Teil77

>>> An dieser Stelle eine Trigger- Warnung. Leider kann man es sich ja schon denken, aber trotzdem wird es noch erzählt werden müssen. Also überspringt, was euch zu heftig wird. Die Rede ist von sexueller Gewalt/ Vergewaltigung.


Im Krankenwagen begannen die Sanitäter damit, sich um Jeremy zu kümmern, der glücklicherweise keine weiteren Verletzungen zu haben schien, jedoch zusätzlich zu der Gehirnerschütterung noch unterkühlt war. Die Stunden im Keller waren wohl sehr kalt gewesen und Jeremys Jackett war mitsamt seinem Handy verschwunden. Rufus wusste nur zu gut, wer das war und was er damit gemacht hatte. Er stieß den Gedanken beiseite und versuchte, sich darüber klar zu werden, was passiert war und wie um alles in der Welt er es Jeremy sagen könnte. Aber die Gedanken kamen und gingen so schnell in seinem Kopf, dass er sich keinen Reim darauf machen konnte. Er muss es wissen ... aber wie kann ich es sagen? ... Muss er es wissen? ... Keine Lügen ...Zeus, wie furchtbar ... Er wird es merken ... Ich blute auch ... bestimmt, so wie .... oh Gott!  Er riss sich zusammen. Jetzt zählte nur, dass seinem Liebsten nichts Schlimmeres zugestoßen war. Inzwischen hatte Jeremy eine Wärmedecke bekommen und der Sanitäter sagte, sein Puls ginge etwas normaler als zuvor. Rufus lächelte ihn tröstend an, dann waren sie auch schon am Krankenhaus angekommen. Jeremy wirkte jetzt etwas benommen und wurde direkt in die Notaufnahme gebracht, wo man sichergehen wollte, dass keine Schädelfraktur vorlag. Rufus folgte den Sanitätern mit Jeremy, bis sie in der Notaufnahme angekommen waren, aber er ging dann direkt zu der nächsten Schwester, die er sah. „Ich brauche Hilfe", begann er, „ich... wurde vergewaltigt." In dem Moment war es plötzlich, als hätte er nur durchgehalten, bis er hier angekommen war. Kaum war das gesagt, sackten ihm die Beine weg und er taumelte rückwärts gegen die Wand, sonst wäre er umgefallen. Die Schwester reagierte sofort, stützte ihn und gab Zeichen, damit jemand kam, der half, Rufus in einen Rollstuhl zu setzten. „Sie kommen sofort zur Untersuchung, Sir, wir helfen Ihnen," hörte er die Schwester sagen. Dann fuhr man ihn direkt in einen anderen Raum. Rufus kam das folgende Prozedere irgendwie bekannt vor. 

„Möchten Sie einen Arzt oder eine Ärztin?" Rufus musste nicht überlegen. „Eine Ärztin, bitte."

„Ist die Polizei schon verständigt?"

„Nein, bitte machen Sie das." 

Die Polizei. Wieso war er da noch nicht darauf gekommen? Die Antwort schien simpel. Er wollte zuerst Jeremy finden und helfen. Er versuchte, einfach ruhig weiter zu atmen und nicht in Panik zu geraten, bei dem, was jetzt passieren würde. Die Fragen, das Ausziehen, die Untersuchungen und die dringend notwendigen Tests. Er wünschte, Richard wäre da und er wünschte es wieder nicht. Er wünschte, ihm wäre irgendeine andere Lösung eingefallen... Als die Ärztin kam, gab sie ihm zuerst einen Becher Wasser aus dem Wasserspender. „Hier, das können Sie brauchen. Ich bin Dr. Burns."

„Danke." Rufus trank in schnellen, kleinen Schlucken und merkte, wie schwer ihm das Schlucken jetzt fiel. Sein Hals war geschwollen und er war aufgeregt. Zum Glück war Dr. Burns äußerst erfahren und professionell. Sie nahm ihm den Becher ab. „Wenn Sie können, dann setzen Sie sich auf den Untersuchungstisch."

