Teil61
Der nächste Morgen war schon wieder ein angefangener Vormittag und beide schliefen noch, als Jeremys Handy summend vom Wohnzimmertisch plumpste. „Mmmmh, lass es liegen", murrte Rufus mit geschlossenen Augen. „Es könnte wichtig sein", fand Jem und drehte sich vorsichtig auf der engen Couch, sodass er mit einem Arm nach dem Teil angeln konnte. „Mach dich nicht so schwer, Liebster."
Rufus murrte wieder, rollte aber etwas zur Seite. Vielleicht war es die Polizei mit guten Nachrichten... Aber nein, es war Jeremys Agent, der ihm einen Link zu den Fotos und dem Artikel von gestern schickte. Das war doch was! „Mach die Augen auf, wir sind in der Zeitung." Jeremy klickte den Link direkt an und hielt das Display so, dass Rufus mitschauen könnte. Die Fotos waren in der Tat sehr gelungen und irgendjemand hatte das Tape auf Jems Nase wegretuschiert. „Du siehst umwerfend aus", fand Ru, „jeder Typ in der Stadt wird mich beneiden."
Jeremy musste lachen. „Die hatten ihre Chance. Jetzt bin ich vergeben. Und du hast Unrecht. Die werden mich beneiden." Jeremy strich Rufus ein paar wilde Strähnen aus dem Gesicht.
„Lies' mal den Text vor", flüsterte Rufus und gab Jeremy einen Kuss auf die Wange. Dann legte er ihm den Kopf an die Schulter und hörte zu. Jeremy las und musste hin und wieder kichern, weil Rufus nicht davon ablassen konnte, ihn abzulenken. Er pustete ihm ins Ohr, er küsste ihn am Hals... Immer wenn Jem aufhören wollte, um ihn zu küssen, ordnete Ru an, er solle weiterlesen. „Na warte..."
Schließlich war er durch und sie fanden beide, dass der Artikel echt gelungen war. Zusammengefasst las es sich wie: Opernsänger aus den Staaten bringt extrem preisverdächtige Leistung und findet nebenbei sein privates Glück in London. „Wenn wir ehrlich sind, habe ich dich gefunden", fand Rufus, „aber das ist okay. Für den Fall, dass mal ein Artikel über mich erscheint, können wir immer noch mit der ganzen Wahrheit 'rüberkommen."
Jeremy grinste, er konnte sich denken, was Ru da vorschwebte. „Du meinst sowas wie Total talentierter Jungschauspieler rettet trübsinnigen Tenor?"
„Nein, eigentlich mehr so:Genialer Jungstar enttarnt singenden Sexgott!"
Das brachte Jeremy vollends zum Lachen. Wie konnte das sein, dass sie nach so einer Nacht, am Morgen so gut drauf waren? „Du machst mich wahnsinnig", prustete er.
Rufus sah das genauso. „Da stehst du drauf, weißt du doch."
„Oh damn, ja." Mit diesen Worten schnappte Jeremy sich Rufus für einen langen und richtigen Kuss. Erst lachte Rufus noch, was ihn etwas unkoordiniert machte, aber dann war es umso schöner. Jeremy schloss die Augen und gab sich ganz dem Gefühl hin. Das war Rufus, der heißeste Typ in Town, hinreißend, begabt und er hielt ihn für einen Sexgott. „Ich weiß nicht, was ich täte, sollte dir was passieren", hörte er sich murmeln. „Mir passiert nichts", gab Ru mit einem Kuss zurück und ließ seine Hände durch Jeremys Haar gleiten. Für das, was sich da anbahnte, wäre Rus Couch definitiv zu eng, es sei denn, Rufus würde sich rittlings über ihn setzten, was der auch prompt tat. „Ru", flüsterte Jeremy halb erregt, halb im Widerspruch, „wir sollten..." Rufus begann, sich mit seinem Mund einen Weg abwärts von Jeremys Hals in Richtung Bauchnabel zu suchen. „Mmmh, was?"
„...wir müssten eigentlich..."
„Was?"
„Nichts."
„Gut."
„Spinner."
In dem Moment meldete sich wieder das Telefon, aber diesmal der Hausanschluss.
„Zeus! Ich will nicht..." murmelte Rufus und machte einfach weiter.
„Ist vielleicht ... die Polizei", brachte Jeremy heraus. Damn, warum war er immer so vernünftig?
„Okay..." maulte Ru und stieg regelrecht ab, um zum Telefon zu gehen. „Hallo?... Ja, am Apparat."
