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Ein neue Bonuskapitel zu Regen/Übergangslösung inspiriert von letsfndm ... Viel Spaß!
In Berlin ist sieht alles gleich aus. Grauer Häuserblock 1 neben grauem Häuserblock 2, dazwischen geht eine platinblonde Omi mit ihrem übergewichtigen Dackel spazieren. Sie geht vorbei an einem bärtigen Obdachlosen mit vom Alkohol verklärten Augen. Wieder hier zu sein fühlt sich seltsam an, nach der Zeit am Meer.
"Diese Gegend ist hässlich", spricht Tua meinen Gedanken und lenkt den Wagen grimmig in eine Seitenstraße.
"Du wohnst in dieser Ecke", lache ich leise. "Selbst schuld."
"Passt doch zu mir. Ist so hässlich und trostlos wie ich."
Der kleine, fragile Körper einer Fliege zerberstet an der Windschutzscheibe. Ihr Kadaver wird sofort nach rechts weggeschleudert. "Dort ist eine Parklücke, hältst du kurz an?"
Tua senkt die Geschwindigkeit nur minimal und reiht sich schwungvoll zwischen den anderen Autos ein. In der Sekunde, in der wir zum Stehen kommen, lässt er bereits die Hände vom Lenkrad fallen und starrt sie an, als wüsste er nicht, was er mit ihnen anfangen soll.
Wortlos steige ich aus und glätte meine Locken dürftig mit den Fingern. Vorhin hat es geregnet, der Schmutz fließt in Schlieren über das Pflaster. Das Geräusch einer sich schließenden Autotür bewirkt, dass ich mich umdrehe. Ich lächle Tua aufmunternd an. Er wendet den Blick ab. Also umrunde ich das Auto. Kaum bin ich in seiner Reichweite, zieht er mich an sich. Lächelnd küsse ich ihn und obwohl er nicht lächelt, als wir uns voneinander lösen, ist wenigstens die Ingrimm aus seiner Miene gewichen.
"Maurice hat mir geschrieben", streichle ich seine Wange. "Heute Abend geht was im Bunker. Niko, Sinan, Tarik und er sind gespannt, wie unsere außerplanmäßigen Ferien waren."
"Geh allein, ich bin nicht der Reiseberichterstatter", lehnt er das Angebot bockig ab. In der Woche konnte ich mir Gelassenheit aneignen, was seine Launen anbelangt. Eine Fähigkeit, die mir jetzt zugute kommt.
"Wenn ich losgehe, sage ich dir Bescheid. Du könntest später vorbeischauen. Oder du lässt es eben, wenn du wirklich nicht hin willst. Zuerst, würde ich vorschlagen, laden wir dein Zeug bei dir ab."
"Bleibst du noch?", will er wissen und ich kann nicht genau erkennen, ob es sein Wunsch oder seine Befürchtung ist.
"Bleib lieber bei mir", antworte ich. "In Mitte hat es der eine oder andere Sonnenstrahl durch die dichte Wolkendecke geschafft, laut meiner Wetter-App."
"Hinbringen ist drin", stapelt er tief, damit ich mir keine zu großen Hoffnungen auf seine Gesellschaft mache.
"Okay", küsse ich ihn auf die Wange.
Die Pause verbessert das Klima auf der restlichen Strecke zu ihm. Er lacht sogar, während ich den Fußgänger beschimpfe, der ihm direkt vor die Motorhaube rennt.
Ich würde alles dafür geben, dass seine leicht ungemütliche Einstellung nicht absackt in eine düstere Stimmung. Unachtsame Passanten verbal attackieren ist deshalb noch meine leichteste Übung.
Natürlich wächst es sich trotzdem aus. Als wir vor dem Haus, in dem ich noch knapp zwei Monate mit Bastian wohnen werde halten, ist Tuas Blick weit wie der blaugraue Ozean.
Er lenkt sich nur ab. Mehr ist es nicht.
Ich lasse ihn zurück, weil es anders nicht geht. Es hilft nix bei Depressionen. Das hat er selbst gesagt. Man muss es aussitzen.
