Kapitel 2 - Wir sind berühmt!

[COLE]


»' Die Guardians haben es geschafft mit ihren nächtlichen Aktionen im Gedächtnis der Menschen zu bleiben und sorgen dafür, dass sie auch in Zukunft nicht so schnell vergessen werden. Die Polizei hingegen warnt vor der Bande und empfiehlt den Menschen sich von besagten Orten fernzuhalten, bis sichergestellt ist, dass von ihnen keine Gefahr mehr ausgeht.' Yes! Wir sind berühmt Alter!« Zac hob den Blick von seinem Handy, aus dem er gerade den aktuellsten Artikel der »Temporal Times« gelesen hatte, und lies sich zufrieden grinsend auf das Sofa fallen. Es ächzte unter seinem Gewicht und einige Federn kratzten über den Steinboden. Es war offensichtlich, dass es bereits sehr alt war.

Ich drehte mich auf meinem Stuhl herum, bis ich Zac ansehen konnte, und neigte den Kopf. Der Artikel rief bei mir das eher Gegenteil von Enthusiasmus hervor. »Schon.«

Er hielt in der Bewegung inne und lies die Hand sinken, mit der er sein Handy siegessicher in die Luft gereckt hatte. Er warf mir aus seinen eisblauen Augen einen misstrauischen Blick zu. »Aber?«

Ich lehnte mich nach hinten und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Mein Blick glitt zur hohen Decke hinauf, die genauso alt aussah wie der Rest der Fabrik. Ich blickte erneut zu Zac. Hinter ihm drang durch die teilweise zerschlagenen Fensterscheiben das schwache Licht einer Straßenlaterne ins Innere. »Aber das, was sie dort über uns sagen, ist nicht das, was wir vermitteln wollen.«

Zac stöhnte auf und lies sein Handy theatralisch neben sich auf das dunkelgrüne Polster fallen, bevor er sich ausstreckte. »Mann. Endlich bin ich mal in der Zeitung und du redest es wieder schlecht. Das ist mein erster Schritt zur Berühmtheit!«

Ich lachte ungläubig auf. »Berühmt werden durch Straftaten? Sag mir Bescheid wenn du den Durchbruch schaffst. Bis dahin geht es für dich wohl erst mal undercover weiter.«

Zac starrte mich anklagend an. »Hast du noch nie von Robin Hood gehört?«

Ich runzelte die Stirn. »Da gibt es einen kleinen Unterschied...«

»Mir egal«, unterbrach er mich. »Du wirst von mir hören, und dann, wenn ich berühmt bin, werde ich rufen: ich hab's dir gesagt!«, verkündete er triumphierend, woraufhin ich grinsend die Augen verdrehte. Jede Diskussion mit ihm endete früher oder später so.

»Wer hat wem was gesagt?«, ertönte eine dumpfe Stimme und eine Sekunde später betrat Joel, der dritte in unserem Team, den Raum. Er blieb in der geöffneten Eisentür stehen und hob die Hände, in denen er mehrere Chipstüten hielt. Sein Blick wanderte von mir, zu Zac auf dem Sofa, und wieder zurück. Er runzelte die Stirn, und die schwarze Brille auf seiner Nase rutschte ein Stück nach vorne. »Worum ging's?«

Ich schüttelte den Kopf und sah erneut zur Tür. »Unwichtig. Wo ist Luc?«

Joel nickte über die Schulter und betrat den Raum. »Kommt gleich.«

Zac winkte ihn zu sich heran und griff nach einer der Chipstüten. Er hob verächtlich die Augenbrauen und riss mit Schwung die Tüte auf. »Es ging um Cole, der es nicht genug wertschätzt, dass wir wieder in der Zeitung sind. Habt ihr mal gesehen wie muskulös mein Körper auf diesem kleinen Bild unten in der Ecke aussieht? Ich frage mich von wann das Foto ist. Und von wo?«

Joel beugte sich herab, kniff die Augen zusammen und warf einen kurzen Blick auf Zacs IPhone. »Das bist nicht du, das ist Cole, aber no offense Kumpel.«

Zac riss empört die Augen auf und hob das Smartphone bis auf wenige Zentimeter vor sein Gesicht, während Joel die restlichen Chipstüten auf den Tisch warf.

