1. Ungeplant

Ein Schrei hallte durch die Nacht. Heftig hustend wachte Hermine Granger zitternd und schweißdurchtränkt auf und blicke sich panisch um.

Erst als ihr bewusst wurde wo sie sich befand, sank sie heftig atmend wieder in ihr Kissen zurück. Erschöpft rieb Hermine sich ihre Schläfen, seufzte und kletterte aus dem Bett. Der Mond schien hell durch ihr Schlafzimmer und ließ den Raum fast gespenstisch wirken. Ein Schauer lief der jungen Hexe über den Rücken und mit einem flüsternden „Lumos", erhellte ihr der Zauberstab den Weg in ihr Badezimmer.

Dort angekommen wusch sie sich erstmal ihr Gesicht und entschied sich nach kurzem Überlegen unter die Dusche zu springen.

Das kühle Wasser beruhigte sie ein wenig und ließ ihre Sinne langsam erwachen. Auch wenn es noch mitten in der Nacht war, an Schlaf war nicht mehr zu denken. Den Alptraum hatte Hermine Granger seit mehreren Wochen erneut jede Nacht.

Auch wenn das Geschehene schon vor 6 Jahren passiert war, so kamen und gingen die Alpträume. Mal schaffte sie es den sterbenden Mann zu retten, mal scheiterte sie kläglich. Wenn Hermine zu lange darüber nachdachte, wusste sie oft gar nicht mehr, was Real und was Traum gewesen war. Hatte sie Severus Snape, ihren Ex-Zaubertranklehrer, Ex-Todesser und Ex-Doppelagent gerettet oder war er gestorben? Hatte er es aus dem Bootshaus geschafft? War er noch am Leben? Wo lebte er? Ging es ihm gut? Hatte er nie versucht sie zu finden? Hieß das, er war tot?

Kopfschüttelnd stieg sie aus der Dusche, trocknete sich in aller Seelenruhe ab und zog sich ihre Muggelkleidung an. Die Arbeitskleidung befand sich in ihrer Tasche.

Nachdem Harry Potter Lord Voldemort in Hogwarts besiegt hatte, war ihr Leben ein einziges Chaos geworden. Die sonst so organisierte und intelligente Hexe erkannte sich oft selbst nicht wieder. Sie war zerstreut, schreckhaft und unzufrieden. Ihr Studium in Zaubertranklehre hatte sie vor zwei Jahren beendet, erfolgreich und mit Bestnote. Danach jedoch unterrichtete sie nie in diesem Fach. Sie bewarb sich beim Ministerium und arbeitete seit jenem Tag an in der Abteilung zur Führung und Aufsicht magischer Geschöpfe. Das war somit das Einzige, worin Hermine Tag für Tag Hoffnung schöpfen konnte. Ansonsten war alles anders gekommen, als sie geplant hatte.

Ronald Weasley, ihr ehemals bester Freund und Liebhaber, hatte seit vier Jahren keinen Kontakt mehr zu ihr. Nachdem sie verzweifelt versucht hatten eine Beziehung aufzubauen, wurde Hermine nach einem Jahr klar, dass sie Ron immer nur als guten Freund betrachtet hatte und sich das nie ändern würde. Dieser jedoch war unsterblich in Hermine verliebt gewesen, weshalb er abrupt den Kontakt zu ihr abbrach und sich seit jenem nicht mehr bei ihr gemeldet hatte. Lediglich durch Harry oder Ginny erfuhr sie, wie es ihm ergangen war und schickte ihm jährlich eine Geburtstagskarte per Post, die jedoch immer wieder zurück geschickt wurde.

Von Harry wusste Hermine, das Ron vor einem Jahr Hannah Abbott geheiratet hatte, ehemalige Hufflepuff Schülerin aus ihrem Jahrgang in Hogwarts.

Hogwarts.

Bei diesem Gedanken schauderte Hermine und schnell setzte sie sich einen Kaffee auf. Die Maschine gab ein lautes Zischen von sich und das heiße Wasser wurde in Sekundenschnelle in Kaffee verwandelt.

Sie konnte sich noch an Arthur Weasley's Begeisterung erinnern, als er zum ersten Mal eine Kaffeemaschine gesehen hatte.

„Wunderbar!", hatte er gerufen. „Was die Muggel sich alles einfallen lassen...siehst du Molly, man kann sehr gute ohne Zauberei leben! Es ist ja fast eine Art Muggel-Magie!" Daraufhin hatte seine Frau nur ein lautes „Grmpf" von sich gegeben und teilte damit deutlich mit, wie sehr sie Arthurs Begeisterung für Muggeldinge teilte.

