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Sie waren eingeschlafen. Verdammt. So hätte das nicht laufen sollen. Junhee sprang aus dem Bett und sammelte hastig seine Kleider vom Boden auf, die Donghun ihm letzte Nacht regelrecht vom Körper gerissen und sie dann achtlos hatte fallen lassen.

Donghun, der so friedlich aussah, wie er da in Junhees Bett vor sich hinschlummerte und das obwohl er doch schon längst bei der Arbeit sein sollte. Er fluchte, während er noch dabei war sich seine Hose über den Hintern zu zerren.

Vorsichtig berührte er seinen schlafenden Exfreund an der Schulter. »Hey.« Keine Reaktion. »Komm schon, du musst aufstehen.«

Dieses Mal regte sich etwas. Quälend langsam öffnete Donghun seine Augen und blinzelte. Dunkle Wimpernkränze flatterten irritiert auf und ab. »Wie spät ist es?«, wollte Donghun wissen. Seine Stimme klang noch ganz rau vom Schlafen und unwillkürlich huschte Junhee ein Schauer über den Rücken. Er hatte ganz vergessen, welche Wirkung ein verschlafener Donghun auf ihn hatte. Und wie sexy er dabei aussah.

Schnell versuchte er sich auf andere Gedanken zu bringen. Das war jetzt wirklich nicht der richtige Moment. Er räusperte sich. »Schon fast acht.«

Donghun riss entsetzt die Augen auf. »Scheisse! Ich sollte schon längst bei der Arbeit sein!«

»Ich weiss«, erwiderte Junhee, doch Donghun beachtete ihn schon gar nicht mehr und so konnte Junhee nur tatenlos danebenstehen und seinem Exfreund dabei zusehen, wie er seine eigenen Klamotten zusammensucht und sie sich überstreifte. Nicht, dass Junhee der Anblick nicht gefallen hätte. Eigentlich gefiel er ihm sogar richtig gut.

Mist. Er sollte wenigstens nicht so direkt hinsehen, nicht wahr? Um des Anstands willen und so. Andererseits gab es da nichts, was Junhee nicht ohnehin schon tausendmal gesehen hatte und verdammt, sie hatten letzte Nacht miteinander geschlafen. Damit hatten sie sowieso bereits sämtliche Grenzen überschritten und Donghun schien es im Augenblick auch nicht zu kümmern, dass Junhee ihn so unverhohlen anstarrte, wieso also damit aufhören.

Ausser vielleicht der Tatsache, dass mit jedem Kleidungsstück, welches Donghun sich überstreifte, auch das Verlangen in Junhee wuchs, ihm dieses gleich wieder vom Leib zu reissen. Ja das war tatsächlich ein Problem, dass er möglichst schnell wieder in den Griff bekommen sollte. Widerwillig drehte er sich um.

»Ich warte draussen. Falls du einen Kaffee willst–«

»Keine Zeit«, erwiderte Donghun und raufte sich sichtlich gestresst die Haare, während er sich suchend im Zimmer umsah. Junhee bückte sich nach der einzelnen Socke, die gleich neben ihm lag und reichte sie ihm, dann schlurfte er in Richtung Küche und erstarrte.

Byeongkwan stand dort und sah ihn über den Rand seiner Kaffeetasse forschend an. Keinen Moment später stolperte Donghun hinter ihm aus dem Zimmer und Byeongkwans linke Augenbraue wanderte sichtbar in die Höhe.

Donghun murmelte etwas vor sich hin, von dem Junhee nicht sagen konnte, ob es ein Fluch oder eine Verabschiedung war, kurz darauf fiel die Wohnungstür hinter ihm ins Schloss.

Byeongkwan gab ein gekünsteltes Hüsteln von sich und Junhee verzog das Gesicht. Musste der denn heute nicht arbeiten? Junhee fiel auf, dass er zwar Donghuns Arbeitszeiten noch immer auswendig kannte, aber sich die von Byeongkwan und Sehyoon auch nach drei Monaten noch nicht hatte einprägen können.

»Also«, setzte Byeongkwan an und warf ihm dabei einen vielsagenden Blick zu, »dein Wochenende scheint ja echt gut gelaufen zu sein.«

Ganz so hätte Junhee das vermutlich nicht ausgedrückt. Eher war das Gegenteil der Fall. »Es war eine Katastrophe glaub mir.«

»Oh«, machte Byeongkwan. Er wirkte ehrlich überrascht. Verständlich, denn das Bild das sich ihm eben geboten haben musste, sah wahrscheinlich alles andere als nach Katastrophe aus. Nur fühlte es sich in Junhees Innern so an. Oder zumindest fast.

