098. Dr. Kuleha
„Ally!!!", schrie Ruffy panisch, als er sah, wie sich der Griff seiner bewusstlosen Schwester lockerte.
Wie in Zeitlupe schien sie nach hinten zu kippen und zu fallen.
Erst langsam, dann immer schneller viel sie der Schwerkraft zu Opfer.
„Ally!!!", rief Ruffy nochmal laut.
Mit seinem Kopf holte er Schwung und riss ihn dann nach unten Richtung Ally. Sein Hals dehnte sich.
Sobald er sein Kopf auf der Höhe des fallenden Körpers war, schnappte er zu. Seine Zähne erwischten die Jacke und sein Kopf baumelte mit seiner Schwester ein wenig hin und her.
„Daf war knapp!", sagte Ruffy leise zu sich selber, dann holte er seinen Kopf wieder ein.
Mit seiner Schwester zwischen den Zähnen machte er sich weiter an den Aufstieg.
Weitere zwei Stunden später:
Ruffy krallte sich mit seinen blutüberströmten Fingern an den Berg.
„Haltet durch, Leute!!", sagte er in Gedanken zu seinen drei bewusstlosen Freunden. „Wir schaffen das!"
Er kletterte weiter und ignorierte verbissen den Schmerz, der sich durch seinen ganzen Körper zog. Genauso ignorierte er, dass er bereits ganz blau war vor Kälte.
Jede noch so kleine Bewegung schmerzte.
Auf einmal sah er etwas.
Er sah den Rand vom Gipfel.
Er hatte es geschafft!
Er war jetzt so lange geklettert, da würden diese dreißig Meter auch nicht mehr viel ausmachen.
Erschöpft zog er sich den Hang hinauf.
Oben angekommen, ließ er erst mal Ally in den Schnee sinken und seinen Kiefer entspannen.
Er kniete im gefrorenen Wasser und schaute zu einem riesigen Schloss empor. „Krasse Hütte...!", entfuhr es ihm leise. „Doc..."
Er konnte nicht mehr weitersprechen.
Ihm fielen die Augen zu und sank ohnmächtig in den Schnee.
Ein Stück Berg, auf dem auch Ruffy mit Sanji und Nami lag, bröckelte und brach schließlich ab.
Ruffy drohte mit seinen zwei Freunden den Berg wieder hinunterzufallen, doch plötzlich schoss ein mit braunem Fell überzogener Arm hervor und packte das Handgelenk des Schwarzhaarigen.
Ich spürte, dass ich in einem Bett lag.
Das war so schön warm im Vergleich zu dem Bergklettern.
Als nächstes schlug ich meine Augen auf.
Im Zimmer, in dem ich mich befand, hörte ich etwas blubbern und noch andere Geräusche.
Ich setzte mich auf.
Sah aus... wie ein Labor?! War ich im Schloss?
„Na? Aufgewacht?"
Erschrocken zuckte ich zusammen und schaute über meine Schulter.
Hinter mir befand sich ein weiteres Bett, in dem Nami schlief.
Neben ihr stand eine ältere Frau, die sie anscheinend gerade untersucht hatte.
Für ihr Alter war sie aber ziemlich... originell angezogen. Sie trug enge Jeans, ein bauchfreies T-Shirt, wodurch man ihren Bauchnabel-Piercing sah, und auf ihrem Kopf war eine Sonnenbrille.
„Du bist im Schloss auf der Bergspitze. Mein Name ist Dr. Kuleha", stellte die Frau sich vor.
DAS war also Dr. Kuleha, die Hexe? Für fast 140 hielt sie sich richtig gut!
„Ruffy hat es also geschafft", sagte ich leise eher zu mir selbst. Trotzdem hatte die Ärztin es gehört.
„Du meinst den Jungen mit dem Strohhut, deinen Bruder, oder?", meinte Dr. Kuleha. „Der Kleine hat ganz schön was drauf! Er hat euch drei da hochgetragen!"
...
„Die sind 5000 Meter mit bloßen Händen hochgekraxelt?!!!", fragte Dr. Kuleha denjenigen, der die vier Bewusstlosen in das Schloss gebracht hatte. Es war ein kleines Rentier mit einer blauen Nase.
Die Frau betrachtete Ruffy, der am ganzen Körper wie verrückt zitterte. „Der Kleine hier ist ganz blau gefroren! Der hat ja kaum was an! Wirf ihn in kochendes Wasser!!"
Sie wandte sich Ally zu. „Und wirf die Kleine hier gleich mit rein! Sie ist zwar nicht ganz so schlimm dran wie der Junge, allerdings war sie auch viel zu viel Kälte ausgesetzt!"
Das kleine Rentier untersuchte Sanji. „Der hier verblutet. Sechs Rippen gebrochen. Fleischwunde."
Die Ärztin musterte Nami. „Am schlimmsten ist das Mädel hier dran. Die liegt im Sterben... Chopper, mische Chloramphenicol, Herzmittel und Thialocillin."
„Hat sie einen Virus?", fragte der Angesprochene, Chopper, nach.
„Ja, einen ganz komischen..."
Plötzlich umgriff eine blutüberströmte Hand Kulehas Arm.
Ruffy war wieder bei Bewusstsein.
„Keine Sorge!", beruhigte Kuleha ihn. „Ich bring die drei wieder in Ordnung!"
Ruffy zitterte und seine Zähne klapperten wie verrückt. Trotzdem schaute er die Ärztin bestimmt an. „Das sind... meine Freunde...! ... Und meine Schwester!!"
Kuleha nickte. „Alles klar!"
...
Ich starrte auf meine Bettdecke.
Ruffy war wirklich der Beste.
Schließlich wandte ich mich wieder der Frau zu. „Wie geht es Nami und den Jungs?"
