Kapitel 41 - Dito
[GRACE]
Mein Herz raste, als ich hinter Cole sein Apartment betrat. Es war dunkel, und nur ein schmaler Streifen Licht fiel aus dem Treppenhauses in den Flur. Ich schloss die Wohnungstür, und Cole schaltete das Flurlicht an, bevor er seine Schuhe auszog. Ich tat es ihm gleich und schlüpfte aus meiner Jeansjacke. Als ich den Kopf hob, trafen sich unsere Blicke, und eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Cole sah mich so intensiv an, dass ich gar nicht anders konnte, als zurück zu starren. Mein Rücken berührte die Tür, als Cole, ohne den Blickkontakt zu lösen, seine Jacke sinken ließ und sich mir näherte. Er überbrückte die Entfernung und stützte sich mit der Hand neben meinem Kopf ab. Seine Augen funkelten, und wie von alleine fanden meine Hände ihren Weg zu seiner Brust. Ich sog scharf die Luft ein, als ich seinen Herzschlag durch den Stoff des Shirts hindurch fühlte. Obwohl Verlangen durch meinen Körper schoss, hielt mich etwas zurück. Die Erinnerung an das letzte Mal. Unsere Begegnung in meiner Wohnung, die Küsse auf dem Sofa, die Berührungen, und dann sein plötzlicher Aufbruch...
Cole senkte den Kopf, und meine Zweifel waren vergessen. Kurz bevor unsere sich Lippen berührten, hielt er jedoch inne. Unter langen Wimpern sah er zu mir herab. Prüfend, eindringlich. »Alles okay?«
Ich nickte hastig, legte meine Hand in seinen Nacken und stockte, als er keine Anstalten machte, sich mir zu nähern. Ich schloss die Augen und schluckte schwer, bevor ich sie wieder öffnete. Meine Stimme war nur ein leises Flüstern. »Versprich mir, dass es dieses Mal kein Spiel ist. Keine Lügen und Geheimnisse mehr.«
In Coles Blick veränderte sich etwas. Er sah mich immer noch unentwegt an, doch mit einem Mal so sanft und offen, dass ich das Gefühl hatte, in seinen Armen zu schmelzen. »Du bist kein Spiel für mich. Du bist das Beste, was mir seit Langem passiert ist, Grace. Ich werde nie wieder etwas tun, was dir schaden könnte. Jedenfalls nicht, wenn ich es verhindern kann. Ich verspreche es dir. Aber nur, wenn du es auch willst.«
Die Ehrlichkeit in seine Augen riss mir beinahe den Boden unter den Füßen weg. Seine Worte waren genug. Sie reichten aus, um die restlichen Zweifel loszuwerden. Mit einer einzigen Bewegung beugte ich mich vor und senkte meine Lippen auf seine. Er erwiderte den Kuss ohne zu zögern, und ich keuchte auf, als seine Zähne über meine Unterlippe strichen. Seine Zunge spielte mit meiner, seine Hände wanderten über meinen Körper, und sein Atem streifte meine Haut.
Ich hatte das Gefühl, Cole zu brauchen, wie die Luft zum Atmen. Haltlos ließ ich meine Finger durch seine Haare wandern und gab einen überraschten Laut von mir, als er mich hochhob. Innerhalb von Sekunden taumelten wir durch die Wohnung und gegen eine Tür. Ich musste grinsen, als Cole in der Dunkelheit fluchte. Mit einer einzigen Bewegung löste ich mich von ihm, drehte mich um und drückte die Türklinke zu Coles Zimmer herunter.
Ein leises Klicken ertönte, und einen Moment später erhellte der leichter Schein einer Nachttischlampe den Raum. Ich drehte mich zurück zu Cole, der mich schweigend musterte. Als er dieses Mal auf mich zu kam, begann mein Herz zu rasen. Ich spürte das Blut in meinen Ohren rauschen und sehnte mich mit jedem Zentimeter, den Cole sich mir näherte, mehr nach ihm. Es war wie eine Sucht. Er war meine Droge, und ich konnte nichts tun, um mich ihr zu entziehen.