Ich grinste und wandte mich ab. Für Zac war alles, was wir machten, die Möglichkeit, Abwechslung in sein Leben zu bringen. Ich wusste, dass er es seit seiner Kindheit schwer hatte. Das Adrenalin, die Aktionen und die Guardians gaben ihm für ein paar Stunden die Chance, der perfekten Scheinwelt seines Vaters zu entkommen.

Im Gegensatz zu seines 'Alten', wie Zac seinen Vater nannte, mochte ich Zac und seine unbeschwerte, fast kindliche Art. Er redete ungerne über alles, was sich außerhalb von den Guardians abspielte, doch seit ich ihn vor zwei Jahren, zum Beginn meines Studiums, kennengelernt hatte, war mir nicht entgangen, wie schlimm es um die Beziehung zwischen ihm und seinem reichen Vater stand. Der war Besitzer einiger fünf Sterne Hotels in Temporal City und hatte schon mehr verdient, als er jemals ausgeben konnte. Nun verlangte er von seinem Sohn, dasselbe zu erreichen. Ich war froh, dass ich Zac mit den Guardians den nötigen Ausgleich bieten konnte.

Für mich hingegen waren die Guardians mehr als das. Viel mehr. Als ich die Gang vor einigen Monaten gegründet hatte, war mir noch nicht klar gewesen, wieviel sie mir einmal bedeuten würde. Ich hatte mich schon immer für Gerechtigkeit eingesetzt, doch nach einem Ereignis vor fünf Jahren war ich die Idee von einer Bewegung, mit der ich etwas verändern konnte, vielleicht wieder gutmachen konnte, nicht mehr losgeworden. Bei dem Gedanken daran spürte ich, wie meine Kehle eng wurde, und ich schüttelte die schmerzhaften Erinnerungen schnell ab, bevor sie mich einholen und erdrücken konnten.

Joel nahm auf seinem Schreibtischstuhl vor den Bildschirmen platz und startete den Computer. Obwohl wir uns in einer verlassenen Fabrik befanden, hatte er einen Weg gefunden, an Strom und Internet zu gelangen. Ich stützte mich auf der Tischplatte neben Joel ab und warf einen Blick auf die Monitore, über die abwechselnd Bilder der Stadt, die News und Codes flirrten, die mir genauso fremd waren, wie alles andere, was Joel am Computer fabrizierte.

Trotzdem versuchte ich aus den vielen Informationen schlau zu werden. »Irgendetwas Neues?«

»Bin dabei«. Joel beugte sich vor und seine Finger rasten über die Tastatur. Mit zusammengekniffenen Augen musterte er den Bildschirm. Das Computerlicht tauchte seine kakaobraune Haut in einen bläulichen Schein und spiegelte sich in seinen Brillengläsern. Obwohl ich Joel erst seit einem Jahr kannte, war er einer der wenigen Menschen, denen ich vollkommen vertraute. Der andere betrat in diesem Moment mit zwei Bierkästen in den Händen den Raum. Er selbst trank keinen Alkohol, was ihn allerdings nicht daran hinderte, den Kühlschrank der Fabrik hin und wieder mit Resten aus dem Restaurant seiner Eltern aufzustocken.

»Wow, habt ihr aufgeräumt?« Der sarkastische Unterton in Lucs ruhiger Stimme brachte mich dazu, einen Blick durch den Raum zu werfen.

Neben dem Sofa, auf welchem Zac lag, stapelten sich Pizzaschachteln und leere Dosen. Der Spind, in dem wir unsere Utensilien aufbewahrten, war offen und der lange Tisch, vor dem Joel saß, mit Kabeln und elektronischen Geräten übersäht. Die Sportmatten unter den Fenstern waren vom letzten Training verschoben worden und irgendjemand, vermutlich Zac, hatte seine Handschuhe achtlos unter dem Boxsack liegen lassen.

Ich wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als Joel sich räusperte. »Ich glaube wir haben andere Probleme.«

Ich fuhr herum und warf einen Blick auf den Bildschirm, während Luc grummelte: »Das ist ja nichts Neues wenn es ums Aufräumen geht.«

»Blade Lane. Heute Nacht soll ein Drogenhandel stattfinden.«

Ich unterdrückte einen Fluch, während Zac sich auf dem Sofa aufrichtete. »Ist das dieser Typ mit dem Bart?«

»Sehr präzise, Zac«, gab Luc zurück und stellte sich neben mich, um Joel über die Schulter sehen zu können. »Was hast du noch?«

Joel klickte auf seine Maus und ein Foto des genannten Mannes nahm den Bildschirm ein.

