Kapitel 11 - Es hat sich gelohnt
[GRACE]
Ich tanzte.
Ich tanzte, ohne meine Umgebung richtig wahrzunehmen. Es war warm, es war laut, und es war voll. Doch all das nahm ich nur am Rande wahr. Es fühlte sich an, als würde die Musik durch meinen Körper strömen. Durch mein Blut, meinen Kopf, meine Gedanken. Der Song »Hangover« hatte den gesamten Club zum Aufleben gebracht. Alle waren in den Refrain mit eingestiegen und fieberten nun dem nächsten Hit entgegen.
Ich liebte die Stimmung.
Ich liebte diesen Moment.
Und ich liebte die Gesellschaft, in der ich mich befand.
Ich riss mich aus meiner eigenen Welt und hob atemlos den Blick. Die Lichter zuckten über die Körper, erhellten glitzernde Outfits, nackte Haut und glückliche Gesichter. Ich wandte mich um und sah direkt in Coles Gesicht, der mich amüsiert beobachtete. Mir wurde heiß und ich unterdrückte den Drang, mich weiter auf ihn zuzubewegen. Schnell ließ ich den Blick weiter zu Kat wandern, die mit einem Typen rummachte, (nicht der, der uns Shots ausgegeben hatte), und sah dann zu Zola und Luc, Coles Freund. Die beiden standen ein wenig abseits, am Rande der Tanzfläche, und unterhielten sich. Ich musste automatisch lächeln.
In der letzten Stunde hatte ich mich immer wieder zu Zola gesehen, und jedes Mal erleichtert festgestellt, dass sie mir nicht hilfesuchend entgegenblickte. Und die gesamte Zeit über war Luc bei ihr gewesen. Ich wusste nicht, ob er, wie sie, dem Gedränge entkommen wollte, doch ich rechnete es ihm hoch an, dass er meine Aufgabe übernahm und Zola Gesellschaft leistete.
»Sie sind irgendwie süß zusammen, oder?«
Ich zuckte zusammen, als Coles Stimme neben meinem Ohr ertönte, und augenblicklich beschleunigte sich mein Herzschlag. Ich müsste mich nur ein wenig nach hinten lehnen, um Cole zu berühren...
Die beiden bemerkten unsere Blicke, und während Zola ertappt zu Boden sah, schüttelte Luc nur grinsend den Kopf.
Ich nickte, als Antwort auf Coles Frage, und wagte es nicht, den Blick von meiner besten Freundin und Luc abzuwenden. Meine Gedanken rasten, und ich hatte das Gefühl, dass ich am nächsten Tag einiges von dem, was ich zu Cole gesagt hatte, bereuen würde. Doch wenn ich sowieso schon vor Scham versinken würde, wieso nicht noch einen draufsetzen?
Abrupt drehte ich mich um und sah zu Cole auf, der mir überrascht entgegenblickte. Ich betrachtete wortlos sein Gesicht. Aus dieser geringen Entfernung konnte ich es endlich in Ruhe studieren. Entweder er oder ich schwankten zwar ziemlich, doch wenn ich mich konzentrierte, konnte ich ihn klar erkennen. Seine Augen leuchteten in einem Bernsteinbraun, die Nase war gerade und seine Lippen zu einem leichten Lächeln verzogen.
Ich runzelte die Stirn, als ich an seiner Wange einen Schnitt ausmachte. Wie ferngesteuert hob ich meine Hand und bewegte sie auf sein Gesicht zu. Cole atmete scharf ein, und ich hielt inne, unsicher, ob ich zu weit ging. Wir blickten uns schweigend an, und als er nicht reagierte, nutzte ich die Chance und berührte seine Wange oberhalb der Wunde. Seine Haut war weich und glatt rasiert.
Ich beugte mich mit erhobener Stimme vor. »Woher ist die?«
Cole sah mich träge lächelnd unter seinen langen Wimpern hinweg an. »Rasieren muss gelernt sein.«
Ich warf einen weiteren Blick auf den glatten Schnitt, der vor meinen Augen verschwamm, und runzelte die Stirn. Dieser Schnitt sah nicht gerade nach einem Unfall beim Rasieren aus. Doch wieso sollte er mich anlügen?