Cole blieb vor mir stehen und sah auf mich herab. Ich hob die Arme und legte sie um seinen Nacken. Ein leichtes Lächeln zupfte an seinem rechten Mundwinkel und brachte mich ebenfalls zum Schmunzeln. Der nächste Kuss war sanft, und so federzart, dass ich das Gefühl hatte, zu schweben. Langsam dirigierte mich Cole zum Bett. Als ich das Holz an meinen Beinen spürte, ließ ich mich rückwärts auf die weiche Matratze sinken. Cole folgte mir augenblicklich und war einen Moment später über mir.
Ich beobachtete gebannt, wie er nach einem weiteren Kuss den Saum seinen Shirts umfasste und es sich über den Kopf zog. Mein Blick glitt langsam über seinen trainierten Körper, erfasste die glatte Haut und die Tattoos, die ich schon ein Mal gesehen hatte. Doch damals, in meinem Wohnzimmer, war ich zu sehr darauf konzentriert gewesen, meinen Schmerz zu betäuben, um sie genauer zu betrachten. Jetzt hob ich die Hand und fuhr ehrfürchtig mit dem Finger die schwarzen Linien auf seinem rechten Oberarm nach. Sie bildeten eine Waage, zwei Gewichte die miteinander im Gleichgewicht standen.
»Schön«, murmelte ich und sah zu ihm auf. Er lächelte träge und neigte den Kopf. »Ja. Fast so schön wie du.«
Mein Herz stockte, und im nächsten Moment zog ich Cole zu mir herunter. Er brummte zufrieden an meinen Lippen, seine Hände wanderten unter den Saum meines T-Shirts, und heiße Wellen gingen von dort aus, wo er meine Haut federzart streifte. Bereitwillig hob ich den Rücken an und ließ zu, dass er mir das Kleidungsstück über den Kopf zog. Cole hielt inne und ließ seinen Blick über meine Körper wandern, so wie ich es zuvor bei ihm getan hatte. Ich war meistens zufrieden mit meinem Äußeren, doch unter seinem intensiven Blick fühlte ich mich schon jetzt nackt.
Wieder senkte Cole sich zu mir herab, dieses Mal streiften seine Lippen mein Ohr. Ich erschauderte bei seinen nächsten Worten. »Du bist so wunderschön.«
Ich atmete langsam aus, während mein Herzschlag erneut in die Höhe schoss. »Dito«, erwiderte ich grinsend, was ihm ein leises Lachen entlockte. Er ließ seine Hand über meinen Bauch wandern, erkundete meine Haut und sorgte dafür, dass ich fast verrückt wurde. Kurz vor dem Bund meiner Jeans hielt er inne und strich federzart über meine Haut. Ich lehnte mich ihm entgegen und amtete erleichtert aus, als er den Knopf öffnete und den Reißverschluss mit einem leisen Geräusch herunterzog. Schnell hob ich meine Hüften an, und er zog die Hose, mitsamt meines Slips, herunter.
Ungeduldig nestelte ich an dem Gürtel seiner Hose. Einige Sekunden lang quälte er mich, dann setzte er sich auf und öffnete den Verschluss selbst. Ich beobachtete ihn dabei, wie er die Jeans über die Knöchel zog und neben dem Bett auf den Boden fallen ließ. Der Stoff raschelte, genauso wie die Bettdecke, als er nur mit Boxershorts bekleidet, zurück auf die Matratze kam. Ich ließ meine Hand in seine Haare gleiten und zog ihn für einen weiteren Kuss zu mir herab. Haut traf auf Haut, und ich erschauderte.
