Verrat in den eigenen Reihen
Eleah
Mein Schädel dröhnte und ich übergab mich augenblicklich, als ich wieder zu mir kam. Vorsichtig betastete ich die dicke Beule an meinem Hinterkopf.
»Na? Endlich wach?«, erklang eine Stimme in meiner unmittelbaren Nähe.
Quälend langsam öffnete ich die Augen. Noch immer tanzten kleine Sterne in meinem Sichtfeld. Ich wischte mir den Speichel vom Mund und lehnte den Kopf an das kalte Mauerwerk in meinem Rücken. Mein Blick glitt suchend über die rauen Kerkerwände, bis ich in einer Ecke eine kauernde Frauengestalt ausfindig machte. Ihre Haare und die Lumpen, die sie trug, standen vor Schmutz. Neugierig fixierte sie mich mit ihren grünen Augen, während sie mir einladend eine Flasche entgegenhielt.
Der Geschmack in meinem Mund war zu widerlich, um allzu wählerisch zu sein. Dankbar robbte ich zu ihr hin, bis mich etwas am Weiterkommen hinderte. An meinem Knöchel scheuerte eine Fußfessel. Entsetzt starrte ich auf das kalte Stück Metall, das an einer Kette an der Kerkermauer befestigt war.
»Oh! Entschuldige ...«, murmelte sie und kam mir, soweit ihre Fußfessel es zuließ, ein Stück entgegen. »Hier.«
Ich nippte vorsichtig an der Flasche, aus Sorge, dass es meinem Magen zu viel werden könnte und er sich erneut entleerte.
»Ich heiße Kaya.«
»Eleah«, sagte ich und gab ihr die Flasche zurück. »Wie lange war ich bewusstlos?«
»Nur ein paar Minuten«, antwortete sie. »Geht es dir besser?«
Seufzend fuhr ich mir mit der Hand an die Stirn. »Ich glaube, ich habe eine Gehirnerschütterung.«
»Na ja, es hätte dich schlimmer treffen können«, Kaya grinste, »immerhin lebst du noch.«
Ich runzelte die Stirn. Sie hatte recht. Auch wenn mein Schädel brummte und ich gegen die Übelkeit anschlucken musste, so hatte mich Galatea verschont. Vorerst zumindest. »Wie lange bist du schon hier?«
Seufzend ließ sich Kaya neben mir nieder. »Seit beinahe zweihundert Jahren.«
Ich fuhr zu ihr herum, was den Schwindel, der mich noch immer quälte, bestärkte. Mit geschlossenen Augen atmete ich tief ein und aus und wartete, bis die Welt sich nicht mehr drehte.
»Wie ist das möglich?«
Sie grinste freudlos. »Vielleicht kennst du die Geschichten, die man sich erzählt. Dass die Königin einen Handel für ein langes Leben mit dem alten Volk geschlossen hat? Dieser Handel schien nicht nur sie selbst zu betreffen, sondern alle Bewohner des Schlosses. Es ist nur eine Vermutung. Ich kann mich nicht mehr an alles genau erinnern. Ich war damals erst zwölf.«
»Wie kommt ein zwölfjähriges Mädchen in den Kerker der Königin?«, fragte ich schockiert. Ihr Schicksal lenkte mich ein wenig von meinem eigenen ab.
Kaya schien kurz zu überlegen, wo sie mit ihrer Erzählung beginnen sollte. »Ich wurde damals an den Hof geschickt, um den Prinzen zu heiraten.«
»Bist du eine Prinzessin?«
»Nein, aber meine Familie ist seit Generationen sehr wohlhabend und einflussreich. Die Königin hat mich für eine akzeptable Alternative zu einer Prinzessin gehalten. Für mich war es damals natürlich eine Ehre, also habe ich mich zwei Jahre auf mein Schicksal vorbereitet. Ich wurde in Etikette, Sprache und anderen Dingen unterrichtet, um meine Aufgaben gut erfüllen zu können. Aber der Prinz hatte von Anfang an kein Interesse an mir und weigerte sich strikt, der Ehe zuzustimmen. Als er dann nach dem großen Feuer einfach verschwand, hatte die Königin keine Verwendung mehr für mich und steckte mich hier rein.« Mit dem Finger deutete sie in den Kerker.
»Hat sich niemand für dich eingesetzt? Was ist mit deiner Familie? Warum hat sie dich damals nicht einfach wieder nach Hause geschickt?«, löcherte ich Kaya mit Fragen, da ich es immer noch nicht fassen konnte.