Vielleicht hat er ja einen geheimen Nebenjob? Mein Blick zuckte zu seinem besten Freund. Kommen sie vom Zirkus? Ist Luc Messerwerfer und experimentiert heimlich mit Cole herum?
Als ich bemerkte was für seltsame Ausmaße meine Gedanken annahmen, lachte ich auf. Ich war tatsächlich betrunkener, als gedacht. Vielleicht war die einfache Cola von Cole doch keine so schlechte Idee gewesen.
Die ColeCola.
Gerade als ich Cole von meiner neuen Namensfindung erzählen wollte, tauchten Zola und Luc neben mir auf. Ich jubelte und schloss meine beste Freundin freudig in eine Umarmung. Sie tätschelte mir den Rücken und rief mir ins Ohr: »Ich gehe schon mal nach Hause. Luc meinte, er bringt mich.«
Ich starrte sie an und schüttelte dann, mit einem kurzen Blick zu Cole, der leise mit Luc sprach, den Kopf. »Quatsch, wir können zusammen gehen.«
Zola lächelte mir besänftigend zu, während das zuckende Licht ihr Gesicht in unterschiedliche Farben tauchte. »Nein, wirklich, ich komme klar. Der Abend hat echt Spaß gemacht, aber ich glaube, mir reicht es jetzt. Bleib du ruhig noch.«
Unentschlossen blickte ich sie an. Ich fühlte mich nicht wohl bei dem Gedanken, dass sie alleine mit Luc nach Hause ging. Doch ich wollte auch nicht, dass sie wegen mir noch länger wartete. Sie war schon lange genug geblieben, und ich wusste, dass sie es hauptsächlich für mich getan hatte.
»Bitte. Sonst fühle ich mich schlecht, weil ich dir den Abend verderbe, und das willst du nicht, oder?«, fuhr Zola mit einem amüsierten Funkeln in den Augen fort.
Ich seufzte auf. »Na gut. Aber schreib mir wenn was ist und sobald du zu Hause bist.«
»Mache ich. Gehst du danach zu Kat?«, fragte Zola, und ich schüttelte den Kopf.
»Keine Sorge, ich bringe sie später nach Hause.«
Ich drehte mich bei Coles lauten Worten ungläubig um und schüttelte den Kopf. »Das musst du nicht tun, wirklich nicht. Hast du vergessen wo ich arbeite?«
Er schmunzelte leicht. »Ich weiß, dass du auf dich alleine aufpassen kannst. Aber dann fühle ich mich besser.« Er warf Luc einen kurzen Blick zu, den der bedeutungsvoll erwiderte.
»Wenn du meinst...«, antwortete ich, nicht sonderlich überzeugt, bevor Zola mich in eine erneute Umarmung zog. »Pass auf dich auf.«
Ich piekte ihr in die Seite. »Und du erst!«
Sie lächelte warm und löste sich von mir. »Er ist in Ordnung. Wirklich. Und du weißt, wie vorsichtig ich bin.«
Ich nickte widerstrebend und hob fragend den Blick, als Cole sanft meinen Arm berührte. »Wenn du mir vertraust, kannst du auch Luc vertrauen.«
Diese einfachen Worte legten in mir einen Schalter um.
»Okay.« Ich erstarrte. Ich hatte ohne nachzudenken geantwortet.
Vertraute ich Cole wirklich?
Ja, irgendwie schon.
War das ungewöhnlich, da wir uns noch nicht so lange kannten?
Eventuell.
Doch seltsamerweise beruhigten mich seine Worte, und ich verabschiedete mich von Luc ebenfalls mit einer Umarmung. Da er so groß war, musste er sich zu mir hinunterbeugen. Seine Haare kitzelten für einen Moment meine Wange, und ich musste mich anstrengen, um seine nächsten Worte zu verstehen. »Ich passe auf sie auf, keine Sorge. Mach du das gleiche mit Cole.«
Ich lachte und nickte, bevor die beiden in der Menge verschwanden.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Cole und blickte mich an. Mit einem Mal war er mir viel näher als zuvor. Ich ließ den Blick von seinen Augen hinabgleiten und blieb bei seinen Lippen hängen. Diese Lippen...
