THIRTY-SIX - Es hat begonnen - ✔️
Aria POV
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Verwirrt sieht Nicola mich an, und ich schaue mindestens so verwirrt zu Gianmarco, doch dieser verschwindet genauso schnell wieder aus meinem Zimmer, wie er reingekommen ist. „Aber ich hab' doch gleich Training", murmle ich zu mir selbst, und Nicola zuckt mit den Schultern. „Vielleicht auch nicht. Wenn Dad so drauf ist, sollte man besser auf ihn hören."
Als ob ich den Mut hätte, irgendwann nicht auf Gianmarco zu hören. Lustig.
Ich folge Nicola aus meinem Zimmer raus, lasse es mir aber nicht nehmen, mir eine dünne Jacke überzustreifen. Schließlich trage ich nur meine Sportklamotten, und wenn ich darin nicht gerade Sport treibe, ist mir ziemlich kalt. Schnell hetze ich Nicola hinterher, der mittlerweile schon am unteren Ende der Treppe angekommen ist, und kurz wartet, bis ich neben ihm erscheine. Zusammen betreten wir das Wohnzimmer, in dem schon einige Leute versammelt im Kreis sitzen.
Liam und Raffa sitzen auf dem Sofa, und etwas verwirrt beobachte ich, wie Liam seinen Ellbogen auf Raffas Schulter abgestützt hat, während er mit der Hand seinen Kopf stützt. Ich weiß nicht wieso, aber irgendwas in mir sagt mir, dass Liam Raffa wohl sehr mag.
Amy sitzt neben ihrem Mann auf einem Sofa schräg gegenüber, Jamie hat sich den Sessel geschnappt, und Nicola setzt sich in einen anderen Sessel. Der letzte, der noch frei war.
Etwas verlegen schaue ich mich schnell nach einem Platz um, als Nicola nach meinem Handgelenk greift, und mich quer über seinen Schoss zieht. Gerade will ich erschrocken aufspringen, als er mich festhält, und schelmisch grinst. Ich schnaube nur beleidigt und wende meinen Blick ab, während ich es mir einigermaßen bequem mache. Und ist es mir mehr als nur egal, ob ich dabei gewisse Stellen treffe, denn das hätte Nicola sich vorher überlegen können. Außerdem wäre das eine geeignete Rache dafür, dass er eben einfach so in mein Zimmer geplatzt ist, und mich dann mehr als nur ungeniert gescannt hat. Im BH.
„Es gibt ein Problem."
Gianmarco sieht jeden von uns ernst an, und ich höre sofort damit auf, eine bequeme Position zu suchen. Wenn Gianmarco sagt, wir haben ein Problem, dann kann man eigentlich davon ausgehen, dass in den nächsten fünf Sekunden das Haus in die Luft gejagt wird.
Oder so.
„Wir werden in einer halben Stunde aufbrechen. Jaden hat uns heute die Information gegeben, dass Santos morgen mit Alexa und all seinen Männern verschwinden wird, und nur er selbst weiß, wo es hingeht. Somit müssen wir heute schon angreifen, denn morgen ist es zu spät."
Alle schauen schockiert zu Gianmarco, doch ich kann keinen Funken Belustigung, oder sonst ein Anzeichen darauf, dass er nur Witze macht, in seinen Augen finden. Er meint es todernst.
Nicola ist der erste, der seine Stimme wiederfindet, in dem er sich räuspert, und dann langsam nickt. „Okay", sagt er dann nur leise, und seufzt. „Welche Rolle spiele ich?"
„Du wirst dich im Hintergrund halten und bei mir bleiben. Raffael, du gehst mit Aria, und Liam, du wirst mit deinem Vater losziehen. Meine Männer werden ebenfalls zwei Teams bilden. Somit sind wir fünf Teams, je bestehend aus zwei Personen. Ich weiß nicht genau, wie viele Männer Santos hat, doch ich denke, dass wir damit sehr gut fahren. Wichtig ist, dass wenn jemand wirklich schwer verletzt ist, hat der Partner der Person dafür zu sorgen, dass die verletzte Person sicher ist, und ihr beide so schnell wie möglich verschwinden könnt. Egal wohin, einfach weg. Ich habe ja eure Armbänder gechipt, also kann ich euch finden. Fragen?"
Keiner sagt was, und Gianmarco nickt. „Gut, dann zieht euch um. Aria, Amy wird dir ein langärmliges Shirt geben, im Top frierst du nur." Ich nicke, und Nicola hebt mich wieder von seinem Schoß, als die ersten sich erheben und langsam aus dem Wohnzimmer trotten. Zusammen gehen wir wieder die Treppen hoch, und während Nicola in seinem Zimmer verschwindet, warte ich auf Amy. Diese kommt wenige Minuten später ebenfalls die Treppe rauf, und lächelt mir trotz der momentanen Situation breit zu.
