ambition // shame
Während ich mir die eben erstellte Playlist mit den Liedern der thirty days song challenge von sehnsuchtsvoll anhöre, möchte ich euch etwas über Ehrgeiz erzählen.
Beginnen wir mal einfach bei mir. Ich würde mich als einen sehr ehrgeizigen Menschen bezeichnen, weil ich wahnsinnig strebsam bin und immer versuche, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen bei allem, was ich anpacke. Vielen von euch geht es bestimmt genauso. Was macht also den Unterschied zwischen einer fleißigen und einer ehrgeizigen Person aus?
Tja, wenn ich gemein wäre und zynisch, was ich bin, würde ich sagen, wer fleißig ist, erreicht seine Ziele, und wer ehrgeizig ist, der versucht es; mit ungewissem Ausgang. Ja, ich scheitere häufig an dem, was ich mir vornehme und dann frage ich mich, warum. Die erste Antwort, die mir dann in den Sinn kommt, ist: Ich kann es nunmal nicht. Die zweite Antwort, ist dass ich mir selbst im Weg stehe. Das hat mir eine ehemalige Lehrerin anvertraut. Sie glaubt, dass mein Ehrgeiz in einem Maße vorliegt, das mir nicht gut tut. Heute stimme ich ihr einerseits zu und andererseits nehme ich ernsthaft an, dass mir mein Ehrgeiz erst gefährlich wurde, als sie es so formuliert hat. Natürlich mache ich sie für nichts verantwortlich, aber es war, als hätte die ganze Zeit ein Tiger friedlich neben mir gefressen. Dieser Tiger hat mich nicht gestört, bis besagte Lehrerin plötzlich mit dem Finger darauf gezeigt hat. Und auf einmal war dieser Tiger, mein Ehrgeiz, eine Bedrohung und ich war mir seiner Präsenz vollständig bewusst.
Bin ich fleißig? Keine Ahnung. Ehrlich, ich tue einiges um meine Noten auf ein Level zu heben, das mir und meinem Ehrgeiz gefällt. Die Frage, ob mich das zu einem fleißigen Menschen macht, muss ich trotzdem mit nein beantworten. Genauso viel tue ich nämlich dafür, meine Aufgaben zu umgehen. Das ist nicht fleißig, sondern unverantwortlich, und ratet mal, was sich nicht besonders gut miteinander verträgt. Richtig: Ehrgeiz und Unverantwortlichkeit.
Bevor ich in den Kommentaren ermahnt werde, möchte ich anmerken, dass das hier kein Kapitel ist, in dem ich mich schlecht machen und selbst runterziehen möchte. Im Gegenteil, ich möchte die andere Seite verstehen.
Als Beispiel ziehe ich noch einen Lehrer von mir heran, meinen Leistungskurslehrer um genau zu sein. Wisst ihr, all die Jahre über, all die Jahre lang, die ich jetzt aufs Gymnasium gehe und Spanisch lerne, hatte ich stets eine 1 auf dem Zeugnis stehen. Ausnahmslos - Bis ich im ersten Semester eine 2+ dort sah. Was mein Lehrer nicht wissen konnte: Ich tendiere dazu mich kaputt zu lernen, wenn ich nicht die Note bekomme, die ich will. Es jagt mich, es hält mich nachts wach, sucht mich heim und es ist wirklich nicht lustig. Dass es mir egal war und ich mich danach nicht kaputt gelernt habe, wie sonst, war ein riesiger Fortschritt für mich.
