Wenn wir uns nie begegnet wären, würde immer etwas fehlen - OS
schweden_: Das ist Anlauf Nummer Zwei mit deinem Oneshot, aber ich habe es versprochen und versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen und deswegen wünsche ich dir alles Gute nachträglich zum Geburtstag.
Seit ich Adina kannte, war alles irgendwie anders geworden. Sie war ein bisschen so, wie ich Belle als Schwester immer gerne gehabt hätte. Uns verband etwas Starkes. Was genau das war, war egal, das zählte nicht. Es zählte nur, dass dieses Etwas da war und uns aneinander kettete, wie zwei Gefangene, die gemeinsam ihren Tod erwarten und sich längst damit abgefunden haben. Von der ersten Minute an hatte ich unsere Verbindung als ein ganz besonderes Ding akzeptiert. Das war keine Freundschaft, dafür kannten wir uns noch nicht lange genug und wiederum fühlte es sich an, als wären wir jahrelang befreundet gewesen. In erster Linie stach aber heraus, dass unsere Zusammengehörigkeit tiefer ging und auf einer fast überirdischen Ebene basierte. Seelenverwandtschaft beschreibt es von allen weltlichen Begriffen wohl am ehesten. Adina war meine Seelenverwandte.
Weil ich täglich über sie nachdachte, fing ich an, ihr Portrait zu zeichnen; erst grob auf Druckerpapier, dann raffinierter in meinem Skizzenbuch, bis ich schlussendlich diese detaillierte letzte Zeichnung auf eine DIN A3 Leinwand transferierte. Mir flogen die passenden Farben regelrecht in die Hände. Kontraste schaffen lautete der Plan und die Palette, die ich mir zurechtlegte, beinhaltete nicht grundlos einen Haufen Komplementärfarben. Während ich malte und Luk dabei von ihr erzählte, machte sich zum Einen eine kribbelige Vorfreude auf unser Treffen heute als auch eine warme, wundervolle Entspannung in mir breit.
„Du hast eine neue Bluse?", fragte er verwundert und ich nickte bloß, völlig versunken in das Bild, das in der Staffelei thronte und langsam Gestalt annahm.
„Wieso hab ich die noch nie gesehen?" Er schlang beide Arme von hinten um mich und legte sein Kinn auf meiner linken Schulter ab.
„Hast du. Deine Aufmerksamkeit ist auch nicht mehr das, was sie mal war", spottete ich und kraulte seinen Bart.
Luk machte ein missbilligendes Geräusch, eine Art Schnauben, und löste sich von mir.
„Glaubst du, sie wird es mögen?", wandte ich mich an ihn.
„Aleks, ich hab noch nie jemanden kennengelernt, der deine Portraits nicht mochte." Er schüttelte verächtlich den Kopf, als sei das eine wahre Unmöglichkeit.
„Nur", zögerte ich. „Sie ist doch selbst Künstlerin und ihr Stil ist absolut wunderschön und -"
„Na und?", wurde ich schroff unterbrochen. „Du machst dich klein, hör auf damit. Wenn sie wirklich eine dermaßen tolle Frau ist, wie du es mir berichtet hast, wird sie das hier -", er fuchtelte wild in Richtung der Leinwand, „abgöttisch lieben." Luk lächelte. „Komm her", streckte er beide Hände nach mir aus und ich verschränkte meine Finger mit seinen. „Weißt du", begann er, „woran man erkennt, dass man ein guter Künstler ist?"
Unsicher schüttelte ich den Kopf. Ausnahmsweise hatte ich keinen blassen Schimmer, worauf er hinauswollte.
„Daran, dass man selbst sein größter Kritiker ist. Und falls wir lediglich danach gehen, bist du die begabteste Künstlerin unserer Zeit." Er strich mir die eine lästige Haarsträhne hinters Ohr und entlockte mir ein Lächeln. „Schau, schau", nahm er es auf. „Da kehrt ein wenig Selbstbewusstsein zurück an seinen Platz."
Fast grinsend, küsste ich ihn auf die Wange.
„Setzt du dich mit deiner Gitarre zu mir und spielst für mich?", bat ich ihn.
Seufzend willigte er ein: „Solange Coco schläft ..."
Gegen Mittag, wie abgesprochen, tauchte Adina endlich im Atelier auf. Der Illustration, die sie verkörpern sollte, fehlte der letzte Schliff. Mich machte das halb wahnsinnig. Luk redete beruhigend auf mich ein und verhinderte, dass meine Unterlippe auf einmal aussah, als hätte sich ein Kannibale einen netten Aperitif gegönnt.
„Machst du auf?", flehte ich.
„Sie ist dein Gast", verdrehte er die Augen.
„Bitte."
„Aber du kommst mit." Bevor ich protestieren konnte, hatte er mein Handgelenk gepackt und zog mich mit zur Tür.
„Hey!", strahlte er meinem Besuch breit entgegen.
Adina strahlte zurück und ich wischte mir innerlich den Panikschweiß von der Stirn.
„Hallo!", erwiderte sie ebenso fröhlich und stellte sich Luk vor.
„Aleks hat viel von dir erzählt. Nur Gutes natürlich", plapperte mein Freund drauf los und ich bemerkte nebenbei Chris, der schräg hinter Adina stand und mir freundlich zuwinkte. Ihn hatte ich bei der Shoppingtour mit Iara ja auch zum ersten Mal getroffen.
