Kapitel 39 - Guardian Angels


[GRACE]

»Das ist verrückt. Das ist verrückt, das ist verrückt!«, murmelte Zola neben mir, während sich ihre Fingernägel schmerzhaft in meinen Arm bohrten. Ihre Stimme klang so angsterfüllt, dass ich selbst nervös wurde.

»Ich weiß gar nicht was du hast, ist doch alles super«, erwiderte ich übertrieben gelassen, bevor ich Max, einem Arbeitskollegen meines Dads, zulächelte. Nachdem wir sein Büro passiert hatten, fuhr Zola mit gesenkter Stimme fort. »Wir brechen in ein Polizeipräsidium ein, Grace!«

Ich deutete über die Schulter. »Die Eingangstür steht offen.«

»Wir sind kriminell.«

»Noch haben wir gar nichts gemacht.«

»Wie in einem Krimi!«

Ich machte eine wegwerfende Handbewegung. »Es ist hellichter Tag!«

Kurz bevor wir die Tür von Dads Büro erreicht hatten, wurden Zolas Schritte langsamer. Sie zog an meinem Arm, was mir einen erstickten Schmerzenslaut entlockte. Entschuldigend lockerte sie ihren Griff und verzog das Gesicht. »Lass uns umdrehen.«

Ich schüttelte entschieden den Kopf. »Das geht nicht.«

Sie atmete verzweifelt aus. »Was genau hindert uns daran, nicht in das Büro deines Dads einzudringen und Informationen zu stehlen?«

»Ich habe Jonny am Empfang schon gesagt, dass ich etwas aus dem Büro holen muss.«

Zola hielt inne und warf mir einen Das-ist-jetzt-nicht-dein-ernst Blick zu.

»Habe ich wirklich«, brummte ich, bevor ich die Klinke umfasste und die Tür aufdrückte.

»Er denkt es geht um eine Tupperdose und nicht irgendwelche vertraulichen Daten!«, hörte ich Zola noch wispern, dann trat ich in den Raum und ließ die anderen Geräusche der Polizeiwache hinter mir. Die Rolladen waren heruntergezogen, und durch die Schlitze drangen nur einzelne Lichtstrahlen in das Innere des Büros. Staubkörper tanzten in der Sonne, und alles wirkte wie ausgestorben. Ich drehte mich zu Zola um, die unsicher im Türrahmen stand.

»Komm rein und Tür zu«, flüsterte ich ihr zu, bevor ich mir einen Überblick verschaffte. Dad war in seiner Mittagspause, und wir hatten nicht viel Zeit. Doch wenn wir uns beeilten, konnten wir das, was wir suchten, finden. An der rechten Wand hing die Pinnwand mit den Informationen über die Guardians, zu meiner Linken stand der Schreibtisch mit dem Computer.

»Schau mal ob du etwas an der Pinnwand findest, ich sehe hier nach«, sagte ich mit gedämpfter Stimme und ließ mich auf den Schreibtischstuhl sinken. Meine Finger zitterten, als ich nach kurzem Zögern, und begleitet von einem unguten Gefühl, den ersten Papierstapel durchblätterte.

Zola und ich hatten uns vorgenommen, den Jungs zu helfen und zwar auf unsere Art. Wir wollten alle Daten zu den Menschen, die mit den Guardians in Kontakt gekommen waren, sammeln, und diese anschreiben. Daraus erhofften wir uns, positive Kommentare zu den Guardians zu bekommen. Da Dad mir diese Unterlagen nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hätte, hoffte ich, dass er sie irgendwo in seinem Büro aufbewahrte.

»Das ist so falsch was wir hier machen«, wisperte Zola, während ich aus dem Augenwinkel sah, wie sie halbherzig die Pinnwand betrachtete.

Ich warf einen schnellen Blick zur Tür, bevor ich den Stapel Zettel, welchen ich soeben überflogen hatte, zurücklegte. Als nächstes folgte ein zerfledderter Ordner, anschließend durchblätterte ich mehrere Hefte.

»Wieso muss Dad nur so unordentlich sein«, murmelte ich und legte einen weiteren Haufen Papiere an seinen ursprünglichen Platz zwischen Stiften, Notizen und zwei leere Kaffeebecher zurück.