»Galatea ist das Gesetz. Niemand stellt sich ihr in den Weg. Die, die es dennoch wagen, überleben nicht lange. Deswegen hat meine Familie wohl beschlossen, mich aus ihren Gedanken und Ahnentafeln zu streichen. Aus Angst und vielleicht auch ein wenig aus Scham, weil ich das Herz des Prinzen nicht für mich gewinnen konnte. So oder so, ich kann es ihnen nicht verübeln.« Sie zuckte die Achseln. »Jetzt ist es sowieso zu spät. Sie dürften mittlerweile wohl bereits alle tot sein.«
Im Gegensatz zu Kaya konnte ich es nicht verstehen, wie man sein eigenes Kind einfach so aus seinem Gedächtnis streichen konnte. Angst hin oder her. Sollte tatsächlich Schamgefühl dahinter stecken, so hatte ich noch weniger Verständnis dafür. Aber in einer Sache hatte sie dennoch recht. Es war zu spät, um noch etwas an der Vergangenheit zu ändern.
»Also, was führt dich hier her?« Kaya riss mich aus meinen Gedanken.
»Weiß ich nicht«, log ich. »Ich wurde unterwegs aufgegriffen und hier hergebracht.«
Sie schnaubte, als hätte sie meine Lüge durchschaut. »Wenn ich dir einen Rat geben darf, dann solltest du Königin Galatea nicht verärgern. Solange du hier unten festsitzt, bist du auf ihre Gnade angewiesen. Ich habe hier unten schon viele Menschen kommen und gehen sehen und die meisten von ihnen sind eines Tages nicht mehr zurückgekommen. Und wenn du mich fragst, denke ich nicht, dass sie begnadigt und freigelassen wurden.«
Ich zögerte einen Moment und überlegte, ob ich Kaya von der Hinrichtung erzählen sollte und entschied mich dann schließlich dafür. Ich kannte Kaya nicht gut genug, um sie vor solchen Grausamkeiten schützen zu müssen, und ich brauchte dringend Informationen.
»Simon und Anne.« Sie nickte traurig. »Sie waren nur drei Wochen hier und gehörten einer Gruppe von Rebellen an. Mehr weiß ich leider nicht über sie, denn sie haben eisern über die Pläne, die ihre Organisation verfolgt, geschwiegen.«
Es gab also doch Menschen, die Galateas grausame Herrschaft nicht einfach so hinnehmen wollten, die sie vermutlich versuchten zu stürzen. Was sonst sollte eine Gruppe von Rebellen für Pläne verfolgen. Kein Wunder also, dass die Königin sie bereits nach so kurzer Zeit hatte hinrichten lassen. Sie wollte ein Exempel an ihnen statuieren.
»Kaya?« Plötzlich fiel mir etwas ein. »Wie hast du es geschafft, all die Jahre hier unten nicht durchzudrehen?«
Nachdenklich runzelte sie die Stirn. »Ich schätze, weil ich ihren Gefangenen von ihren Gräueltaten erzähle und viele nach meinen Schilderungen einknicken und Galatea das erzählen, was sie wissen möchte.« Sie sah auf. »Ich bin nicht stolz darauf, aber so konnte ich mir ein paar Annehmlichkeiten erarbeiten.« Sie deutete auf die Flasche. »Täglich frisches Wasser und ab und zu ein Spaziergang durch den Schlosspark zum Beispiel.«
Ich rieb mir die Schläfen. Eine erneute Welle der Übelkeit brach über mich herein. »Ich werde nicht einknicken«, stieß ich hervor und übergab mich einen Augenblick später.
Kaya strich mir die Haare aus dem Gesicht und hielt sie mir im Nacken zusammen. »Wir werden sehen«, seufzte sie.
***
Nervös trommelte ich mit den Fingern auf dem sandigen Steinboden herum. Am frühen Morgen waren zwei Wachen erschienen und hatten Kaya mitgenommen. Seit zweihundert Jahren hatte die Königin Kaya hier unten förmlich vergessen und nun schien sie ihr Interesse an ihr wieder entdeckt zu haben, und ich fragte mich, ob es etwas mit mir zu tun hatte. Aber ich hatte Kaya nichts Interessantes über mich erzählt, was sie Galatea berichten könnte.
Ehe ich weitere Möglichkeiten gegeneinander abwägen konnte, klickte die schwere Kerkertür und ein Wachmann stieß Kaya zu mir herein. Er folgte ihr und befestigte den schweren Ring wieder an ihrem Knöchel. Dann schlug er die schwere Tür zu und drehte den Schlüssel im Schloss.
