TWENTY-FOUR - E' troppo presto - ✔️

Aria POV

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Zwei Tage sind vergangen. Zwei Tage, in denen ich nicht mal vor die Türe durfte, mindestens drei Schmerztabletten pro Tag geschluckt habe, und mich ab und zu nicht mal aus meinem Bett bequemt habe. Amy hat mir versichert, dass sie die Küche auch ohne mich schafft, damit ich kein schlechtes Gewissen habe, und Alexa ist seit gestern auch wieder gesund genug, um ihr zu helfen.

Nicola und Raffa sind fast den ganzen Tag nicht da, und auch von Gianmarco bekomme ich nicht viel mit. Er ist nur mal kurz in mein Zimmer gekommen, um mir zu sagen, dass er die Tage mit mir sprechen muss wegen dem Vorfall mit Santos, seitdem lässt er mich eigentlich in Ruhe. Raffa schaut, wenn er mal da ist, oft nach mir, und Nicola sorgt dafür, dass ich ruhig einschlafen kann. Ich habe nämlich Alpträume bekommen.

Alexa verbringt eigentlich jede freie Minute bei mir, damit ich nicht so alleine bin, und ich bin ihr wirklich dankbar dafür. Sie hat die Jungs dazu gebracht, mir Unmengen an Magazinen zu kaufen, damit ich was zu lesen und zu lachen habe, und zusammen lösen wir die kleinen Quiz, die sich in den Heftern verstecken. Oft machen wir uns aber auch darüber lustig, wie widersprüchlich diese Hefter sind, denn jetzt mal ernsthaft - zuerst kommen Tipps, wie man am besten sein eigenes Körpergewicht innerhalb eines Monats runterhungert, dann kommen extra kalorienhaltige Kuchenrezepte und zum Schluss eine Seite mit Ratschlägen, wie man sich im eigenen Körper wohl fühlt.

Wer glaubt diesen Mist denn bitte?

„Schau mal", lacht Alexa neben mir plötzlich, und hält mir eines dieser Beauty-Magazine hin. „Extra herzhaftes Kuchenrezept für ein wohliges Bauchgefühl", lese ich laut vor, und schmunzle. Neben dem Rezept ist ein Kuchen abgebildet, bei dem mir schon nur übel wird, sobald ich ihn sehe. „Ich verstehe nicht, wie Leute diese Magazine ernst nehmen können", lacht Alexa nur kopfschüttelnd, während auf der nächsten Seite tatsächlich zwanzig „effektive" Abnehmtipps aufgelistet sind.

Ich Klappe das Heft zu und werfe es auf den Stapel Magazine, die wir schon durchgelesen haben. Das sind mittlerweile eine ganze Menge. „Ich hab' keine Lust mehr", murmle ich, und lege mich hin. „Schmerzen?" Ich zucke mit den Schultern und schaue zu Alexa. „Es ist aushaltbar. Aber in zwei Stunden wird's Zeit für die nächste Tablette." Alexa nickt nur und legt die restlichen Magazine zur Seite, ehe sie sich neben mich legt und an die Decke starrt.

„Hattest du Angst?"

Ich überlege eine Weile. Nein, in dem Moment, in dem ich fast gestorben wäre, hatte ich keine Angst. Ich schüttle den Kopf und drehe mich zu Alexa, da mein Rücken schmerzt. „Nein, ich war wütend. Extrem wütend." Alexa schielt zu mir und hebt eine Augenbraue. „Wütend?" Ich nicke. „Ja, sehr wütend sogar. Auf Santos und darauf, dass es ihm egal ist, was er mit seinen Opfern macht." Alexa sagt eine Weile nichts und nickt dann langsam. „Verstehe ich."

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„Alexa, Mom möchte, dass du kurz etwas holen gehst. Raffa wartet unten auf dich." Nicola steht im Türrahmen meines Zimmers, und Alexa steht nickend auf. „Geht klar." Sie dreht sich zu mir und umarmt mich kurz. „Bitte langweile dich nicht ganz zu Tode, bis ich wieder da bin, ja?" Ich lächle und nicke. „Geht klar", ahme ich sie dann nach, und Alexa streckt mir ihre Zunge raus, ehe sie aus meinem Zimmer verschwindet.

Eine Weile sagt keiner was, ehe Nicola sich leise räuspert. „Ich soll dir von Dad ausrichten, dass er eine neue Spur hat, die zu Santos führen könnte", sagt er dann leise, und ich nicke nur. „Das ist gut", seufze ich, und starre an die Decke. „Ich glaube, es ist für dich eher weniger gut, wenn du den Namen der Person erfährst, die wir um Hilfe bitten möchten." Ich runzle die Stirn und schaue zu Nicola, der sich im Nacken kratzt. „Mit wem soll ich schon ein größeres Problem haben als mit Santos selbst?"

Nicola hebt eine Augenbraue und schließt meine Türe, ehe er sich mir gegenüber auf mein Bett setzt. „Niemand hat gesagt, dass du ein Problem mit der Person hast."

„Womit soll ich denn dann ein Problem haben?"

