THIRTY-NINE - Erstaunliche Neuigkeiten - ✔️

Aria POV

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„Aria-"

„Es geht mir gut, Alexa. Es ist alles in Ordnung." Alexa sieht mich zweifelnd an, ehe sie die Schultern hängen lässt und leise seufzt. „Okay", sagt sie dann nur, und versucht sich an einem Lächeln. Ohne lange zu zögern, laufe ich auf meine beste Freundin zu, und nehme sie fest in die Arme. Die letzten Tage waren der absolute Horror, sowohl für Alexa als auch für mich. Viele Gespräche mit Amy, den Jungs, sogar Gianmarco und Liam haben stattgefunden, alle dazu bestimmt, dafür zu sorgen, dass es uns besser geht.

Doch, auch wenn ich nicht viel darüber spreche – ich werde diese Minuten, in denen ich mit Chris in diesem Raum war, so schnell sicherlich nicht vergessen

Ich bin nachts schon mehrere Male durch einen schlechten Traum aufgewacht, in dem mir immer wieder Chris' Gesicht gezeigt wurde. Auch der Anblick von ihm, umgeben von seinem eigenen Blut, ruft sich mir leider selbst mehrere Male in Erinnerung, und jedes Mal bekomme ich eine Gänsehaut, die schon fast als Schleifpapier durchgehen könnte. Doch ich will gar nicht erst wissen, was Alexa die letzten Tage gefühlt haben muss.

Ich weiß, dass auch sie träumt, denn wir schlafen mittlerweile beide in meinem Bett, damit keiner von uns beiden alleine sein muss. Oft heult sie im Schlaf, oder redet wirre Dinge, wobei ich immer wieder den Namen Ilay oder Luciano entziffern kann. Tagsüber sieht sie aus wie eine Mumie, und bewegt sich oftmals auch so fort. Ihr sonst so fröhliches Gesicht hat deutlich an Farbe verloren, ist eingefallen, und dunkle Schatten zieren ihre Augen. Zwar weiß ich, dass ich nicht besser aussehe, nur interessiert es mich gerade nicht wirklich, wie ich aussehe.

Es ist mir um genau zu sein scheissegal.

Alexa schlingt ihre Arme um meine Taille, vergräbt ihr Gesicht in meiner Schulter, und atmet erleichtert aus. Eine ganze Weile stehen wir eng umschlungen mitten im Flur, und ich kann förmlich spüren, wie kleine Steinchen von Alexas Schultern fallen. Steinchen, die sie seit dem Tod ihres Bruders mit sich schleppt, und nur stückweise entfernt werden können. Es wird lange dauern, bis Alexa einigermaßen über alles hinweg sein wird, doch dafür habe ich großes Verständnis. Ich werde als ihre beste Freundin das tun, was getan werden muss, damit es ihr besser geht, doch unter Druck setzen werde ich sie keineswegs.

Langsam löse ich mich wieder von Alexa, und im selben Moment wird die Türe von Gianmarco's Büro geöffnet. „Das geht nicht, Jamie!" Jamie tritt schnelle Schrittes aus dem Büro, während Gianmarco ihm nachhetzt, und uns gar nicht bemerkt. Alexa zieht mich ohne Vorwarnung hinter meine geöffnete Zimmertüre und hält mir eine Hand auf den Mund, damit ich nicht vor Schreck ein Geräusch von mir geben kann. Als sie sich sicher ist, dass ich nichts sagen werde, lässt sie mich wieder los, und zusammen lauschen wir der hitzigen Diskussion zwischen Jamie und Gianmarco.

„...sie kann unmöglich bleiben, das wäre für sie und ihre Zukunft fatal und das weißt du. Sie hätte gar nie erst mit einer Waffe in Berührung kommen sollen, und jetzt hat sie schon zwei Menschen töten müssen! Ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass ihr Leben mit gerade mal siebzehn Jahren den Bach runter gegangen ist. Du wirst sie mit nach Hause nehmen, oder ich werde sie selbst dort absetzen."

Eine Weile ist es still, und ich wage es nicht, mich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Dass es um mich geht, habe ich schnell verstanden, und ich weiß nicht, was ich denken soll. Gianmarco will, dass ich nach Hause gehen darf. Ich kann nach Hause. Ich kann meine Familie wiedersehen, meine Freunde, sogar meine Lehrer, die ich eigentlich gar nicht mag. Ich kann wieder in mein altes Leben zurückkehren.

„Okay", höre ich Jamie leise sagen, und könnte vor Freude in die Luft gehen. „Okay, ich nehme sie mit. Aber ich schwöre dir, Gianmarco, wenn sie oder ihre Familie noch ein einziges Mal wegen all dem hier in Gefahr geraten, wirst du was erleben. Klar?" Da ich von Gianmarco nichts höre, gehe ich davon aus, dass er nickt. Eine Weile lauschen wir noch, doch als wir nichts mehr außer Schritte hören, die sich langsam, aber sicher entfernen, atme ich leise aus.