Kaya sah fürchterlich aus. An ihrem Leib hingen nur noch Kleiderfetzen und zwischen den großen Brandlöchern lugten dicke Brandblasen und verkohlte Haut hervor.
Ich keuchte auf und fiel neben ihr auf die Knie. »Kaya!«
Sie zitterte am ganzen Körper und stöhnte auf, als sie sich bewegte. »Es geht mir gut.«
»Was redest du denn da? Du siehst furchtbar aus. Warum hat sie das getan?«
Kaya kniff die Augen zusammen, als der Schmerz sie durchzuckte. »Man weiß nie, was die Königin für Pläne verfolgt. Manchmal tut sie solche Dinge nur zu ihrem Vergnügen.«
»Sie ist wirklich schrecklich«, stieß ich hervor. Was sollte ich tun? Kayas Wunden mussten dringend versorgt werden und ich bezweifelte, dass man einen Heiler zu uns in den Kerker schicken würde.
»Hallo?«, rief ich. »Wir brauchen Hilfe! Ist da jemand?«
Niemand kam und während ich immer verzweifelter wurde, zitterte Kaya immer heftiger. Kleine Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. Ihre ansonsten leicht gebräunte Haut war kreidebleich. Mit Tränen in den Augen hielt ich ihr die Flasche Wasser an die Lippen. Das restliche Wasser würde nicht einmal ausreichen, um auch nur die Hälfte der Wunden an ihrem Körper zu säubern.
Gequält lächelte sie und drückte meine Hand. »Danke, dass du für mich da bist. Ich dachte schon, ich würde hier unten alleine sterben.« Sie lachte auf und als der Schmerz sie durchzuckte, sackte sie in sich zusammen. »Was rede ich denn da? Der Tod wäre eine Erlösung.«
Während ich neben Kaya hockte und nichts weiter tun konnte, als ihre Hand zu halten, wurde mir etwas klar: Ich konnte nicht genau sagen, wie viele Tage ich bereits gefangen war, aber der Umstand, dass Kaya und ich Tag und Nacht zusammen verbrachten und uns in der gleichen aussichtslosen Situation befanden, hatte uns zusammen geschweißt. Ich hatte eine Freundin in ihr gefunden und würde sie nicht hier unten sterben lassen, wenn es auch nur noch ein Fünkchen Hoffnung gab, ihr zu helfen.
Und ich konnte ihr helfen.
Entschlossen stand ich auf. »Halte durch. Es wird dir gleich besser gehen.« Ihre Augen waren glasig und sie holte mühsam Luft.
»Hallo?«, rief ich erneut. »Ich habe ein Angebot zu machen.« Nichts geschah, aber damit hatte ich fast gerechnet. Ich krempelte mir die Ärmel hoch und atmete tief durch. Es gab nur noch einen Weg. Ich ging in mich und sammelte Kraft. Konzentrierte all die Wut auf Königin Galatea, die Kaya so etwas Grauenvolles angetan hatte. Die Luft, die sich zwischen meinen Händen bildete, presste ich so lange zusammen, bis sie mir genug erschien.
Kaya keuchte neben mir auf. Ihre Augen waren weit geöffnet und starrten auf den immer schneller zirkulierenden Luftstrom.
Als ich fast die Kontrolle über den Ball verlor, schleuderte ich ihn auf die Kerkertür, die unter der Wucht erzitterte und beinahe aus den Angeln sprang.
Ehe ich etwas sagen oder erklären konnte, wurde die Kerkertür aufgerissen. Erstaunt ließ der Kerkermeister den Blick zwischen uns hin und her gleiten.
»Sie benötigt einen Heiler«, sagte ich entschieden. »Wenn man ihr Hilfe zukommen lässt, bin ich bereit, mit der Königin zu sprechen. Richte ihr das aus.«
Noch immer starrte der Kerkermeister mich entgeistert an. Schließlich rief er einen Wachmann herbei, der Kaya hinaustrug. Erschöpft sank ich auf den Boden. Mir blieb aber kaum Zeit, um zu verschnaufen, da packte der Kerkermeister mich am Arm und zog mich mit sich fort.
Als sich die Flügeltüren zum Thronsaal öffneten und wir eintraten, empfing mich Galateas schallendes Gelächter. Sie saß auf ihrem Thron und deutete mir an näherzukommen. Nervös tat ich, was sie von mir verlangte, während sie nicht aufhören konnte, sich zu amüsieren. Ihr Lachen erstarb erst, als ich vor dem roten Teppich halt machte und sie fragend ansah.
