FOURTY-ONE - Von Bier-Pong zu Saft-Pong - ✔️
Aria POV
--
Drei Monate später
„Nichts da, es sieht gut aus." Malia sieht mich stur an, während ich mich immer wieder in meinem Kleid vor dem Spiegel drehe und an mir selbst zweifle. „Ja, aber schau mal hier – da kommt meine Hüfte voll raus!" Ich zeige auf besagte Stelle, und verziehe das Gesicht, doch Malia seufzt nur geschafft und stellt sich dann neben mich. „Ria, du siehst gut aus. Und ja, es ist normal, dass die Hüfte da rauskommt, jeder Mensch hat das. Das muss so sein. Oder willst du etwa eine Delle an dem Ort, wo eigentlich deine Hüfte sein sollte?" Ich schüttle ergeben den Kopf, möchte mich aber noch nicht ganz geschlagen geben.
„Und meine Beine..."
„...die sieht keiner und jetzt komm, der Schulball wartet nicht auf uns."
Bevor ich noch irgendwas über mich und meinen Körper sagen kann, ergreift meine Schwester meine Hand und zieht mich aus meinem Zimmer. Auf meinen High Heels stöckle ich ihr etwas unbeholfen nach, und bete einfach nur dafür, dass ich mir heute Abend keinen Knöchel verstauche. Das würde mir jetzt gerade noch so fehlen.
„Hier, anziehen." Malia streckt mir meinen Mantel entgegen, und leicht gestresst ziehe ich ihn mir über, während Malia schon die Haustüre öffnet. „Jetzt wartet doch kurz!" Mom erscheint am Treppenende, und als Jeremy, der draußen gewartet hat, Malia und ich die Kamera sehen, die um ihren Hals hängt, stöhnen wir alle drei gleichzeitig genervt auf. „Mom, bitte", versucht es Malia noch, doch unsere Mutter schüttelt stur den Kopf. „Nein, ich kenne keine Gnade. Alle nebeneinanderstehen und lächeln!"
Da wir wissen, dass es keinen Sinn hat, unserer Mutter zu widersprechen, stellen wir uns nebeneinander auf, legen die Arme um unsere Schultern und lächeln so echt wie möglich in die Kamera. Unsere Mutter drückt glücklich auf den Auslöser, und auch wenn ich dank dem Blitz fast erblinde – ich halte meine Augen geöffnet, denn umso schneller wir ein gutes Bild haben, umso schneller können wir aus diesem Haus hier flüchten.
Mom sieht sich das Bild auf dem Display an, runzelt die Stirn, und nickt dann zufrieden. „Das ist gut. Los, raus mit euch!" Das lassen wir uns nicht zweimal sagen. Sofort stürmen wir alle drei aus dem Haus, und ich kämpfe mit Jeremy darum, wer auf dem Beifahrersitz sitzen darf. Malia währenddessen macht es sich hinter dem Steuer bequem, und überprüft ihr Makeup nochmal kurz im Spiegel, während Jeremy und ich uns anstieren.
Schlussendlich steigen wir beide hinten ein, und Malia schüttelt nur amüsiert den Kopf. „Ich frage mich manchmal schon, wie ihr beide so sein könnt, wenn ihr mich als älteste Schwester habt", sagt sie seufzend, und ich hebe gleichzeitig mit meinem Bruder die Augenbrauen.
„Du bist der Grund dafür, Malia."
Beleidigt sieht Malia weg, startet den Motor und fährt von der Einfahrt.
--
Die Aula der Schule ist brechend voll, und überall sehe ich Stände, an denen man sich zu essen oder zu trinken holen kann. Bei dem Anblick der tanzenden Menge wird mir zwar etwas flau im Magen, da ich weder tanzen, noch gut mit fremden Menschen sprechen kann, doch ich überspiele es einfach und setze ein breites Lächeln auf. Immerhin ist das hier Malia's letzter Schulball, denn nächstes Jahr wird sie auf ein College gehen. Ich jedoch bin erst ein Junior auf meiner Schule, und habe somit noch ein Jahr vor mir. Und Jeremy ist das erste Jahr auf der Schule, somit also ein Freshman.
„Denkt ihr, es gibt hier Alkohol?"
Empört dreht Malia sich zu Jeremy um, der mit gerunzelter Stirn suchend durch die Menge blickt.
Ich schmunzle nur, da das zu erwarten war. Jeremy wird dieses Jahr sechzehn, und scheint seit er auf der Highschool ist neue Dinge, wie eben zum Beispiel Alkohol, zu entdecken. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass es hier keinen Alkohol gibt", beantworte ich seine Frage, und Malia schüttelt nur den Kopf. „Auf keinen Fall ihr Idioten. Das hier ist eine Schulveranstaltung, und über die Hälfte sind noch nicht mal erwachsen. Geschweige denn einundzwanzig."