„Mit dem Fakt, dass diese Person Dinge tut, von denen du nichts wusstest."

„Okay Nicola, wer ist es?"

Der Italiener sieht mich eine Weile an und schluckt dann. „Es ist Jamie Price." Ich stutze, als mir der Name bekannt vorkommt. „Du meinst doch nicht etwa, der Vater von-"

„-Liam Price? Doch, genau den meine ich. Es ist der Vater deines besten Freundes, der uns helfen wird."

Ich schlucke leer und starre Nicola ungläubig an. Ausgerechnet Liams Vater soll uns hier helfen? Wie denn überhaupt, ich meine, was hat er mit der Mafiawelt zu tun? Ich bin ein einziges, riesengroßes Fragezeichen, und Nicola scheint dies deutlich zu sehen, denn er räuspert sich verhalten.

„Jamie Price ist ein sehr guter Freund meines Vaters aus der Highschool. Anders als Raffa und ich, konnte Dad nämlich trotz allem normal zur Schule gehen, und hat dementsprechend auch einen normalen Abschluss. Jamie war in seiner Klasse, und schon ihre Väter, also mein Großvater und Liams Großvater, haben Geschäfte miteinander gemacht. Sie wollten schon immer irgendwann alles zusammenlegen und ein großes Geschäft machen, doch als Santos' Vater ihnen dazwischengefunkt hat, hat es nicht geklappt. Ich weiß nicht, was damals passiert ist, aber jedenfalls hat Jamie irgendwann gesagt, dass er sich etwas aus der ganzen Szene zurückziehen möchte, da er einen Sohn – Liam – bekommen hat, und sich mehr Zeit für seine Familie nehmen will. Jedoch kennt er als einziger Luciano Santos so gut wie mein Vater, und ich denke, dass wenn die Beiden zusammenarbeiten, sie Santos dann leichter überwältigen können."

Ich nicke nur sehr langsam, da all diese Informationen zuerst in meinem von Schmerztabletten vernebelten Hirn ankommen müssen. Liams Vater ist also ebenfalls ein Krimineller, oder war es jedenfalls mal. Liams und Nicolas Großväter haben schon zusammen Geschäfte gemacht, bis Santos' Vater ihnen dazwischengefunkt hat. Vielleicht hasst sein Sohn, also Luciano Santos, Gianmarco deswegen so? Und wie ist sein Verhältnis zu Liam und seinem Vater dann? Ist Liam vielleicht sogar in Gefahr und hat keine Ahnung davon?

„Was bedeutet das für Liam?", frage ich leise, und schaue Nicola wieder in diese blaugrünen Augen, die schon die ganze Zeit auf mir ruhen. Nicola seufzt leise und senkt dann kurz den Blick, ehe er mir wieder direkt in die Augen sieht. „Liam wird wahrscheinlich jetzt gerade von seinem Vater über alles informiert. Also auch darüber, dass du hier bist. Da die momentane Situation auch für ihn eine Gefahr werden könnte, ist es gut möglich, dass er eine Weile bei uns sein wird fürs Training."

Mein Gesicht hellt sich sofort auf. Wenn Liam kommen wird, heißt das, dass ich ihn endlich wieder mal sehen kann. Dass ich meinen besten Freund umarmen darf, und dass er sich davon überzeugen kann, dass es mir gut geht. Okay, ich korrigiere – dass ich noch lebe.

„Du siehst aus wie ein kleines Kind an Weihnachten", schmunzelt Nicola, und ich kehre wieder kurz in die Realität zurück. Zwar werde ich Liam wieder mal sehen können, doch trotzdem ist er dann auch einer großen Gefahr ausgesetzt. Santos wird nicht mehr nur mich und die Jungs als Ziel sehen, sondern auch noch meinen besten Freund.

„Naja, ich kann meinen besten Freund endlich sehen, nach sicher drei Wochen. Ich glaube, würde es mir gut gehen, wäre ich jetzt ausgeflippt vor Freude." Nicola lächelt leicht, und mein Herz erwärmt sich. Sein Lächeln wirkt trotz seiner eher kühlen Visage so echt, so warm. Nicola sollte definitiv öfters lächeln. „Was?"

Nicola sieht mich etwas belustigt an, und mir wird klar, dass ich den letzten Satz laut ausgesprochen habe. „Okay... das war eigentlich nicht für deine Ohren gedacht, aber du solltest definitiv öfters lächeln."

Ich werde knallrot, und Nicola lacht leise. „Achja?" Ich nicke so wild wie ich kann, ohne dass sich danach alles dreht, und hoffe, dass er mich jetzt nicht für komplett bekloppt hält. „Ja", murmle ich, und Nicola lächelt mich breit an. „Und wieso?" Ich weiß, dass er mich aufzieht, und dass er es genießt, dass mir das hier wirklich peinlich ist. Ich himmle ihn doch nicht an! „Du bist gemein", murre ich nur, und wieder ertönt dieses leise, raue Lachen. „Ich weiß. Aber jetzt im Ernst – wieso?"