Mein Brustkorb hob und senkte sich in einem ungesunden Tempo, mein Herz raste, und ich hatte das Gefühl, mein Körper stünde in Flammen. Wie von alleine legten sich meine Hände auf Coles Brust, während er seine Finger quälend langsam über meine Taille wandern ließ. Er senkte den Kopf, sein Atem streifte meine Haut, und ich hielt meinen an.
Als Kats Stimme neben uns ertönte, wurde ich aus meiner Trance gerissen und sprang ertappt einen Schritt zurück.
Mein Atem ging unregelmäßig, und das Verlangen, welches kurz in Coles Augen aufgeblitzt war, erhitzte mich noch mehr. Was hatte ich getan? Oder gerade fast getan?
Kat grinste und gab mir einen leichten Klaps auf mein Hinterteil. »Hopp hopp meine süßen Freunde, jetzt geht's in die Karaoke Bar!«
༺
»Hilfe«, murmelte ich leise und vergrub meinen Kopf in den Armen. Der schrecklich schiefe Gesang von Kat und Typ Nummer Drei an diesem Abend übertönten alle Gespräche in der Bar und schmerzte mir in den Ohren. Wir waren schon über eine Stunde hier, und ich hatte das Gefühl, dass mit jedem weiteren Sänger das Niveau der Songauswahl sank. Inzwischen hatten wir das Level von »Barbie Girl« erreicht.
»Alles okay?«
Ich spürte Coles Hand auf meinem Rücken und nickte, bevor ich den Kopf von der Tischplatte anhob. »Alles superduper!«
Er sah mich an und ich erkannte, dass ihm klar war, dass ich log. »Willst du los?«
»Willst du los?«, wiederholte ich seine Frage, und er schmunzelte. »Ich würde dich schon noch gerne auf der Bühne sehen...«
Ich sprang von meinem Stuhl und hob abwehrend die Hände. »Okay, stopp, ich habe mich entschieden. Ich will definitiv los!«
Cole grinste. »Ach komm, das wäre bestimmt lustig.«
Ich rümpfte die Nase. »Ja, solange bis ich anfange zu singen und alle die Bar verlassen.«
Cole verzog das Gesicht. »Das wollen wir natürlich nicht.«
Ich musste lachen und umfasse den Tisch, als ich spürte, dass ich das Gleichgewicht verlor. Mit einem Mal überrollte mich Müdigkeit, und ich verzog das Gesicht. »Ich glaube, ich gehe jetzt wirklich. Du kannst ruhig noch bleiben, mir macht es echt nichts aus die paar Meter allein nach Hause zu laufen.«
»Aber mir.« Die zwei Worte sorgten dafür, dass mein Herz einen kleinen Satz machte. Das lag sicherlich am Alkohol. Woran auch sonst? Ich widersprach ihm nicht und nickte nur dankbar. Wir verabschiedeten uns von Kat und ihren Freunden und schoben uns dann durch das Gedränge zwischen den vielen Stehtischen hindurch zum Ausgang.
Als wir aus der Bar traten, empfing uns eine wilde Mischung aus Musik von den benachbarten Clubs, und eine Gruppe Studenten, die laut singend die Straße überquerten. Ich hüpfte ein wenig auf der Stelle, damit mir warm wurde. Es war mitten in der Nacht, und die Kälte kroch unangenehm unter meine Jacke. Für April war es außergewöhnlich kühl.
»Ist dir nicht kalt?«, fragte ich Cole schockiert, als mir auffiel, dass er nichts, außer seiner dunklen Jeans und dem schwarzen Shirt aus dem Club trug. Er schüttelte den Kopf und hob entschuldigend die Arme. »Tut mir leid, sonst hätte ich dir gentlemanlike meinen Pulli geben können.«
Ich verzog gespielt entrüstet das Gesicht. »Mensch, dass du das nicht gleich mit eingeplant hast...«
Cole lachte auf. Warm und schön, und traf direkt in mein Herz.