»Ich habe mich schon gefragt, von wem du diese Eigenschaft geerbt hast.« Ich zuckte zusammen, als Zolas Stimme unmittelbar neben meinem Ohr ertönte. »Da vorne war nichts«, fügte sie entschuldigend hinzu, während ich mir mit rasendem Herz an die Brust fasste.

»Vielleicht in einer der Schubladen.« Mit einem weiteren Blick zur Tür rollte ich zu dem kleinen Schrank, der unterhalb des Tisches stand.

»Meinst du nicht, dass Zeugenaussagen eher digital gespeichert werden?«, fragte Zola nachdenklich.

Ich nickte bestätigend, während ich die erste Schublade, in der sich nur Bürozubehör befand, wieder schloss. »Doch, sie werden eigentlich immer im EDV Programm der Polizei gespeichert. Da kommen wir nicht ran. Aber da Dad ein Fan von der altmodischen Variante ist, hoffe ich, dass er hier irgendwo ausgedruckt Kopien lagert.«

»Jetzt wird es wirklich illegal«, murmelte Zola und griff sicherheitshalber nach der Tupperdose, die ich tatsächlich hier vergessen hatte. Ich öffnete die nächsten Schubladen und wühlte mich durch mehrere Mappen, welche glücklicherweise beschriftet waren. Als ich bei der vorletzten Schublade angelangt war, sprang mir eine Aufschrift ins Auge. »Guardians, Zeugenaussagen«.

Mein Herzschlag beschleunigte sich, und ich zog die Mappe hervor. »Bingo!«, rief ich aus und drehte mich begeistert zu meiner besten Freundin um.

»Pscht!«, keuchte Zola und starrte mit geweiteten Augen zur Tür. Ich murmelte eine Entschuldigung, bevor ich mein Handy herausholte und die Mappe auf dem überfüllten Schreibtisch ausbreitete. Zola kam mir zu Hilfe und schlug die einzelnen Seiten um, von denen ich jeweils mehrere Fotos schoss. Nachdem wir uns durch den, nicht gerade dünnen, Stapel gearbeitet hatten, legte ich die Akte zurück an ihren Platz und schloss die Schublade. Mit rasendem Herzen stand ich auf und zog Zola am Arm hinter mir her, während ich einen Blick auf die Uhr warf. Jeden Moment konnte Dad zurück sein. Doch wir hatten es geschafft. Das wurde mir erst richtig bewusst, als wir durch die Tür des Präsidiums zurück in den Sonnenschein traten.

Stunden später saßen Zola und ich auf dem Parkettboden in unserem Wohnzimmer, umgeben von den ausgedruckten Fotos der Zeugenaussagen. Es war der größte Raum in unserer Wohnung, und wir hatten zusätzlich noch den Couchtisch beiseite räumen müssen, damit genug Platz war. Die Sonne war tiefer gesunken, und während sich die letzten Strahlen durch die Fenster kämpften, realisierte ich erst, wie lange wir bereits auf dem Boden saßen.

Mir schwirrte der Kopf von den vielen Namen und Informationen, die ich in den letzten Stunden aufgenommen hatte. Trotzdem hatte ich mir fest vorgenommen, nicht aufzugeben.

Vor uns lagen mehrere Stapel mit Zetteln, jeder von ihnen hatte eine besondere Bedeutung. Auf dem einen Haufen sammelten wir die Aussagen der Zeugen, welche Negatives von den Guardians berichteten, als nächstes die Beschreibungen entfernter Augenzeugen bei Vorfällen, die die Jungs involvierte, und schließlich die Aussagen derer, die direkten Kontakt zu den Guardians gehabt hatten.

Meine Augen brannten, als ich nach dem nächsten Zettel griff. Ich wollte gerade die Kontaktdaten überspringen, um zu der mehrzeiligen Zeugenaussage zu gelangen, da sprang mir ein Name ins Auge. »April Williams«.

