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Nervös zupfte Byeongkwan immer wieder an den Ärmeln seines Anzugs herum oder fasste sich in seine Haare, wo dank den fachkundigen Händen von Sehyoons Schwester eigentlich bereits jede Strähne perfekt sass und er das Resultat eher verschlimmerte, als dass er es besser machte.

Das durfte Junhee seinem besten Freund jedoch auf keinen Fall verraten, denn der war auch so schon kurz vor einem Nervenzusammenbruch. »Ich glaube, ich sterbe gleich«, informierte er Junhee nämlich just in diesem Augenblick, was diesen nun ebenfalls ein wenig ins Schwitzen brachte.

Wie um Himmels Willen beruhigte man einen Mann der in zehn Minuten vor den Altar treten sollte in dieser Zeit soweit, dass dieser vor der versammelten Menge einen akzeptablen Auftritt hinlegte und sich nicht vollends blamierte, nur weil er kein gescheites Wort über die Lippen brachte.

»Und ich dachte immer, ich bin die Dramaqueen von uns beiden«, entgegnete Junhee und verdrehte währenddessen gutmütig die Augen. Allerdings konnte er Byeongkwan seine Nervosität nicht wirklich übelnehmen, denn spätestens, wenn er daran dachte, wie es wohl wäre, jetzt an seiner Stelle zu stehen, wurde auch ihm mulmig zumute.

Diese grossen Veranstaltungen waren einfach nichts für ihn, selbst wenn es hierbei darum ging, den Mann zu ehelichen, den er über alles liebte und seinem besten Freund ging es scheinbar ganz ähnlich.

Vielleicht hätte er doch besser Yuchan die Trauzeugenpflichten übernehmen lassen sollen, gerade jetzt wäre der nämlich hilfreicher als Junhee selbst. »Atme einfach tief durch, okay? Und am besten vergisst du einfach die ganzen Leute, die hier sind. Denk nur an Sehyoon, den du liebst und den du aus genau diesem Grund heute zu deinem Ehemann nehmen willst.«

Tatsächlich wurde Byeongkwans Atmung mit jeder Sekunde ruhiger. Junhee war beeindruckt von sich selbst und überlegte, ob er vielleicht doch lieber Motivationscoach oder so etwas in der Art hätte werden sollen. Dann verwarf er den Gedanken jedoch gleich wieder, heute sollte es schliesslich um seinen besten Freund und dessen fast Ehemann gehen.

Er warf einen Blick auf sein Handy. Wenn sie nicht wollten, dass die Leute langsam ungeduldig wurden, dann war es jetzt an der Zeit, dass sie sich jetzt nach draussen begaben. Bestimmt wartete Sehyoon ebenfalls bereits auf sie – naja, auf Byeongkwan – und war nicht weniger aufgeregt.

Die Tür flog auf. »Ich will euch ja nicht stressen, aber mein Bruder läuft schon Gräben in den Rasen, wenn ihr euch also ein klein wenig beeilen könntet.« Es war Sehyoons kleine Schwester Eunsuh, die schon den ganzen Morgen über immer wieder von einem zum anderen Bräutigam rannte, an ihrem Outfit oder den Haaren herumzupfte und dann ebenso schnell wie sie gekommen war, wieder verschwand.

Dieses Mal schien sie allerdings noch gehetzter als die vorderen Male, weshalb Junhee ihr zunickte und sagte: »Wir sind gleich so weit.« Auch wenn er sich mit dieser Aussage eher an Byeongkwan richtete.

Dieser fasste sich ein letztes Mal in seine Haare, was ihm einen missbilligenden Blick von Eunsuh einbrachte, bevor er sich vom Spiegel wegdrehte und ebenfalls ein Nicken zustande brachte. Er holte tief Luft. »Gehen wir«, sagte er und Junhee konnte es sich einbilden, aber er glaubte den aufgeregten Herzschlag seines besten Freundes laut und deutlich hören zu können.

Nacheinander gingen sie die Treppen hinunter ins Freie. Die Hochzeit fand auf einem grossen Anwesen statt, das einem befreundeten Ehepaar von Byeongkwans Eltern gehörte, das ihnen dieses freundlicherweise für den heutigen Tag überlassen hatte und Junhee fand, dass die beiden keinen idealeren Standort hätten finden können.

Das Wetter zeigte sich heute ebenfalls von seiner besten Seite, weshalb die Trauung wie geplant draussen stattfinden konnte. Sie hatten eine Art Pavillon aufgebaut, unter dem später das Brautpaar zusammen mit Eunsuh stehen würde, die die beiden traute. Davor waren zwei Blöcke aus weissen Stühlen aufgestellt worden und dazwischen ein mit Blütenblättern bestückter Korridor.