„Komm, wir finden sicher was für dich." Sie legt mir eine Hand auf den Rücken und schiebt mich vorsichtig neben sich her in ihr Schlafzimmer. Es ist das erste Mal, dass ich das Schlafzimmer von Amy und Gianmarco betrete, und ich muss sagen, auch hier war deutlich Amy diejenige, die den Raum eingerichtet hat. Mitten im Raum steht ein großes Bett, und ich frage mich, ob das schon King Size ist.
Gegenüber vom Bett erstreckt sich ein riesiger Kleiderschrank und bedeckt somit eine ganze Seite des Zimmers. Und da soll mir noch einmal wer sagen, ich hätte viele Kleider. Neben dem Bett und dem Kleiderschrank befindet sich nur noch ein Stuhl in einer Ecke, und natürlich stehen neben dem Bett zwei sau teuer aussehende Beistelltische, mit modernen Lampen. An der Türe zum anschließenden Badezimmer hängt ein großer Spiegel, und unter meinen Füßen erstreckt sich fast über den ganzen Boden ein flauschiger, grauer Teppich.
Kurz gesagt: das Zimmer ist ein Traum.
Amy drückt mich sanft auf das Bett, und dreht sich erst um, als ich mich vorsichtig auf der weichen Tagesdecke niedergelassen habe, immer darauf bedacht, so wenige Falten wie möglich zu verursachen. „Ich glaube, das hier könnte dir passen", überlegt Amy laut, und dreht sich mit einem schwarzen Langarmshirt wieder zu mir um. Ich nicke, und nehme es entgegen. „Bestimmt", murmle ich, und ziehe es mir einfach über mein Top drüber. So friere ich ganz sicher nicht.
Tatsächlich passt mir das Shirt, und zufrieden mustert Amy mich kurz, ehe sie mich einfach so in den Arm nimmt. Etwas überrumpelt erwidere ich die Umarmung, und spüre so deutlich Amys schnellen Herzschlag. „Du bist also doch nervös", murmle ich, und Amy nickt leicht. „Sehr sogar. Ich drehe jedes Mal fast durch, wenn meine Jungs in den Kampf ziehen, Gianmarco miteingeschlossen. Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn ich auch nur einen von ihnen verliere. Jedes Mal, wenn sie einigermaßen heil zurückkommen, fällt mir eine ganze Felslandschaft vom Herzen."
Ich sage nichts, da ich nicht weiß, was ich jetzt sagen soll. Ich kann Amy so unglaublich gut verstehen. Ich könnte es mir niemals auch nur vorstellen, dass meine komplette Familie eventuell sterben könnte, und ich nichts dagegen tun kann, außer zu beten und darauf zu hoffen, dass alle wieder heil zurückkommen.
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„Bist du bereit?" Ich nicke langsam, und schaue zu Nicola hoch, der mich etwas besorgt mustert. Ich versuche mich an einem etwas auflockernden Lächeln, und obwohl ich mir sicher bin, dass es eher einer Grimasse gleicht, lächelt Nicola trotzdem zurück. Dann greift er vorsichtig nach meiner Hand, und sobald seine Fingerspitzen meinen Handrücken berühren, bildet sich ein Kloss in meiner Kehle.
Ein Kribbeln geht durch meinen Arm bis zu meinen Schultern, und von da aus weiter durch meinen ganzen Körper, und ich starre auf unsere Hände. Nicola dreht meine Hand so, dass meine Handfläche gegen oben zeigt, und direkt darauf holt er mit seiner anderen Hand eine Waffe hervor. Er legt sie mir vorsichtig in die Hand, so als hätte er Angst, ich könnte mich daran verbrennen, und ich schließe meine Finger langsam um den Griff, der mir in den letzten Tagen etwas vertrauter geworden ist.
Nicola legt seine zweite Hand über unsere jetzt verschränkten Hände, und seufzt. „Ich hasse es, das hier zu tun", murmelt er, und ich schaue wieder zu ihm. „Ich passe auf", antworte ich leise, und eine Weile mustert Nicola mich nur nachdenklich, ehe er langsam nickt. Dann legt er eine Hand an meinen Hinterkopf, zieht mich etwas näher an sich heran, und drückt mir dann einen kleinen Kuss auf die Stirn.
Diese Geste bringt mich dermaßen durcheinander, dass mir der Atem nicht nur einmal stockt, sondern direkt fernbleibt, und direkt darauf kehrt eine unglaubliche Hitze in meinen Körper zurück. Ich lege meine Arme um Nicola, als er sein Kinn auf meinem Kopf abstützt, und atme noch einmal seinen mir mittlerweile so vertrauten Duft ein, bevor wir gleich um unser Leben kämpfen müssen.
Eine Weile stehen wir einfach nur so da, während Nicola mit den Händen immer wieder leicht über meinen Rücken fährt, und mir fehlt seine Nähe sofort, als wir uns langsam wieder voneinander lösen. Raffa erscheint an meiner Seite und legt mir einen Arm über die Schultern, als Gianmarco Nicola andeutet, dass sie losziehen werden, und ich starre dem Italiener eine Weile lang einfach nur gedankenverloren nach.
