Teil4
Irgendetwas dröhnte ganz fürchterlich. War das an der Tür? Jeremy zog die Bettdecke über den Kopf. Das war nicht auszuhalten. „Geh weg", murmelte er ins Kopfkissen. Doch es klopfdröhnte nochmal. Er schaute zum Wecker. Es war bereits nach zehn. Er hob den Kopf, in dem es weiterdröhnte.
„Ich komme, Sekunde!"
Er rappelte sich auf und schaute kurz, ob er auch etwas anhatte. Nicht wirklich, nur seine Boxers.
„Sekunde!"
Eilig holte er den Hotelbademantel und zog ihn über, bevor er die Tür erreichte. Er öffnete. Draußen stand ein Zimmermädchen mit einer Kleiderhülle über dem Arm. Sie schaute etwas verlegen. Jeremy war groß und wirkte etwas gehetzt.
„Guten Morgen, Sir, Mister Harrison. Ich bitte um Entschuldigung, aber ich sollte das hier aus der Wäscherei bringen. Ein Service des Hauses."
Er versuchte ein dankbares Lächeln.
„Danke, hatte ich wohl ganz vergessen."
„Nein Sir. Das gehört zum Roomservice. Es lag zerknittert am Boden und da hat es das Zimmermädchen mitgenommen. Jetzt ist es wie neu."
„Ah, toll. Danke."
Er nahm ihr die Kleiderhülle ab. Da konnte nur sein Jackett von der Premierenfeier drin sein. Ein Trinkgeld wäre wohl angebracht, zumindest stand das Mädchen im Gang, als würde sie auf etwas warten.
„Kleinen Augenblick. Ich hole kurz etwas für dich."
„Oh."
Er ging schnell und kramte in seiner Hosentasche am Boden. Da waren zehn Pfund. Das würde reichen.
„Hier, bitteschön."
„Danke, Sir, aber ich habe da auch noch etwas für Sie." Jetzt schaute sie erst recht verlegen.
„Für mich?"
„Ja, da war etwas in der Tasche Ihres Jacketts. Das haben die natürlich vor der Reinigung herausgenommen. Ganz diskret."
Sie hielt ihm etwas hin. Einen Bierdeckel aus dem Pub! Aber wieso?
„Danke."
Das Mädchen lächelte und ging. Er schloss die Tür, dann sah er sie: die Telefonnummer! Ganz lässig über den Deckel geschrieben, mit blauem Kuli.
„Dammit."
Du bist süß, wenn du fluchst ...
Vor Aufregung musste er sich erstmal setzten und ging direkt hinter der Tür zu Boden. Wieso war er darauf überhaupt nicht vorbereitet? Das war ein gutes Zeichen, so viel stand fest. Ein richtig gutes. Er schaute wieder auf die Zahlen. Eilig auf den Deckel gekritzelt. Aber egal, es bedeutete, dass der andere ihn wiedersehen wollte. Und das bedeutete wohl, dass er sich das nicht alles nur einbildete. Irgendetwas hatte zwischen ihm und diesem Unbekannten gefunkt und es sollte weitergehen. Er drehte den Deckel um. Nein, kein Name, schlicht seine Nummer. Er musste da anrufen, sobald er sicher war, dass er sich halbwegs unter Kontrolle hätte. Er wollte es June sagen. Erst telefonieren, dann mit June reden oder anders herum? Nein, erst telefonieren. Er schob sich an der Tür hoch und ging ins Bad. Das kalte Wasser tat, was es tun sollte und irgendwie kam er sich besser vor, wenn er angezogen wäre, wenn er mit dem Typen telefonierte. Also zog er sich Hose und Pulli über, dann ging er, noch immer barfuß, mit seinem Handy zum Fenster. Er holte tief Luft und wählte. Erst digitales Piepsen, dann das Rufsignal.
Oh God! Geh ran, geh ran, geh ran ...
„Hier Rufus, was gibt's, wer ist da?"
Okay, das war die Stimme, an die er sich erinnerte, die dunkle Stimme! Wie war der Name?
„Hi, wer ist da?"
„Hier ist Rufus. Wer ist da?"
Okay, ruhig bleiben, keine Panik. Er hatte die Nummer dagelassen.
„Hier ist, ich bin Jeremy", brachte er hervor und räusperte sich.
„Jeremy, wer? Oh Halt! Du bist der große Typ aus dem Pub!"
Das klang erfreut. Und wenn dieser Rufus das so schnell hinkriegte, dann ließ er seine Nummer wohl nicht ständig in irgendwelchen Jackentaschen zurück.
„Ja, hi, genau der. Gerade habe ich deine Nummer gefunden."
Und natürlich bin ich so völlig uncool und muss deshalb sofort gleich zurückrufen. Ich war auch nur etwa einen Tag lang komplett daneben und merk's erst jetzt ... oooooooh.
„Cool. Geht's dir besser?"
Verfluchter Filmriss. Was konnte er meinen?
„Ja klar. Viel besser. Also jetzt gerade."
Oh Jeremy, wie kannst du dich so ranschmeißen? Was soll's, entweder jetzt oder nie.
„Freut mich. Wo bist du?"
Okay, er ging auch ran. Das ist gut, sehr gut ...
„In meinem Hotel in der Stadt."
„Du bist nicht von hier. War ja klar. Können wir uns sehen?"
Jeremys Gedanken flogen jetzt wild durcheinander. Ja ganz unbedingt müssten sie sich sehen können. Aber wann, wie, wo ...?
„Was machst du denn am Abend?"
Die Frage war irgendwie dumm, denn er würde ja bis zum späten Abend auf der Bühne sein. Egal. Hauptsache weiterreden.
„Tja, weißt du, ich arbeite bis etwa zehn Uhr. Geht's danach?"
„Ja klar, also, das heißt, du müsstest zur Oper kommen. Da ist frühestens um halb elf Schluss."
„Hab mir gedacht, dass du sowas machst."
Was? Operngesang? Junge Männer dahin bestellen ...ooooooh? Was antwortet man?
„Bist du noch da, Geoffrey?"
„Jeremy. Ja, ich bin noch da. Komm zur Stage Door. Die lassen dich rein. Wir könnten zusammen in den Pub gehen."
Sex haben, gleich auf dem Teppich! Reiß dich zusammen, Jeremy!
„Okay, geht klar. Ab halb elf kann ich da sein."
„Toll. Du fragst einfach nach Jeremy Harrison."
„Mach ich. Ich freu mich."
„Ich mich auch."
Na und wie!
„Bis dann."
„Ja, see you."
Roter Hörer.
So das war's. Geschafft. Und richtig gut war's auch.
Jetzt wurde es wirklich Zeit für ein Gespräch mit June und dann zur Probe und dann in die Maske, auf die Bühne, die nächste Vorstellung und dann ...wer weiß?
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