» 18 «
Ohne ihr Ziel zu kennen, liess sich Junhee von Donghun durch die Stadt führen. Offensichtlich hatten sie es nicht besonders eilig und so schlenderten sie nebeneinander die Strasse entlang, ihre Hände waren ineinander verschränkt und eigentlich, fand Junhee, war das hier schon ziemlich nah an perfekt.
Er realisierte, dass er das früher nie so gesehen hatte, weil er immer Angst gehabt hatte, dass es Donghun nicht genügen würde, nur Zeit mit ihm zu verbringen, aber wenn er jetzt so zu ihm hinüber sah, dann wirkte er schon ziemlich zufrieden mit sich selbst und der Welt. Auf seinem Gesicht prangte ein breites Grinsen, während er Junhees Blick erwiderte und er sah dabei so wunderschön aus, dass Junhee am liebsten ein Foto von ihm gemacht hätte, um diesen Moment für immer festzuhalten.
Dann stoppte Donghun jedoch und deutete auf die andere Strassenseite. »Dort drüben«, sagte er und Junhee riss erstaunt die Augen auf, als er Donghuns ausgestrecktem Arm folgte und er erkannte, wohin der andere ihn geführt hatte.
Er sah zu Donghun, der ihn seinerseits betrachtete und gespannt seine Reaktion abwartete. Junhee musste lächeln. »Da haben wir uns kennengelernt.« Damals hatte er Donghun allerdings noch für einen ziemlichen Idioten gehalten, was allerdings nach seiner schlechten Anmache nicht weiter verwunderlich gewesen war. Wer hätte gedacht, dass sie zweieinhalb Jahre später mal hier stehen würden.
»Na komm«, sagte Donghun, sobald die Ampel auf Grün schaltete und zusammen überquerten sie die Strasse und gingen auf das kleine Kino zu, auch wenn sich Junhees Begeisterung wohl sichtlich in Grenzen hielt.
Donghun blieb abrupt stehen. »Was ist los?«, fragte er sanft, auch wenn ihm die Verwirrung deutlich ins Gesicht geschrieben stand, worauf Junhee seufzte. Wieso konnte er nicht einfach so tun, als würde er sich freuen? Denn eigentlich tat er das ja auch und er fand es auch total süss von Donghun, dass er mit ihm gemeinsam in Erinnerungen schwelgen wollte. Es war halt nur so, dass ein Kino nicht wirklich der Ort war, um sich miteinander zu unterhalten und es war ausserdem ziemlich öffentlich, was Junhee für ihre ersten Annäherungsversuche nach der Trennung, als eher ungünstig betrachtete.
»Naja, ich hatte darauf gehofft, ein wenig Zeit mit dir alleine zu haben«, gestand er deswegen, während sich spürbar ein leichter Rotschimmer auf seine Wangen legte.
Donghun dagegen lachte erleichtert auf. »Oh glaub mir, da wird niemand sein, der uns stören könnte.« Er wackelte anzüglich mit den Augenbrauen und Junhee war sich nicht sicher, was er von dieser Aussage halten sollte. Er warf Donghun einen fragenden Blick zu, doch der lachte bloss erneut und legte dann seine Hand auf Junhees Rücken, um ihn sanft ins Innere des Gebäudes zu dirigieren.
Es war erstaunlich still in der Eingangshalle des Kinos und ausser ihnen und dem jungen Mann, der hinter der Kasse stand, konnte Junhee niemanden erkennen. Ob sie noch zu früh waren. Sie würden ja wohl kaum die einzigen sein, die sich an diesem Nachmittag einen Film ansehen wollten. Es konnte natürlich auch sein, dass der Film, der heute lief, so grottenschlecht war, dass ausser ihnen niemand dafür Zeit und Geld verschwenden wollte.
Hatte Donghun deswegen angedeutet, dass sie ungestört sie würden? Junhee fiel auf, dass er ihm ausserdem gar nicht gesagt hatte, um welchen Film es sich handelte. Er liess seinen Blick über das Wochenprogramm schweifen, doch für heute Nachmittag war gar keine Vorstellung angesagt. Sehr merkwürdig. Und auf eine Führung durch das Kino hatte Junhee ehrlich gesagt auch keine Lust – nur falls das Donghuns Plan war.
Der junge Kassier reckte beide Daumen in die Höhe und zwinkerte Donghun vielsagend zu, dann verschwand er durch eine Tür in den hinteren Bereich des Kinos, während sie selbst sich auf Donghuns Kommando in den Kinosaal begaben.
»Was geht hier vor sich?«, flüsterte Junhee dem anderen zu, während sie sich durch die Sitzreihen zwängten, um einen Platz in der Mitte zu ergattern. Sie waren tatsächlich mutterseelenallein.
Donhun grinste im gedämpften Licht. »Das wirst du gleich sehen«, gab er zurück und liess sich dann auf einen der Kinosessel sinken. Junhee tat es ihm gleich, seine Stirn war jedoch immer noch in Falten gelegt. Hatte Donghun jemanden hierfür bestochen?