„Das ist mein bester Freund Chris", stellte Adina ihn prompt vor. „Lukas, mein fester Freund, lässt sich entschuldigen, er muss arbeiten."
„Schade", warf ich ein, um etwas Gescheites zu sagen.
„Nicht schlimm", winkte derjenige ab, der noch immer mein Handgelenk umklammerte, damit ich nicht weglaufen konnte. „Ich bin Luk und mit dieser reizenden Dame verheiratet", zeigte er nacheinander auf sich und auf mich.
„Luk?", echote Chris. „Ihn trennen nur zwei Buchstaben von deinem Lover-Lukas. Zufall? Ich glaube nicht."
Adina und ich lachten synchron und direkt spürte ich die Bindung zu ihr, die mich angenehm durchströmte und mich in die weiche, weiße Watte des Geborgenheitsgefühls verpackte, in die mich sonst nur Luk wickelte.
„Kommt doch rein", forderte ich die Zwei auf und sie traten ein.
Adina blickte sich staunend in den Räumlichkeiten um. „Was für eine Oase der Kreativität", murmelte sie und tastete über die gestrichenen Flügeltüren des Altbaus. „Wie hoch liegt die Miete?", hakte sie nach.
„Es ist eine Eigentumswohnung", antwortete Luk.
„Er hat sie mir geschenkt", schob ich hinterher.
„Ich hatte was über am Ende des Monats", zwinkerte er Chris auf dessen überraschte Reaktion hin zu.
„Wollt ihr was trinken?", erkundigte ich mich höflich. „Kaffee, Tee, Wasser, Saft?"
„Tee klingt fantastisch", nickte Adina und Chris stimmte ihr zu.
„Dafür bin ich verantwortlich", wollte Luk mir weismachen und verschwand im Küchenbereich. „Führ sie rum", rief er mir noch zu.
„Also", holte ich Luft. „Aus dem Flur geht's entweder ins Bad oder in die Wohnküche, in der wir jetzt stehen." Unbeholfen gestikulierte ich in Richtung der Korbmöbel, mit denen ich den Raum ausgestattet hatte.
„Fitness wird bei dir anscheinend groß geschrieben", deutete Chris auf die drei ausrangierten Trainingsgeräte, die ich vor dem Sperrmüll gerettet und hier aufgestellt hatte.
„Die sind nicht allzu häufig in Benutzung, eigentlich bloß im Winter, sonst mache ich lieber draußen Sport", erklärte ich und ließ gleichzeitig die Tür rechts von uns aufschwingen. „Das ist das Herzstück des Ateliers", verkündete ich. „Alles, was mit traditioneller Kunst zu tun hat, ist in diesem Zimmer beheimatet."
„Das bin ich." Adina hatte sich selbst entdeckt.
„Ein paar Sachen fehlen, aber weiter bin ich bisher nicht gekommen", sagte ich verlegen. „Hast du eine Idee, wie man Leben reinbringen kann?"
Statt eine Antwort zu geben, holte sie einige Utensilien aus dem Regal, die ich vernachlässigt hatte. „Erlaubst du?"
Rasch bestätigte ich und sie machte sich ohne Umschweife ans Werk. Chris und ich sahen fasziniert zu und Luk, der sich mit dem Tee zu uns gesellte, wurde genauso schnell in ihren Bann gezogen.
„Wow", machte ich, als sie die Pinsel beiseitelegte. Für mehr Bewunderung blieb keine Zeit, denn in diesem Moment ging die Tür auf, die in den Schlaf-/Film-/Digitalkunstbereich meines Ateliers führte und eine müde Coco mit zerzausten Haaren, die sich die Augen rieb, tapste zu uns.
„Na, Maus", lächelte ich automatisch das liebevolle Lächeln einer Mutter. „Hast du was Schönes geträumt?"
Meine Tochter musterte Chris und Adina ausgiebig, kam zu mir und flüsterte mir ins Ohr: „Wer sind die, Mama?"
„Das sind Adina und Chris, du musst keine Angst haben. Sag ihnen hallo", flüsterte ich zurück.
Coco schaute beide kurz an und vergrub ihr Gesicht schüchtern an meiner Brust.
„Hey, Coco-Loco", streichelte Luk ihr über den Kopf. „Die sind ganz nett zu dir, versprochen. Sag mal hallo, bitte." Die Kleine sah zu ihrem Vater hoch, der ihr aufmunternd zulächelte.
Ich ließ sie runter und beobachtete wie Adina ihr winkte. „Hallo Coco", begrüßte sie sie.
„Hallo", nuschelte Coco plötzlich und mir wurde klar, dass Adina einfach jemand war, dem man gerne vertrauen wollte.
„Danke für das Bild und den klasse Tag", verabschiedete sie sich einige Stunden später von mir.
„Jederzeit", antwortete ich. „Was denkst du gerade?", fragte ich, um möglicherweise meinen Verdacht zu beweisen, der sich im Laufe unseres Zusammenseins heute in mir geformt hatte.
Adinas Blick schweifte zu Luk, der mit Coco auf dem Sofa Schere Stein Papier spielte. „Dass ich mit Lukas vielleicht mal über Kinder reden sollte."
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