Jeremy schmollt nur, und ich schnappe mir seinen Arm, um ihn etwas unter die Leute zu bringen. Malia folgt mir bereitwillig, und begrüßt unterwegs ein paar Schüler, die ich heute Abend das erste Mal sehe. Ich frage mich immer wieder, wie Malia es schafft so viele Freunde um sich zu haben, und mit Fremden so gut und offen sprechen zu können. Sie ist das komplette Gegenteil von mir, und würde sogar den Sensenmann freundlich ansprechen, wenn sie ihn sehen würde.
„Scheisse sind das viele Leute", murmelt ein Mädchen neben mir, das gleichzeitig mit uns die Halle betreten hat, und fährt sich durch ihre knallroten Haare. „Ohja, das kannst du laut sagen", murmle ich, ohne es wirklich zu merken, und verwundert sieht sie mich an. Etwas schüchtern lächle ich, da ich nicht weiß, wie ich mich jetzt verhalten soll, und kurz darauf streckt mir das Mädchen ihre kleine, zierliche Hand hin. „Ich bin Felina."
Etwas überrumpelt erwidere ich den Händedruck, spüre dabei deutlich den verwunderten Blick meiner Schwester auf mir, und lächle erneut – diesmal aber nicht schüchtern, sondern einfach nur freundlich. „Aria, freut mich. Bist du alleine hier?" Felina nickt, und streicht sich die widerspenstige Haarsträhne erneut aus dem Gesicht. „Ja, eigentlich wäre ich ja mit jemandem hier, doch die Person ist gerade anderwärtig mit meiner besten Freundin beschäftigt."
Ich hebe eine Augenbraue, und während sie spricht, macht sich ein bitterer Ausdruck auf ihrem Gesicht breit. Doch sie lächelt immer noch, als wäre nichts passiert. „Scheisse, das tut mir leid", murmle ich, und Felina zuckt mit den Schultern. „Wir waren ja noch nicht zusammen. Jedoch hätte ich nicht erwartet, dass meine beste Freundin und Elijah sowas abziehen würden." Ich verziehe bei seinem Namen das Gesicht, was Felina sofort auffällt. „Sag bloß, du kennst Elijah?"
Ich nicke langsam, und schüttle mich beim Gedanken an ihn. „Ja, die ganze Schule tut das. Er ist der Anführer des Fuckboy-Clubs, und wird seinem Ruf wirklich mehr als nur gerecht. Hast du das denn noch nie mitbekommen?" Felina schüttelt den Kopf, und ich sehe, dass sie ziemlich verletzt ist. „Nein, ich bin neu an der Schule. Um genau zu sein habe ich nächsten Montag meinen ersten Schultag. Elijah und ich wohnen in derselben Straße, und meine beste Freundin kenne ich schon länger, da unsere Eltern sich kennen. Dementsprechend gehe ich mal davon aus, dass Elijah mich nur benutzen wollte."
Ich nicke mitleidig, und streiche Felina kurz über den Oberarm. „Elijah und seine Freunde sind alle so, ich würde dir raten, dich einfach vom ganzen Rudel fernzuhalten. Und jetzt komm, ich stell dich meinen Geschwistern vor." Bevor Felina noch was sagen kann, stellt sich Malia als wäre das ihr Kommando gewesen neben mich, und grinst breit von einem Ohr zum andern. „Hey, ich bin Malia. Hätte nicht gedacht, dass Aria mal ihren Mund vor fremden aufkriegt."
Mein Ellbogen bohrt sich mit voller Absicht in die Seite meiner Schwester, doch die weiß das gut zu ignorieren. Immerhin hat sie seit siebzehn Jahren Übung darin.
Felina reicht meiner Schwester ebenfalls die Hand, und stellt sich vor. Währenddessen sehe ich mich nach meinem Bruder um, doch von dem fehlt jede Spur. „Wo ist Jer?" Ich schaue fragend zu meiner Schwester, doch diese zuckt bloß mit den Schultern. „Keine Ahnung, wahrscheinlich immer noch auf der erfolglosen Suche nach Alkohol." Ich schmunzle bloß, und Felina grinst. „Freshman?" Wir nicken beide, und sie seufzt. „Mein Bruder ist auch ein Freshman, also ich denke ich weiß, wovon ihr sprecht."
