Freitag - 10.2 - Yoongis Zorn
Don't forget - it's fiction!
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Als ich am Fuße der Rolltreppe von vorhin angekommen bin, sehe ich aus dem Augenwinkel, dass etwas weiter die nächste Rolltreppe nach oben ist. Ich sprinte dorthin und nehme drei Stufen auf einmal. Oben angekommen bin ich weit genug weg, um nicht bemerkt zu werden, und nah genug, um zu sehen, was an dem Check-In grade passiert. Die meisten der Jungs stehen schon am Schalter, mit hängenden Köpfen, die Bodyguards stehen hinter PD, die Kameramänner haben ihre 'Gewehre' – wie Jin sie genannt hat – gesenkt. Und ein wütender Yoongi steht vor PD und brüllt auf ihn ein.
O-ooo – wecke niemals einen Yoongi. Oder seinen Zorn ... So hab ich den ja noch nie erlebt!
Ich bremse ab, denn ich muss nun überlegen, wie ich an Namjoon herankomme, der grade versucht, Yoongi zu beruhigen und von PD wegzuziehen. Ich schleiche mich an den Verkaufsständen entlang näher. Bei einer Pommesschmiede angekommen, traue ich mich nicht weiter, weil nun die Bodyguards einen Ring um die Jungs zu bilden beginnen. Verzweifelt seufze ich auf. Da erklingt auf einmal von der anderen Seite des Tresens eine freundliche Stimme.
"Hatte ich also doch recht, dass sie heute abfliegen würden. Aber die Jungs scheinen dabei nicht glücklich zu sein. Und Sie auch nicht."
Dabei blickt die zierliche Verkäuferin mir grade in meine ungläubig geweiteten Augen.
„W.was haben Sie grade gesagt?"
Ich kann grade nur noch stottern.
Sie lächelt.
"Ich bin nicht blind. Das sind die Bangtan Boys. Jeder in der ARMY weiß, dass sie nun irgendwann nach Paris aufbrechen müssen. Ich habe die Jungs und Sie eben an der Rolltreppe kehrt machen sehen. Es tut mir so leid, dass Ihr Abschied so versaut wurde."
Ich bin zu perplex, um gradeaus denken zu können.
„Wer sind Sie, und warum ..."
Die Frau scheint nicht viel jünger zu sein als ich.
„Meine Tochter ist ein großer Fan. Und weil ich sie verstehen wollte, habe ich mir das angesehen. Naja – jetzt sind wir beide große Fans. Wir haben die ganze Zeit gerätselt, wo hier in der Region die Jungs wohl gelandet sein könnten. Ihre offiziellen Tweets und Broadcasts und Uploads haben zu wenige Hinweise enthalten. Ich nehme an, das war, um Ihre Anonymität zu wahren?"
Ich nicke bloß.
Meine Gedanken rotieren. Ich kapiere einfach nicht, wie PD und die ganze Bande hier morgens um 4:00 Uhr rumstehen können.
Sind die etwa gestern hierher geflogen? Ohne die Jungs zu informieren? Was für ein fieser Verrat!
Dabei war Yoongi am Telefon doch wirklich ganz deutlich.
"Wir wollen bitte den Flug noch für uns haben!"
Was ist daran so schwer zu verstehen???
Noch zwei Jungs, dann ist auch Namjoon dran. Meine Chance schwindet. Ich hole die Tüte aus meiner Jackentasche und drehe sie unschlüssig in meinen Händen hin und her.
„Gehört das den Jungs?"
Die Verkäuferin spricht mich nochmal an. Ich nicke bloß, habe einen riesigen Kloß im Hals, will nicht schon wieder heulen.
„Geben Sie her. Mit mir rechnet keiner, ich gehöre ins Bild."
Sie zieht ihre Schürze fest, schnappt sich einen Pott Kaffee, kommt hinter dem Tresen vor und streckt ihre Hand aus.