Ich runzelte die Stirn und starrte auf das kleine Foto neben den Daten. Sie musste etwa in meinem Alter sein, vielleicht etwas älter, und lächelte unbeschwert in die Kamera. Der Name weckte eine wage Erinnerung in meinem Gedächtnis, doch ich konnte sie nicht fassen. Grübelnd hob ich den Kopf und sah zu Zola. »Sagt dir der Name April Williams etwas?«

Meine beste Freundin ließ den Zettel in ihren Händen sinken und schüttelte langsam den Kopf. »April Williams? Nein, leider nicht. Aber ich kann mal googeln, vielleicht steht im Internet etwas über sie geschrieben.«

Ich nickte und erhob mich mit einem Ächzen.

Mein Körper schrie nach Bewegung, und meine Beine kribbelten durch die ungemütliche Position, in der ich mich in den letzten Minuten befunden hatte.

Während ich an das Wohnzimmerfenster trat, und in der Dämmerung auf die tief unter mir liegende Straße blickte, überlegte ich weiter, woher ich den Namen kannte. Vielleicht aus der Uni? Nein, ich kannte nur den Namen, ihr Foto war mir unbekannt. Hatte ich etwas über sie im Radio gehört? In der Zeitung gelesen?

»Oh nein. Wie schrecklich!«

Ich wirbelte herum und stürzte zu Zola. »Was ist los?«

»Im Internet steht etwas über eine April Williams. Sie ist letzten Winter von mehreren Männern belästigt worden, es gab einen Unfall, und seitdem liegt sie im Koma.«

»Ja, natürlich!«, rief ich aus und schlug mir die Hand vor die Stirn. »Ich habe von ihr in der Zeitung gelesen.« Ich drehte mich wieder zum Fenster und schüttelte den Kopf. Wie hatte ich das vergessen können?

»Oh... Sie ist aus dem Koma aufgewacht.«

Erneut fuhr ich herum. »Sie ist wach?«

Zola nickte langsam, ohne den Blick von ihrem Laptop zu nehmen, der ihr Gesicht in bläuliches Licht tauchte. »Ja, seit ein paar Tagen. Mehr steht hier nicht.«

Ich spürte, wie ein aufregendes Kribbeln durch meine Finger schoss. Wenn April aus dem Koma erwacht war, bedeutete das zum einen, dass sie lebte, und zum anderen, dass sie vielleicht erzählen konnte, was damals wirklich geschehen war. Ihre tragische Geschichte war in allen Medien gewesen. Wenn sie sich selbst zu Wort meldete und bestätigte, dass die Guardians ihr geholfen und sie nicht wie die anderen Männer angegriffen hatten... dann würde das ebenso große Wellen schlagen.

Aufgeregt warf ich einen Blick auf die Uhr. »Kommst du mit?«

Zola neigte ungläubig den Kopf. »Willst du jetzt noch zu ihr fahren?«

Hastig nickte ich und stieß mich von der Fensterbank ab. Adrenalin schoss durch meinen Körper. »Je schneller desto besser! Also, kommst du?«

»Grace...«, fing Zola an und verzog das Gesicht.

Ungeduldig sah ich sie an. »Was?«

Meine beste Freundin schwieg einen Moment, dann seufzte sie. »Ich glaube es wäre besser, wenn du sie morgen besuchst.«

Ich schüttelte haltlos den Kopf. Der Gedanke, eine weitere Nacht unnütz zu Hause zu sitzen, gefiel mir überhaupt nicht. »Wir müssen so schnell wie möglich zu ihr! Sie könnte die ausschlaggebende Person sein, um diese irrsinnige Kopfgeldaktion zu stoppen. Ich will nicht, dass Dad Cole und die Jungs findet. Wenn sie im Gefängnis landen, können wir so schnell nichts mehr tun, und ich... Sie... Ich will ihn nicht verlieren. Nicht noch mal, nicht so, nicht... durch meinen eigenen Dad.« Ich holte zittrig Luft und ließ mich zurück an die Fensterbank sinken. Schon die ganze Zeit über saß diese Angst in mir fest. Sie brodelte unter der Oberfläche, und es kostete mich viel Kraft, sie auch dort zu halten. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, wenn mein Vater sie tatsächlich fasste. Ich hatte mich schon einmal zwischen Cole und Dad gestellt. Ein weiteres Mal würde es sicher nicht so einfach funktionieren.

