Teil8


Wohin die Fahrt genau ging, wollte Rufus nicht verraten. Jeremy hatte die Arme um ihn gelegt und hielt sich fest, wie er es versprochen hatte. Er schaute über die rechte Schulter nach vorn und erkannte, dass sie am British Museum vorbeikamen. Also ging es nach Norden und das mit einem Tempo, das dem Londoner Stadtverkehr längst nicht mehr angepasst war. Bald erreichten sie Camden, wo Rufus mit einem eleganten Schlenker, ohne Vorwarnung anhielt. 

„Ich hole kurz Frühstück", erklärte er mit einem Augenzwinkern und verschwand in einem kleinen Laden, vor dem es nach Kaffee und Croissants roch. Jeremy schnappte sich sein Handy und gab schnell ein paar News an June weiter.

Bin von meinem Prinzen ver/entführt. Warte nicht. Wird ein heißes WE. J :):):)

Für ausführliche, lyrische Ergüsse blieb keine Zeit. Er hatte die Nachricht kaum verschickt, als Rufus mit einer Tüte zurückkam. Er stieg wieder auf und gab Jeremy die Tüte, der sie zwischen sich und ihn klemmte und schon ging es weiter. Den Schildern zufolge brausten sie weiter nach Norden in Richtung Hampstead und schließlich hielt Rufus in einer vergleichsweise ruhigen Straße mit typischen Doppelhäusern aus rotem Backstein, vor einem eben solchen. Sie waren da. 

„Hier ist es", sagte er schlicht und nahm Jeremy erst den Helm und dann die Tüte ab. 

„Ist hübsch hier", fand der und folgte Rufus durch einen winzigen Vorgarten zur Tür. 

Das Haus war ohne Zweifel viktorianisch, aber deutlich modernisiert, wie die Fenster und Türen verrieten. Im Inneren herrschte ein mehr oder weniger geplantes Chaos, was besser zu Rufus zu passen schien, als irgendwelche Designermöbel. Es sah einerseits aus, als würden keine zwei Dinge zusammenpassen, aber trotzdem ergab sich ein gemütlicher Gesamteindruck. Es gab bunte Teppiche auf alten Dielen, Tapete mit floralen Mustern, aber moderne Bilder. 

Rufus warf seine Jacke auf ein Chesterfield Sofa. Der Helm kam auf eine antike chinesische Kommode. Eine Erklärung, die Jeremy sofort einfiel war, dass Rufus vielleicht viel reiste und die verschiedensten Dinge mitbrachte. Es gab einen Gong direkt neben dem Windowseat im Wohnzimmer und ein riesiges Bücherregal mit Klassikern, sogar als Hardcover, und Bildbänden zu moderner Kunst.  Eine andere Erklärung wäre, dass er einen Second-Hand-Laden geplündert hatte. 

„Am besten gehen wir in die Küche, da gibt's Kaffee", schlug Rufus vor und ging vorweg. 

Jeremy folgte durch einen Flur, in dem Plakate von Theaterstücken an der Wand hingen. Eines zeigte einen viel jüngeren Rufus mit rotem Haar und offenbar als Peter Pan. Ein Neueres zeigte ihn zusammen mit dem berühmten Alun Brickman. Der Tenor hielt nach anderen Bildern oder Hinweisen auf Rufus' Leben oder Vergangenheit Ausschau. Der war inzwischen in der Küche, aber bemerkte Jeremys Neugier. 

„Schau dich ruhig um, wenn du magst", rief er und versuchte seine Kaffeemaschine in Gang zu setzten. Jeremy fand keine Fotos von Rufus mit Freund oder Ex-Freund oder gar Freundin. Aber es gab ein Familienfoto. Mutter, sehr hübsch und auch mit rotem Haar, Vater mit Schnauzbart und Jagdhund, zwei Jungs. 

„Du hast einen großen Bruder?" fragte er in Richtung Küche. 

