4. Gekündigt
Als Hermine am Mittwochnachmittag ihr Büro abschloss, blickte sie auf das Namensschild, auf das sie vor wenigen Monaten noch so stolz gewesen war und schüttelte den Kopf.
Was konnte Hermine Granger, , schon bewirken? Noch nicht mal eine Hauselfenvertretung brachte sie nach zwei Jahren durch. Ärgerlich trat sie gegen ihre Tür und drehte sich um.
„Was hat die Tür dir denn getan?", fragte John schmunzelnd und lehnte mit einem Kaffee in der Hand im Türrahmen seines Büros. „Alles okay bei dir, Hermine?"
„Ach, nein, verdammt! Kingsley lässt sich erst Wochen Zeit mir überhaupt einen Termin zu geben und dann fertigt er mich ab, da die Kosten für mein Projekt zu groß sind! So ein Blödsinn!", rief sie verärgert und John nickte mitfühlend.
„Ich weiß. Hier ist es doch sowieso schwer, irgendetwas durchzusetzen, bei Lynch, dem dicken Kobold!", sagte er kopfschüttelnd. „Ich verstehe wirklich nicht, wieso er nicht einfach gefeuert wird!"
Sie nickte.
„Also John, ich muss los. Bin noch mit ein paar Freunden in Hogsmeade verabredet.", sagte sie grade, als der Teufel höchstpersönlich aus seinem Büro trat.
„Granger!", brüllte Lynch, während sein Gesicht immer röter wurde.
Erschrocken ließ John fast seinen Kaffee fallen und Hermine blickte ihren Abteilungsleiter mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Ja, Mr. Lynch?", rief sie, blieb jedoch an Ort und Stelle.
„Herkommen!", grunzte Lynch und verschwand wieder in seinem Büro.
Entnervt rollte sie ihre Augen und betrat mit einem unguten Gefühl sein Büro.
John kam ihr hinterher.
Thomas Lynch saß hinter seinem Schreibtisch, sein grimmiger Gesichtsausdruck verriet nichts Gutes, obwohl Hermine ihn wohl noch nie mit einem anderen Gesichtsausdruck gesehen hatte. Er hatte seine kurzen Arme vor seinem dicken Bauch verschränkt und sah dabei aus wie ein zu kleingewordener, hässlicher T-Rex.
Schon fast dachte Hermine er würde mit den Zähnen fletschen.
„Hinsetzten!", knurrte er und erblickte gleichzeitig John. „Porpington, haben sie ein verdammtes Problem?! Meinen Sie, Miss Granger brauchte eine beschissene Patrouille?!"
John kniff erbost seine Augen zusammen und wollte grade etwas erwidern, als Lynch seinen Zauberstab zückte und mit einem lauten Knallen seine Bürotür vor ihm zuknallen ließ.
Hermine erschrak und setzte sich mit einem skeptischen Blick auf einen Holzstuhl. Das Büro von ihrem Chef sah aus wie in einer Trollhöhle. Es herrschte pures Chaos – auf dem Tisch waren hunderte Dokumente, Ordner und Briefe unordentlich verteilt ausgebreitet, die Regale waren überfüllt mit Ordnern, Papier und Artefakten. Mehrere Federn schrieben wie von selbst Berichte und hinter Lynchs' Platz hing ein riesiges Gemälde von seinem Hund an der Wand. Betty, hieß sie.
„Also, Granger. Kommen wir direkt zur Sache.", grunzte Lynch. „Sie sind zu Shacklebolt gegangen, obwohl ich ihren Vorschlag auf eine bescheuerte Hauselfenvertretung im Voraus schon verboten habe? Sie haben MICH übergangen, ihren direkten Vorgesetzten! Was erlauben sie sich eigentlich?!"
Empört schnappte Hermine nach Luft. Bescheuerte Hauselfenvertretung? Hatte der Typ sie noch alle?
„Das ist ja wohl nicht ihr Ernst, Mr. Lynch!", zischte sie nun und bereute es sofort. Das würde ihr eine Menge Ärger einhandeln.
Lynchs' Augen wurden nun so groß wie Tennisbälle, sein Gesicht glich der Farbe einer zu reifen Tomate und fast schon dachte Hermine er würde sie sogleich anfallen.
