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Irgendwann stupste mich Debi an der Schulter an und deutete in die Richtung, aus der er gekommen war. Vier Personen, vielleicht etwas älter als ich, kamen auf uns zu. Und obwohl sie noch ungefähr hundert Meter entfernt waren, konnte ich laute Techno-Musik mit viel zu viel Bass hören, die eindeutig von ihnen kam.

»Das sind einige von ihnen.«, meinte Sebi fast schon stolz.

Oh Gott...

Wir kamen ihnen etwas entgegen. Als sie nun vor uns standen, bestätigte sich meine Aussage über dei Musik,  die aus einem kleinem Bluetooth-Lautsprecher drang.

Eigentlich hatte ich ja jetzt schon kein Bock mehr, doch drumrum kam ich nun nichtmehr.

Sie begrüßten Sebastian und Debi mit einer knappen Umarmung, mich ebenfalls. Für mich erschien das etwas seltsam, da sie ja nichtmal wussten, wer ich war, doch am Ende würde ich sie alle sowieso nur heute sehen. Denn an meiner Schule waren sie nicht. Sonst kämen mir ihre Gesichter nicht komplett fremd vor.

»Jungs das ist unser Bruder Manu. Manu, das sind Klaus,...«, er deutete auf einen Typ mit langen gewellten Haaren, etwas breiter gebaut, aber nicht fett und etwa 1,80 Meter groß. Er kam mir sofort sympatisch vor, obwohl ich ja eigentlich nichts von neuen Bekanntschaften hielt. 

»...Pepe,...« Kurze rote und lockige Haare, leichter Stoppelbart, der ihn nochmal älter aussehen ließ und klein und relativ normal gebaut.

»...Maximilian...«Groß und ziemlich dünn, braune Haare und eine Brille. Er sah irgendwie etwas seltsam aus und sein schiefes Lächeln sah etwas wie das eines Zuhälters aus. Aber naja.

»...und zu guter letzt Patrick.«

Patrick...

Patrick war ungefähr so groß wie ich, vielleicht etwas kleiner, hatte gestylte, braune Haare und braune Augen. Er war sportlich gebaut und angesagt gekleidet. Seine Schuhe von Adidas, der Sportbeutel auf seinem Rücken von Nike... Ich wollte keine Vorurteile ihm gegenüber hegen, doch die Marken und das offensichtliche Bedachtsein auf sein Äußeres widerte mich etwas an. Doch diese Voreingenommenheit versuchte ich sofort zu verdrängen, da er mir sonst eigentlich sehr sympatisch rüberkam.

»Hey... Ich dachte, du gehst nicht so gerne raus...?«, lachte Klaus. Wow. Meine Brüder hatten nur das Beste über mich erzählt. *Sarkasmus ausschalten*

Wir begannen in irgendeine Richtung zu laufen. Ich hatte absolut keine Ahnung, was wir nun machten, ob wir einfach irgendwo in der Stadt rumliefen oder einkaufen gingen und genau so wenig wusste ich, was das bringen sollte und was meine Aufgabe war, jedoch wusste ich, dass Klaus recht hatte.

»Tu ich ja auch nicht, aber wenn man gedrängt wird damit, dass man sonst ein schlechter Bruder ist, kann ich auch nichts dagegen machen.«

Ich fühlte mich plötzlich so anders. Unter den Augen der Anderen machte es mir plötzlich etwas aus, was sie von mir dachten. Sie verunsicherten mich etwas, doch dann fiel mir ein, dass ich nie jemanden gefallen musste, um selbst glücklich zu werden.

Du siehst sie heute und nie wieder. Du kannst das größte Arschloch sein und es würde nichts an dir ändern. Die können dir egal sein.

Ich wusste damals ja noch nicht, wie verkehrt dieser Gedanke war...

Ich lief in der Mitte der Jungs. Vor mir meine beiden Brüder, hinter mir Maxi und Pepe und rechts und links neben mir waren Pepe und Patrick. Ich konnte Parfüm riechen. Ich wusste nicht, von wem es kam, doch irgendwie war der Geruch richtig angenehm.

»Wusstet ihr schon, dass 'ne neue Schicha Bar hier in der Nähe aufmachen will?«, kam es auf einmal von Maxi und ich bekam ehrlich gesagt etwas Angst, was wir nun machen würden, wenn sie sich schon über sowas unterhielten, doch ich ließ mir nichts anmerken.

»Ja, Andre hat mir schon davon erzählt. Der will da anfangen.«, ergänzte Klaus.

»Passt doch von der Optik. Der sieht schon aus wie so 'n hässlicher Türke, der Gras vertickt.«, lachte Sebi.