»Ich hatte so einiges nicht mit eingeplant.«
Ich grinste ebenfalls und lief einen Kreis um Cole herum, der mich amüsiert beobachtete. Wieder vor ihm angekommen, deutete ich nach rechts die Straße hinunter. »Okay, jetzt ist mir wärmer, hier gehts lang.«
Cole nickte und wir setzten uns in Bewegung. Es war schon deutlich leerer, als noch vor einer Stunde. Ich war diesen Weg schon oft gegangen, mal sehr betrunken, mal weniger, doch jedes Mal war der Sonnenaufgang im Sommer der perfekte Abschluss einer Partynacht gewesen.
Ich betrachtete Cole von der Seite. Er hatte seine Hände in den Hosentaschen vergraben und lief entspannt neben mir her. »Ich hätte nicht gedacht, dass du kommst«, entfuhr es mir. Ich wusste, dass der Alkohol aus mir sprach, doch mich interessiert seine Antwort wirklich.
Cole sah zu mir herüber und wirkte für einen kurzen Moment abweisend. »Ich auch nicht. Es war ziemlich spontan.«
Als ich ein wenig zu spät nickte, fügte er mit einem Augenzwinkern in meine Richtung hinzu: »Aber es hat sich gelohnt.«
Ich spürte, wie ich unter seinem intensiven Blick rot wurde. »Mhm.«
Seine Mundwinkel zuckten amüsiert, während er mich nicht aus den Augen ließ. »Wirklich!«
»Okay, ich habs verstanden! Themenwechsel.« Ich verzog das Gesicht, was er mit einem unheilverkündenden Grinsen quittierte, bevor er weitersprach. »Es hat sich wirklich sehr gelohnt! Willst du wissen, warum?«
»Willst du wissen, was ich hasse? Schnulzige Sprüche!«
Coles Grinsen wurde breiter.
»Stopp!«, warnte ich, was ihn nur noch mehr anspornte. Er blieb stehen, umfasste sanft meine Schultern, sodass ich ihn ansehen musste, und blickte mich übertrieben ernst an. »Grace Bowen... Mein Abend war kurz davor ein dunkles Ende zu nehmen, bis du hineingetreten bist und ihn mit deinem Licht erhellt hast...«
Ich starrte Cole mit offenem Mund an und gab ihm einen Stoß, während mein Gesicht immer heißer wurde. »Ew, oh Gott! Hör sofort auf damit!«
Er umfasste meine Hand und sah mich mit funkelnden Augen gespielt verletzt an. »Aber wieso? Du hast meinen Abend wirklich bereichert und gerettet! Du bist meine Heldin!« Er genoss es viel zu sehr, wie ich mich unter seinen Sprüchen wand. Ich zog die Augenbrauen zusammen. »Flirtest du immer so viel mit dieser schlimmen Taktik?«
Cole grinste. »Nur, wenn es sich lohnt.« Er hob mit einem langen anzüglichen Blick auf mich die Brauen, und ich sah das amüsierte Funkeln in seinen Augen, als er flüsternd fortfuhr. »Und das tut es definitiv!«
»Bitte hör auf!«, flehte ich, machte mich von ihm los und schloss demonstrativ die Augen, da ich sein Grinsen keine Sekunde länger sehen wollte. Auch, wenn Cole das, was er sagte, nur tat, um mich zu ärgern, löste es in mir ein Chaos der Gefühle aus.
Ich spürte seine Hand an meiner Schulter, die mich sanft zurückzog. »Straße.«
»Ups.«
Ich öffnete die Augen und sah amüsiert zu Cole auf, der mich kopfschüttelnd angrinste. »Du bist unmöglich.« Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, er zwinkerte mir zu, und ich hob warnend die Faust. »Wehe.«
Er grinste, und ich floh vor seinem lauten »Unglaublich heiß!« mit einem Sprint auf die andere Straßenseite und um die nächste Ecke. Ich wandte mich, immer noch schmunzelnd, nach vorne, und hielt überrascht inne. Direkt vor mir standen drei Typen, alle breit gebaut, Mitte zwanzig und wahrscheinlich ebenfalls auf dem Rückweg von einer Partynacht.
Ich hielt inne und drehte mich abwartend zu Cole um. Ich hatte keine Lust, den dreien mit Blickkontakt die Möglichkeit zu geben, ein Gespräch anzufangen.