„WAS WAGEN SIE SICH IN SOLCH EINEM TON MIT MIR ZU SPRECHEN!", schrie er nun und sie musste unweigerlich seinen stinkenden Atem in Kauf nehmen, da er sich immer weiter zu ihr herübergebeugt hatte und sein Kopf halb über dem Tisch hing.
Wütend sprang sie nun auf und schüttelte den Kopf.
„Wissen sie was, sie bescheuertes Schwein, ich kündige!", brüllte sie nun und haute mit ihrer flachen Hand auf den Tisch. „Ich habe verdammt nochmal keinen Bock mich so von Ihnen behandeln zu lassen!"
Lynch keuchte schwer und starrte sie mit weitaufgerissenen Augen an.
„Sie...wagen...", stotterte er nun verblüfft und kniff bedrohlich die Augen zusammen.
Doch Hermine holte nur ihr Namensschild heraus, schnappte sich ihre Arbeitskleidung und knallte sie ihm auf den Tisch.
„Einen schönen Tag noch!", knurrte sie, drehte sich auf dem Absatz um und rauschte aus seinem Büro.
John und Susan sahen ihr erschrocken hinterher, als sie den Korridor zum Fahrstuhl stolzierte und kurz darauf verschwunden war.
Sie fuhr in die Eingangshalle und apparierte von dort aus sofort nach Hogsmeade.
Keuchend lehnte sie sich an die Wand der „Drei Besen". Erst jetzt begriff sie, was sie eigentlich getan hatte und schüttelte ihren Kopf.
War sie denn von allen guten Geistern verlassen gewesen? Sie hatte ihren Job gekündigt! Verdammter Mist! Harry würde ihr den Kopf abreißen und nicht nur er...Spätestens morgen würde sie diese Entscheidung mehr als bereuen. Aber so konnte doch niemand arbeiten! Mit diesem Chef! Das war unmöglich! Niemand würde sich so behandeln lassen!
Kopfschüttelnd und schwer atmend holte Hermine ihre Taschenuhr aus ihrer Handtasche, die sie von ihrem Großvater geschenkt bekommen hatte.
Es war kurz vor fünf Uhr.
Schnell klopfte sie sich ihre Kleidung zu Recht, seufzte kurz und trat dann in die „Drei Besen" ein. Auch wenn Minerva ihr keine Antwort geschickt hatte, so war sie sich sicher, dass sie sie hier antreffen würde. Und damit behielt sie Recht.
Im Pub war es düster und stickig. Einige zwielichtige Gestalten saßen vor sich hin murmelnd an der Bar und ein großer, dicker, bärtiger Mann schenkte ihnen nach.
Minerva McGonagall saß – leicht angewidert – in einer Ecke nahe der Tür und sah Hermine bevor sie sie sah.
„Hermine!", rief die alte Dame erleichtert und winkte die junge Frau zu sich herüber. „Wie schön!"
Lächelnd begrüßten sich beide und umarmten sich herzlich.
„Wartest du schon lange?", fragte Hermine, als der bärtige Mann sich zu ihnen gesellte und grummelnd nach ihrem Wunsch fragte. Sie schüttelte den Kopf.
„Zwei Gläser Butterbier, bitte.", sagte McGonagall und rümpfte angewidert ihre Nase. „Könnten sie vielleicht ein Fenster öffnen?"
Den Blick den sie daraufhin bekam, ließ sie verstummen, bevor er sich umdrehte und verschwand.
„Es hat sich wirklich viel verändert.", meinte die alte Hexe traurig. „Vor wenigen Jahren noch war das hier ein sicherer und netter Treffpunkt, auch für unsere Schüler, doch jetzt..."
Seufzend richtete McGonagall ihre Haare und widmete sich dann ganz Hermine.
„Also, wie geht es dir, meine Liebe? Alles in Ordnung bei dir?"
Kurz überlegte sie.
„Naja. Ich war sehr überrascht, dass...Professor Snape sich gemeldet hat.", kam Hermine nun direkt auf den Punkt und McGonagall nickte.