„Das Mädel hat einen schlimmen Virus, den es eigentlich gar nicht mehr gibt. Hätte ich sie nicht behandelt, wäre sie in zwei Tagen gestorben."
Ich riss erschrocken die Augen auf.
Dr. Kuleha redete einfach weiter: „Den Jungs geht es eigentlich ganz gut, sie schlafen nebenan. Chopper, mein Assistent, kümmert sich geradeeben um sie. Falls du ihn mal sehen solltest, erschreck dich nicht. Er ist ein Rentier mit einer blauen Nase, das sprechen kann."
Einen Moment blieb es ruhig, als ich die Worte, die ich gerade gehört hatte, auf mich einwirken ließ.
Dann klappte mir die Kinnlade herunter. „Was?!! Ein sprechendes Rentier mit blauer Nase?!!!"
Die Frau lachte. „Ja, ob du's glaubst, oder nicht, aber es ist so. Er ist halb Rentier, halb Mensch."
Halb Rentier, halb Mensch?! Hatte er etwas von einer Teufelsfrucht gegessen? Ich wollte gerade fragen, als die Ärztin, die sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, sagte: „Wegen seiner blauen Nase und weil er eine Teufelsfrucht gegessen hat, ist er von seinen Eltern verstoßen worden. Danach ist er bei einem Mann groß geworden, der sich selber für einen Arzt hielt, allerdings mehr Menschen versehentlich getötet als geheilt hat. Der Mann hieß Doc Bader und war wie ein Vater für Chopper..."
„‚Hieß'? ‚War'?", fragte ich nach.
Kuleha nickte. „Er ist vor sechs Jahren gestorben. Chopper ist zwar mein Helfer und will selber Arzt werden, aber er trägt eine Wunde in der Seele mit sich rum, deren Heilung so gut wie unmöglich ist."
Der Arme!
„Und das nur, weil er anders ist...", ergänzte Dr. Kuleha noch leise. „... genau wie du. Du bist auch kein gewöhnliches Mädchen!"
Ich war verwirrt. „Hä?"
„Du bist eine Nané", sagte die Ärztin vollkommen selbstsicher.
Ich war immer noch erstaunt. „Ja. Woher weißt du das?"
Die Frau nahm einen kräftigen Zug aus ihrer Flasche mit Alkoholischem Getränk, dann erklärte sie. „Ganz einfach. Wusstest du, dass Nané einen besonderen Herzschlag haben?"
Ich schüttelte langsam den Kopf.
„Na ja, jedenfalls ist das so. Ihr Herz schlägt doppelt so schnell, wie das von Nicht-Nané in ihrem Alter, was bei dir so in etwa 150-mal in einer Minute entspricht. Weil das Blut schneller fließt, sind Nané sowohl mit ihren Instinkten als auch ihren Reflexen schneller."
„Aber das müsste doch jemanden aufgefallen sein, wenn man mal mein Herz abgehört hatte, dass ich eine Nané bin."
„Das liegt daran, dass nur jeder zweite Herzschlag so stark ist, dass er gehört oder gespürt werden kann. Deswegen wirkt es auch so, als ob euer Herzschlag ganz normal wäre."
„Aha..." Ich dachte über die Worte nach. „Moment mal! Wenn du meinst, dass nur jeder zweite Herzschlag so stark ist, dass er gespürt werden kann, woher weißt du dann überhaupt, dass ich so einen... Doppel-Herzschlag hab?!"
„Es reicht das Blut zu untersuchen." Sie zwinkerte.
„Ach so... Wieder was gelernt..." Das mit dem Herzschlag hatte ich überhaupt nicht gewusst. War irgendwie ein komisches Gefühl zu wissen, dass das Herz doppelt so schnell schlug, wie man eigentlich dachte.
Hm... Konnte man nichts machen...
„Du bist eine Nané, also hör mal gut zu!", mahnte Dr. Kuleha mich. „Normalerweise erzähle ich das nicht weiter, deswegen sag ich es nur einmal!"
Ich spitzte die Ohren. Mein Nané-Instinkt sagte mir, dass das wichtig werden würde.
„Vor ein paar Monaten", fing Dr. Kuleha an, „hieß dieses Land hier noch Königreich Drumm. Es wurde von einem Piraten namens Blackbeard überfallen, woraufhin des König mit seinen Männern floh. Der König heißt Warpol und seit er weg ist, wohnen Chopper und ich in seinem Schloss, diesem Schloss..."
„W-Warpol?!!", kam es verständnislos von mir. „Den kenn..."
„Unterbrich mich nicht!!!", keifte die Ärztin. Sofort verstummte ich.
„Seit Warpol abgehauen ist, ist das hier nicht mehr Königreich Drumm..."
Ich hatte keine Ahnung, was das jetzt mit mir zu tun hatte, aber mein Nané-Instinkt sagte mir, dass erst jetzt das Wichtige kam.
Die Frau schwieg erst, dann öffnete sie wieder den Mund. „Der Name ‚Tsutei Hanako' sagt dir etwas, oder?"
„Natürlich!", antwortete ich fast schon empört. „Welche Nané kennt diesen Namen nicht?!"
„Gut", meinte die Ärztin. „Dann kannst auch sicherlich etwas mit ‚Kori Sabaku' anfangen!"
Ich stimmte abermals zu. „Das Königreich Kori Sabaku ist das Land in dem Tsutei Hanako geboren und gestorben ist, ihr Heimatsland."
Die Ärztin machte wieder eine Pause.
Dann sagte sie einen Satz, der es mich die Sprache verschlagen ließ.
„Na dann... Herzlich Willkommen im ehemaligen Königreich Kori Sabaku!"
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