Rufus nickte. Das bekam er hin. Sie schaltete das Licht über dem Tisch ein, was Rufus zusammenzucken ließ. Das Licht blendete ganz fürchterlich. Sie hatte seine Reaktion bemerkt und wartete kurz, damit er sich daran gewöhnen konnte.

„Okay. Bitte sagen Sie mir, was passiert ist und ich werde sie nach und nach untersuchen."

Rufus nickte wieder und nahm seinen ganzen Mut zusammen. „Erzwungener, ungeschützter Geschlechtsverkehr... oral und... anal." Das klang schon fast sachlich, war aber alles andere als das.

„Ich verstehe. Waren irgendwelche Substanzen im Spiel?" Sie begann, seine Pupillenreflexe mit einer kleinen Taschenlampe zu testen.

„Ich denke nicht." Das klang unsicher und wenn Rufus darüber nachdachte, dann hoffte er, dass es so war. „Sie waren bei Bewusstsein?" Sie hatte eine üble Schwellung an seinem Kopf entdeckt und sah, dass etwas Blut zwischen den Haaren war.

„Ich glaube ja." Er zischte erschrocken, als sie eine Stelle am Kopf untersuchte, wo es höllisch wehtat.

„Das ist vielleicht gut so. Ich werde da hindurchkämmen. Vielleicht finden wir in Ihrem Haar DNA Spuren als Beweismaterial. Und wir nehmen Speichelproben aus Ihrem Mund..."

Rufus biss die Zähne zusammen. Er kämpfte gegen eine heftige Übelkeit an, so genau kamen jetzt die noch ganz frischen Erinnerungen. Komm schon, Posh Boy, du kennst das doch ...

„Das hätten wir geschafft. Ziehen Sie bitte ihr Hemd aus."

Rufus zögerte, denn es würde jetzt noch unangenehmer werden.

„Ist schon gut. Lassen Sie sich Zeit", versuchte sie es mit beruhigendem Tonfall.

Rufus zog das Hemd schließlich über den Kopf aus und schloss die Augen. Er wollte lieber nicht hinsehen. Trotzdem sah er noch, dass da Blut am Hemd war.

„Okay, wir schauen mal, ob Sie tief atmen können und keine Rippen gebrochen sind... bitte tief durchatmen..."

Sie tastete mit ihren Händen vorn und hinten über seinen Brustkorb. An ein paar Stellen tat es weh, aber der Schmerz war eher dumpf, nicht stechend. „Das sind Schwellungen oder Prellungen, aber ist wohl nichts gebrochen. Wir werden nachher sicherheitshalber röntgen..."

Rufus versuchte, ruhig weiter zu atmen. Sie fuhr routiniert fort. „Ich nehme jetzt Speichelproben von dem Biss im Nacken. Der sollte genäht werden...Die Abschürfungen werden wir alle desinfizieren..." Rufus nickte, um ihr zu signalisieren, dass er mitbekam, was sie da aufzählte, während er sich gleichzeitig darauf konzentrierte, seine Schmerzen und Scham auszublenden. Dann nahm sie Proben von seinen Fingernägeln. „Wenn Sie so weit sind", sagte sie, „ziehen Sie das hier über und wir machen weiter." Sie reichte ihm eins von diesen Patientenhemden. Das war besser als sein eigenes wieder anzuziehen und er wäre nicht völlig nackt, wenn es jetzt wirklich unangenehm würde. Er streifte sich das Teil über und die Schuhe von den Füßen. 

„Am einfachsten geht's, wenn Sie sich hinstellen. Okay?" 

