Der Spiegel
Heute war ein schöner Tag, dachte sie.
Die Sonne hatte lange geschienen, kaum Wolken.
Sie hatte den Tag im Freien genossen, hatte sich ein wenig Farbe zugelegt.
Danach war sie ins Meer gegangen.
Es war wesentlich kälter als sie es erwartet hatte, dennoch war sie geschwommen.
Sie war eigentlich nie der Mensch gewesen, der viel aus dem Haus ging, geschweige denn Urlaub machte.
Doch sie hatte sich überreden lassen.
Ein schöner Tag heute. Ein schöner Tag zu glücklich sein.
Er wollte nicht ohne sie fahren.
Er wollte ihr die Welt zeigen.
Er wollte Zeit mit ihr verbringen.
Sie stimmte zu.
Sie ließ sich überreden.
Sie wollte Zeit mit ihm verbringen.
Sie hatten schöne zwei Wochen hier am Meer.
Sie machten schöne Ausflüge.
Sie hatten eine schöne Zeit.
Heute ist ein schöner Tag zum wütend sein.
Sie trank nach alter Gewohnheit viel.
Zu viel.
Sie wurde wütend wenn sie trank.
Er hatte gehofft sie würde Abstand davon nehmen.
Er hatte gehofft sie würde nicht trinken.
Auch heute ist sie wieder wütend nach Hause gekommen.
Er hatte auf sie gewartet.
Heute ist ein schöner Tag zum streiten.
Er bat sie, nicht mehr zu trinken.
Sie wollte nicht.
Er befahl ihr, nicht mehr zu trinken.
Sie hörte nicht zu.
Er zwang sie, nicht mehr zu trinken.
Sie nahm sein Messer und stach zu.
Heute ist ein schöner Tag zum töten, dachte sie.
Sie stand im Bad, sah sich an.
Begutachtete sich.
Ihre Klamotten tropften vor Schweiß.
Ihr blick fiel auf die Flasche neben dem Waschbecken.
Whisky.
Sie lächelte.
Er lag falsch.
Sie hatte nicht getrunken.
Hatte sie schon lange nicht mehr.
Er hatte nie eine Ahnung was in ihr vorging.
Es wurde ihm zum Verhängnis, dass er es nie wissen wollte.
Sie riss sich die Kleidung vom Leib.
Sie wollte jetzt schwimmen gehen.
Sie sah noch einmal in den Spiegel.
Sie lächelte.
Im Spiegel sah sie ihn auf dem Bett liegen, lächelnd.
Er sah gut aus wenn er nicht getrunken hatte.
Nicht nur gut, sogar freundlich, einladend.
Er war kein Rüpel, nicht unfreundlich oder verletzend.
Sie nahm seine Whiskyflasche und brachte sie ihm.
Er lächelte noch immer.
Sie schüttete ihm den Alkohol über dem Körper aus.
Er lächelte und sah sie an.
Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange.
Sie entzündete ein Streichholz und ließ es auf den hochprozentigen Alkohol fallen.
Sie ging, ließ es brennen.
Sie wollte jetzt schwimmen gehen.
Er sah gut aus, wenn er tot war.
Heute ist ein schöner Tag, dachte sie und verschwand.
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