Tatsächlich hatten sich die meisten Leute bereits auf den Stühlen niedergelassen und noch plauderten sie zwar ausgelassen mit ihren Sitznachbarn, doch viel länger sollte man sie wirklich nicht mehr warten lassen.

Am Fusse der Treppe, die zum Haus hinaufführte, entdeckten sie Sehyoon, der tatsächlich unruhig auf und ab ging, noch schien der Rasen aber glücklicherweise unversehrt. Als er sie sah, blieb er stehen und der unruhige Gesichtsausdruck wich einem regelrechten Strahlen, wie Junhee es noch nie bei ihm gesehen hatte.

Auch Byeongkwans Miene erhellte sich und er sprang die verbleibenden Stufen hinunter. Dann fasste er seinen Verlobten bei den Händen und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Sehyoon nickte und lächelte und Byeongkwans Nervosität schien plötzlich wie weggeblasen zu sein.

»Können wir dann?«, fragte Eunsuh mit einem Blick auf ihre Armbanduhr. Sie hatte nicht nur die Aufgabe bekommen, ihren Bruder und seinen Verlobten zu trauen, sondern kümmerte sich auch um einen Grossteil der Koordination. Ohne auf eine Antwort zu warten, scheuchte sie das Brautpaar in Richtung der Festgesellschaft.

Junhee folgte ihnen, doch während Eunsuh seinen Freunden noch einmal den Ablauf eintrichterte, begab er selber sich bereits nach vorne, wo er sich in der ersten Reihe neben Donghun auf einen der Stühle plumpsen liess.

Dieser drehte den Kopf und musterte ihn mit einem Lächeln. »Alles in Ordnung?«, wollte er wissen, worauf Junhee nickte und griff dann wie selbstverständlich nach seiner Hand, die er an seinen Mund führte und einen sanften Kuss darauf hauchte. »Ich habe dich vermisst.«

Junhee fühlte die Schmetterlinge, die aufgeregt in seinem Bauch herumflatterten, eine Reaktion die Donghun immer wieder aufs Neue in ihm auslöste. »Ich würde ja behaupten, dass es mir ähnlich ergangen ist, aber ich hatte einen nervösen Bräutigam, den ich beruhigen musste und der meine volle Aufmerksamkeit gefordert hat«, gab er entschuldigend zurück und zuckte leicht mit den Schultern.

Donghun lachte leise, doch bevor er noch etwas darauf erwidern konnte, setzte die Musik ein. Sie drehten ihre Köpfe herum. Am Ende des Korridors konnte er Byeongkwan und Sehyoon entdecken, die einander an den Händen hielten und leichtfüssig den Gang entlang schritten. Sie trugen beide einen jeweils Blütenweissen Anzug und sahen einfach nur hinreissend zusammen aus. Als wären sie füreinander gemacht worden.

Als sie unter dem Pavillon angekommen waren, wurden sie dort von Sehyoons Schwester in Empfang genommen, die eine solch phänomenale Rede über Liebe und Partnerschaft hielt, dass Junhee sich ernsthaft überlegte, ob er sie in ferner Zukunft einmal für seine eigene Hochzeit engagieren sollte.

Dann kamen die Ehegelübde und Junhee konnte nicht verhindern, dass ihm dabei hin und wieder die Augen feucht wurden. Er schielte zu Donghun hinüber, doch dem schien es ähnlich zu gehen. Als er Junhees Blick bemerkte, drehte er den Kopf in seine Richtung, drückte seine Hand und warf ihm ein breites Lächeln zu.

Im Anschluss wurden die Ringe ausgetauscht und Eunsuh erklärte das Paar zu Mann und Mann, worauf die beiden sich küssten, als gäbe es kein morgen mehr. Erst als Yuchan ihnen zurief, dass sie sich ein Zimmer nehmen sollten, liessen sie wieder voneinander ab und strahlten überglücklich in die Runde.

Byeongkwan hielt für alle gut sichtbar seine Hand in die Höhe, an der nun sein Ehering prangte. Neben ihm grinste Sehyoon vor sich hin, auch wenn der weniger Augen für den Ring, als vielmehr für seinen Ehemann hatte.

Und als Junhee die beiden so beobachtete, sah wie glücklich sie in diesem Augenblick miteinander waren, da wurde ihm klar, dass er das auch für sich und Donghun wollte. Vielleicht nicht sofort, aber irgendwann – und er hoffte wirklich, dass es nicht allzu lange dauern würde –, da wollte er dort vorne stehen, zusammen mit Donghun an seiner Seite.

Er drehte den Kopf zur Seite und stellte mit einem Lächeln auf den Lippen fest, dass Donghuns Augen ebenfalls auf ihm ruhten. Ihre Blicke verhakten sich ineinander, tausend unausgesprochene Gedanken zwischen ihnen und ein Versprechen, dass keiner Worte bedurfte.

Irgendwann.

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