Zola rappelte sich vom Boden auf und trat neben mich ans Fenster. Sie musterte mich mit ruhigem Blick. »Er wird sie nicht finden. Du hast schon so viel für die Jungs getan, und es bringt niemandem etwas, wenn du spät Abends zum Krankenhaus stürmst und dort sowieso nicht mehr rein kommst, weil die Besuchszeiten vorbei sind. Geh morgen. Und ich glaube, wir sollten für heute Schluss machen. Schau mal, wie weit wir schon gekommen sind. Morgen kontaktieren wir die ersten Zeugen. Wir schaffen das, versprochen.«

Ich sah Zola an, atmete tief durch und umarmte sie kurzerhand. »Danke.« Es fiel mir in diesem Moment schwer, mehr zu sagen, doch ich wusste, dass Zola alle unausgesprochenen Sätze hinter diesem einen Wort verstand.

Ich holte tief Luft und umklammerte den Block in meiner Hand fester. Dann hob ich den Arm und klopfte an die Tür. Ein »Herein«, ertönte, und ich atmete geräuschvoll aus, bevor ich die Türklinke herunterdrückte. Der Geruch von Desinfektionsmittel, welcher mir im Gang des Krankenflügels bereits in die Nase gestiegen war, lag hier noch deutlicher in der Luft.

Zaghaft betrat ich den Raum, der von dem großen Bett in der Mitte beinahe vollkommen eingenommen wurde. Daneben standen zwei weiße Stühle. Gegenüber der Tür strömte eine leichte Brise durch das geöffnete Fester herein, welches den Ausblick auf eine Baumkrone freigab. Ich riss den Blick von den hellgrünen Blättern los und lächelte der Patientin im Bett vorsichtig zu. »Hey, ich bin Grace Bowen. Wir hatten geschrieben...«

Die junge Frau erinnerte an die von dem Foto, doch gleichzeitig sah sie total anders aus. Ihr Gesicht war ein wenig schmaler, ihre braunen Augen trübe, und sie wirkte sehr erschöpft. Lange dunkelblonde Haare umrahmten ihren Kopf und fielen auf die weiße Decke, welche sie noch blasser wirken ließ. Trotz allem lächelte sie mir aufmerksam entgegen, als ich eintrat. »Hi, schön dich kennenzulernen.« Sie richtete sich auf und deutete mit einem entschuldigenden Lachen in den Raum. »Ist nicht so gemütlich, aber setz dich gerne, wenn du magst.«

Ich nickte dankend und ließ mich auf einen der Stühle nieder. Obwohl ich es nicht wollte, wanderte mein Blick sofort über die vielen Geräte und Schläuche, an die April angeschlossen war. Es war nur ein flüchtiger Blick, doch trotzdem hatte sie ihn bemerkt. Zerknirscht sah ich April ins Gesicht. »Tut mir leid, ich wollte nicht... Es ist nur... Es tut mir so unfassbar leid, was dir passiert ist.«

Sie lächelte beruhigend, doch trotzdem meinte ich, einen traurigen Schleier in ihren Augen zu erkennen. »Danke, aber das muss es nicht. Ich bin einfach nur froh, dass es mir jetzt besser geht. Ich habe scheinbar viel verpasst in der Zeit, in der ich... Winterschlaf gehalten habe.« Sie lachte ein wenig unbeholfen, und ich entspannte mich etwas. Es war unbeschreiblich schrecklich, was April hatte durchleben müssen, doch dass sie dabei offensichtlich nicht ihre Lebensfreude verloren hatte, ließ mich erleichtert durchatmen. »Ja, das hast du tatsächlich.«

April setzte sich unter einiger Anstrengung aufrechter hin und musterte mich interessiert. »Du wolltest mit mir über die Guardians sprechen, oder? Ich habe vorhin schon einige Artikel dazu gelesen.«

Ich rutschte unruhig auf dem Stuhl herum und nickte. Nach kurzem Zögern berichtete ich April von den Missverständnissen, in die die Guardians in den letzten Monaten verwickelt worden waren, und dass ich hoffte, diese aufklären zu können. Als ich geendet hatte, nickte April langsam.