„Schnell! Ich darf nicht rennen, das fällt zu sehr auf."
Ich halte ihr die Tüte hin.
Sie nimmt sie und geht mit entschlossenen Schritten durch die Halle. Zu meiner großen Verblüffung steuert sie direkt auf den Check-In-Tresen zu, die Jungs ignorierend. Sie spricht kurz die Angestellte an, stellt ihr den Kaffeebecher hin und legt dann einfach die Tüte auf den Tresen. Im Umdrehen und Weggehen schaut sie Namjoon tief in die Augen, macht sekundenkurz ein Fingerherz und kommt zurück zu mir. Sein irritierter Blick folgt ihr, fällt kurz auf mich – und dann schaut er wieder nach vorne. Seine Gestalt richtet sich ein wenig auf. Er ist als nächstes dran, stellt seinen Koffer auf das Band, gibt seinen Pass und sein Flugticket ab, unterhält sich kurz mit der Dame – und steckt dann zusammen mit seinen Papieren auch die Tüte in seinen Rucksack. Weder PD noch einer der anderen Hanseln hat begriffen, was da eigentlich grade passiert ist. Geschafft!
Erleichtert atme ich aus. Wenige Minuten später werden die Jungs umringt und aus der Halle zum Gate geführt. Es ist vielleicht Fürsorge, wahrscheinlich einfach Routine. Aber es wirkt wie eine Verhaftung. Ich könnte kotzen. Noch einmal dreht sich Namjoon um und sucht meinen Blick. Dann sind sie verschwunden.
„Viel Glück!"
Ich schicke ihm gute Gedanken hinterher.
Die Pommesfrau, die meine Mission „Abschiedsbriefe" so geistesgegenwärtig gerettet hat, hat nur darauf gewartet. Schon kommt sie wieder hinter dem Tresen hervor und nimmt mich einfach in die Arme. Stumm weine ich an ihrer Schulter.
„ARMY's müssen zusammenhalten, oder?"
Sanft und leise spricht sie neben meinem Ohr. Dann lässt sie mich einfach eine Weile heulen.
„Und sie sind also der rettende Engel für unsere Jungs gewesen?"
Ich hebe meinen Kopf und nicke.
„Danke. Danke, dass sie mir und uns grade so geholfen haben!"
Mühsam bringe ich schließlich wenigsgens den einen Satz heraus.
„Danke, dass sie die letzten zehn Tage den Jungs geholfen haben."
Ihr Konter kommt sofort.
„Die haben sich alle Mühe gegeben, das ganze leicht und problemlos darzustellen bei ihren Veröffentlichungen. Aber das kann nicht leicht gewesen sein. Und sie müssen furchtbar erschöpft sein. Ich frage auch überhaupt nichts. Ich bin nur froh, dass ich helfen konnte."
Da habe ich plötzlich einen Geistesblitz.
„Sagen sie mal - was machen sie am Wochenende 18. bis 20. Mai? Das ist Pfingsten."
Sie schaut mich fragend an.
„Ich weiß nicht, vermutlich arbeiten. Eine Kollegin ist für länger krank. Warum?"
Ich lächele.
„Och. Ich hab nur ein paar Tickets für London zu viel ..."
Ich lasse die Information in der Luft hängen. Genau drei Sekunden später grinst die Frau.
"Also – wenn ich mir das recht überlege, muss ich an dem Wochenende waaaaahrscheinlich doch nicht arbeiten."
Der erste Lichtblick an diesem Morgen. Diese wundervolle Frau hat es echt verdient. Und dann stellen wir uns endlich gegenseitig vor, landen schnell beim Du, tauschen Nummern aus und hoffen inständig, dass Nora an dem Wochenende frei bekommt.