Jeremy versuchte zu lauschen, worum es ging. Allein die tiefe Tonlage von Rufus' Stimme müsste verraten, wobei ihn der Anruf gerade gestört hatte, aber das war vielleicht auch nur zu bemerken, wenn man Rufus kannte. Es war nicht die Polizei, sondern jemand anderes wegen des Motorrads. Als Rufus das Gepräch beendet hatte, kam er zurück zur Couch und setzte sich davor auf den Boden. „Das Motorrad ist heute gegen Abend wieder klar, aber ich denke, ich sollte heute nicht auftreten. Wir haben wohl genug zu tun, oben mit dem Schlafzimmer und der Polizei." Er schaute zu Jeremy, der nur nickte. Das klang äußerst sinnvoll.
„Du solltest Richard informieren. Wäre blöd, wenn er es aus der Zeitung erfährt."
„Okay. Hast recht."
„Telefonier' du, ich gehe und hol was zum Frühstück." Bestimmt würde Jeremy den Weg zu dem kleinen Laden in der Nähe vom Park finden und die frische Luft täte ihm gut. Er rappelte sich von der Couch auf und wuschelte Rufus übers Haar. Dann suchte er Schuhe und Jacke und machte sich auf den Weg.
„Bis gleich."
In dem kleinen Laden hatte die Neuigkeit vom „Einbruch" ganz in der Nähe schon die Runde gemacht. Der Inder hinter dem Tresen und eine junge Mutter mit Kind unterhielten sich bereits darüber, dass es so etwas in der Gegend noch nie gegeben hätte. Normalerweise gab es nur Einbrüche, wenn die Leute im Urlaub waren, aber nicht, wenn sie im Haus waren. „Vielleicht war es gar kein normaler Einbruch", vermutete die Frau, „vielleicht war es irgendein Junkie, der völlig unüberlegt gehandelt hat."
„Mum, was ist ein Junkie?", wollte das Kind wissen.
Der Inder hielt dem Kleinen einen Lolli hin und meinte, das sei ein Erwachsener, der sehr krank sei und deswegen manchmal was Böses tat. Das Kind schaute beunruhigt aus.
„Das war kein Junkie", mischte sich Jeremy dazwischen, um dem Kind die Angst zu nehmen, „Ich glaube, die gibt es hier nicht."
Die Mutter nickte und sagte, sie glaube das auch. „Danke", sagte sie noch, dann verließ sie mit dem Kind den Laden. Der Inder schaute jetzt neugierig, während Jeremy seinen Einkauf auf den Tresen packte.
„Entschuldigung, Mister, aber sind Sie nicht am letzten Wochenende mit diesem Schauspieler hier gewesen?"
Jeremy nickte. „Ja, das stimmt. Sie kennen Rufus?"
„Vom Einkaufen. Aber er holt keine Zigaretten mehr. Das ist ja furchtbar, mit dem Einbruch." Der Mann zwinkerte und packte Jeremys Einkauf in eine Tüte. „Darf ich fragen, wer Sie sind?"
Bei allem, was der Mann gerade in die Tüte packte, war klar zu folgern, dass Jeremy für zwei einkaufte und das Himbeerkaugummi ließ kein Geheimnis offen. Warum also nicht noch beim Inder an der Ecke outen, dachte sich Jem. „Ich bin der neue Freund. Jeremy Harrison aus Amerika, sehr erfreut."
„Das dachte ich mir. Letzte Woche hat jemand nach Ihnen gefragt, aber da wusste ich nicht, wer Sie sind."
Jeremy wurde stutzig. Wer hätte denn nach ihm gefragt?
„Das war so ein hochnäsiger Typ, der kam gleich, nachdem sie beide weg waren."
„Haben Sie gesehen, wo der herkam oder wo der hin ist?" Für Jeremy war klar, dass das nur Oliver gewesen sein konnte, der ihm und Rufus aus dem Park gefolgt war. Alles in allem keine schöne Vorstellung.
„Oh ja, der ist in so einen poshen Wagen eingestiegen. Jaguar. Dunkelblau. Ich dachte noch, wow, was für ein toller Schlitten. Glauben Sie, dass der den Einbruch begangen hat?"
Jeremy nickte. „Ich weiß es. Das mit dem Wagen könnte helfen, ihn zu finden. Vielen Dank."
„Ist denn etwas gestohlen worden?"
Jeremy verneinte. Es sei dem Mann wohl mehr darum gegangen, sie einzuschüchtern.
„Es ist eine Schande, wozu manche Leute fähig sind", fand der Verkäufer und reichte Jeremy die Tüte.
„Ja, das ist es." Jeremy bezahlte, bedankte und verabschiedete sich.
Mit etwas Glück würde die Information über den Wagen für die Polizei von Nutzen sein.
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