»Wärst du bereit mir von der Nacht zu erzählen?«, fragte ich vorsichtig und verfolgte jede ihrer Regungen. Ich wollte sie auf keinen Fall bedrängen. »Ich kann absolut verstehen, wenn nicht. Du musst nicht antworten.«

»Kennst du sie?«

Irritiert blinzelte ich. »Wie bitte?«

Aprils ruhiger Blick lastete auf mir. »Die Guardians. Weißt du, wer sie sind?«

Ich öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder. Bis jetzt hatte April sich noch nicht zu dem Thema geäußert, und ich war mir unsicher, ob es eine gute Idee war, ihr etwas zu erzählen, wenn sie die Jungs für Täter halten könnte.

»Du musst nicht antworten«, wiederholte sie meine Worte von eben leise, bevor sie den Kopf hob und mich aus ihren braunen Augen ansah. »Aber falls ja, würde es mich freuen, wenn du ihnen sagen könntest, dass ich ihnen sehr dankbar bin. Ich glaube, die Jungs haben mir das Leben gerettet.«

Ich erstarrte und neigte überrascht den Kopf. »Wow. Echt?«

Sie nickte und runzelte dann nachdenklich die Stirn. »Ich kann mich nur an sehr wenig erinnern, und es ist alles total verschwommen... Aber ich weiß noch, dass dunkel gekleidete Personen dazwischengegangen sind, bevor ich...« Sie verstummte, und scheinbar unterbewusst wanderte ihre Hand an den Hinterkopf. »Vor dem Aufprall.«

Ich nickte und senkte betreten den Blick. Ich hatte gelesen, dass ein Hirn-Schädel-Trauma Aprils komatösen Zustand hervorgerufen hatte, doch weitere Details waren nicht an die Öffentlichkeit gedrungen. Ich konnte mir nicht ausmalen, wie schlimm all das für April gewesen sein musste. Sie war vor wenigen Tagen, wie durch ein Wunder, aus dem Koma erwacht, und hatte direkt danach erfahren müssen, dass seit der einen Nacht mehrere Monate vergangen waren.

»Grace? Alles okay?« Ich hob den Blick und nickte überrascht. Sollte ich das nicht eher dich fragen?

Bevor ich die Worte laut aussprechen konnte, deutete April interessiert auf den Block in meiner Hand. »Bist du Redakteurin?«

Ich schüttelte hastig den Kopf. »Nein, ich... Ich habe gerade mein BWL Studium abgebrochen und weiß noch nicht genau, was ich jetzt machen möchte. Aber irgendetwas in die Richtung würde mich interessieren. Momentan arbeite ich mit meiner besten Freundin an einem Artikel über die Guardians. Wir wollen die Wahrheit veröffentlichen und dafür sorgen, dass die Menschen verstehen, was die wirkliche Intention der Guardians ist. Deshalb bin ich auch hier. Deine Geschichte könnte uns dabei sehr helfen.«

April nickte, und für ein paar Sekunden schien es, als würde sie an mir vorbei ins Leere blicken. Ich schwieg und wartete, bis ihr Blick sich wieder klärte und meinen auffing.

»Ich mache das natürlich nur, wenn es für dich okay ist«, fügte ich schnell hinzu, da ich plötzlich das Gefühl hatte, sie überrumpelt zu haben.

Sie richtete sich auf und lächelte. »Alles gut. Ich würde sehr gerne helfen. Aber leider kann ich dir nicht viel mehr erzählen, als bereits gesagt...« Ein wenig hilflos hob sie die Schultern.

»Das macht überhaupt nichts!«, erwiderte ich sofort und schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Ich schreibe nur das, was du willst. Und ich glaube es reicht schon, wenn ich ungefähr das wiedergebe, was du eben erzählt hast.«

»Wisst ihr schon, wie ihr den Artikel in die Zeitung bekommt?«

Ich stockte. Darüber hatten Zola und ich uns bisher noch keine Gedanken gemacht.

»Ich kenne jemanden, der bei der Temporal Times arbeitet... falls euch das irgendwie hilft«, sagte April und räusperte sich, als ihre Stimme zum Ende hin heiser wurde.