Eine Weile später schleiche ich, von Noras aufmunternder Freundlichkeit gestärkt, zurück zum Auto. Durch die Anwesenheit von PD und das Ausfallen unserer Abschiedsstunde bin ich viel zu früh dran, was ich allerdings locker dadurch wett mache, dass ich mich in dem riesigen Gebäude gefühlt dreimal verlaufe. Ich will mich mit Markus beim Autoverleih treffen. Die große Kutsche brauchen wir ja jetzt nicht mehr. Da kann ich sie auch gleich auf dem Rückweg abliefern.
Ich bin grade eingestiegen, da macht sich mein neues Handy bemerkbar. Ich bin das ja gar nicht gewohnt. Ich besaß bisher nur ein mobiles Telefon - das fast immer aus ist - und zu Hause ein Tablet. Immer und überall erreichbar zu sein mithilfe einer All-Inclusive-Flat kenne ich gar nicht. Aber nun macht es in meiner Handtasche, die ich im Auto gelassen hatte, vernehmlich und mehrfach schnell hintereinander „Bangtan Sonyeondan!"
Ihr Schlachtruf als Benachrichtigungston für den Gruppenchat! Die sind ja sooo verrückt!!!
Namjoon bringt mich auf den neusten Stand, während sie am Gate warten.
Namjoon:„4:13 1000 Dank für die Briefe. Ich werde sie bei der nächsten Gelegenheit überreichen und vorlesen. Ich weiß aber noch nicht, wann und wie. Die richtige Stimmung ist jetzt erstmal dahin. Yoongi ist wütend, weil PD Dich vertrieben hat. PD ist angepisst, weil Yoongi ihn einfach angebrüllt hat. Jin ist sauer auf die Kameramänner, weil die es grade wagen, uns beim Trauern zu filmen. Und Tae und Guk halten Jimin und Hobi in den Armen, die sich die Augen aus dem Kopf heulen, weil sie Dir so gerne noch was hatten sagen wollen. Es tut mir so furchtbar leid, dass das so gelaufen ist. Pass bitte auf Dich auf, wenn Du jetzt nach Hause fährst! Deine Familie und wir brauchen Dich noch."
Jin:„4:13 Danke für Brot und Liebe! Ihr seid wundervoll!"
Yoongi:„4:14 Als hätte ich es geahnt. Ich hätte auf mich hören sollen, als wir los sollten und ich 'nö' gesagt habe. Ich wandere doch noch aus!"
Ich höre ihn förmlich knurren.
Guk:„4:14 Könntest Du mir grade mal das 'Ruhet von des Tages Müh' als Sprachnachricht schicken? Ich glaube, das würde Hobi und Jimin helfen."
Und so sitze ich in dem geliehenen Auto in einem Flughafenparkhaus und singe am frühen Morgen diesen Abendkanon in mein Smartphone. Ich schreibe ihm noch dazu, WIE dankbar ich bin, dass er grade vielleicht die richtige, sehr einfühlsame Idee hatte. Und frage, ob ich eine Reaktion abwarten soll, bevor ich losfahre. Dann drücke ich auf Senden und hoffe, dass es die Jungs ein bisschen wieder zusammenflickt, wenn sie meine Stimme hören. Mir selbst hat es jedenfalls gut getan. Nach weiteren sieben Minuten brüllt der Schlachtruf doppelt, Jimin und Hobi schicken mir Herzchen.
Und von Guk kommt die Antwort „4:22 Melde mich nachher."
Ich mache das BTS-Phone ganz aus zum Fahren. Etwas gestärkt starte ich den Motor – und mache die Musik wieder an, wissend, dass ich mir gleich die volle Packung gebe. Denn da kommt ja als erstes - „Umbrella" ...
Hm. Namjoon kennt mich schon ganz schön gut.
Der Gedanke schießt mir zwischen zwei Aufschluchzern durch den Kopf.
Was hat er geschrieben?
„Pass bitte auf Dich auf, wenn Du jetzt nach Hause fährst! Deine Familie und wir brauchen Dich noch."
Witzbold.
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9.12.2018 - 18.3.2019 - 16.11.2019
30.3.2020
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