Ich sehe, dass es Nicola wirklich interessiert, und seufze. „Naja... es sieht süß an dir aus", murmle ich leise, und starre auf meine Hände. Nicola schiebt zwei Finger unter mein Kinn und hebt es so an, dass ich ihm in die Augen schauen muss. „Was?" Sein Grinsen ist nicht zu übersehen, und ich verziehe mein Gesicht. „Es sieht süß aus verdammt. Es lässt dich viel sympathischer aussehen als deine eigentliche so abgeklärte Visage." Nicolas Augen leuchten kurz auf, während ich inzwischen wohl purpurrot angelaufen bin.

„Es sieht also süß aus", wiederholt Nicola langsam, und ich nicke. „Ja", murmle ich nur, und hoffe, dass das hier bald vorbei ist. Nicola lacht wieder leise, und ich funkle ihn wütend an. „Hör auf mich auszulachen", murre ich, und Nicola versucht, etwas leiser zu lachen. „Ich lache dich nicht aus, Aria. Ich lache, weil du auch gerade ziemlich süß dabei aussiehst, dir zu wünschen, dass du niemals laut gedacht hättest."

Ich sehe süß aus?

Ich?!

Ich und mein knallroter Kopf?

Süß?!

Wer hat diesem Jungen Drogen gekauft, und wo liegt seine Brille?

„Jetzt sieh mich nicht so entgeistert an. Hat dir etwa noch nie jemand gesagt, dass du süß aussiehst?" Ich schüttle stumm den Kopf, und Nicola wird ernst. „Ernsthaft jetzt?" Ich nicke, und seine Augen weiten sich etwas. „Heilige Scheisse. Was passiert mit der männlichen Bevölkerung?"

Ich schmunzle leicht, doch die Röte bleibt in meinem Gesicht. „Also,dann sage ich es dir eben nochmals." Blitzschnell legt Nicola mir eine Hand an meine Wange, streicht meine Haare vor meinem Ohr weg, beugt sich zu mir und streift meine Wange mit seiner, ehe er seine Lippen ganz leicht an mein Ohr legt. „Du siehst süß aus, Aria Davis."

Meine Atmung stockt, und ich merke, wie mein Herz mindestens doppelt so schnell schlägt. Als Nicola sich wieder zurückzieht, berührt er mit seinen Lippen absichtlich meine Wange etwas, und die Stelle fängt sofort an zu kribbeln. Nicola bleibt dicht vor meinem Gesicht stehen und sieht eine Weile auf meine Lippen, ehe seine Augen wieder zu meinen wandern, und als ich diesen intensiven Blick auf mir spüre, setzt mein Herz für einige Sekunden aus.

Nicolas Hand ruht immer noch an meiner Wange, wo er meine Haare zurückhält, und ich spüre seinen heißen Atem leicht auf meinem Gesicht. Seine andere Hand ruht auf meinem Oberschenkel, auf dem er sich eben etwas abgestützt hat, und auch diese Stelle kribbelt. Okay, eigentlich kribbelt mein ganzer Körper. Noch nie war ich einem Jungen so nah und habe es so genossen, und ich frage mich, was das hier zu bedeuten hat.

Unbewusst kaue ich auf meiner Unterlippe rum, und Nicolas Blick wandert wieder zu ihr. „Hör auf damit", sagt er leise, und ich lasse sofort von meiner Lippe ab. Eine Weile starren wir uns noch so an, ehe Nicola mich plötzlich an sich zieht, und meinen Kopf an seine Schulter drückt. Ohne wirklich lange zu überlegen, lege ich meine Arme ebenfalls um den Italiener, und atme leicht seinen Duft ein.

Egal, was das eben war, wir wissen beide, dass das nicht gehen kann. Dass sowas unmöglich ist, jedenfalls in der jetzigen Situation. Ich darf nicht zu einem zu großen Schwachpunkt für Nicola werden, denn das könnte Santos sofort ausnutzen. Das würde er wohl auch ohne Skrupel tun.

Nicola platziert seinen Kopf auf meinem, und ich schließe leicht die Augen. Leise höre ich seinen Herzschlag, der angenehm ruhig und regelmäßig ist, und langsam normalisiert sich meiner auch wieder. Mein Gesicht nimmt wieder eine gesunde Farbe an, und Nicolas Arme ruhen locker auf meinem Rücken. Seine Nähe wirkt sich beruhigend auf mich aus, und auf Grund der Dinge, die ich bisher mit ihm erlebt habe, fühle ich mich sicher bei ihm.

Ich weiß, dass er mich immer retten kommen würde. Er hat es vor ein paar Tagen getan, und er hat mich auch im Auto immer geschützt. Egal ob vor der Polizei oder vor Santos. Und momentan reicht das auch völlig aus.

„E' troppo presto", flüstert Nicola leise, und, auch wenn ich es nicht verstehe, stimme ich einfach nur nickend zu.

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Tut mir leid an alle die dachten, dass die sich jetzt küssen werden :3

Aber es ist wirklich noch etwas zu früh, da stimme ich Nicola zu ;)

- Xo, Zebisthoughts

Überserzung:

E' troppo presto = Es ist noch zu früh

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