Rufus nickte und stand vorsichtig auf. Dann ließ er die Hose herunter. Sie ging vor ihm in die Hocke. An Hüfte und Schenkeln, wo Oliver ihn gepackt hatte, konnte man deutlich sehen, dass sich Blutergüsse bildeten. Auch Kratzspuren von seinen Fingernägeln waren zu sehen und Rufus realisierte mit einem Mal, dass er sich schämte, dass sie ihn so sah. Sie bemerkte seine Scham und begann wieder zu reden. „Sieht schlimm aus, das wird aber wieder. Hatten Sie einen Samenerguss?" Ob er ...? Rufus war kurz überrascht. „Nein", sagte er dann schlicht. Sie untersuchte seine Genitalien für, wie es schien, eine halbe Ewigkeit und erklärte, dass sie auch hier Proben nehmen würde. Schließlich kam der schwierigste Teil der Untersuchung. „Bitte drehen Sie sich um und beugen sich nach vorn." Rufus folgte der ruhigen Anweisung der Ärztin und versuchte angestrengt, die Fassung zu bewahren, während er mit dem Oberkörper auf dem Tisch lehnte und sich an der Kante hielt. Sie blieb völlig professionell und erklärte jede ihrer Handlungen. „Ich sehe erstmal nach äußeren Verletzungen ... tut es weh, wenn ich hier drücke? ... jetzt nehme ich einen Abstrich ... atmen Sie ruhig ... hatte der Angreifer einen Samenerguss?"

„Ja." Rufus wurde wieder schlecht bei der Vorstellung daran. Sein Atem veränderte sich.

„Bleiben Sie ruhig, wir haben es gleich geschafft."

Rufus hielt den Atem an bis es vorbei war, dann schnappte er erleichtert nach Luft. Sie sagte irgendwas darüber, dass er Glück im Unglück gehabt hatte, aber Rufus verkrampfte, denn er hasste solche Sprüche. Was könnte sie schon darüber wissen, wie Sex mit Oliver war? 

„Ich weiß nicht, was sie meinen", fuhr er sie an.

Sie merkte, dass sie etwas Falsches gesagt hatte, antwortete jedoch völlig ruhig. „Sie haben keine schwerwiegenden inneren Verletzungen, da ist nur wenig Blut. Offenbar wurden keine Gegenstände eingeführt. Das ist gut. Ich werde ihnen ein Mittel zur Desinfektion geben und dann können Sie unter die Dusche im Nebenraum. Anschließend versorgen wir die Kopfwunde, den Biss im Nacken, die Kratzspuren und ich nehme noch eine Blutprobe. Das Wichtigste ist jetzt, zu verhindern, dass Ihnen HIV, Hepatitis oder andere STDs übertragen worden sind. Also bekommen Sie entsprechende Impfungen. Das wird möglicherweise Kopfschmerzen oder andere Nebenwirkungen hervorrufen, geht aber vorbei. Sie sind jung und gesund, also haben Sie das Körperliche in spätestens einer Woche überstanden. Jedoch empfehle ich dringend, dass sie sich psychologischen Beistand holen. Und in jedem Fall sollten Sie Anzeige erstatten."

Rufus nickte. Er wollte jetzt irgendetwas sagen, wusste aber nicht was. Was sagt man nur in seiner Situation? „Danke, Sie waren sehr ... hilfreich", brachte er heraus, obwohl er gerade nicht wirklich verstand, wie ihm das alles helfen sollte. Er fühlte sich benutzt, hilflos, schmutzig, völlig erschöpft und zittrig. Wenn er noch irgendetwas sagen müsste, würde er heulen. Also ging er wortlos in den Nebenraum, um zu duschen. Er verriegelte die Tür und warf das Hemd auf den Boden. Das Wasser selbst war unerträglich auf seiner Haut. Zu heiß, zu kalt, zu viel, zu wenig... Er lehnte sich an die Wand und musste sich zusammenreißen, um zu tun, was nötig war. Dann fiel ihm Jeremy wieder ein, dem er das alles sagen müsste. Wie nur? Doch das Wichtigste war, dass sie beide jetzt hier waren und wenn Jem auch nicht unversehrt war, so war Oliver doch nicht über ihn hergefallen. Wenigstens das nicht ... Rufus ließ das Wasser laufen und laufen, bis es kalt wurde. Es gab zum Glück einen Bademantel. Dann machte er sich bereit für das Weitere.


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