag nur da und versuchte ihren Gedanken Worte zu verleihen, sie für mich verständlich zu machen. Ich antwortete nicht, es war auch mehr eine rhetorische Frage. "Ich glaube, Evy, du hast dir nie bewusstgemacht, wie wichtig Bryan für dich ist, du hast noch zu sehr an mir geklammert." Obwohl ihre Stimme mit jedem Satz leiser und brüchiger wurde, verstand ich jedes Wort. "Du warst so mit dem Verlust von meinem alten Ich, deiner besten Freundin beschäftigt, dass du gar nicht gemerkt hast wie sehr du von Bryan geliebt wirst." Sie machte eine Pause, eine schäumende Flüssigkeit trat aus ihrem Mund. "Aber jetzt, da ich wiedergekommen bin, ganz anders, ohne Menschlichkeit, hast du mit der alten Sandra abgeschlossen, hast sie gehen lassen." Ich merkte wie ich nickte, gebannt an ihren weißen Lippen hing. "Du hast in Kauf genommen, dass ich, auch wenn ich nicht mehr die alte Sandra sein konnte, für Bryan wieder unter die Erde gehe. Du wolltest ihn um jeden Preis zurück. Ich glaube in dem Moment, als er nicht mehr bei dir war, hast du gemerkt, dass du nicht nur gern mit ihm zusammen bist, weil er ein guter Küsser ist. Du liebst ihn. Du bist doch schwer verliebt. Das einzige, was dich davon abgehalten hat, war die Angst, dass er mich ersetzten könnte." Ihre Worte wickelten mich ein und ich wusste nicht, ob das ihre Strategie war, um mich reaktionsschwach zu machen. "Ich kann nicht mehr sagen, ob mein altes Ich so gehandelt hat, ich habe die Erinnerung darüber verloren. Aber ich kann mir jetzt vorstellen, dass ich deshalb zu dir zurückkommen wollte. Damit zu mich loslassen konntest. Damit du dir deine Liebe zu ihm eingestehen konntest. In dem Moment, als mir meine Haare ausfielen, wusste ich, dass ich nicht mehr lange bei dir sein würde. In dem Moment hast du ganz bewusst sehnsüchtig, voller Liebe an ihn gedacht. Ich hatte nie eine Chance auf der Erde zu bleiben, aber die Möglichkeit, dir die Freiheit zu schenken. Ich glaube, das war es, was ich für dich wollte." Sie lächelte mich an, nicht gehässig wie die neue Sandra es tat, sondern mit Wärme. Und dann klappten ihre geschwollenen Augen zu und sie regte sich nicht mehr. An meinem ganzen Körper bildete sich eine Gänsehaut. Ich war schockiert über ihre Ehrlichkeit, über ihren körperlichen Zustand, über die Wahrheit ihrer Worte und über ihren Tod. Ich konnte nicht mehr. Ich brach weinend vor ihrer entstellen Körperhülle nieder und schluchzte laut auf. "Sandra, ich habe dich so schrecklich vermisst. Ich hätte dich gegen jeden auf der Welt eingetauscht. Aber ich wollte dich mit Menschlichkeit zurück!", schrie ich sie an. Ich fasste über ihre noch warme Stirn. "Ich wollte nicht, dass du ein zweites Mal sterben musstest. Es tut mir so leid." Mein ganzer Körper bebte, ich war voller Schuldgefühle. Ich liebte sie und gleichzeitig hatte ich nichts mehr gewollt, als sie sterben zu sehen. Ich hielt die Hände vor mein Gesicht und schluchzte. Verabschiedete mich ein zweites und letztes Mal von meiner Freundin. Plötzlich spürte ich eine zarte Berührung an meiner Schulter. Als ich die Finger von meinen Augen nahm, fand ich einen leeren Teppich vor. Erschrocken musterte ich die Stelle, wo Sandra gerade noch gelegen hatte. Lediglich der Abdruck ihres Körpers in den Teppichflusen ließ auf die Anwesenheit schließen. "Was ist los?", drang eine männliche Stimme in mein Ohr. Ich erinnerte mich an