Zac stieß einen triumphierenden Ruf aus. »Ja! Ihn meine ich, dem habe ich letztes Mal einen saftigen Kinnhaken verpasst. Und danach hat er mich bewusstlos geschlagen. Ein trauriger Moment in meiner Karriere.«

Luc verdrehte die Augen und ich musste mir ein Grinsen verkneifen, während Joel das Gesicht verzog. »Ja, Mann, einer deiner äußerst seltenen traurigen Momente.«

Zac setzte zum Protest an, doch Joel unterbrach ihn. »Wie auch immer, es geht mal wieder um den Verkauf von Drogen. Letztes Mal war es Heroin, dieses Mal könnten wir es mit mehr zu tun haben. Ich habe Lane seit seinem letzten Aufenthalt in Temporal City beobachtet, und seit gestern ist er zurück. Ich habe sein Handy gehackt, und gerade eben wurde eine neue Nachricht versendet, mit einem Treffpunkt und Uhrzeit. An die Käufer bin ich nicht herangekommen, wahrscheinlich sollen die Drogen wieder in Clubs verteilt werden. Allerdings...« Joel öffnete den Internetbrowser und zeigte uns ein Bild von Pillen in unterschiedlichen Farben. »... wird es schwierig werden, ihn aufzuhalten. Er verwischt seine Spuren verdammt gut, hat immer andere Handys, Aufenthaltsorte, Kunden... Die Polizei war schon vor einigen Monaten hinter Lane her, hat den Fall allerdings fallen lassen, weil er einen guten Anwalt hatte. Und Geld. Als er dann aus der Stadt verschwunden ist, hat sich das Problem für die Cops von selbst gelöst.«

Ich spürte Wut in mir aufsteigen. Diesen Grund hörte ich viel zu oft.

»Die Übergabe ist in den Stains«, bemerkte Luc. Ich spürte seinen prüfenden Blick auf mir liegen und versuchte, ihn zu ignorieren, genauso wie die Erinnerungen und Gefühle, die sich in diesem Moment ihren Weg an die Oberfläche kämpfen wollten. Meine Muskeln spannten sich an und ich verdrängte die Vergangenheit. »Kannst du noch mehr über den Handel herausfinden und uns hinleiten?« Obwohl meine Gefühle mich aufwühlten, war meine Stimme gefasst.

Joel warf mir einen entrüsteten Blick zu. »Du verletzt meine Gefühle mit dieser Frage.«

Ich hob entschuldigend die Hände und ging zu dem Schrank hinüber, wo ich nach meinem schwarzen Hoodie und dem Tuch griff. Mein fragender Blick glitt zu Zac, der sich gerade vor dem Boxsack positionierte. »Wo ist Jacob?«

Er zuckte die Schultern, griff aber nach seinem Handy. »Er hat mir geschrieben, dass...«

»Er ist schon auf Streife unterwegs.«

Zac warf Joel einen empörten Blick zu. »Quatsch, er hat mir getextet dass er Döner kaufen geht.«

»Und ich sehe ihn gerade an der Ecke zwischen Lee-Highway und 9thAve«, erwiderte Joel schulterzuckend und deutete auf den Bildschirm.

Zac keuchte auf. »Dieses Schwein. Unser Stammdöner ist auf der anderen Seite der Stadt!«

Ich runzelte die Stirn und trat an den Tisch. »Hast du gerade Verbindung zu ihm?«

»Sekunde.« Joel betätigte eine Tastaturkombination und ein Knacken ertönte. »Jacob?«

»Was?« Jacobs tiefe Stimme erfüllte den Raum, begleitet von dem städtischen Verkehr im Hintergrund. Ich beugte mich über den Tisch und beobachtete unser fünftes Mitglied über die Webcam, während er auf seinem Motorrad die Hauptstraße überquerte. »Was machst du da?«

»Wonach siehts denn aus.« In Jacobs rauchiger Stimme klang ein Hauch von Angriffslust mit.