„Ja, nicht nur du. Ich habe keine Ahnung was er die letzten Jahre getrieben hat.", antwortete sie. „Ich weiß wirklich nicht, was ihn ausgerechnet jetzt dazu treibt, sich bei mir zu melden..."
Hermine nippte an ihrem Krug Butterbier, den der Kellner ihnen grade vorbei gebracht hatte und nickte abweisend.
McGonagall beobachtete sie misstrauisch.
„Ja. Es ist mir immer noch ein Rätsel, wie er den Todesversuch von...Voldemort...überhaupt überlebt hat. Und ehrlich gesagt ist es mir noch schleierhafter, wieso du dich ausgerechnet nach ihm erkundigst? Meinem Wissen nach hattet ihr beiden während der gesamten Schulzeit keinen wirklichen Draht zueinander? Aber wer hatte schon einen Draht zu Severus...", beendete sie den Satz nun und Hermine errötete. Nie hatte sie auch nur einem davon erzählt, was im Bootshaus passiert war – lediglich Harry und Ron kannten die Geschichte.
„Hm.", antwortete Hermine nur nachdenklich und kämpfte innerlich mit ihren Gefühlen. Also konnte er sich vielleicht doch an sie erinnern? Wusste er, was passiert war? Wieso, verdammt nochmal, hatte er sich nicht bei ihr gemeldet?!
„Hermine?", fragte McGonagall ungeduldig und durchbohrte sie mit einem skeptischen Blick. „Was ist in der Nacht, als Voldemort gefallen ist, geschehen? Ich habe das Gefühl, du verschweigst mir etwas."
Immer noch blickte sie ihrer ehemaligen Professorin nicht in die Augen. Sollte sie ihr die Wahrheit erzählen? Wieso tat sie es nicht einfach? Wieso sprach sie mit niemandem darüber? Weil sie es nicht konnte. Es bereitete ihr zu viel Angst. Nach all den Jahren...nach 6 ewigen Jahren konnte sie immer noch mit niemandem darüber sprechen. Außer mit Harry.
Was würde er wohl sagen, wenn er wüsste, dass Snape sich nach ihr erkundigt hatte?
„Was hast du ihm denn gesagt?", wich Hermine nun ihrer Frage aus und seufzend schüttelte McGonagall den Kopf.
„Nun ja, dass ich natürlich froh bin, dass es ihm gut geht und er jederzeit nach Hogwarts zurückkommen kann."
Hermine nickte.
„Ich habe aber nicht den Eindruck, dass es dir gut geht, Hermine.", setzte McGonagall plötzlich nach und wechselte das Thema. Ihr skeptischer Blick wechselte nun in einen besorgten Blick über.
„Doch, doch. Ich habe nur viel...Stress auf der Arbeit.", meinte Hermine nun und trank ihren letzten Schluck Butterbier aus. „Weißt du denn, wo genau sich Professor Snape befindet?"
„Nein. Wie schon gesagt, mehr Information habe ich nicht bekommen.", sagte sie nun.
Eine Weile blieb es still und niemand sagte etwas. Hermine war die Situation sichtlich unangenehm und Minerva anzulügen tat ihr innerlich weh. Aber sie konnte mit niemandem darüber sprechen. Auch nicht mit ihr.
„Minerva, es wäre toll, wenn du dich bei mir melden könntest, sobald Professor Snape...sich mit dir treffen möchte.", beharrte Hermine weiter und McGonagall seufzte laut.
„Das kann ich tun, Hermine. Du weißt auch, dass ich immer ein offenes Ohr für dich habe, oder?", antwortete die alte Professorin und sie nickte dankbar.
Sie sprachen noch ein wenig über Hogwarts und ihre Arbeit beim Ministerium, Hermine verschwieg, dass sie vor wenigen Stunden erst gekündigt hatte und nach einer Weile trennten sie sich.
Auch wenn sie wenige Informationen von McGonagall erhalten hatte, so müsste sie bald eine Entscheidung treffen.
Die Alpträume wurden jede Nacht schlimmer. Sie musste endlich etwas dagegen unternehmen.
Zweifelnd trottete Hermine nach ihrem Treffen zu „Madame Puddifoot's Café" um sich mit Neville und Luna zu treffen.
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