Vorsichtig luge ich hinter der Türe hervor, doch niemand steht noch auf dem Flur. Alexa und ich treten aus unserem Versteck heraus, und zum ersten Mal seit dem Gespräch schaue ich sie wieder an. In ihren Augen erkenne ich mehrere Emotionen, ein Gemisch aus Freude, Trauer und Leere. Ihren Mund jedoch ziert ein breites Grinsen. „Du kannst nach Hause", flüstert sie leise, und ich fange ebenfalls an, breit zu grinsen. „Du kannst nach Hause, du kannst dein altes Leben wieder weiterführen. Keine Waffen mehr. Keine Entführungen mehr. Klingt das nicht wunderbar?"

Ich nicke immer noch ziemlich überrumpelt, und fahre mir durch die Haare. „Das hört sich mehr als nur wunderbar an", hauche ich, und kann mein Glück nicht fassen. Gerade will Alexa wieder was sagen, als Amy nach ihr ruft, und ich deute ihr an, dass sie gehen soll. Nickend und immer noch breit lächelnd dreht Alexa sich langsam um, und geht dann schnell die Treppe runter, um zu Amy zu gehen. Ich hingegen schüttle nur leicht den Kopf, und drehe mich zu meinem Zimmer um.

Mit gesenktem Kopf trete ich ein und schließe die Türe, mache jedoch einen Mordssatz, als ich Nicola auf meinem Bett entdecke. Er hat sich auf den Rücken gelegt, ein Bein angewinkelt, und das andere drüber geschlagen. Die Hände hat er hinter seinem Kopf verschränkt, und auffordernd sieht er mir entgegen. „Mein Gott hast du mich erschrocken", keuche ich mit der Hand auf dem Herz, und hole tief Luft.

„Tut mir leid, aber ich dachte, das Bett wäre ein bequemerer Ort, um zu lauschen, als hinter der Türe."

Ich hebe eine Augenbraue und gehe langsam auf mein Bett zu, auf dem Nicola immer noch wie der King höchstpersönlich liegt. „Es ging um mich, also eigentlich hatte ich sogar das Recht dazu, zu lauschen. Und außerdem... ich bin ja nicht die einzige Schuldige hier, nicht wahr?" Nicola schmunzelt, ehe er etwas zur Seite rutscht und mir somit Platz macht. Schnell lege ich mich neben den Italiener, und platziere meinen Kopf auf seiner Brust, während er einen Arm um meine Schultern legt.

Eine Weile liegen wir einfach nur so da, während ich Nicolas Herzschlag lausche, und deutlich seine Fingerspitzen spüre, die fein über meinen Oberarm fahren. Es fühlt sich gut an, einfach so mal in Nicolas Armen zu liegen, und an nichts Anderes denken zu müssen als das Hier und Jetzt. In den letzten Tagen hat er alles Mögliche versucht, um mich irgendwie abzulenken, und ich kann noch immer nicht mal annähernd beschreiben, wie dankbar ich ihm dafür bin.

Ich bin ihm dankbar dafür, dass er für mich da ist, obwohl ich wirklich nicht einfach war die letzten Tage. Ich habe oft aus dem Nichts Wutausbrüche, Heulkrämpfe, Panikattacken oder unerwartete Glücksmomente gehabt, und er war immer derjenige, der alles am meisten abgekriegt hat. Liam und Raffa haben auch sehr viel davon mitbekommen, jedoch ist es für mich mittlerweile unübersehbar, dass mein bester Freund Raffa wirklich sehr mag, und deshalb lasse ich ihn so gut wie möglich in Ruhe mit meinen Gefühlsschwankungen.

Was für Nicola jedoch bedeutet, dass er noch mehr abbekommt.

Doch der Italiener scheint erstaunlich gut zu wissen, wie er damit umzugehen hat, und behält immer die Ruhe, egal was ich gerade sage oder tue. Er nimmt mich in den Arm, wenn ich es brauche, tanzt oder lacht mit mir, wenn ich es brauche, und wirft mir aus einer sicheren Entfernung Schokolade hin, wenn ich es brauche. Jedoch hat er mich nie alleine gelassen, als ich es ihm gesagt habe, und wenn doch, dann nur, um kurz etwas zu Essen oder zu Trinken zu holen. Und natürlich konnte es keiner verhindern, dass wir uns in den letzten Tagen auch deutlich nähergekommen sind.

„Was sagst du zu dem, was du gerade gehört hast?", murmelt Nicola leise, und ich hebe meinen Kopf etwas, um ihm ins Gesicht sehen zu können. „Ich weiß nicht", sage ich ehrlich, und seufze. „Ich freue mich, dass ich nach Hause kann. Ich meine, das ist das, was ich seit meiner Entführung immer wieder wollte. Nach Hause gehen zu dürfen, meine Familie und Freunde wiederzusehen. Ich habe sogar meine Lehrer vermisst." Ein kleines Lachen entfährt mir, und Nicola verzieht seinen Mund ebenfalls zu einem Lächeln.

