Kapitel 27
So leise wie er konnte, schlich er sich aus dem Haus und schloss die Tür hinter sich. Als er in die dunkle Nacht hinausblickte, die am Himmel wachte, blies ihm eine kühle Windböe ins Gesicht. Felix fröstelte ein wenig und strich schützend über seinen Bauch. „Wir schaffen das, okay? Wir werden deinen Vater finden, mein Kleines", flüsterte er zu seinem ungeborenen Kind, bevor er sich auf die dunklen Straßen Seouls wagte. Es war Nachts so ruhig, kein Straßenlärm weit und breit. Nur das Wehen des Windes. Felix lief in Richtung der Bushaltestelle, wo die Nachtbusse fahren. Hier war einfach niemand. Nur er alleine. Angst bekam er schon. Das musste man der Einsamkeit der Nacht lassen. Vor allem wenn man so schutzlos war, wie er. Er schluckte aber seine Angst runter, denn er würde nicht wegen so was wie Angst aufgeben.
Felix wartete geduldig, bis der Nachtbus kam, der ihn zum nördlichen Stadtrand brachte. Er kaufte sich ein Ticket und saß sich vorne beim Busfahrer hin. Da fühlte er sich sicherer, als am Ende des Busses zu sitzen. Außer Felix saßen zwei andere Mitfahrer. Eine junge Frau, die den Blick auf ein Buch gerichtet hatte und ein Mann in Anzug, der irgendwas in seinem geöffneten Laptop tippte. Niemand beachtete ihn und das beruhigte ihn. Während der Fahrt, schaute er in die Dunkelheit draußen, die teils von Straßenlaternen kurz beleuchtet wurde. Geschäfte zogen sich an ihm vorbei, die mit der Entfernung des Stadtinneren, immer weniger wurde. Bald sah man nur noch einsame Geschäfte und Felix hatte einen besseren Blick auf die sternenbesetzte Nacht. Der Busfahrer hielt an und gab eine kurze Durchsage, dass dies die Enthaltestelle war. Felix stand auf und wünschte dem Busfahrer eine gute Nacht, bevor er ausstieg. Hier war es sogar noch stiller als an der Haltestelle, Felix konnte nur sein eigenen Atem hören. Er nahm seinen Mut zusammen und lief in die dunkle Nacht. Hier draußen, wo es keine schützende Geschäfte gab, in den er sich notfalls verkriechen konnte, spürte er die Angst stärker, präsenter. Felix zog sich die Jacke fester um den Leib, während er sich umsah. Jedes der einzelne Gebäude hier konnte sich als Versteck einer Gang herausstellen. Konnte er in jedem davon nach Jeongin suchen? Oder würde ihn eine andere Gang attackieren? Er wollte nicht daran denken.
Felix lief weiter in die Ahnungslosigkeit der stillen Gegend. Das erste Gebäude, in den er es versuchte, war abgeschlossen und Felix war einfach weiter gezogen. „Du!", knurrte eine Stimme aus der Dunkelheit. Panisch schaute sich Felix um. Wer war das? „Was machst du hier?", sprach die Stimme bedrohend weiter, der Fremde soll Angst bekommen und sich schutzlos fühlen. Dann würde er auch gehen. Langsam konnte Felix eine Silhouette in der Dunkelheit in der Nacht ausmachen. Ein muskulöser Mann stand da, den Blick auf ihn gerichtet, die Augen stechend und gefährlich. Felix legte schützend seine Hände auf seinen schwangeren Bauch und trat Schritte zurück. „Bitte, tu mir nichts und meinem Baby an", flehte er. Der fremde Mann musterte ihn. Nein, der fremde Mann mit den hellen Haaren, die in der Dunkelheit fast leuchteten, hatte er hier noch nie gesehen. Er gehörte keiner Gang an, dafür sah er zu viel Angst in seinen Dunkelheit und die klein machende Position, die er ihm präsentierte, würde kein Gangmitglied machen, dafür waren sie alle zu taff und selbstbewusst. Am komischten fand er aber, dass er von einem Baby redete, obwohl er hier alleine war. Der blonde junge Mann trug kein Säugling in den Händen. Stattdessen hielt er sich schützend den Bauch, als würde er schwanger sein. Er musste wegen seine lächerlichen Gedanken lachen bis er inne hielt. Warte. Hatte Jeongin nicht erzählt, dass er Felix geschwängert hat? Und weil es eigentlich unmöglich war, dass Männer schwanger werden können, war er sich sicher, dass der Fremde hier Felix war. Der Grund wieso es Jeongin seit Wochen so dreckig ging.
„Du bist Felix", stellte Changbin fest und lockerte seine Position. Er wusste, dass von dem Fremden keine Gefahr ausging, also könnte er seine angreifende Haltung aufgeben. „Ja...aber woher weißt du das....kennst du etwa Jeongin?", fragte Felix hoffnungsvoll und war erleichtert, dass der Fremde ihm nichts tat. „Ja." Felix konnte sein Glück kaum fassen. Er hatte eine Spur zu Jeongin gefunden. „Bringst du mich zu ihm?" Changbin drehte sich um und lief wieder in die Richtung, von der er gekommen war. „Folge mir." Felix folgte ihn ohne zu zögern. Dass der Mann ihn auch anlügen konnte und ihn nur etwas vormachte, um ihn zu foltern oder zu töten, kam ihm nicht in den Sinn. Felix war viel zu optimistisch und vermisste Jeongin zu sehr, sodass er alle schlimmen Szenarien ausblendete. Changbin führt Jeongins Flamme zum Hochhaus. „Wohnt Jeongin hier?", traute sich Felix zu fragen und schaute auf das einfallende Gebäude. „Ja", gab Changbin kurz zurück. Das Gangmitglied war nicht sehr gesprächig. Felix wollte ihn noch so viel wegen Jeongin fragen, aber Changbin blockte ab. „Rede nicht. Vor allem im Foyer nicht. Ich hab es zwar vorher auf andere Gangs gecheckt aber es kann sein, dass jemand auftaucht und du bist eine leichte Beute." Felix Fragen verstummten und er folgte still Changbin. Sie lieben über eine große Eingangshalle. Felix schaute sich um. Die Tapete an den Wänden war zerrissen, Möbel lagen zerstreut herum. Ein paar davon zerstört. Es sah aus, als würde ein Tornado eingebrochen haben. Und hier lebte Jeongin?
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