Nun stecke ich aber momentan in einer Zwickmühle in einem Grundkurs, in dem ich eine 1 bekommen könnte auf dem Zeugnis, wenn ich eine 1 in der Klausur zurückbekomme. Schon mal zur Info: Die Klausur lief leider nicht so gut, wie ich es mir erhofft hatte. Deshalb war ich in Spanisch, dem Fach, das ich unmittelbar nach der Klausur hatte, etwas niedergeschlagen. Mein Leistungskurslehrer hat gefragt, was los sei und ich habe erzählt, dass ich die Klausur, die mich näher an die 1 auf dem Zeugnis gebracht hätte, nicht nach meinen Vorstellungen verwirklichen konnte. Seine Erwiderung war daraufhin, dass eine 1 aber doch eine herausragende Note wäre und dass eine 2 solide und gut wäre. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie mich das getroffen hat. Ich habe mich wie ein angeschossenes Tier gefühlt, das nach und nach immer aggressiver wird. Verdammt, ich weiß, dass eine 2 eine stabil gute Note ist! Das ändert bloß nichts daran, dass ich trotzdem gerne eine 1 in diesem Fach hätte! Hätte, verdammt nochmal, das ist der Konjunktiv, also kein Zwang! In Spanisch, seinem Kurs, da hätte ich auch gerne eine 1. Es interessiert mich nicht, dass eine 2 gut ist, das ist nicht das Thema bei diesem Problem. Das Problem ist, dass er mir damit das Gefühl gegeben hat, - mit seiner Aussage, dass eine 1 eine ach so herausragende Note wäre - dass er mir keine 1 in seinem oder irgendeinem anderen Fach zutraut. Ich habe mich degradiert gefühlt, nicht herausragend genug für ihn und seine Notenvergabe. Das möchte ich verstehen. Wie jemand sowas Grausames unabsichtlich andeuten kann.
Sogar eine Mitschülerin hat ihm beigepflichtet und meinte, eine 2 wäre doch total in Ordnung. Hintergangen, herabgestuft, so habe ich mich gefühlt. Das einzige, das mich davor bewahrt hat, mich für meinen Ehrgeiz zu schämen, das war meine Wut. Denkt bitte nicht, ich würde mein Leben von Noten abhängig machen. Das ist nicht der Fall. Aber ebenso wenig muss ich mich dafür schämen, dass ich gewisse Ansprüche an mich habe, die ich gerne erfüllen möchte, um mich gut zu fühlen. Denn das ist das, was zählt: Nicht gute Noten, sondern dass ich mich gut fühle. Und das war plötzlich dahin. Ich habe mich nicht mehr gut gefühlt nach diesem Intermezzo.
Tiger sind schöne und stolze Tiere und genauso ist Ehrgeiz eine großartige und lobenswerte Eigenschaft, die ich auch an anderen bewundere. Dafür sollte man sich nicht schämen müssen. Niemand sollte sich dafür schämen müssen. Vielleicht war es nicht die Absicht meines Lehrers, bei mir Scham zu wecken, ganz sicher nicht, und trotzdem hat es geklappt und es ist passiert. Weil es in meinem Kopf erschaffen wurde, ist es wohl eh allein meine Schuld, aber wenn ich eins gelernt habe im Leben, dann ist es, dass entweder alle schuld sind oder gar keiner.
Mein Ehrgeiz kann mich nicht beschämen, die, die das können, das sind diejenigen, die nicht wissen, welche Qual, welche Angst, welche Enttäuschung mit Ehrgeiz verbunden sind. Das ist doch schön für sie oder nicht?
Nein.
Es ist nicht schön für sie, denn sie wissen auch nicht, welche unglaublichen, erhebenden Glücksgefühle mit dem Ehrgeiz verbunden sind, die sich dann einschalten, wenn man das erreicht hat, was man gerne erreichen wollte. Das ist ein geiles Gefühl.
PS: Damit beende ich diese Motzerei und komme kurz auf die oben erwähnte Musik zurück. Da sind tolle Songs mit dabei und generell gab es nichts, wo ich gesagt hätte: Ih, das verabscheue ich!
Klingt komisch und nicht, als würde ich die Auswahl, die du getroffen hast zu schätzen wissen, sehnsuchtsvoll, aber das ist nicht wahr. Das war ein Kompliment und du hast einen fantastischen Geschmack^^
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