Seine Hände waren überall, erkundeten mich und machten mich verrückt. Er drängte seine Hüfte gegen meine, was mir ein ersticktes Keuchen entlockte. Flehend schob ich mich ihm entgegen, bis Cole endlich an mir vorbei griff und die Schublade seines Nachttischs öffnete. Das Knistern von Folie ertönte, und mit einem leichten Rascheln entledigte Cole sich seiner Boxershorts. Er zog das Kondom über, und ich spürte ein ungebremstes Verlangen in mir aufsteigen. Als Cole wieder über mir lag, strich er mir einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und sah mich einen Moment einfach nur an. Schweigend, durchdringend, prüfend. »Bist du dir sicher?« Seine Frage war leise, doch ich wusste, dass er jedes einzelne Wort absolut ernst meinte.
Ich nickte, ohne den Blick abzuwenden. Mein Leben war auf den Kopf gestellt worden, und ich hatte Entscheidungen getroffen, die nicht immer überlegt gewesen waren. Doch in einer Sache war ich mir sicher. Ich vertraute Cole. Und ich liebte ihn.
»Ja«, sprach ich meine Zustimmung laut aus und schloss die Augen, als Cole sich langsam auf mich hinab senkte. Ich spürte ihn zwischen meinen Beinen, und mein Atem stockte, als Cole meinen Hals, meine Brüste und mein Gesicht mit Küssen übersäte. In meinem Bauch staute sich die Leidenschaft an, wuchs zu etwas Großem heran. Ein Schauer durchfuhr meinen Körper, und Wellen der Lust durchschossen mich. Ich brauchte ihn.
»Bitte«, murmelte ich drängend, öffnete die Augen und blickte flehend zu ihm auf. Cole sah mich an, liebevoll, prüfend. Dann, nach einem weiteren Nicken, drang er langsam in mich ein. Ich keuchte überwältigt auf und hielt seinem Blick stand, als er in mir innehielt. Das Gefühl, diese Nähe zu ihm, war unbeschreiblich, genauso wie die Emotionen, die mich durchschossen, und welche sich in Coles Augen widerspiegelten.
»Alles okay?«, murmelte er leise und suchte mit verschleiertem Blick meinen. Ich nickte und legte meine Beine um seinen Körper, um ihm noch näher zu sein. Als Cole begann, sich in mir zu bewegen, schloss ich die Augen, ließ mich treiben und genoss das Gefühl. Ich wollte es einfangen, festhalten und nie wieder vergessen. Ich hatte nicht damit gerechnet, diese eine große Liebe zu finden, von der alle sprachen. Doch ich war eines besseren belehrt worden. Ich hatte Cole nicht gesucht, doch war ihm trotzdem begegnet.
Wir bewegten uns im Einklang, jede Faser meines Körpers war auf Cole ausgerichtet und sehnte sich nach seinen Berührungen. In meinem Inneren staute sich die Lust an, ballte sich zusammen und drängte mich an eine Klippe. Ich fuhr mit den Fingern über Coles Rücken und schob mich ihm noch ein wenig weiter entgegen. Ich war kurz davor, zu kommen, als Cole meinen Namen sagte.
»Schau mich an«, raunte er und fuhr mit den Fingern über meine Schläfe. Ich öffnete die Augen und blickte in sein Gesicht. Erfasste seine Lippen, die Augen, die Brauen, sein Kinn. Und mit einem Mal war ich mir hundertprozentig sicher. Ich liebte Cole. Bedingungslos. Zeitlos. Haltlos. Vielleicht hatte ich es schon vorher gewusst, doch in diesem Moment war das Gefühl überwältigender denn je. Und ich ließ es endlich zu. Die angestaute Lust explodierte in meinem Körper, und ich kam gleichzeitig mit Cole. Er senkte die Lippen sanft auf meine, und mein Herz zerfloss.
Ich liebe dich, ich liebe dich, ich lieben dich.
»Ich liebe dich«, keuchte ich, als Cole sich atemlos von mir löste. Erschrocken erstarrte ich und spürte, wie mir eiskalt wurde. Scheiße. Das hatte ich nicht laut aussprechen wollen. Oder doch?