Doch dafür brauchten sie keine Aufforderung. Mit einem Mal spürte ich einen heißen Atem in meinem Nacken. Ich fuhr augenblicklich herum und funkelte meinen Gegenüber wütend an. Er grinste träge, während seine Kumpels ihn zu beiden Seiten flankierten. Ich schluckte die aufsteigende Aggression herunter und erwiderte seinen Blick fest.
»Na meine Hübsche, wohin denn des Weges um diese Uhrzeit?«
»Definitiv nicht zu dir«, ertönte Coles kalte Stimme in meinem Rücken, und ich atmete erleichtert auf. Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass er unmittelbar hinter mir stand. Normalerweise ging ich solchen Situationen aus dem Weg, doch in dieser Sekunde war ich froh, dass Cole bei mir war. Vor allem, da ich in meiner Verfassung keine richtige Verteidigunstechnik mehr anwenden konnte. Dafür war mein Alkoholpegel zu hoch und meine Reaktionszeit zu langsam. Cole legte seine Hand sanft auf meinen Rücken, was einen Schauer durch meinen Körper jagte und die Stelle gleichzeitig erhitzte.
»Da bin ich mir aber nicht so sicher. Sie will es auch, dass sehe ich in ihren Augen. Vielleicht braucht sie nur einen kleinen Vorgeschmack«, widersprach der Vordere, und ich schnappte fassungslos nach Luft.
Bitte?
Einer seiner Kumpels grinste. »Schnapp sie dir, Biff.«
Wut brodelte in mir auf, und Adrenalin durchfuhr mich. Der Druck von Coles Hand in meinem Rücken verstärkte sich warnend, doch ich ignorierte seine Berührung. Ich funkelte meinen Gegenüber an und wünschte mir, ich wäre in der Verfassung, Biff das perverse Grinsen aus dem bärtigen Gesicht zu schlagen. »Ich bin mir sicher, dass sie keine Interesse hat. Und im Übrigen auch sonst keine Frau, die nicht von sich aus auf dich zugeht!«
Biffs Blick verdunkelte sich, und ich konnte sehen, wie die Adern an seinen breiten Armen hervor traten.
»Komm«, murmelte ich Cole zu und machte Anstalten, an den Typen vorbei zu gehen. Die Wut brodelte in mir, doch ich wusste bereits jetzt, dass es ein Fehler gewesen war, meine Gedanken laut auszusprechen. Genau vor solchen Leuten versuchte ich meine Schüler zu schützen. Doch selber auf diese Sorte Mensch zu treffen, regte in mir eine ungeheure Wut an.
Ich war fast an der Gruppe vorbei, da schnellte eine Hand vor, um nach mir zu greifen. Doch sie schnappte ins Leere. Im nächsten Moment stand Cole vor mir, und obwohl ich sein Gesicht nicht sehen konnte, hörte ich die Wut aus seiner Stimme heraus. »Das war ein gewaltiger Fehler.«
»Cole, komm«, wiederholte ich nachdrücklicher und stellte mich neben ihn. Wir hatten keine Chance gegen die drei, vor allem mit mir in meiner jetzigen Verfassung. Ich warf Cole, dessen Kiefer unheilvoll zuckte, einen kurzen Blick zu und betete, dass die Typen einfach weitergingen. Doch Biff wiegte sich in der Gesellschaft seiner Freunde in Sicherheit und trat grinsend eine Schritt vor. »Das werden wir noch sehen.«
Ich riss die Augen auf, als seine Hand sich zu einer Faust ballte und er den Arm vorschnellen ließ. Doch Cole wich ihm mit einer einfachen Bewegung aus. Sein Angreifer wandte sich überrascht um und ging erneut auf Cole los, doch dieser blockierte auch seinen nächsten Schlag. In einer ungeheuren Geschwindigkeit verpasste Cole ihm einen Fausthieb in den Magen, zog ihn zu sich heran und brachte ihn mit einem Tritt in die Kniekehlen zu Fall. Stöhnend wälzte sich Biff auf dem Boden, während sein einer Kumpel ihm zu Hilfe kam. Er wollte Cole umschmeißen, doch wieder wich dieser spielend leicht aus, nutzte die Orientierungslosigkeit seines Gegners und rang ihn mit wenigen Schlägen nieder.