„Aber irgendwie wird es auch sehr komisch sein, so ohne euch. Ohne all das hier. Nicht, dass ich die Waffen vermissen werde. Oder Santos, oh Gott. Aber es wird anders sein." Nicola nickt, und platziert dann einen kleinen Kuss auf meiner Stirn. Ich kuschle mich noch etwas enger an seinen Oberkörper, und schließe für einen kleinen Moment die Augen. Die Vorstellung, ohne Raffa, Alexa und Nicola zu leben, treibt mir fast die Tränen in die Augen.

Ich habe diese Familie – ja, sogar Gianmarco – so sehr ins Herz geschlossen, dass ich nicht weiß, wie ich es ohne sie aushalten soll. Ich liebe die kleinen Tischstreitereien zwischen den Brüdern, Amy oder Gianmarco, den Geruch der Küche, wenn Amy wieder mal ihre selbst erfundene Pasta Sauce zaubert, das warme Gefühl, welches mir Alexa gibt, wenn wir zusammen lachen, und die schlechten Witze, von denen jeder von uns ein ganzes Lager besitzt.

Die letzten Wochen waren nicht immer nur schlecht. Ja, es gab viele Momente, in denen wir wirklich alle um unser Leben kämpfen mussten, doch es gab auch so einige Momente, in denen wir zusammen lachen konnten. In denen ich mich tatsächlich wohl gefühlt habe, in dieser Familie. Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen werde, doch der italienische Touch dieser Familie wird mir wirklich fehlen.

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Seit einer geschlagenen Stunde liege ich nun eng an Nicola gekuschelt auf meinem Bett, die Hälfte davon habe ich damit verbracht, vor mich hinzudösen. Es ist schon früher Abend, und es wird nicht mehr lange dauern, bis es Abendbrot gibt. Ich frage mich, wann Gianmarco oder sonst wer mir die Nachricht überbringen wird, dass ich nach Hause darf, und wie die restlichen Familienmitglieder reagieren werden. Und am meisten frage ich mich, wann es überhaupt losgeht.

„Stirn glätten", befiehlt Nicola mir leise, und streicht mit dem Daumen über die kleinen Fältchen, die sich auf meiner Stirn gebildet haben. Ich entspanne mich wieder und schmunzle leicht. „Ich denke nun mal gerne nach", murre ich, und Nicola lacht leise. „Das weiß ich, Aria. Das weiß jeder, der dich länger als fünf Minuten kennt." Beleidigt strecke ich Nicola meine Zunge entgegen, und er zwickt mich leicht in die Wange. „Nicht frech werden", sagt er nur leise, und sieht mich direkt an.

Ich hebe eine Augenbraue und unterbreche den Augenkontakt nicht. „Ich bin nicht frech", murmle ich, und Nicola schmunzelt. „Ach nein?" Ich schüttle den Kopf. „Nein, ich wehre mich nur." Nicola sieht mich eine Weile unergründlich an, ehe er plötzlich anfängt, breit zu grinsen. „Dann zeig mir mal, wie du dich jetzt wehren kannst." Ohne dass ich reagieren kann, fängt Nicola blitzschnell an, mich zu kitzeln, und leider Gottes bin ich nicht damit gesegnet worden, immun gegen Kitzeleien zu sein.

Im Gegenteil – ich kreische wie ein Huhn auf Crack.

Nicola beugt sich über mich und zeigt keine Gnade, während ich mich unter ihm hin und her drehe, seinen Händen jedoch unmöglich entkommen kann. „Hör auf", keuche ich zwischen zwei Lachern, und Nicolas warmes Lachen vermischt sich mit meinem.„Nur, wenn du mir sagst, dass ich umwerfend gut aussehe", fordert er mit überheblicher Stimme, und ich lache noch lauter. „Niemals", quetsche ich hervor, und Nicola schmunzelt. „Heißt das also, ich sehe hässlich aus?"

Ohne mich selbst wirklich kontrollieren zu können, schüttle ich den Kopf, und Nicola hebt eine Augenbraue. „Tja, dann wirst du wohl zugeben müssen, dass ich tatsächlich umwerfend gut aussehe." Er kitzelt mich noch stärker, und als ich daran scheitere, seine Hände von mir zu bekommen, ergebe ich mich schlussendlich. „Okay, okay, ich sag's", schreie ich fast, und Nicola hält sofort Inne. „Ich höre?"

Kurz versuche ich wieder an Luft zu kommen, ehe ich Nicola direkt in seine Augen starre. „Nicola Salvatore, du siehst umwerfend gut aus", bringe ich so schnell wie möglich über die Lippen, und bin mir sicher, knallrot anzulaufen. Nicola grinst wie ein Honigkuchenpferd, und platziert seine Hände neben meinem Kopf. „Aria Davis, wärst du nicht so knallrot, könnte ich das erwidern."

Ehe ich mich empört an Nicola für diese Aussage rächen kann, legt Nicola einen Finger auf meine Lippen, ehe er mein Gesicht fest in seine Hände nimmt, und seinen Mund auf meinem platziert.

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Badumm, tsssss - Ja, richtig gelesen, Aria darf nach Hause :3

Wie denkt ihr, dass das für sie wird?

- xo, Zebisthoughts

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