FOURTY-FIVE - leider schon vergeben - ✔️
Aria POV
--
„Da sind sie."
Ich schaue auf und blicke in die Richtung, in die Liam zeigt, und erkenne tatsächlich Gianmarco's Auto, welches gerade um die Ecke biegt. Es folgt Raffas Auto, doch das von Nicola bleibt aus. Verwirrt recke ich den Hals, um zu sehen, ob Nicola etwas weiter hinten ist, doch da ist nichts mehr.
„Vielleicht ist er nicht mit seinem eigenen Auto da", versucht Liam mich zu beruhigen, und hat wieder mal sofort erraten, was in mir vorgeht.
Ich zucke nur mit den Schultern und warte darauf, dass die Salvatores endlich aussteigen. Wir stehen vor meinem Haus und warten seit sicher zehn Minuten darauf, dass unsere Gäste endlich eintreffen, und jetzt ist es so weit. Ich habe die Familie seit drei Monaten nicht mehr gesehen, und auch wenn ich weiß, dass man sich in drei Monaten nicht unglaublich verändert, frage ich mich trotzdem, was seit meiner Abwesenheit alles passiert ist, und wie es allen so geht.
Gianmarco's Wagen kommt zum Stehen, und noch bevor der Motor aus ist, steigt Amy aus dem großen SUV und läuft mit ausgebreiteten Armen auf mich zu. Sofort schließe ich die zierliche Frau in meine Arme, und fühle mich, als wäre unsere letzte Umarmung erst gestern gewesen. Amy hat sich kein Bisschen verändert, das spüre ich sofort. Sie ist immer noch die gleiche, liebende Mutter, die alles für ihre Familie aufgeben würde. Wenn's sein müsste sogar ihr Leben.
Amy erdrückt mich fast, doch es ist mir noch so recht.
„Tut mir leid, was passiert ist", murmelt sie, und entfernt sich ein kleines Stück von mir, aber nur, um mein Gesicht in ihre Hände zu nehmen. Ich sehe aufrechtes Mitleid in ihren Augen, und bin wie in den letzten Stunden schon oft den Tränen nahe. „Ihr seid ja jetzt da", antworte ich nur tonlos, und versuche mich an einem Lächeln. Amy jedoch erkennt natürlich sofort, dass ich kläglich daran scheitere, und nimmt mich nochmal in die Arme.
„Wir werden diese Leute kaltmachen", erklärt sie mir mit siegessicherer Stimme, und ich schmunzle tatsächlich leicht bei dem Gedanken daran, wie ausgerechnet Amy – kaum grösser als ich – eine Gruppe von skrupellosen Entführern kaltmacht.
„Du lachst da doch nicht etwa Mama Salvatore aus, oder?"
Ich schüttle nur grinsend den Kopf, und Amy kneift mich leicht in die Wange. „Das gibt Küchendienst, ragazza."
Ich schaue Amy unschuldig an, und wende mich dann zu Alexa, die sich inzwischen aus Raffas Beifahrersitz befreit hat. Da Raffael einen Sportwagen fährt, der recht tief ist, ist das gar nicht mal so einfach. Da ist mir Gianmarco's SUV schon lieber.
„Ich dachte wir treffen uns mal unter normalen Umständen, und dann kommt sowas. Hattest du noch nicht genug Abenteuer?" Tadelnd sieht Alexa mich an, ehe sie mich fest an sich drückt, und ich lache leise.
„Glaub mir, ich hab's mir nicht ausgesucht. Ich habe mir wohl einige Male zu oft gewünscht, dass mein Leben etwas spannender werden soll."
Alexa lacht mit mir, und ich schließe lächelnd die Augen. Es tut gut, meine beste Freundin wieder in die Arme schließen zu können, und ich merke erst jetzt, wie sehr sie mir wirklich gefehlt hat. Natürlich habe ich oft an Alexa gedacht, doch die Schule und meine Familie konnten mich recht gut ablenken. Aber diese wohlige Wärme, die sich bei dieser Umarmung in mir ausbreitet, habe ich seit drei Monaten nicht mehr gespürt, und ich glaube, das ist mehr als nur ein deutliches Zeichen.
„Ich verspreche dir, wir gehen mal zusammen was trinken, wenn alles vorbei ist", nuschle ich in Alexas Haare, die ihr über die Schultern fallen, und Alexa nickt. „Ich lade dich ein."
„Kommt nicht in Frage, ich habe genug Geld."
„Ich auch, also hab' dich nicht so."
„Ich lasse mich nicht einladen."
„Du kommst mit, basta."
Und somit scheint das Machtwort gesprochen zu sein, denn ich weiß nun wirklich nicht, was ich auf „basta" antworten soll. Und somit erkläre ich die Diskussion stumm für beendet.
„Darf ich jetzt auch mal?"