Cole hob langsam den Kopf. Seine Stirn glänzte, und seine Augen wirkten trübe, doch trotzdem konnte ich die Ungläubigkeit, vielleicht sogar Hoffnung, in ihnen lesen. »Was hast du gerade gesagt?«
Hastig schüttelte ich den Kopf. »Nichts, sorry, ich... das...«
Cole senkte den Kopf und verschloss meine Lippen mit seinen, bevor er mich erneut ansah, dieses mal so tiefgründig, dass ich erschauderte. »Verdammt, Grace. Ich liebe dich auch.«
»Du... was?« Mein Herzschlag beschleunigte sich, und ich schnappte nach Luft. Meinte er das ernst?
Er ließ den Kopf sinken, und lachte leise, bevor er mir wieder ins Gesicht sah. »Ja, ich liebe dich. Schon lange. Aber die Worte von dir zu hören, macht es gleich ein bisschen einfacher auszusprechen.«
Ich lachte, während in meinem Bauch tausende Schmetterlinge tanzten. »Gern geschehen.«
Cole grinste und ließ seine Stirn gegen meine sinken. »Danke, dass du mich so glücklich machst.«
Schmunzelnd erwiderte ich seinen Blick. »Ich bin froh, dass ich zum Überprüfen von Zacs Drogengeschichte hergekommen bin. Jetzt würde ich nur gerne wissen, ob da auch was Wahres dran ist.«
Cole strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und seine Mundwinkel zuckten verräterisch. »Dito.«
༺
»Was bedeutet es?« Ich lag in Coles Armen und fuhr mit meinen Fingern über die Linien eines seiner Tattoos. Die Waage war detailreich gestochen und wunderschön. Sie besaß einen einfachen Sockel, von dessen oberen Ende aus zwei Streben nach links und rechts abgingen. Zu beiden Seiten hingen Gewichte, beide auf der gleichen Höhe.
Cole lächelte leicht. »Es steht für Gerechtigkeit und erinnert mich immer an das, was ich in meinem Leben erreichen will. Die Guardians waren erst der Anfang.«
Ich musste ebenfalls lächeln. Das Tattoo passte perfekt zu ihm. Mein Blick wanderte weiter über seine Brust und zu mehreren Zeichen unterhalb seines Herzens. Als ich die Buchstaben mit dem Zeigefinger nachfuhr, erschauderte Cole.
»Und das?«, wisperte ich, beeindruckt von der schwarzen Kunst auf seiner hellen Haut.
XVII II MCMLXXVI
Coles Hand stockte einen Moment auf meinem Rücken, bevor er antwortete. »Das ist das Geburtsdatum meiner Mom. In römischen Ziffern.« Seine Stimme klang rau und verpasste mir eine Gänsehaut. »Sie hat total gerne neue Sprachen und Kulturen kennengelernt und sich für Geschichte interessiert. Dabei hat es ihr die Kunst aus der römischen Antike besonders angetan. Sie wollte mit mir nach Rom fahren. Leider haben wir es nicht mehr geschafft.«
Ich spürte, wie meine Kehle eng wurde, während meine Augen zu brennen begannen. »Wie hieß sie?«
»Samantha.«
Ich lächelte. »Das ist ein schöner Name.«
»Ja. Sie hätte dich gemocht.«
Ich spürte eine Schwere in mir aufsteigen und konnte die nächsten Worte nur wispern. »Ich hätte sie gerne kennengelernt.«
Cole schwieg, und auch ich verstummte, lauschte gebannt auf unsere regelmäßigen Atemzüge. Die Minuten verstrichen, und ich spürte wie meine Augenlieder immer schwerer wurden. Als ich fast eingeschlafen war, durchdrang Coles ruhige Stimme den friedlichen Nebel in meinem Kopf. »Ich bin so froh, dass du hier bist.«
Wärme durchflutete mich, füllte jeden Winkel meines Körpers und sorgte dafür, dass ich mich noch näher an Cole kuschelte. »Und ich erst.« Meine Worte waren leise, doch an der Art, wie Cole mich an sich zog, wusste ich, dass er mich verstanden hatte. So, wie er mich immer verstand.