die sanfte Berührung und drehte mich so schnell ich konnte um. "Bryan?", fragte ich unsicher und schaute in das widerkehrend verwaschene Blau seiner Augen. Ich hatte Angst, er könnte sich im Tod verändert haben, so wie es Sandra getan hatte. Ich schluckte und musterte ihn bis ins letzte Detail. Er sah genauso aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Die kleine Narbe über seiner Stirn, die er sich bei einer Schlägerei zugezogen hatte. Die braunen Haare, die immer in alle Richtungen abstanden und in seine Stirn fielen. Die minimalen Sommersprossen, die man nur als solche erkannte, wenn man kurz davor war ihn zu küssen. Die schön geschwungenen Lippen, die meistens nach Erdnussbuttersandwiches schmeckten, weil er immer und überall welche dabeihatte. Die rosigen Wangen, die er hatte, weil er fast immer vom Sport kam. Seine breiten Schultern und muskulösen Arme, die mich schon so oft gehalten hatten, wenn ich wegen Sandra geweint hatte. Er sah mich an. Ich sah ihn an. Und es war al würde mir erst jetzt bewusst wie schön er eigentlich war. Es war als würde ich mich erst jetzt in ihn verleiben. Und ohne zu wissen, ob er sich verändert hatte oder mich noch liebte, küsste ich ihn. Ich konnte nicht anders. Ich hatte ihn mir zurück ins Leben geliebt. So hatte Sandra es mir erklärt. Unser Band der Liebe war doch nicht schlüpfrig, keiner hatte mehr eine Chance sich zwischen ihn und mich zu drängen. Ich küsste ihn so zart ich konnte, wollte jeden Moment der Berührung genießen. Ich schmeckte Erdnussbutter oder vielleicht bildete ich es mir auch nur ein. Aber seine Lippen schmeckten nach ihm, nach Vertrautheit und das gab mir Hoffnung. Ich verstärkte unseren Kuss, bewegte meine Lippen gegen seine und er erwiderte ihn, so wie er es immer tat. Er knabberte leicht auf meiner Unterlippe, bevor unser Münder miteinander verschmolzen. "Ich liebe dich, Bryan.", flüsterte ich gegen seine Lippen. Er schlug die Augen auf und löste sich von mir. Seine Augen blitzten überrascht und glücklich auf. Er schüttelte den Kopf. "Du weißt gar nicht wie...ich hätte nicht gedacht, dass du es sagen würdest, dass du das gleiche für mich empfinden würdest." Er schob sich eine seiner braunen Strähnen aus der Stirn. "Evelyn Jameson, Ich liebe dich auch.", sagte er bevor er mich an sich zog und intensiv küsste. Ich hatte Angst davor gehabt, dass er diese Worte irgendwann sagen würde und jetzt waren es die einzigen, die ich hören wollte. Je hören wollte. Ich fuhr durch seine braunen Haare, drückte mich an ihn. "Ich bin so froh, dass ich dich wiederhabe.", flüsterte ich an sein Ohr. "Du hattest mich nie verloren. Ich war schon seit der sechsten in dich verliebt.", hauchte er zurück und ich sagte nichts mehr, weil es Sandras und mein Geheimnis blieb. Dieses Halloween gehörte uns. Es war gruselig, schrecklich, angsteinflößend und schön zu gleich. Es war alles für mich. Auch der Beginn von Bryan und mir.
hey meine lieblingslesemädchen,
das ist endlich der letzte teil der gruselreihe, die auch irgendwie als liebesgeschichte durchgehen könnte.
ich hoffe es hat euch gefallen und ihr habt euch wenigstens ein klein wenig gegruselt.
bis zum nächsten mal, wenn es wieder heißt süßes oder saures.
p.s. mit ben und cecile geht es donnerstag, spätestens freitag weiter...
xoxo
ihr wisst ich liebe euch.
L.
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