Wie ein kleiner, beleidigter Junge steht Raffa neben Alexa und mir, und sieht Alexa bettelnd an. Diese lässt mich widerwillig los, und noch ehe ich mich retten kann, lande ich in einer riesigen Bärenumarmung. Ich lege meine Arme um Raffas Torso und vergrabe mein Gesicht in seinem Shirt, während er mich mit seinen Armen fast ganz verdeckt.
„Ich hab' dich vermisst, Kleine", nuschelt der Italiener, und ich lächle leicht. „Ich dich auch, Großer."
Obwohl ich ihn nicht sehen kann, weiß ich genau, dass Raffa lächelt, und zufrieden kuschle ich mich noch etwas mehr an ihn ran. Auch nach drei Monaten ist Raffa für mich immer noch wie ein zweiter Bruder, und ich denke nichts und niemand wird das jemals ändern können. Wir haben schon so viel erlebt, dass es gar nicht anders sein könnte. Und das will ich auch gar nicht. Für mich sind die Salvatores zu einer zweiten Familie geworden, und das, obwohl Gianmarco mich eigentlich mal umbringen lassen wollte.
Ich hätte vor einigen Monaten nie gedacht, dass mir diese Leute mal so viel bedeuten werden.
„Und, wie viele Orte hast du unsicher gemacht?" Ich lache leise auf, als Raffa diese Frage tatsächlich stellt, und überlege. „Nicht viele. Wenn ich nicht von der Schule fliegen will, muss ich mich leider etwas am Riemen reißen." Raffa gibt nur ein unbeeindrucktes „Pf" von sich, und seufzt daraufhin wie mein Vater, wenn er enttäuscht von mir ist. „Das gibt's doch nicht. Du lässt dich von der Schule aufhalten?"
Ich schmunzle, ehe ich mit den Schultern zucke. „Scheint so. Habe gehört, dass sowas wie Bildung eigentlich ziemlich wichtig sein soll. Zwar weiß ich nicht, ob Verlass auf die Quelle ist, doch ich gehe mal auf Nummer Sicher." Grinsend löse ich mich von Raffa, der mir noch kurz einen Kuss auf die Stirn drückt. „Das machst du gut so, Aria. Lass dir das von einem zukünftigen Mafiaboss sagen – Bildung bringt dich verdammt weit." Raffa sieht mich kurz ernst an, und ich nicke milde lächelnd.
„Ich weiß", antworte ich nur leise, und Raffa lächelt wieder. Dann sehe ich mich etwas um, und stelle fest, dass Nicola noch immer fehlt. Gerade will ich nachfragen, als mir jemand auf die Schulter tippt, und kurz darauf schauen mich die giftgrünen Augen von Gianmarco an.
„Begrüßt du mich etwa gar nicht?"
Der Mafiaboss sieht ehrlich beleidigt aus, doch ich kenne ihn mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er das nur als Masche benutzt, um andere einzuschüchtern. Ich schüttle deshalb nur grinsend den Kopf, und auch Gianmarco lächelt leicht.
„Gut dich wieder zu sehen, Aria. Ich habe lange daran gezweifelt, ob es wirklich die richtige Entscheidung war, dich ziehen zu lassen, doch du scheinst hier glücklich zu sein. Jedenfalls berichtet Jamie mir das." Erstaunt schaue ich zu Jamie, der nur unschuldig einen Schluck seines Kaffees nimmt. „Jamie hat mich beobachtet?", frage ich verdattert, und Gianmarco lacht leise. „Naja, beobachtet ist jetzt etwas übertrieben. Er hat dich etwas im Auge behalten, um sicher zu gehen, dass es dir hier gut geht, und du keine Schwierigkeiten hast."
Ich nicke langsam, und muss dann doch darüber lächeln, dass Gianmarco sich also doch dafür interessiert hat, ob es mir hier gut geht.
„Wo ist Nicola?", frage ich dann doch, und schaue zu Raffa. Dieser zuckt bloß mit den Schultern. „Er sollte bald kommen, musste in San Francisco noch was regeln. Kann sich nur noch um Jahre handeln."
Alexa verdreht die Augen und stupst Raffa in die Seite. „Raffael, es geht hier um Aria. Ich denke, Nicola wird mehrere Geschwindigkeitsgrenzen überschreiten, damit er so schnell wie möglich hier sein kann." Ich runzle die Stirn und überlege. „Tut er das nicht immer?", frage ich dann, und Raffa schmunzelt. „Alexa, siehst du das? Sie kennt meinen Bruder sogar besser als wir beide."
Alexa grinst verschwörerisch, und ich wende mich bloß augenverdrehend ab.
Seit Nicola und ich uns eingestanden haben, dass wir mehr als nur Freundschaft füreinander empfinden, gibt es keine Gelegenheit, welche die beiden auslassen, um irgendeinen Kommentar zu bringen. Ich frage mich, wie lange das noch so gehen wird, und freue mich schon wie ein kleines Kind darauf ihnen alles mit gleicher Münze heimzuzahlen, wenn sie auch endlich mal einen Partner finden.