Die Tage bei den Weasley's vermisste Hermine schrecklich. Zu Molly und Arthur pflegte sie immer ein gutes Verhältnis, auch wenn dieses nach der Trennung von Ron immer schlechter geworden war. Molly war am Anfang mehr als enttäuscht gewesen, Arthur jedoch blieb dabei sehr neutral. Mittlerweile beschränkte sich ihr Kontakt lediglich auf Grußkarten zum Geburtstag.

Seufzend schenkte sie sich einen Kaffee ein und trank den ersten Schluck. Das heiße, dunkle Gebräu wärmte ihre Kehle und sofort fühlte sich Hermine deutlich besser.

Das Ziehen in ihrer Magengegend verschwand allmählich und auch die schrecklichen Gedanken an den Alptraum verdrängte sie. Entspannt setzte sich Hermine auf ihr Sofa und sofort sprang Krummbein schnurrend auf ihren Schoß, den Schwanz heftig wedelnd und mit großen Kulleraugen anstarrend, miaute er laut. Lächelnd strich sie über das warme Fell und stupste ihn mit der Nase an.

„Na, hast du Hunger?", fragte sie ihn und Krummbein schnurrte. Grinsend zauberte sie ihm sein Frühstück herbei und sofort war der Kater laut miauend heruntergesprungen und machte sich über den frischen Fisch her.

In Gedanken versuchte Hermine die Woche zu ordnen und seufzte vehement. Es war Montag im Jahre 2006 und in dieser Woche stand einiges an.

Zu allererst hatte sie heute ein wichtiges Treffen mit Kingsley Shacklebolt, dem neuen Zaubereiminister von England, in dem sie ihm ihr neues Projekt bezüglich der Hauselfen vorstellte. Darauf wartete sie nun schon seit einem Monat. Nach ihrer Einstellung im Ministerium hatte Hermine schon vieles bewirkt. Ihr Projekt: B.Elfe.R. – Bund für Elfenrechte, hatte sich bis jetzt jedoch noch nicht sehr etabliert und wurde nur mit einem Lächeln abgestempelt. Seit der vierten Klasse versuchte sie nun schon, dieses Projekt umzusetzen und hatte heute endlich Gelegenheit dazu. Kingsley gab ihr um 11 Uhr 15 Minuten Zeit, ihre neue Idee bezüglich einer Hauselfenvertretung in der Abteilung zur Führung und Aufsicht magischer Geschöpfe, umzusetzen und ihn davon zu überzeugen. Auch wenn viele ihrer Kollegen sie als lächerlich betrachteten, so wusste Hermine, dass Kingsley ihr eine neutrale Chance geben würde. Das lag natürlich nicht nur an der Tatsache, dass sie zusammen im Orden gegen Lord Voldemort gekämpft hatten, sondern auch an ihrem Engagement und ihrem Ehrgeiz, den der neue Minister für Zauberei schon früh bei der jungen Hexe entdeckt hatte.

Hermine lächelte kurz und konzentrierte sich dann auf die Termine für den Rest der Woche.

Am Dienstag hatte James Potter, Harry und Ginny's Sohn, Geburtstag und wurde stolze drei Jahre alt. Nach der Arbeit heute müsste sie noch in die Winkelgasse gehen um ihm ein Geschenk zu besorgen. Zu großem Erstaunen hatten Harry und Ginny, Ted Lupin, Sohn von Remus und Tonks, kurz nach dem Kampf bei sich aufgenommen. Harry wurde nach seiner Ausbildung zum Auror schnell Leiter des Aurorenbüros und mit seinem 25 Jahren wohl einer der jüngsten Leiter in der ganzen Zaubereigeschichte. Dies lag aber natürlich auch an seiner Berühmtheit und seinem großen Können. Zeitweilig arbeitete er jedoch auch als Dozent für Verteidigung gegen die dunklen Künste in Hogwarts, da die Stelle nach dem Endkampf nie sehr lange besetzt war. Es hieße, es läge seitdem ein „Fluch" auf Hogwarts, was Harry für lächerlich empfand. Hermine jedoch konnte die Schlagzeilen im „Tagespropheten" durchaus verstehen – seit jenem hatte sie keinen Fuß mehr auf die Ländereien von Hogwarts gesetzt.