Ich spannte den Kiefer an und folgte dem Verlauf der Straße mit den Augen. Jacob war auf dem Weg zu dem Ort, an dem der Drogenhandel stattfinde sollte. »Woher weißt du, dass Lane wieder zurück ist?«

»Hab's eben durch Zufall gehört.«

»Und du hattest nicht vor uns davon zu erzählen?« Ich musste mich zusammenreißen, um meine Stimme unter Kontrolle zu behalten. Jacob bog in die nächste Straße ein, und das Aufheulen des Motors übertönte beinahe seine Stimme. »Dachte mir schon, dass Joel davon weiß.«

Ich ballte die Hände zu Fäusten und starrte auf den Monitor. »Warum dann dieser Alleingang?«

Für einen Moment waren nur die Motorgeräusche zu hören. »Irgendjemand muss ja was unternehmen.« 

Ich schnaubte aufgebracht. »Du kannst nicht...«

»Das ist jetzt egal, Cole, wir müssen los«, unterbrach mich Luc und fasste mich am Arm.

Aufgebracht machte ich mich von ihm los. »Was soll der Scheiß?«

»Wir kümmern uns später darum«, erwiderte mein bester Freund ruhig und deutete zur Tür. »Los.«

Ich biss die Zähne zusammen und nickte dann. »Zac?«

Der Schwarzhaarige setzte seine Kapuze auf und rückte das Tuch vor seinem Gesicht gerade, sodass nur noch seine blauen Augen zu sehen waren. »Also kein Döner heute?«

»Für dich gibts gar nichts mehr wenn du nicht sofort los gehst«, drohte Joel und deutete zur Tür. »Ich leite euch.«

Ich ging Luc und Zac voran aus dem Raum und sprang die Stufen der ins Erdgeschoss führenden Eisentreppe hinunter. Wir gelangten in die große Eingangshalle der Fabrik, welche nur spärlich beleuchtet war. Die hohen Fenster ließen nur wenig Licht herein, offenbarten aber trotzdem die Überreste der Maschinen und Geräte, mit denen in dieser Fabrik früher Papier hergestellt worden war. Unsere Schritte hallten von den Wänden wider, als wir zügig die Halle durchquerten und auf den kleinen Eingang an der rechten Seite zusteuerten.

Ich öffnete die Tür und trat in die dunkle Nacht hinaus. Tief atmete ich die kühle Luft ein, bevor wir durch den Innenhof hinüber zu unseren Motorrädern gingen, welche in einer separaten Halle standen. Die Gegend, in der die Fabrik stand, befand sich in der Nähe der Innenstadt und die meisten Gebäude waren alt und baufällig. Somit hatten wir zum einen die Möglichkeit, mit den Motorrädern alles in kürzester Zeit zu erreichen, zum anderen waren wir ungestört.

Kurz bevor ich meine Maschine startete, warf ich einen prüfenden Blick über die Schulter zu Luc und Zac, die mir zunickten. Ich lenkte das Motorrad vom Hof der Fabrik und über die holprige Zufahrtsstraße, bevor ich Gas gab. In der Ferne leuchteten die Lichter der Hochhäuser und erhellten den Himmel. Die nächtlichen Stadtgeräusche wurden lauter und der Gegenwind zerrte an meinem Hoodie.

Joel lotste uns durch die Kopfhörer auf dem schnellsten Weg zu dem Ort, an welchem Jacob bereits eingetroffen sein musste. Ich unterdrücke einen Fluch und beschleunigte. Seine Alleingänge gingen mir gewaltig auf die Nerven. Er war schon immer ein Einzelgänger gewesen, doch in letzter Zeit hatte er sich mehr und mehr von uns distanziert.

Ich wollte ihn nicht verurteilen, ohne zu wissen, mit welchen Problemen er privat zu kämpfen hatte. Doch trotzdem konnte ich es mir nicht erlauben, durch sein Verhalten womöglich die geheime Identität der Guardians zu gefährden.

»Jungs? Der Drogenhandel findet übrigens hinter einem Kampfverein statt. Vielleicht bekommt ihr ja Hilfe?« Joels Kommentar lies mich auflachen. Das letzte, was ich brauchte, waren Menschen, die uns bei unserer Arbeit störten und dabei in Gefahr gerieten.

»Was ist das für ein Verein?«, fragte ich trotzdem nach und bog an der nächsten Kreuzung nach rechts ab. Wir waren nur noch wenige Minuten von unserem Ziel entfernt.

»Ich kannte ihn vorher nicht. Er sieht ein wenig heruntergekommen aus, typisch Stains, und heißt Selfdefenders


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So, jetzt habt ihr schon jeweils ein Kapitel aus der Sicht von den beiden Protagonisten gelesen :) Ich hoffe es hat euch bis jetzt gefallen!

Was haltet ihr von Zac, Cole, Joel, Luc und Jacob?

Lasst mir gerne Feedback da, das würde mir viel bedeuten!

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