»Was...« Ich erstarrte, als sich der dritte Typ mir näherte, und fokussierte mich auf seine fahrigen Bewegungen. Hinter ihm konnte ich sehen, wie Cole abwechselnd Biff und seinem Freund auswich, die ihn von beiden Seiten anzugreifen versuchten.
Vergebens.
Cole verteidigte sich nicht irgendwie, er brachte die beiden routiniert zum Fallen. Ihr Stöhnen und Fluchen erfüllte die menschenleere Straße. Als der Typ nach meinen Handgelenken griff, wich ich aus Reflex zurück, doch ich war zu langsam. Seine Finger bohrten sich in meine Haut und ich verzog schmerzerfüllt das Gesicht, als seine Nägel über meinen Arm kratzten. Ich schnappte nach Luft, und versuchte das Brennen an meinen Handgelenken zu ignorieren.
Überkreuzen, runterdrücken, ziehen, raus.
Während ich das Mantra in meinem Inneren aufsagte, führte ich die Technik, die ich in der Stunde mit Cole den Mädchen gezeigt hatte, routiniert durch. Perplex starrte mein Gegenüber mich an, als ich mich aus seinem Griff befreite und anschließend mein Knie hob, um es dorthin zu befördern, wo es am meisten wehtat.
Stöhnend krümmte er sich und starrte mich dann hasserfüllt an. Taumelnd kam er auf mich zu. »Na warte du Bitch...«
Er machte einen weiteren Schritt nach vorne, doch Cole packte ihn von hinten, drehte ihn herum und rammte ihm sein Knie in den Magen. Hustend wand er sich am Boden. Es war eindeutig, dass er gegen Cole, der sich über ihn beugte, keine Chance hatte. Seine beiden Kumpels waren bereits verschwunden.
Ich zuckte zusammen, als Coles Faust seine Nase traf, und es laut knackte. Stöhnend krümmte sich der Typ unter ihm, Blut strömte über sein Gesicht. Ich sprang vor, als Coles Faust sich erneut hob, und umfasste seinen Arm. »Stopp!«
Er hielt in der Bewegung inne, und ich nutzte die Chance, um ihn von dem am Boden liegenden Mann wegzuziehen. Cole war seltsamerweise nicht außer Atem, und generell schien ihn der Anblick des blutenden Typen nicht zu stören. Ich konnte sehen, wie seine Hand sich erneut zu einer Faust ballte. Sein Körper war zum Zerreißen gespannt und sein Kiefer zuckte. Ich zog ihn hinter mir her, um die nächste Ecke, und in die Straße, in der sich Zolas und meine Wohnung befand. Vor der Tür drehte ich mich zu ihm um.
Sofort musterte er mich mit prüfendem Blick. »Alles okay?«
Bevor ich antworten konnte, umfasste er meine Hände und starrte auf die Abdrücke, die der Typ auf meiner Haut hinterlassen hatte. »Was zum...«
»Das fragst du mich?« Ich entzog meine Hände seinem Griff, starrte ihn entgeistert an und deutete wage in die Richtung, aus der wir gerade gekommen waren. »Ist dein Plan B zur Polizei zu gehen wenn es mit dem Studium nicht läuft oder so?«
Cole lachte rau und fuhr sich durch die Haare. Für einen Moment schloss er die Augen und atmete tief durch, bevor er wieder meinem Blick begegnete. »Nein. Ich habe früher mal in einem Verein gekämpft.«
Den Verein würde ich gerne mal besuchen.
Ich nickte, immer noch perplex. »Das glaube ich dir sofort.«
Cole betrachtete mich einen Augenblick, dann machte er eine wegwerfende Handbewegung. »Ich war dort wirklich lange.«
Ich hob die Augenbrauen und er fügte hinzu: »Lange und oft.«
»Die Stunden haben sich auf jeden Fall ausgezahlt. Danke für die Hilfe.«
Cole schüttelte den Kopf und sein Gesichtsausdruck verdunkelte sich. »Danke, dass ich dich nach Hause bringen durfte.«
Er wirkte so angespannt, dass ich ihn kurzerhand umarmte. Ich wusste nicht, woher ich den Mut nahm, mich ihm auf diese Weise zu nähern, doch das Bedürfnis danach war stärker als meine Vernunft.