Schnell verfluchte sie ihre Gedanken und konzentrierte sich auf ihren Terminplan. Am Mittwoch war sie mit Neville und Luna zum Kaffee verabredet und sie würden sich in Hogsmeade treffen. Die beiden hatten vor knapp vier Jahren geheiratet und Luna war, genau wie Ginny, im 8. Monat schwanger.

Donnerstag und Freitag hatte sie ein wenig Luft und am Wochenende würde sie ihre Eltern besuchen.

Der Kalender war diese Woche wirklich extrem voll! Selbst für ihre Verhältnisse.

Hermine beobachtete ihren Kater Krummbein, wie er sich genüsslich die Pfoten leckte und erst jetzt bemerkte sie, dass die Sonne langsam aufging und ihre Wohnung in ein gleißendes Licht tauchte. Geblendet von der frühen Morgensonne im Juni, schaute sie auf ihre Uhr und fluchte laut.

„Verdammter Mist!"

Es war kurz nach acht und um halb neun müsste sie im Büro antanzen. Sie hatte gar nicht gemerkt wie lange sie ihren Gedanken nachgehangen war.

Schnell zog sie sich ihre Schuhe an, schnappte sich ihre magisch verkleinerte Handtasche, zog die Wohnungstür zu und schloss sie mit einem Zauberspruch ab. Sie lief hastig die Treppen hinunter und stieß fast mit Jonas zusammen, ihrem Nachbarn.

„Hermine!", rief er überrascht und fing sie auf. „So eilig heute Morgen?"

Verwirrte nickte Hermine, fing sich dann aber wieder.

„Ja, bin spät dran.", keuchte sie und rauschte schnell an ihm vorbei.

Jonas Meyer war ihr Muggel Nachbar, ein netter junger Mann, blond, schlaksig und groß. Er war Informatiker und arbeitete für eine Bank direkt in London.

Schon seitdem Hermine in die kleine Wohnung an der Chairing Cross Road eingezogen war, kümmerte sich Jonas irgendwie um sie. Er half ihr beim Umzug und nach kurzem wurden die beiden gute Freunde. Lange Gespräche, Abend unter Freunden und Ausflüge zierten ihre fünfjährige Freundschaft.

Auch wenn ihr der schnelle Abschied Leid tat, so musste sich Hermine schleunigst sputen.

Der „Tropfende Kessel" befand sich direkt gegenüber ihrer Wohnung, sodass Hermine auch ohne Apparieren schnell in die Winkelgasse gelang.
Jetzt jedoch rannte sie auf die gegenüberliegende Seite, wich einigen hupenden Autos aus und bog in einen kleinen Hof ein, in dem nie auch nur ein Muggel zu sehen war. Sie blieb stehen, dachte an das Ministerium und mit einem lauten Knall apparierte die Hexe in das Ministerium. Sie tauchte mitten in der großen Eingangshalle auf und wurde sobald von einem schlecht gelaunten Zauberer angerempelt.

„Hey, pass doch auf!", rief dieser erbost und Hermine schüttelte entnervt den Kopf. Montagmorgen, egal ob in der Muggelwelt oder in der Zauberwelt – jeder hatte seine gute Laune daheim gelassen.

Sie hastete zu einem der Fahrstühle und fuhr in den vierten Stock. Dort schritt sie einen langen Korridor entlang und öffnete ihre Bürotür.

„Hermine Granger, Abteilung zur Führung und Aufsicht magischer Geschöpfe" stand dort auf ihrem Namenschild und lächelnd betrat sie ihr Büro. Sofort fiel ihr der riesige Stapel Dokumente und Briefe auf, der sich am Wochenende auf ihrem Tisch gesammelt hatte und ernüchtert setzte sie sich an ihren Schreibtisch. Bevor sie jedoch auch nur einen Brief öffnete, erschien ihr geschätzter Kollege John Porpington in der Tür.

John Porpington, 30 Jahre alt, groß, muskulös und dunkelhaarig – der Traum einer jeden Frau, nur leider schwul!

„Hermine!", rief er erfreut und setzte sich fröhlich auf einen Stuhl, der vor ihrem Schreibtisch stand. „Wie war dein Wochenende?"

In Gedanken korrigierte sie ihre Aussage: Jeder war schlecht gelaunt, außer John.

„John! Wie schön dich zu sehen. Gut! Wie immer.", beantwortete Hermine seine Frage ausweichend, erntete dabei aber nur einen skeptischen Blick seinerseits. Bevor er jedoch weiter nachfragen konnte, setzte Hermine nach.