Ich frage mich, ob wir je das ausleben können, was wir gerne möchten. Ob wir jemals das sein können, was wir fühlen, was wir sein möchten. Was wir uns wünschen, was sich unsere Herzen förmlich zuschreien. Ich weiß, dass Nicola spürt, was ich spüre, wenn wir uns nahe sind. Und das ist definitiv mehr als nur Freundschaft. Viel mehr sogar. So viel mehr, dass es schmerzt. Es schmerzt zu wissen, dass wir uns jetzt nicht darauf konzentrieren können. Es geht einfach nicht. Es wäre viel zu riskant.
„Kommst du?" Raffa sieht mich von der Seite aus an, und ich nicke leicht. „Ja", murmle ich als Antwort, und wir drehen uns um. Vor uns erstreckt sich die Lagerhalle, in der Santos Alexa versteckt hält, und unsere Aufgabe ist es, uns langsam durch den Eingang zu schleichen, um dort dann die Aufseher auszuschalten, oder jedenfalls abzulenken. So können Jamie und Liam dann hereinschleichen, während Gianmarco's und Nicola durch den Hintereingang gehen, um von innen schon mal etwas aufzuräumen.
Gleichzeitig haben Gianmarco's Männer sich an verschiedenen Posten mit Sniper stationiert, wo man sie nicht entdecken kann, sie jedoch den ganzen Überblick haben über die Halle, und somit unbemerkt auf jemanden schießen können. Raffa nickt mir zu, und ich nicke gefasst zurück. Dann straffe ich die Schultern, und betrete nach Raffa auf sein Kommando die Halle. Er deutet mir an, mich gegen die Wand zu drücken, und so weiter zu schleichen, und ich komme seiner Aufforderung sofort nach.
Meine Waffe halte ich griffbereit in meiner Hand, sodass ich sofort schießen kann, wenn es sein muss. Wir schleichen einen langen Flur entlang, und huschen unter den Kameras durch, sobald sie in die andere Richtung zeigen. Diesen Trick kannte ich zwar schon vor meiner Entführung, doch in den letzten Tagen habe ich ihn nochmals perfektioniert. Wir treffen auf eine geschlossene Türe, und als Raffa langsam die Klinke runterdrückt, lässt sie sich tatsächlich öffnen.
Schnell schlüpfen wir durch den kleinen Spalt, und landen in einem kleinen Raum. Wenn ich diese Halle in normale Zimmer unterteilen müsste, würde ich sagen, dass das hier der Eingangsbereich ist. Raffa winkt mich näher zu sich ran, und holt dann einen kleinen Lageplan hervor. „Hier sollten zwei Männer stehen", flüstert er leise, und zeigt mit dem Finger auf einen Punkt, der nicht mehr weit von uns entfernt sein sollte. Ich nicke, und suche auf dem Plan nach weiteren Verstecken, aus denen plötzlich Leute strömen könnten. Doch da ist nichts.
„Gut, lass uns gehen", wispere ich, und Raffa packt den Plan wieder ein. Schnell laufen wir die letzten Meter, und tatsächlich erkennen wir zwei Wachmänner, als wir vorsichtig um die Ecke linsen. Wir warten ein paar Sekunden und machen uns innerlich auf alles gefasst, denn sobald wir schießen, wird die gesamte Halle auf uns aufmerksam werden.
Und dann gibt es kein Zurück mehr.
Wir haben zuvor überlegt, anfangs mit Messern vorzugehen, doch mussten einsehen, dass das zu riskant wäre. Wir müssten uns den Männern so nah nähern, dass es kaum einen Weg gäbe, unbemerkt zu bleiben. Und außerdem währen ihre Knarren viel effektiver als unsere Messer. Also sind wir ebenfalls bei den Schusswaffen geblieben, jedoch trägt jeder von uns noch zwei Notfallmesser mit sich.
Ich atme einmal tief durch, ehe ich entschlossen zu Raffa schaue, dessen Blick mindestens genauso entschlossen ist, wie meiner. „Bereit?", formt er mit seinen Lippen, und ich nicke. „Bereit."
Mit den Fingern zählt Raffa von drei runter, und als auch sein Daumen in der Faust verschwindet, schießen wir zusammen nach vorne. Die Männer drehen erschrocken ihre Köpfe zu uns und zücken ihre Waffen, doch dann ertönen schon zwei Schüsse, und ihre Waffen fallen zu Boden.
Es hat begonnen.
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Hättet ihr mit so einem überstürtzten Aufbruch gerechnet?
Und wie denkt ihr, dass das Ganze ausgehen wird?
Und denkt ihr, dass Nicola und Aria jemals das ausleben können, was sie möchten?
- xo, Zebisthoughts
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