»Hat dir niemand beigebracht, wie du dich vor der Königin zu verhalten hast?«, fragte sie. Ein gefährlicher Unterton schwang in ihrer Frage mit, sodass ich mir eine Bemerkung zu ihrem Umgang mit Gefangenen verkniff. Mit zusammengebissenen Zähnen kniete ich vor ihr nieder.
Ein zufriedenes Lächeln umspielte ihre feuerroten Lippen, aber ihr Blick, der auf mir ruhte, war eisig. Sie schien auf etwas zu warten und das machte mich nervös.
Die Flügeltüren öffneten sich erneut und Kaya kam, von zwei weiteren Wachen begleitet, herein. Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, dass es ihr besser zu gehen schien, denn sie konnte ohne fremde Hilfe laufen. Ein Stein fiel mir vom Herzen, dass man sich an unsere Abmachung gehalten hatte.
Erst auf den zweiten Blick fiel mir auf, dass sie keine Lumpen mehr trug, sondern Hose und Hemd. Auch ihre Haare standen nicht mehr vor Dreck, sondern waren frisch gewaschen und gekämmt, sodass ich zum ersten Mal ihren rotblonden Glanz wahrnahm.
Sie richtete die Augen starr auf den Thron und würdigte mich keines Blickes. Ich hatte erwartet, dass sie neben mir stehen bleiben würde, aber sie trat an mir vorbei und schritt über den roten Teppich, die Stufen zu Galateas Thron hinauf. Bei der Königin angekommen, beugte sie sich zu ihr hinunter und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Galatea lachte erneut laut auf und Kaya trat einen Schritt zurück.
Irritiert starrte ich sie an. Was hatte das denn zu bedeuten?
»Kaya kennst du ja bereits.« Galatea grinste. »Und wie sich herausgestellt hat, hatte Leutnant Beaufort recht, Luftgeborene.«
Die Erkenntnis traf mich wie der Blitz und mir kam die Galle hoch, als ich begriff, dass ich hereingelegt worden war. Kaya, von der ich gedacht hatte, dass ich in der kurzen Zeit eine Freundin in ihr gefunden hatte, hatte mich verraten und verkauft.
»Wieso ...?«, fragte ich Kaya fassungslos, aber sie ignorierte mich und schwieg. Ich konnte es nicht fassen, dass sie mich für Kleidung und ein Bad verraten und verkauft hatte.
»Oh, sie hat dich nicht verraten. Kaya hat von Anfang an für mich gearbeitet und ich habe sie zu dir in den Kerker geschickt, um für mich zu spionieren. Es hat ein paar Tage gedauert, aber letzten Endes hat es sich doch gelohnt. So musste ich mich vorerst nicht weiter mit dir auseinandersetzen und nun weiß ich, dass du mir, falls man der Prophezeiung Glauben schenken mag, tatsächlich gefährlich werden kannst.«
Ich hatte mich blenden lassen. Warum war mich nicht aufgefallen, dass Kayas Teint für zweihundert Jahre Kerker viel zu sonnengebräunt war.
»Was wird jetzt mit mir geschehen?«
»Natürlich musst du sterben«, sagte Galatea, als wäre sie über die Frage überrascht.
Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter und überlegte, wie ich Zeit gewinnen konnte. Auch wenn ich noch nicht genau wusste, wie mächtig Galatea und Kaya waren, so machte alleine die Tatsache, dass etwa ein Dutzend Wachen im Thronsaal herumstanden, eine Flucht für mich schier unmöglich.
Die Königin erhob sich aus ihrem Thron und kam Schritt für Schritt die Treppe herunter. »Ich werde es mir nicht nehmen lassen, dich persönlich hinzurichten. Leider werden wir das Ganze ohne großes Publikum hinter uns bringen müssen.« Sie blieb vor mir stehen und entzündete mit Leichtigkeit einen Feuerball in beachtlicher Größe. Seine Hitze peitschte mir ins Gesicht und ich wich erschrocken zurück.
Das war es also. Hier und heute würde ich sterben. In einer fremden Welt und niemand würde erfahren, was mit mir geschehen war. Ich war froh, Bel von seiner Pflicht entbunden zu haben und hoffte, mein Vater würde eines Tages irgendwie über mein Verschwinden hinweg kommen.