Suchend blickte ich mich um und deutete fragend auf eine Wasserflasche neben dem Bett. April nickte dankbar, als ich mich vorbeugte und ihr die Flasche reichte. Währenddessen gingen mir ihre Worte durch den Kopf. »Das wäre super hilfreich!«

Sie nahm einen Schluck Wasser und blinzelte. »Cool. Dann gebe ich dir gleich die Nummer.«

Ich lehnte mich ungläubig in meinem Stuhl zurück. »Wow... Du weißt gat nicht, wie viel du uns damit hilfst. Danke!«

April machte eine wegwerfende Handbewegung und lächelte. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass die Geste nicht ganz den traurigen Schein in ihren Augen wegwischen konnte. »Ist doch selbstverständlich.«

Als ich meinen Laptop aufklappte, kribbelten meine Finger vorfreudig. Ich hatte, zusammen mit Zola, alle Informationen zusammengesucht und war nun bereit, den Artikel zu schreiben. Das Gespräch mit April vor zwei Tagen war mir noch gut in Erinnerung. Außerdem hatte ich ihre Schilderungen von jener Nacht schriftlich dokumentiert. Diese, und weitere Notizen, lange neben mir auf dem Schreibtisch, welcher von der Unordnung momentan an Dads erinnerte.

Bevor mich die Gedanken an meinen Vater herunterziehen konnten, richtete ich mich auf, straffte den Rücken und öffnete ein neues Dokument auf meinem Laptop. Für einen kurzen Moment ließ ich den Blick auf meinem Schreibprojekt verweilen, dann fokussierte ich mich auf die weiße Seite und zog das Dokument über den gesamten Bildschirm. Ich war länger nicht dazu gekommen an meiner Geschichte weiterzuarbeiten, doch das war okay. Zu wissen, dass ich die Möglichkeit hatte einen Artikel zu schreiben, der Cole und seinen Freunden helfen konnte, erfüllte mich bereits mit unglaublicher Freude.

Nur einige Sekunden lasteten meine Augen auf dem blinkenden Cursor, dann senkte ich die Finger auf die Tastatur und begann zu schreiben.

Die Guardian Angels von Temporal City.

Mehrere Monate ist es her, seit die Guardians das erste Mal in Temporal City aufgetaucht sind. Hinter dem Namen steht eine schwarz gekleidete Gruppe, die vor allem in den letzten Wochen vermehrt für Schlagzeilen gesorgt hat.

Nach einem kürzlich abgeschlossenen Fall, in Verbindung mit Drogendealern, hat die Polizei ein Kopfgeld auf die Bande angesetzt. Es war noch unklar, ob sie der Feind oder Verbündete sind.

Doch ein neues Ereignis hat die bisherigen Informationen umgeworfen. Vor einigen Tagen hat sich April Williams zu Wort gemeldet. Die junge Frau wurde letztes Jahr in der Nacht vom 15. auf den 16. Dezember von vier Männern angegriffen und erlitt schwerere Körperverletzungen. Diese sorgten dafür, dass sie sich für einige Monate im Koma befunden hat. Bei dem Vorfall waren die Guardians vor Ort gewesen, doch niemand konnte beweisen, ob als Täter oder Helfer.

April Williams sagt nun, sie erinnere sich an Bruchstücke des Abends und sei sich sicher, sie verdanke den Guardians ihr Leben. Auch andere Zivilisten äußerten sich zu positiven Erlebnissen mit den Guardians:

»Sie haben vor meinen Augen einen Ladendieb aufgehalten und dafür gesorgt, dass das ganze Geld zurück kommt.« - Jack Jackson

»Meine Tochter wurde von ihnen auf dem Weg nach Hause vor besoffenen Jugendlichen beschützt. Seit sie hier in der Stadt sind, kann ich ruhiger schlafen, wenn sie alleine nachts unterwegs ist.« - Luana P.

»Mein Freund und ich wurden auf offener Straße diskriminiert und angegriffen. Die Guardians haben uns geholfen und Beweise für den Übergriff dagelassen, mithilfe derer wir die Täter identifizieren konnten. [...] Ich verlasse mich inzwischen mehr auf sie, als auf die Polizei.« - Timothee Miller

Diese und viele weitere Erzählungen verändern alles und rücken die Guardians nun in ein vollkommen neues Licht...


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(Falls jemand verwirrt sein sollte: aus »Amy« Williams ist »April« Williams geworden, deswegen habt ihr den Namen April noch nicht gelesen, aber die Person ist die gleiche. 👀 Sie wurde schon in Kapitel 1 und Kapitel 6 erwähnt)

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