༺
»Okay.«
Angespannt beobachtete ich, wie Dad die Zeitung in seinen Händen sinken ließ und zu mir aufblickte. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten, was mich noch nervöser werden ließ. Als er mich heute morgen angerufen hatte, hatte ich mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass er über meinen Zeitungsartikel reden wollte.
»Was sagst du?«, fragte ich und verfluchte das Zittern in meiner Stimme. Ich hatte mich mit dem, was ich geschrieben hatte, gegen die Arbeit der Polizei, gegen die Arbeit meines Vaters, positioniert. Theoretisch gesehen war ich Dad erneut in den Rücken gefallen.
»Ich sage...«, begann er und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, bevor er meinen Blick endlich erwiderte. »Ich sage, dass ich nicht mit allen Punkten dieses Artikels übereinstimme. Aber du bist erwachsen. Du kannst deine eigene Meinung haben, und du kannst deine eigenen Entscheidungen treffen. Auch, wenn sie von meinen abweichen. - Ich bin stolz auf dich. Ich will nicht wissen wie du an all diese Informationen gekommen bist, aber Himmel, Grace, dein Name steht unter einem Artikel in der Temporal Times. Wow!«
Ich spürte wie es um mein Herz ein wenig leichter wurde. Trotzdem war ich noch nervös. »Und was jetzt? Werdet ihr die Guardians weiter jagen?«
Dad seufzte. »Wir haben sie nicht gejagt, wir wollten lediglich dafür sorgen, dass keine Menschen mehr in Gefahr geraten. Aber jetzt...«
Mein Herz machte einen aufgeregten Hüpfer, und ich richtete angespannt mich auf. »Jetzt habt ihr gesehen, dass sie durch sie sicherer sind?«
Mein Vater wiegte den Kopf. »So würde ich es nicht ausrücken.... Wir können die Fehler, die die Guardians gemacht haben nicht einfach vergessen. Aber vielleicht waren wir ein wenig voreilig. Und der Fakt, dass du weißt, wer sie sind, hat meine Entscheidungen nicht unbedingt leichter gemacht. Ich wollte nicht, dass du dich in etwas verrennst und in Gefahr gerätst. Ich hätte mich dir gegenüber nicht so verhalten dürfen, das tut mir leid. Und ich traue deiner Menschenkenntnis. Wenn du und die anderen in diesem Artikel erwähnten Menschen so sicher sind, dass die Gruppe Gutes tut, werde ich erst einmal darauf vertrauen. Das Kopfgeld ist aufgehoben. Und ich werde den Fall vorerst fallen lassen.«
Ich stieß einen Freudenschrei aus und sprang so abrupt von meinem Stuhl auf, dass er nach hinten und gegen die Tür rollte. Übermütig umrundete ich den Schreibtisch und umarmte Dad. »Danke! Danke, danke, danke«, murmelte ich gedämpft in sein Hemd, während meine Finger sich in dem Stoff verkrampften.
Er erwiderte die Umarmung, was meine Laune noch weiter hob. Als ich mich von ihm löste, hob er warnend die Hände. »Aber das heißt nicht, dass wir sie nicht wie jeden anderen Menschen auch zur Rechenschaft ziehen, sollten wir sie bei etwas Illegalem fassen! Zum Beispiel Graffitis sprühen...«
Ein Grinsen zupfte an meinen Mundwinkeln. »Falls ihr sie fasst.«
Dad verdrehte die Augen, was mir ein Lachen entlockte.
»Danke. Das bedeutet mir viel«, sagte ich mit erstickter Stimme. Ich wusste nicht, ob ihm bewusst war wie viel mir seine Worte bedeuteten.