„Ja. Aber wir sehen uns nicht so oft. Nur wenn ich aufs Land fahre. Rick kommt selten in die Stadt. Kaffee ist fertig, glaube ich." 

Jeremy ging zu ihm und beschloss zu helfen. In der Küche gab es einen Tresen zum dran sitzen, wo bereits zwei Tassen standen. Jeremy fand Teller in einem der Hängeschränke und die Besteckschublade. Dann packte er die Tüte aus. 

„Ich wusste nicht, was du magst, also gibt's von allem etwas", erklärte Rufus. 

Von allem etwas waren Sandwiches, Croissants, Himbeerkaugummi, Gleitgel, Schoko-Muffins, zwei Bananen, Nikotinpflaster, Zahnbürste, Schokoladen-Hobnobs, Milch und Kondome. 

„Du hast echt an alles gedacht", befand Jeremy mit einem Grinsen. 

Hatte der Lockenkopf wirklich.

Während des Frühstücks redeten sie über alles Mögliche, hauptsächlich über Theater. Die Schauspielausbildung hatte Rufus in London gemacht. Da gab es auch die besten Jobs. Film und Fernsehrollen waren nicht so sein Ding, obwohl er das manchmal machte, wenn es passte. Jeremy schwärmte von der Opernbühne. Er könnte sich nichts anderes vorstellen und er liebte die intelligenten Rollen, wie er es nannte. Er war nicht der Typ für den romantischen Tenor. Er liebte vor allem Partien als Heldentenor. Grimes, Florestan, Tannhäuser. Rufus hörte interessiert zu und lächelte hin und wieder und zwar so, dass Jeremy Mühe hatte, sich auf seine eigenen Worte zu konzentrieren. 

„Ich könnte dir stundenlang zuhören", sagte Rufus schließlich und lehnte sich vor, um Jeremy in die Augen zu sehen, „wir könnten aber auch etwas völlig Anderes tun." 

Jeremy war sofort klar, was er meinte und allein der Gedanke an das, was sie noch alles tun könnten, erregte ihn nahezu schlagartig. Rufus bemerkte das sofort. 

„Du bringst mich völlig um den Verstand", gab Jeremy zu. 

„Ich weiß. Aber du bist auch nicht gerade unsexy." 

Jeremy grinste über das britische Understatement. „Oh, danke."

„Gerne. Das Schlafzimmer ist oben." Der Lockenkopf zog auffordernd eine Augenbraue hoch.

Okay, es gab entweder Understatement oder klare Worte, wenn es darum ging, was Rufus wollte. Aber Jeremy war nur zu gern bereit, sich von dem jüngeren Mann anweisen zu lassen. Er selbst hatte zwar genug eigene Erfahrung, wenn es um Sex ging, aber die lag dann doch schon etwas zurück. Sechs jetzt nahezu endlos erscheinende Jahre etwa. Er wurde ein bisschen nervös. Was genau würde der Bengel jetzt von ihm erwarten?

„Du bist süß, wenn man dich so kalt erwischt." 

Rufus lächelte und zog Jeremy direkt für einen Kuss über den Tresen. Wieder konnte Jeremy nicht anders und grub seine Hände in Rufus' Haar. Ihre Lippen pressten sich immer fordernder aufeinander und Jeremy öffnete seine, um zu einem innigen Zungenkuss überzugehen. Rufus schmeckte einfach zu gut, auch ohne Himbeer oder Apfel und er saugte und knabberte an Jeremys Lippen. 

„Was ist jetzt? So wird das nichts", beschwerte er sich dann. 

Jeremy ließ kurz von ihm ab, aber nur, um ihn hinter dem Tresen weg in seine Arme zu ziehen. So begann Rufus, seinen Gast in Richtung Treppe zu drängen. Plötzlich waren seine Hände überall. Er zog an Jeremys Hemd, an seinem Gürtel, er strich mit den Fingern über seinen Rücken und Jeremy versuchte gleichzeitig, möglichst viel von Rufus freizulegen. Weg mit dem Hemd, die Hose öffnen und endlich die Treppe rauf!

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