Wie als hätten wir es einstudiert, rollen Malia, Felina und ich gleichzeitig mit den Augen, und lachen dann ebenfalls gleichzeitig. „Kommt, Jeremy lässt sich bestimmt noch irgendwann mal blicken. Wer hat Lust auf Saft-Pong?" Ja, Saft-Pong. Da Alkohol hier nicht erlaubt ist, und somit das Spiel Bier-Pong auch nicht, hat das Organisationskomitee der Schule beschlossen, aus Bier-Pong Saft-Pong zu machen. Und ehrlich gesagt finde ich die Idee genial.
Felina und Malia nicken beide, und ich ziehe sie zum umgebauten Tischtennis-Tisch. Dort haben sich schon einige Leute versammelt, und mein innerer Instinkt sagt mir, dass ich wieder verschwinden soll, doch ich stecke für heute Abend meine Schüchternheit zurück, und trete vor. „Habt ihr noch Platz für uns drei?", frage ich tapfer, und ein Junge mit blondem Lockenkopf dreht sich zu uns um.
Ich weiß, dass er einer von Liams Freunden ist, und auch er scheint mich zu kennen, denn er lächelt breit und nickt. „Klar, kommt ruhig her. Man kann nie genug Menschen in einem Team haben." Ich lächle zurück und trete dann zu seiner Gruppe. Keine fünf Minuten später teilen wir die Horde in zwei kleinere Grüppchen, die dann gegeneinander antreten werden. Felina und ich sind in derselben Gruppe, Malia ist mit Liam – der später noch zu uns gestoßen ist – in der gegnerischen Gruppe.
„Ich mach dich fertig, Zwerg!", ruft Liam mir zu, und ich zeige ihm bloß meinen schönsten Finger: Den Mittelfinger.
--
Ungefähr drei Stunden später lasse ich mich völlig fertig neben Felina auf eines der Sofas fallen, und schließe kurz die Augen. „Ich bin fix und fertig", jammert die Rothaarige neben mir, und ich stimme ihr brummend zu. „Meine Füße gibt es gar nicht mehr", bemerkt Malia, die auf der anderen Seite neben mir sitzt, und erneut brumme ich nur.
Beim Saft-Pong hat meine Gruppe hoch aus gewonnen, und danach sind wir auf die Tanzfläche. Ich weiß nicht, ob man von Orangensaft betrunken werden kann, aber ich habe mich genauso gefühlt. Ich hoffe einfach, dass niemand auf die Idee kam, Alkohol in den Saft zu mischen. Die Schulleitung würde den Verantwortlichen umbringen, und einen Ball würde es auch nie mehr geben. Ich glaube, das Wort würde sogar aus unserem Wortschatz gestrichen werden.
„Rutsch mal." Das Sofa senkt sich neben mir noch etwas mehr, und als ich ein Auge öffne, erkenne ich Liam neben mir. Er lehnt sich zurück, und ich bette meinen Kopf auf seiner Schulter. Eine Weile sitzen wir einfach so da, bis Malia aufsteht, Felina mit sich zieht, und dann mit ihr in Richtung Buffet verschwindet. Es dauert nicht lange bis Liam sich räuspert, und ich schaue ihn abwartend an.
„Wie geht's dir?", fragt er mich leise, und ich weiß, auf wen er anspielt. Ich zucke die Schultern und schaue geradeaus zur tanzenden Menge. „Ganz gut, denke ich mal. Nichts zu hören bringt mich um, aber ich glaube, ich muss Nicola einfach glauben, wenn er sagt, dass es besser so ist. Doch vermissen tue ich sie alle. Extrem."
Ich spüre, dass ein paar kleine Tränchen den Weg in meine Augen finden möchten, zwinge mich jedoch dazu, sie zu unterdrücken. Ich habe in den letzten Monaten oft genug abends geweint, denn seit dem Brief im Flugzeug habe ich nichts mehr von den Salvatores gehört. Und Jamie will mir nichts sagen, nicht mal Liam erzählt er etwas.
Und dieser leidet wegen Raffa.
„Ich weiß nicht", murmelt Liam, und seufzt. „Ich verstehe, dass es gefährlich ist für dich – oder uns -, wenn sie mit uns Kontakt hätten, aber trotzdem. Es ist nicht fair." Ich zucke bloß mit den Schultern, und schließe kurz die Augen. „Das Leben ist selten wirklich fair, nicht?" Liam sieht mich an, scheint kurz zu überlegen, und legt dann einen Arm um meine Schultern, um mich noch etwas an sich zu drücken.
Ich kuschle mich an meinen besten Freund, und will gerade wieder mit dem Gedanken Nicola abschließen, als ein ohrenbetäubend lauter Knall ertönt, gefolgt von einer Wärmewelle, und sehr vielen, panischen Schreien.
--
Ohje... was das wohl ist
- xo, Zebisthoughts
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top