»Ich weiß«, erwiderte er ernst. »Ich dachte schon, ich hätte dich verloren. Und so möchte ich nie wieder fühlen. Du bedeutest mir alles, Grace. Wenn ich falsch gehandelt habe, dann nur, weil ich dachte, dass es das Beste für dich ist. Vergiss das nicht.«
Ich nickte und stieß mich mit feuchten Augen vom Schreibtisch ab. Mein Blick wanderte zur Tür, doch ich hielt in der Bewegung inne. Zögernd, einer plötzlichen Eingebung nach, drehte ich mich zu Dad um. »Ich möchte dir noch jemanden vorstellen.«
Grelle Sonnenstrahlen blendeten mich, als ich nach draußen auf den Parkplatz trat. Suchend blickte ich mich um und spürte augenblicklich die Schmetterlinge in meinem Bauch aufsteigen, als ich Cole an seinem Auto gelehnt stehen sah. Als hätte er meinen Blick bemerkt, sah er von seinem Handy auf und stieß sich mit einem Lächeln von der Fahrertür ab. Meine Schritte beschleunigte sich, und ich fiel ihm schwungvoll in die Arme. Mit geschlossenen Augen atmete ich seinen Duft ein und vergrub das Gesicht in seinem Shirt. »Wir haben es geschafft«, murmelte ich und sah zu ihm auf. »Ich bin so verdammt froh.«
Cole musterte mich lächelnd und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Und ich erst.«
Enthusiastisch drehte ich mich um und lenkte somit Coles Aufmerksamkeit auf meinen Dad, der mit verschränkten Armen ein paar Meter entfernt stand und uns beobachtete.
»Das ist mein Dad. Dad, das ist Cole«, stellte ich die beiden einander vor und beobachtete jede Regung im Gesicht meines Vaters. Cole strich beruhigend über mein Rücken, bevor er ein paar Schritte vortrat und meinem Vater die Hand reichte. »Freut mich sie kennenzulernen.« Seine Stimme klang höflich und verbarg jegliche Hinweise darauf, dass er meinen Dad bereits kannte.
»Cole also«, erwiderte mein Vater mit einem kurzen Blick in meine Richtung, der mein Herz erschrocken stolpern ließ, bevor er Coles Hand ergriff und nickte. »Freut mich auch.«
Erleichtert atmete ich auf.
»Grace.« Ich drehte mich überrascht um, und erblickte Mom, die einige Meter entfernt aus ihrem Mercedes stieg. Irritiert sah ich zu Dad, der entschuldigen die Schultern hob. »Ich habe ihr gesagt, dass sie dich hier finden kann.«
»Na toll«, murmelte ich, während meine Freude langsam verdrängt wurde. Ich spürte Coles Blick auf mir liegen und lächelte ihm nervös zu. Er sollte sich keine Sorgen machen oder womöglich auf die Idee kommen, sich meiner Mutter in den Weg zu stellen. Früher oder später musste ich ihr wieder gegenübertreten.
Entschlossen straffte ich die Schultern und sah Mom entgegen, bis sie neben uns zum Stehen kam. Wie immer war sie perfekt gekleidet. Ihre Haare waren zu einem Knoten zusammengebunden, und sie trug einen blauen Hosenanzug, welcher ihre grauen Augen noch mehr zur Geltung brachte.
»Hey Mom«, begrüßte ich sie und beobachtete, wie sie erst Dad, dann Cole und schließlich seine Hand auf meinem Rücken zur Kenntnis nahm.
»Guten Tag, ich bin Cole McGray«, stellte er sich vor und streckte mit seinem umwerfenden Lächeln die Hand in ihre Richtung. »Ich habe schon viel Gutes von ihnen gehört.«
Ungläubig sah ich Cole an und kaschierte meinen Überraschungslaut mit einem Husten, woraufhin mir Mom einen fragenden Blick zuwarf. Ich war kurz davor Cole meinen Ellenbogen in die Seite zu rammen. Glaubte er wirklich, dass er sich bei meiner Mom einschleimen konnte?
Doch tatsächlich bröckelte ihre kühle Fassade, und ein Lächeln trat auf Moms Gesicht, als sie Coles Hand ergriff. »Das hoffe ich doch. Leider kann ich das Kompliment nicht zurück geben. Ich habe von Ihnen bisher gar nichts gehört.« Wieder traf mich ihr Blick, dieses Mal tadelnd.