»Naja, vielleicht übertreibe ich ja auch ein wenig«, gab er zu. Es hätte wirklich schlimmer laufen können. Und die Nacht war echt schön gewesen. Die Sache durfte sich bloss nicht wiederholen, aber das sollte nicht wirklich ein Problem sein. Nicht wenn Donghun und er von nun an wieder getrennte Wege gingen. Wenn er Donghun nicht ständig sah, dann verspürte er auch nicht das Bedürfnis, über ihn herzufallen, ganz einfach eigentlich.

Byeongkwan räusperte sich geräuschvoll. »Du übertreibst immer.« Junhee überging diesen Einwurf.

»Es hat auf jeden Fall nicht so geendet, wie gedacht«, sagte er stattdessen und zuckte gespielt gleichgültig mit den Schultern. Sein bester Freund sollte bloss nicht denken, dass ihm diese Nacht mit Junhee etwas bedeutet hatte. Nicht nachdem er nach seiner Trennung so oft versucht hatte ihm in sein Gewissen zu reden und ihm klar zu machen, dass es noch nicht zu spät war, Donghuns und seine Beziehung wieder zu kitten. Byeongkwan war überzeugter Fürsprecher für zweite Chancen und ausserdem auch von Donghun. Die Gründe dafür waren Junhee bis heute schleierhaft. Zwar hatte er relativ schnell und mit äusserster Befriedigung festgestellt, dass jeder in seinem kleinen Freundeskreis Donghun liebte, denn wie könnten sie auch nicht, wo er doch der perfekteste Mensch auf diesem Planeten war, doch mit Byeongkwan war das etwas anderes. Die Beziehung zwischen diesen beiden hatte Junhee nie ergründen können.

Er wusste allerdings, dass wenn er auch nur den Hauch eines Anscheins erweckte, dass er Donghun gerne zurückhaben möchte, dann würde sein bester Freund keine Ruhe geben, bis sie es zumindest noch einmal miteinander versuchten und das konnte Junhee nicht zulassen.

Er sah Byeongkwan ernst in die Augen. »Bevor du auf irgendwelche schrägen Ideen kommst, das war nicht wonach es ausgesehen hat. Am besten vergisst du es also gleich wieder. Und wehe du erzählst irgendwem davon!«

Sein bester Freund hob abwehrend die Hände und ging vorsichtshalber schon mal einen Schritt zurück. »Woah, immer mit der Ruhe Junhee. Du kannst es meinetwegen treiben mit wem du willst, geht mich nichts an, ehrlich.«

Junhee warf ihm einen bösen Blick zu. »Ich sagte das war nicht–«

»Man hat euch gehört, Junhee!«, fiel sein bester Freund ihm ins Wort und nahm ihm damit auch noch den restlichen Wind aus den Segeln und als ob das nicht schon genug gewesen wäre, fügte er noch hinzu: »Sehni und ich haben die halbe Nacht kein Auge zugetan.«

Frustriert stöhnte Junhee auf. Das durfte doch jetzt wirklich nicht wahr sein. Ihm war schon klar gewesen, dass Byeongkwan ihm nicht abnehmen würde, dass da nichts gelaufen ist, aber er hätte ihn wenigstens nicht dafür verurteilt. Sehyoon schon.

»Ich wusste nicht, dass ihr zu Hause seid«, gab er kleinlaut zu.

»Glaubst du wir schlafen auf der Strasse?«

»Natürlich nicht, ich habe nur gedacht, dass ihr zusammen aus seid.« In Wahrheit hatte er gar nicht gedacht, nur gefühlt. Donghuns Lippen auf seinen, seine Hände die über Junhees Brust streichelten und dann weiter nach unten wanderten– Er hielt inne. Bei der blossen Erinnerung daran wurde ihm heiss.

Er trat zum Kühlschrank und tat so als müsse er erst noch überlegen, ehe er nach dem Saft griff und die Tür sehr langsam wieder verschloss.

Byeongkwan, der ihn dabei beobachtet hatte, schüttelte den Kopf und trank dann einen Schluck von seinem Kaffee. »Wenn wir gewusst hätten, was uns zu Hause erwartet wären wir länger weggeblieben«, sagte er vollkommen unbeteiligt. »Du schuldest mir übrigens fünftausend Won.«

Junhee verschluckte sich an dem Saft, den er zuvor direkt ab der Verpackung getrunken hatte. »Und weswegen genau?«, wollte er wissen, worauf Byeongkwan bloss sein kleines diabolisches Lächeln lächelte und ihm dann zuzwinkerte.

»Weil Sehyoon Recht hatte. Es war Donghun.«

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