Ich schloss die Augen und atmete tief den Geruch seines Aftershaves ein, als Cole die Umarmung zögernd erwiderte. Wie im Club lösten seine Arme um meinen Körper einen kleinen Stromschlag in mir aus. Wie machte er das nur?
»Sollen wir ihm einen Krankenwagen rufen?«, fragte ich leise und Cole löste sich aus der Umarmung. Sein Blick war voller Abscheu.
»Ich würde gerne zurückgehen und ihn ganz ausschalten«, antwortete er, und ich umfasste instinktiv den Stoff seine Shirts fester. Bei seinem Gesichtsausdruck war ich mir sicher, dass das kein Scherz war. »Er ist es nicht wert.«
Cole schnaubte. »Wahrscheinlich nicht.«
»Danke fürs nach Hause bringen«, wechselte ich das Thema und Coles Anblick verdüsterte sich, als ich auf den Hauseingang in meinem Rücken deutete.
»Es gefällt mir gar nicht, dass diese Typen sich in der Nähe von eurer Wohnung aufgehalten haben.«
Ich lachte trocken auf. »Sie werden es nach der Bekanntschaft mit dir sicher nicht nochmal machen.«
Coles Augen verdunkelten sich. »Oh nein, das werden sie sicher nicht.«
Ich trat einen Schritt zurück, was ihn augenblicklich aufsehen ließ. Er sah mich einen Augenblick an, bevor er seine Hände in den Hosentaschen versenkte. »Ich hoffe mal deine Absage war nicht ernst gemeint?«
Ich runzelte die Stirn, überrascht von dem plötzlichen Themenwechsel, und Cole schob erklärend hinterher: »Für unser Soziologieprojekt. Deine Nachricht hat mich ein wenig irritiert.«
Ich spürte, wie ich rot wurde.
Oh Gott. Die Nachricht.
Zusätzlich drängte sich das, was ich im Club zu Cole gesagt hatte, langsam in den Fokus. Wieso hatte ich ihm erzählt, dass ich sauer auf ihn war? Okay, vielleicht hatte es mich tatsächlich ein wenig verunsichert, dass er sich nicht mehr gemeldet hatte, doch warum hatte ich ihm das ins Gesicht gesagt?
Verdammter Alkohol.
Schnell nickte ich auf Coles Frage hin. »Ja, ich bin noch dabei, alles gut.«
Seine Mundwinkel zuckten. »Okay.«
»Okay. Und ähm, sorry für die Nachricht, das war blöd.« Cole wollte etwas erwidern, doch um alle Zweifel an meiner Fähigkeit als Teampartnerin aus dem Weg zu räumen, fuhr ich hastig fort. »Hast du später Zeit? Da du mich nach Hause gebracht hast, könnte ich dafür nachher bei dir vorbeikommen, damit wir mit dem Projekt beginnen können.«
Coles Kiefer zuckte kaum merklich bei meinen Worten. Doch als er meinen verwunderten Blick bemerkte, verschwand der angespannte Ausdruck und er nickte. »Klar, warum nicht. Ich schicke dir die Adresse. Wenn Zola Lust hat, kann sie auch mitkommen. Ich wohne mit Luc zusammen und er kocht bestimmt, wenn er hört, dass wir Besuch bekommen.«
»Super, ich frage sie mal.«
Cole nickte zustimmend. »Okay. Also dann, schlaf gut.«
Ein Lächeln zupfte an meinen Mundwinkeln, als Cole mich zum Abschied umarmte. Schon die dritte Umarmung in dieser Nacht. Und trotzdem hatte ich das Gefühl, es waren viel zu wenige.
Ich sah zu ihm auf. »Du auch. Und nochmal, danke. Für alles.«
Er erwiderte mein Lächeln und mir wurde warm. Bis ich die Haustür hinter mir ins Schloss zog, spürte ich seinen Blick in meinem Rücken.
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Wohoo die Partynacht ist zu Ende! Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen! ❤️
Lest ihr lieber aus Graces oder Coles Sicht? ✨
Welchen Charakter mögt ihr bis jetzt am liebsten? 👀
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende, bis bald! ❥
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