Ich verzog das Gesicht und zwang mich zu einem entschuldigenden Lächeln. »Sorry. Irgendwie hatte ich bisher keine Gelegenheit dazu.« Ich warf Cole ein Grinsen zu, welches er mit einem amüsierten Kopfschütteln registrierte.
»Aha«, machte Mom, während Dad leise hüstelte. Meine Mutter fing meinen Blick auf und deutete zur Seite. »Ich würde dich gerne sprechen. Alleine, wenn das gerade geht.«
»Klar, das lässt sich einrichten«, sagte Cole sofort und stupste mich an. Ich nickte und spürte Coles Hand für einen kurzen Moment auf meinem Rücken, bevor ich Mom zu ihrem Auto folgte.
»Ich habe den Artikel gelesen«, begann sie, sobald ich neben ihr stehen bleib. Überrascht blickte ich sie an, doch ich konnte keine Emotionen aus ihrem Gesicht lesen.
»Das ist... toll«, sagte ich lahm und versenkte meine Hände nervös in den Taschen meiner Jacke. Als ich den tadelnden Blick meiner Mutter bemerkte, zog ich sie wieder heraus und richtete mich auf.
»Ich kann nicht glauben, dass du das getan hast. Du hast deinen Vater hintergangen, mich belogen und Entscheidungen getroffen, die alles andere als akzeptabel sind. Und dann dieser Artikel über die Guardians, die du dort sogar noch schön redest,...«
Ich spürte, wie langsam die Wut in mir aufstieg, welche ich eigentlich nicht wieder aufkommen lassen wollte. »Mom...« Mein Tonfall war warnend, und sie verstummte und nahm sich merklich zusammen. »Gut, reden wir eben nicht über den Inhalt. Reden wir über den Stil. Ich war überrascht. Scheinbar ist deine nahezu besessene Art, an Dinge heranzugehen, doch zu etwas zu nutzen. Der Artikel war gut geschrieben.«
Ich erstarrte. Ich hatte gerade ein Kompliment von meiner Mutter zu meinem Schreibstil bekommen. Und in ihren Worten hatte keinerlei Verachtung, Spott oder Hohn mitgeklungen.
Nervös knetete ich meine Hände. »Es hat mir echt Spaß gemacht ihn zu schreiben. Vielleicht... mache ich bei der Temporal Times ein Praktikum.« Ich hob den Kopf und sah Mom fest in die Augen. »Ich weiß, dass ich dich enttäusche, und es tut mir wirklich leid, dass ich nicht die Tochter bin, die du dir wünschst. Aber ich glaube, ich finde langsam das, was ich machen möchte. Und ich bin glücklich damit.«
Einige Sekunden lang schwiegen wir beide. Dann erschien auf ihrem Gesicht das Anzeichen eines Lächelns, welches sie automatisch sympathischer wirken ließ. »Okay. Ich kann deine Entscheidung nicht nachvollziehen. Aber ich werde versuchen, sie zu akzeptieren.«
Erleichtert stieß ich die Luft aus, welche ich während ihres Schweigens angehalten hatte. »Danke! Danke, dass ist alles, was ich im Moment von dir brauche.«
Sie nickte und sah an mir vorbei. Ich folgte ihrem Blick und beobachtete Dad und Cole, die sich miteinander unterhielten. Cole vor dem Präsidium, neben meinem in Uniform gekleideten Vater zu sehen, sorgte bei mir gleichzeitig für Schweißausbrüche und Freude. Die Angst, dass Dad herausfand, wer Cole wirklich war, war tief in mir verankert. Doch irgendwann hätte er ihn sowieso kennengelernt.
Cole schien meinen Blick zu spüren, denn er sah zu mir herüber, und hob prüfend die Augenbrauen. Ich lächelte, und signalisierte ihm somit, dass alles in Ordnung war. Er erwiderte die Geste und wandte sich wieder zu meinem Dad um, der gerade etwas erzählte.