Der Golf ruckelt davon über die Kopfsteinpflasterauffahrt. Meine Knie sind ganz weich. Wir haben viel Zeit dort oben im Norden miteinander verbracht. Ohne seine Zuwendung füllt nichts die schwarze Leere in mir. Mir ist zum Heulen zumute, als ich die Treppen raufsteige.
Bastian ist nicht da. Also bin ich allein. Das ist schlecht.
Müde und mürrisch beantworte ich die wichtigsten Mails, die bei Universal liegen geblieben sind. Tina hat sie mir weitergeleitet, mit einem bissigen Kommentar darüber, dass Urlaub in ihren Augen kein Äquivalent zu Untätigkeit bedeuten sollte.
"Blöde Fotze", murmle ich gereizt, bevor ich Musik auf der Stereo-Anlage laufen lasse. Die Playlist hat Tua mir mal auf Spotify erstellt, sie könnte fünf Tage am Stück laufen; für den Fall, dass wir zusammen hier sind und ich Musik hören möchte, was fast immer ist. Sein Geschmack ist speziell. Ich habe ihn um die Playlist gebeten, weil alles andere Folter für seine Ohren gewesen wäre und ich liebe meinen Freund, ich will ihm nicht wehtun.
Nachdenklich falle ich in mein eigenes Bett. Es fühlt sich gleichzeitig richtig und falsch an. Hunger übermannt mich, aber im Kühlschrank sieht es karg aus. Gestern noch haben wir zusammen gekocht und gegessen und heute? Heute würde ich lieber verhungern als die übrig gebliebenen Chips zu futtern, die auf dem Couchtisch vor sich hin dümpeln.
Trautes Heim, Glück allein - Alles Lüge. Was bin ich für eine erbärmliche Person ...
Am Meer waren wir gemeinsam einsam. Jetzt hockt Tua bei sich, raucht einen Kopf und dabei versucht zu vergessen, wer er ist und wieder zu werden, wer er sein will. Ich frage mich, ob meine Witze vorher schon melancholisch waren und er nur deswegen positiv reagiert hat.
Mein Handy fällt mir in die Hände, Tarik hat mir geschrieben.
Tarik: Jenn ist komisch drauf heute ... Ich mache mir Sorgen.
Iara: Ruhig, Teddy, das kommt vor.
Tarik: Ich habe so ein ungutes Gefühl. Bist du heute im Bunker?
Iara: Werde da sein, dann können wir ausgiebig quatschen.
Tarik: Nimmst du Tua mit?
Iara: Wie werden sehen, sein Gemüt ist heute Morgen auf der Rückfahrt absolut gekippt.
Tarik: Bunker lohnt sich, es gibt Ablenkung und Stoff.
Iara: Schreib du ihm. Jenn kann ihn vielleicht gebrauchen, wenn sie komisch ist.
Tarik: Hast Recht, ich kümmere mich.
Iara: Lass mal wirklich quatschen, Teddy, ich brauch dich.
Tarik: Versprochen :*
Iara: <3
Der Minutenzeiger von Bastians protziger Rolex auf dem Tisch dreht viele, viele Runden, bevor ich aufstehe und mich ins Bad verziehe, wo ich dusche, meine Einsamkeit überschminke und schließlich eine enge Jeans, einen von Carries ehemaligen Pullis und die Bomberjacke des Kokainklans anziehe. Die Haare lasse ich offen, jede Frisur wäre mir zu anstrengend und ist ohnehin unnötig. Es ist nur eine Bunker-Party. Auf einer von denen bin ich im Schlafanzug gewesen, weil Tarik dahin musste und mich nicht bei sich lassen wollte. An dem Abend haben neben mir noch drei zwielichtige Kerle bei ihm übernachtet, von denen er damals seine Drogen bezog. Meine Mutter war drei Wochen auf Kur. Carrie hatte die Verantwortung für mich und meine unglaubliche Schwester erlaubte mir in dieser Zeit jeden Scheiß.
Als ich zum Bunker laufe rauscht die bitter-süßliche Nostalgie durch meine Adern und pocht in meinen Ohren. Meine Schritte harmonieren mit meinem Herzschlag.
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