„Wie war dein Urlaub?"

„Klasse!", sprach John und klatschte begeistert in die Hände, wie Teddy es manchmal tat. Auch wenn Hermine ihren fast 30 jährigen Kollegen schätzte, so verhielt sich dieser doch jedes Mal wie ein kleines Kind, wenn er etwas „begeisterterungswürdig" fand. „Wir waren mit den Jungs auf den Malediven. Wirklich wunderschön dort! Ganz anders als hier im verregneten London...nächstes Mal musst du uns begleiten, Hermine!"

Sie lächelte höflich und nickte nur abweisend. Mit ihren Gedanken war Hermine schon wieder bei ihrem Treffen mit Kingsley.

„Wann hast du das Treffen bei Shacklebolt?", fragte John plötzlich und blickte sie besorgt an. „Hermine, das wird schon! Du wirst ihn davon überzeugen, dass eine Hauselfenvertretung wichtig für unsere Abteilung ist! Wie gesagt, das Angebot steht, ich begleite dich gerne..."

Noch bevor John den Satz zu Ende sprechen konnte, stürmte Susan McClaggen in ihr Büro. Ihre blonden Haare wehten beim Hereinkommen und ihre kleine, untersetzte Figur erinnerte an eine Comicfigur.

„Dieser miese, blöde..."fluchte sie lauthals und ließ sich genervt auf einen Stuhl neben John sinken. „Ich hasse den Montag!"

Sie sprach diesen Satz mit solcher Inbrunst aus, dass Hermine ein Kichern unterdrücken musste.

„Was ist passiert, Susan?", fragte sie, darauf bedacht nicht zu grinsen, was ihr jedoch schlecht gelang. Susan schaute sie düster an.

„Thomas Lynch! Wie immer!", fauchte sie und verschränkte ihre Arme vor der Brust. John schaute sie von der Seite aus an und blickte dann zu Hermine, die fragend ihre Augenbrauen hochzog.

Thomas Lynch, 50 Jahre alt, dick, klein und schnauzbärtig, war der Leiter für die Abteilung zur Führung und Aufsicht magischer Geschöpfe und machte Hermine und ihren Kollegen das Leben schwer. Er ließ sie alle wissen, wie abschätzig er magische Geschöpfe behandelte und nicht nur diese, sondern auch seine menschlichen Angestellten. Auch wenn viele Beschwerden bei Kingsley eingegangen sind, einige drohten sogar den dicken und bösartigen Zauberer umzubringen, so hielt er sich hartnäckig auf diesem Posten. Hermine verabscheute ihn mehr als alles andere, da er ihr Projekt für Hauselfen mehr als einmal mit einem schnaubenden Lachen abfertigte und sie aus seinem Büro geschmissen hatte. Grade deshalb war der Termin bei Kingsley heute so enorm wichtig.

„Dieser blöde Schweinepriester hat mir einen Haufen an Außendiensten aufgedrückt! Er hat mehrere Trolle in Cornwall blicken lassen, die Muggel auf sich aufmerksam machen und mich als Leiterin dafür eingeteilt! Er weiß, wie sehr ich Trolle verabscheue! Das hat er aus böswilliger Absicht gemacht!", erklärte sie ihren beiden fragenden Kollegen und schnaubte zum Abschluss. „Das wird er mir büßen..."

John seufzte theatralisch und verdrehte die Augen.

„Susan, du darfst dich nicht so von ihm herumschubsen lassen!", sprach er sanft auf sie ein, was ihm jedoch nur einen mörderischen Blick einfingen ließ.

Hermine schüttelte den Kopf.

„So ihr beiden, ich muss mich auf das Gespräch mit Kingsley vorbereiten.", sagte sie kurz darauf und John grinste.

„Das klappt schon! Ich drücke dir die Daumen, Liebelein.", versprach er ihr, sprang vom Stuhl auf und verschwand aus ihrem Büro.

Susan atmete tief ein uns aus und sah Hermine ein wenig mitleidig an.

„Meinst du, Kingsley wird deiner Idee zustimmen?", fragte sie vorsichtig und Hermine biss sich auf die Unterlippe.

„Ich hoffe es. Es wäre ein wichtiger Schritt für die Hauselfen.", erklärte sie ernst und Susan nickte.

„Ich glaube an dich!", sagte sie und lächelte Hermine an. Dann sprang auch sie auf und stürmte aus dem Büro.

„JOHN!", hörte Hermine sie schreien, bevor die Tür zufiel und es still wurde.


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