Noch ein letztes Mal hob ich flehend den Blick. Ich wollte, dass mir die Königin dabei in die Augen sah, wenn sie das Urteil vollstreckte, damit sie genau wusste, wer sie in ihren Albträumen heimsuchen würde.
Das Feuer in Galateas Hand reflektierte sich in ihren kalten blauen Augen. Augen, die mir irgendwie bekannt vorkamen. Meine Gedanken überschlugen sich. Scheinbar spielte mir mein Verstand in den letzten Sekunden meines Lebens einen grausamen Streich.
Hinter mir flogen die Flügeltüren erneut mit einem lauten Scheppern auf. Vor Schreck zuckte ich zusammen. Die Wachen begaben sich in Gefechtsposition. Galatea legte den Kopf schief, ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. Sie gab ein Handzeichen, was die Wachen zurückweichen ließ. Falls sie über die Störung überrascht war, ließ sie es sich nicht anmerken.
»Seht an! Der verlorene Sohn ist zurückgekehrt.«
Der Prinz lebte?!
Etwas in mir verbot es mich umzudrehen. Ich blickte zu Kaya. Sie stand noch immer auf ihrer Position hinter dem Thron und ich fragte mich, was in ihrem Kopf vor sich ging, jetzt, wo sie den Prinzen endlich wiedersah. Dann tadelte ich mich selbst, da Kayas Gefühle und Gedanken nun wirklich nicht mehr mein Problem waren.
Galateas Aufmerksamkeit ruhte auf dem Prinzen hinter mir und ich wollte sie nicht erneut auf mich lenken, also bewegte ich mich nicht. Die Situation verschaffte mir wertvolle Zeit, um über einen Plan nachzudenken. Vielleicht würde das Erscheinen ihres Sohnes die Königin besänftigen, sodass sie mich vorerst verschonen würde. Jeder weitere Tag konnte in meiner Lage kostbar sein.
Schwere Stiefelschritte erklangen hinter mir. »Mutter.«
Mein Herz rutscht mir in den Magen und ein kalter Schauder durchfuhr mich, als ich meinte Bels Stimme zu erkennen. Allen guten Vorsätzen zum Trotz, drehte ich mich so hastig um, dass mein Haar beinahe in Flammen aufging. Beim Anblick des Prinzen fiel mir die Kinnlade runter.
Bel scannte den Thronsaal. Seine Augen huschten von einem Wachmann zum nächsten. Er registrierte den Feuerball, den Galatea in der Hand hielt. Dann blieb sein Blick an Kaya hängen.
»Du bist groß geworden.«
Ein Stich in meinem Herzen.
»Du auch.« Kaya grinste.
Sie grinste? Was zur Hölle war hier los? War Bel etwa tatsächlich Galateas Sohn? Er war der Prinz dieses Landes? Kayas Verlobter?
Es fiel mir wie Schuppen von den Augen, warum er versucht hatte, sein wahres Element zu verbergen. So konnte ihn niemand für den Prinzen halten, der das Massaker veranstaltet hatte. Alles begann auf einmal Sinn zu ergeben und gleichzeitig taten sich hundert neue Fragen in mir auf.
Ich versuchte seine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, damit er mir ein stummes Zeichen geben konnte, für den Fall, dass er meinetwegen hier war, aber er sah mich nicht ein einziges Mal an.
»Was verschafft mir die Ehre deiner Rückkehr?« Galatea ließ den Feuerball in ihrer Hand verschwinden. Sie wandte uns den Rücken zu und ging zurück zu ihrem Thron.
Ein Teil der Anspannung wich aus meinem Körper, aber richtig durchatmen konnte ich noch immer nicht. Ich konnte sie genauso wenig lesen wie Bel. War es gut oder schlecht, dass der Prinz zurückgekehrt war?
»Das ist eine durchaus amüsante Geschichte«, antwortete Bel und trat neben mich. »Vielleicht können wir beim Abendessen darüber sprechen und meine Rückkehr feiern.«
Nachdenklich trommelte Galatea mit den Fingern auf ihrer Armlehne herum. Sie verlagerte ihr Gewicht, ehe sie zu einer Antwort ansetzte. »Na schön. Ich kann es kaum abwarten diese Geschichte zu hören und ich hoffe für dich, sie bringt mich zum Lachen.«
Sie gab einem Wachmann ein Zeichen, der daraufhin auf mich zu kam und mich auf die Beine zog. Er führte mich aus dem Saal hinaus, zurück in den Kerker.
Ich wehrte mich nicht. Ich war viel zu verwirrt.
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