III

Bla, bla, bla. Ich habe es nicht anders gewollt – jedoch anderes erhofft. Obwohl ich es mir ja dachte. Während ich aufgeklärt werde, könnte ich mich dabei unendlich oft übergeben. Wann die Stadtreinigung wohl das nächstes Mal kommen wird?

»Mach dir mal keine Sorgen«, gibt Kim zum krönenden Abschluss dann auch noch zum Besten, wobei mir Kim eine Hand auf die Schulter legen will. Ich weiche jedoch vor dem mir fremdgewordenen Menschen einen Schritt zurück. »Es wird ja nicht wie damals, es muss doch nur mal wieder eine Struktur geschaffen werden und es sollte etwas mehr Ordnung herrschen.«

Damit der Brechschwall keine Chance bekommt, wende ich mich zum wiederholten Male ab. Rechts, links, geradeaus, rechts, geradeaus, links, rechts. Es ist kein offensichtliches Muster bei den Autos zu entziffern – wahrscheinlich genauso wenig, wie es Menschen immer anzusehen ist, was sie denken.

»Glaubst du wirklich an diesen ganzen Mist?«, hake ich leise – beinahe ängstlich – nach und drehe mich wieder um; zu Kim. Rede ich hier wirklich mit einem Menschen, dem ich vertraut habe?

Kims Hände gleiten geschmeidig durch die Haare. »Du siehst doch auch, dass es so nicht weitergehen kann«, erwidert Kim ausweichend, erneut in recht sachlicher Stimmfarbe.

»Das war nicht meine Frage.« Einatmen. »Und außerdem haben wir da von Grund auf völlig verschiedene Ansätze.« Ausatmen. Der Knoten in meinem Magen will nicht weichen. »Ich will etwas ändern, ja – aber zum Besseren. Du hingehen willst, dass alles schlimmer wird!«

»Nicht schlimmer, nein. Wie ich eben meinte, sie werden–«

Meine Arme schnellen hoch. »Stopp. Noch einmal muss, vielmehr kann ich mir den Mist nicht anhören«, unterbreche ich Kim sofort, lege dann meine Hände auf den Bauch. »Und wie ich vorhin schon versuchte zu erklären«, ich seufze aus und hole tief Luft, »und ich mache es jetzt mal deutlicher: Du liegst falsch.« Ich warte das erneute laute Aufhupen der Autos ab, die es nun doch geschafft haben, mich mit ihrer Hektik zu erfassen – meine Stimme wird immer lauter. »Wie kann nur irgendjemand so verblendet sein? Wie oft hat gerade Deutschland aufgrund der eigenen Geschichte gesagt: ›nie wieder!‹?« Meine Hände zittern, weswegen ich sie mir geballt in die Hosentaschen stopfe.

»Und nun stecken wir aber in so einer Lage, in der extrem viele Menschen so eine Partei unterstützen. Wie kannst du für so etwas stehen? Für eine Partei, die gegen dich selbst; gegen so viele Menschen ist? Warum laufen wir nun doch auf einen solchen Abgrund zu? Viele auch noch hüpfend und mit offenen Armen. Wie passt das alles zusammen?« Bei der ganzen Aufregung habe ich meine Hände wieder befreit; bei meinen Worten mit ihnen wild hin- und hergeschwungen.

»So ist es doch gar nicht«, echauffiert sich Kim. »Du stellst es völlig falsch dar. Als wenn sie gegen alle wären ...« Kim wird ebenso mit jedem Wort lauter und rollt dann auch noch mit den Augen.

»Das habe ich nicht behauptet. Aber ...« Mit geschlossenen Augen atme ich durch. »Lassen wir das jetzt mal, das hatten wir sowieso schon alles. Aber mal unabhängig davon, dass ich diese ganzen offensichtlich im Raum stehenden ›Ansätze‹ abscheulich finde und auch definitiv ablehne. Und ungeachtet dessen, dass mitunter durch diese Leute ein Haufen Falschinformationen verbreitet und Angst geschürt werden, denke ich, dass sich einige nicht bewusst sind, was da auf uns alle zukommt, sollte diese Partei noch mehr an Einfluss gewinnen. Und das betrifft vor allem viele der Wählenden eben dieser Partei.«

Obwohl meine Worte noch harmlos sind, folgt lediglich eine stumme Reaktion: Achselzuckendes Schweigen mit leicht gesenktem Kopf. Als würde Kim ebenso ins Stocken geraten wie der sich nicht bewegende Autohaufen auf der Kreuzung. Das Ergebnis des ersten Blicks auf das Chaos: Sie scheinen vergessen zu haben, dass auch noch andere auf derselben Spur existieren. Stillstand. 

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