Debi, Maximilian, Klaus, Pepe und Sebastian lachten. Ich fand das echt übertrieben. Immerhin wollten sie doch auch nicht, dass man sie hinter ihrem Rücken als weiße N*zi Schweine beschimpft. Was mich überraschte war, dass Patrick nicht lachte. Er sah kurz zu mir rüber, sah in mein emotionsloses Gesicht, doch bevor ich darüber nachdenken konnte, was die beste Reaktion wäre, drehte er sich auch schonwieder um und warf ein nüchternes »Wie wärs', wenn wir uns jetzt erstmal 'n Bier holen?« ein.

Zum einen war ich ihm sehr dankbar, dass er die Situation mit dem "Witz" auflöste, jedoch beunruhigte mich diese Situation noch etwas mehr.

»Klar, ich geb zur Feier des Tages, dass euer Bruder mit ist, allen eins aus.«, meinte Pepe und sofort grölten die Anderen los. Pepe zwinkerte mir zu.

Das war doch nicht deren Ernst, oder...?!

Ich betete dafür, dass ich bald wieder zu Hause sein konnte. Ich wollte das nicht von Anfang an und jetzt immernoch nicht. Sowas ziehen die ab in ihrer Freizeit?!

Wir liefen über den Parkplatz vom nächsten Kaufhaus und betraten dieses dann auch. Gezielt liefen die Jungs die Gänge entlang, als kannten sie die Regale in- und auswendig. Ich lief nun ganz hinten, alleine. Auch wenn es ziemlich kindisch klang, es tat irgendwie nicht wirklich gut, alleine zu laufen, ganz hinten. Aber das war sicher nur eine Sache der Perspektive. Andererseits war ich es ja gewohnt.

Wir kamen in dem Gang mit den ganzen Bierkästen an und strickt gingen sie auf eine Sorte zu. Sebastian nahm sieben der Flaschen und trug sie auf seinen Armen, als wären ihm heilig. Ich riss mich zusammen und setzte mich durch. Naja, zumindest ein wenig;

Die anderen liefen bereits zur Kasse, doch Debi hielt ich zurück, sodass ich alleine mit ihm sprechen konnte.

»Was soll denn das? Ihr seid noch nichtmal achtzehn! Und die Erlaubnis von unserer Mutter habt ihr auch nicht. Was ist, wenn die Polizei euch erwischt?!« Ich musste selbst zugeben, dass ich wie eine spaßverderbende Mutter klang, doch es war nunmal die Wahrheit.

Doch mein Bruder verdrehte nur die Augen.
»Fahr runter...«

»Wie denn?! Schau doch mal, was ihr hier für einen Scheiß anstellt! Ich werde garantiert kein...«

Plötzlich kam Patrick von der Seite und legte seine Hand auf meine Schulter.
»Alles okay?«, fragte er etwas besorgt und plötzlich hatte ich einen Frosch im Hals, wenn ich auch nur daran dachte, mit ihm zu sprechen. Er sah in meine Augen, doch im nächsten Moment sah er auch schonwieder zu Debi.

»Nein, alles spitze. Komm, wir gehen zu den anderen.« Patrick warf mir noch einen prüfenden Blick zu. Ich nicke leicht schüchtern und so begann er wieder zu lächeln, drehte sich um und lief zurück zu den anderen. Mein Bruder sah ihm noch hinterher und als er außer Sichtweite war, kam er mir gefährlich nah und sah mich ernst, schon fast aggressiv an.

»Du machst hier jetzt keine Anstalten. Du solltest froh sein, dass sie dich nicht komplett ignorieren. Und wehe unsere Mutter bekommt Wind davon.«

Er ließ von mir ab und ging zu den Anderen an die Kasse.

Mein Herz raste. Mein Bruder war noch nie so zu mir gewesen. Es verletzte mich. Und ich war in der Beziehung der Schwache. Das wollte ich mir nicht gefallen lassen, doch streiten wollte ich ebenfalls nicht mit ihm. Also tat ich untertänig das, was er mir sagte.

Als wir draußen waren, machten sie ihr Bier mir ihren Ringen, ihren Feuerzeugen oder ihren Zähnen auf. Und ich stand unbeholfen daneben und hatte keine Ahnung, wie die das anstellten.

Sie stießen an und dann fiel ich ihnen auf, lachten sich darauf hin kaputt. Pepe jedoch grinste nur breit und nahm meine Flasche, öffnete sie mit seinem Ring und gab sie mir dann. Wir stießen an und nahmen einen Schluck.

Ich sah mich in der Runde um. Einige waren am Handy, die anderen machten sich gerade über irgendeinen Russen an ihrer Schule lustig und dann war da noch Patrick, der mich leicht lächelnd ansah. Ich wurde unter seinem Blick nervös, schaute schnell wieder weg, jedoch beobachtete ich ihn noch im Augenwinkel. Er kicherte kurz lautlos, nahm einen Schluck von seinem Bier und nahm dann sein Handy.

Gott, sozialer Kontakt ist so schwer...

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