Dann flimmerte der Vorspann über die Leinwand und Junhee machte grosse Augen, als er diesen als der Anfang des Films erkannte, der auch damals schon gespielt wurde, als sie sich kennengelernt hatten. »Nein«, sagte er verblüfft und Donghun neben ihm lachte leise.
Junhee drehte den Kopf in seine Richtung. »Wusstest du, dass ich bis heute nicht das Ende des Films kenne?« Er war nämlich zu dem Zeitpunkt zu beschäftigt damit gewesen, sich Donghuns wunderschönes Gesicht einzuprägen, denn er hatte bis dato keinen Mann getroffen, der es ihm optisch derart angetan hatte.
Jetzt musste Donghun schmunzeln. »Ich kann nicht dafür garantieren, dass sich das heute ändern wird«, gab er unschuldig zurück und zwinkerte ihm zu. Junhee riss gespielt erschrocken die Augen auf und boxte Donghun darauf sanft gegen die Schulter.
»Hey«, rief dieser und sah Junhee empört an. »Dafür will ich eine Entschädigung«, verlangte er, während er sich die Stelle an seinem Arm rieb, von der Junhee sich ziemlich sicher war, dass sie gar nicht schmerzen konnte. Er ging trotzdem auf Donghuns Spiel ein.
Provokativ lehnte er sich zu ihm vor. »Ach und an was hast du denn da gedacht?«, raunte er, fing Donghuns Blick mit seinem ein, beobachtete, wie er sich über seine Unterlippe leckte. Er hatte wirklich schöne Lippen, fiel Junhee nicht zum ersten Mal auf. Lippen, die wie fürs Küssen gemacht worden waren.
Donghun schien ähnliches zu denken, denn er beugte sich ebenfalls ein wenig zu ihm vor. Nicht nahe genug, um ihn zu küssen, aber doch gerade so, dass sich Junhees Atmung merklich beschleunigte und sein Herz so laut klopfte, dass Donghun es bestimmt ebenfalls hören konnte.
»Wenn das für dich in Ordnung ist«, wisperte Donghun, sein heisser Atem strich über Junhees Lippen und der konnte nichts weiter tun, als zu nicken. Das musste Donghun als Antwort reichen. Denn es war in Ordnung. Es war mehr als nur das. Es war perfekt. Das alles hier.
Sie hatten sich an diesem Ort kennengelernt, während auf der Leinwand exakt der Film lief, der auch jetzt wieder kläglich an der Aufgabe scheiterte, ihre Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen und es war perfekt. Das war es wirklich.
Und als sich schliesslich endlich ihre Lippen berührten, war es, als würde plötzlich alles wieder einen Sinn ergeben. Die Welt, die Junhee so trist und grau vorgekommen war, wurde auf einmal mit einer Explosion an Farben geflutet und obwohl der Kuss zaghaft, nein, fast schon scheu, begonnen hatte, nahm er schnell Fahrt auf und plötzlich fand Junhee sich auf Donghuns Schoss wieder.
Seine Hände umfassten seinen Nacken, eine davon wanderte zu Donghuns Hinterkopf, wo sie sich in seinen Haaren verfing. Donghun stöhnte leise auf und sein Griff um Junhees Hüfte verfestigte sich. Es hatte etwas Verbotenes an sich, was sie hier taten, doch es war schliesslich keiner hier, der sie daran hätte hindern können. Beizeiten würde er Donghun fragen, wie das angestellt hatte, doch aktuell gab es wirklich wichtigeres.
»Sag mal«, setzte Donghun an, als sie ihren Kuss für eine kurze Atempause unterbrechen mussten, »ist es heiss hier drin oder bist das du?« Seine Brust hob und senkte sich heftig, als er Junhee mit glasigem Blick betrachtete.
Dieser löste seine Hände aus seinem Nacken und pikste ihm stattdessen mit dem Zeigefinger vor die durchtrainierte Brust. »Also deine Sprüche sind es schon mal nicht«, gab er augenverdrehend zurück. Auch er war noch ausser Atem von dem Kuss und auch ihm war währenddessen definitiv wärmer geworden – das würde er aber in diesem Zusammenhang nie zugeben.
»Tut mir leid.« Danach sah er zwar nicht aus, aber Junhee würde ihm trotzdem verzeihen. Dieses eine Mal.
Ein wenig Tadel konnte jedoch trotzdem nicht schaden. »Man sollte meinen, dass du aus der Vergangenheit lernst und deine Fehler nicht wiederholst«, meinte Junhee nachdenklich, während seine Hand langsam tiefer glitt, von Donghuns Brust weiter zu seinen stahlharten Bauchmuskeln.
Ein scharfes Lufteinziehen von des anderen verriet ihm, dass er sich auf dem richtigen Pfad befand. Er lächelte zufrieden, allerdings nur solange, bis Donghun sagte: »Schliesslich habe ich dich damit beim ersten Mal auch schon rumgekriegt.«
»Ach, halt doch die Klappe!«, fauchte er.
Ein angriffslustiges Funkeln blitzte in Donghuns Blick auf. »Bring mich dazu«, forderte er ihn auf und Junhee kam diesem Vorschlag allzu gern nach.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top