Obwohl, wenn ich mir so ansehe wie Liam und Raffa sich gegenseitig mehr oder weniger mit Blicken ausziehen, wird das wohl nicht mehr allzu lange dauern. Jedoch werde ich vor den erwachsenen Personen vorerst keinen Kommentar machen, denn ich weiß nicht, wie Jamie und Gianmarco darauf reagieren werden, dass ihre Söhne sich... mögen.
--
„Ich hab' echt keine Lust jetzt einkaufen zu gehen", murre ich beleidigt, und setze mich neben Raffa in seinen Wagen. Oder besser gesagt: auf Grund des Höhenunterschieds lasse ich mich mehr oder weniger auf gut Glück in den Sitz fallen, und hoffe, dabei nicht allzu ungraziös auszusehen. Obwohl, wen sollte das hier schon kümmern, wie graziös ich aussehe?
„Jetzt komm schon, das muss auch mal sein. Außerdem hast du eine tolle Begleitung dabei, und unsere Eltern brauchen einfach Zeit, um über das weitere Vorgehen zu sprechen." Ich murre nur irgendwas vor mich hin, schnalle mich an und warte darauf, dass Raffa losfährt. Wenige Minuten später stehen wir vor dem großen Supermarkt, in dem ich ganz am Anfang mal mit Nicola eingekauft habe, und sofort frage ich mich wieder, wo er wohl steckt.
Was musste er wohl klären?
Und wieso konnte er das nicht schon früher machen?
--
„Aria, ich setz' dich gleich in den Wagen, wenn du nicht sofort damit aufhörst, mir immer vor die Füße zu laufen." Raffa sieht mich ernst an, als ich zum fünften Mal vor dem Einkaufswagen stehen bleibe, und ich lächle entschuldigend. „Sorry", flöte ich nur, und fange an, die Einkäufe auf das Fließband zu legen. Raffa verdreht die Augen, schmunzelt dann aber leicht und hilft mir.
Da Gianmarco darauf bestanden hat, müssen wir mit seinem Geld zahlen, und darauf haben Raffael und ich uns noch direkt je ein Eis gegönnt.
Die Frau vor uns leert gerade ihre ganze Kleingeldsammlung vor dem Kassierer aus, und fängt an, den Betrag zusammenzukratzen, den sie bezahlen muss, und ich stelle mich auf eine etwas längere Wartezeit ein. Man kann die Genervtheit förmlich vom Gesicht des Kassierers ablesen, doch er versucht es so gut wie möglich mit einem breiten, einstudierten Lächeln zu überspielen.
Und ich muss sagen – es gelingt ihm halbwegs. Besser, als dass es mir gelingen würde.
Nachdem die Frau endlich fertig ist, sind wir dran und ich fange sofort an, die gescannten Produkte in die Einkaufstaschen zu packen, die wir mitgebracht haben. Raffa hilft mir dabei, bis der Kassierer fertig ist, und der Italiener abrechnen muss. Währenddessen packe ich weiter ein, und so stehen wir im Nu schon wieder draußen, und ich bringe gerade den Einkaufswagen weg, während Raffa die Einkäufe in seinen Wagen lädt.
Da die Taschen recht schwer sind hat er sich als Gentleman erwiesen und sie mir beide abgenommen, doch ich bin mir sicher, dass teilweise auch die Angst vor seiner Mutter dahintersteckt. Amy würde ihren Sohn aus der Familie verbannen, wenn er einem Mädchen nicht eine schwere Einkaufstasche abnehmen würde.
Nein, schlimmer – sie würde ihn jagen und dann verbannen.
Ich ziehe das kleine Geldstück aus dem Einkaufswagen raus und will mich leise summend umdrehen, um wieder zu Raffa zurückzugehen, als ein Junge meines Alters ein paar Schritte auf mich zu macht. Als ich sehe, dass er mich was fragen will, bleibe ich freundlich lächelnd stehen, und schaue ihn an. „Hey, kann ich... naja... also, ich habe dich eben gesehen, und wollte fragen, ob ich vielleicht deine Nummer haben dürfte?"
Die braunen Augen des Jungens sind so voller Hoffnung, dass er mir aufrichtig leidtut, denn ich werde ihm meine Nummer nicht geben. Gerade lege ich mir eine Antwort bereit, die den Jungen nicht allzu sehr trifft, als ein Schatten neben mir auftaucht, ich spüre, wie sich ein Arm um meine Schultern legt, und eine tiefe, mir nur allzu bekannte Stimme neben mir ertönt.
„Tut mir leid, aber diese bella hier ist leider schon an mich vergeben."
--
Naa... wer ist das wohl ;)
- xo, Zebisthoughts
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top