»Er scheint nett zu sein.«
Überrascht sah ich zu Mom, die jedoch immer noch starr geradeaus blickte. Ein Lächeln zupfte an meinen Mundwinkeln. Ich spürte in meinem Inneren einen leichten Stich, da ich ihr immer noch etwas verheimlichte. Wenn sie wüsste, dass Cole ein Guardian war, würde sie definitiv anders über ihn reden. Doch für jetzt reichte es mir, dass sie ihn als Cole kennenlernte. »Ja, das ist er.«
Mom stieß sich von ihrem Wagen ab, und ich folgte ihr zu Cole und meinem Dad.
»Na, worüber habt ihr euch unterhalten?«, fragte ich Cole und meinen Vater, der mir antwortete. »Über's Studieren, meine Arbeit, das Wetter, die Guardians...« Ich erstarrte, bis Dad mir zuzwinkerte. »Also über alles und nichts.« Er lachte, und ich stimmte nervös mit ein.
Als Mom Dad auf etwas anderes ansprach, nutze ich den Moment und sah schockiert zu Cole. Ich hob fragend die Augenbrauen, was er mit einem Kopfschütteln beantwortete. Eine Sekunde später strich seine Hand beruhigend über meinen Rücken. Ich lehnte mich leicht in seine Berührung, während mein Herz noch immer raste.
»Also dann, ich muss wieder zurück an die Arbeit.« Dad wandte sich an Cole und streckte die Hand aus. »Schön dich kennengelernt zu haben. Pass gut auf meine Tochter auf.«
Ich verdrehte die Augen. »Ist das dein Ernst?«
Cole schmunzelte, was ihm einen leichten Stoß von mir einfing, bevor er bei Dad einschlug. »Ich verspreche, dass ihr nichts geschieht. Sie müssen sich keine Sorgen machen.«
Dad nickte, ohne den Blick abzuwenden. In seinem Gesichtsausdruck lag etwas, das ich nicht deuten konnte. »Ich weiß. Danke.«
Er drehte den Kopf und sah mich einen Moment lang an. Nachdenklich, unergründlich. Dann verabschiedete er sich von uns, gefolgt von Mom, die anbot, bald mal gemeinsam Essen zu gehen.
Als beide verschwunden waren, drehte ich mich aufatmend zu Cole um. »Oh Gott. Meinst du, er weiß etwas?«
Überrascht hob Cole die Augenbraunen, sein Blick zuckte sofort wachsam über den Parkplatz. »Dein Dad? Wie soll er etwas wissen?«
Ich hob die Schultern, und biss mir unsicher auf die Lippe. »Ich weiß nicht... nur so ein Gefühl.«
»Dann lass uns schnell fahren, bevor ich noch festgenommen werde.« Er griff mit blitzenden Augen nach dem Autoschlüssel und öffnete die Fahrertür.
»Das ist nicht witzig!«, rief ich aus, nachdem mein Herzschlag bei seinen Worten einen Sprung gemacht hatte. Cole sah mich an, ließ die Tür los und kam zu mir zurück. Innerhalb von Sekunden hatte er die Arme um meine Taille gelegt, und sein Gesichtsausdruck war ernst geworden. »Es wird nichts passieren. Und wenn doch, finden wir eine Lösung. Aber ich lass dich nicht nochmal alleine. Und du wirst mich auch nicht im Gefängnis besuchen müssen, okay? Versprochen. Ich liebe dich.«
Ich atmete aus und erwiderte den Blick in seine wunderschönen braunen Augen. »Okay. Ich liebe dich auch.«
Cole lächelte sanft, dann beugte er sich herunter und meine Augen schlossen sich flatternd, während die Schmetterlinge in meinem Bauch aufflogen, als er mich küsste.
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Werden wir wohl jemals erfahren, was ihr Dad weiß? 👀
Das war mir zu viel Kitsch auf einmal 🤢 Ich bin froh, dass ich es jetzt gepostet habe und nicht selbst noch mal lesen muss! 😂😂
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