060. Entchippung

Es war nicht allzu schwer gewesen, den Eingang zum Inneren des Berges zu finden, genauso wenig den Raum, in dem mich Glamoria erwartete, obwohl das Berginnere ziemlich kompliziert aufgebaut war.

Es war alles auch richtig edel eingerichtet, aber darauf hatte ich mich nicht konzentrieren können und wollen.

Tara hatte neun Jahre gewartet, ich musste endlich zu ihr!

Am Anfang hatte Glamoria mir gesagt, dass ich gegen ein paar Typen kämpfen musste, die sich alle bis aufs Haar glichen und auch die gleichen grauen Anzüge trugen. Ich sollte gegen fünf von denen kämpfen und zwar in einem strahlend weißen T-Shirt und einer Hose in genau der gleichen Farbe. „Mal schauen, wie viel Blut du verlieren wirst!", hatte Glamoria gemeint und gegrinst. Normalerweise hätte ich mich geweigert, auf diese Frau zu hören, doch ich wollte Tara wieder sehen.

Die Typen hatte ich in null Komma nichts besiegt.

Tara hatte ich nirgendwo gesehen, also nahm ich an, dass Glamoria sie irgendwo anders im Berg festhielt. Verdammt, ich wollte sie sehen!

Nun saß ich auf einem Stuhl. Meine Hand- und Fußgelenke waren fest gekettet. Mein rechter Arm war so festgebunden, dass meine Handfläche nach oben schaute. Ich sträubte mich, doch kam ziemlich schnell aus der Puste. Das lag aber nicht an den fünf Typen von vorhin... das war was anderes und ich wusste auch genau, was...

„Na?" Glamoria lächelte schadenfroh. „Hast du schon keine Power mehr? Und Schmerzen auch, oder? Ach, du armes Ding!" Sie blickte gespielt mitleidig; am liebsten hätte ich ihr ins Gesicht gespuckt.

Sie merkte, dass sie mich provozierte und grinste wieder. „Tja... Aber gegen Nená-Essenz kommen Nané nun einmal nicht an... Aber keine Sorge, in den Fesseln ist bloß fünfprozentige...  Doch in dem Käfig ist leider 25-prozentige, das könnte schmerzhaft werden!"

Ich versuchte immer noch mich zu befreien, doch die Nená-Essenz machte mir zu schaffen.

„Wo ist Tara?", wollte ich wütend wissen.

Glamoria hielt kurz inne, dann brach sie in schallendes Gelächter aus. „Hahahahaha!!! Du glaubst doch wohl nicht ERNSTHAFT, dass ich neun Jahre lang auf so eine freche, kleine Göre aufgepasst hab!!"

Ich hörte auf mich zu wehren.

... Was?

Nein! ... NEIN!!! Das durfte nicht wahr sein... Das KONNTE nicht wahr sein! Nicht Tara!!...

Glamoria lachte wieder. „Hahaha!! Du solltest mal dein Gesicht sehen! Aber wir haben jetzt keine Zeit für sowas... Du hast noch was, was mir gehört!"

Sie zückte ihr Messer und trat auf mich zu.

Ich war noch zu entsetzt, um zu realisieren, was Glamoria da machte. Erst als ein scharfer Schmerz meinen rechten Unterarm durchzog, war ich wieder da.

Ich zuckte zusammen.

Glamoria seufzte genervt auf. „Du musst still bleiben, sonst erwisch ich noch eine wichtige Ader!"

„Was machst du da?", fauchte ich.

„Ich schneide dir den Chip aus dem Unterarm, also bleib gefälligst still! Ich tu hier was Gutes für dich, denn soweit er keine Fehlfunktion ist, brennt er! Er ist so konstruiert, dass er anfängt zu brennen, wenn man die Insel passiert oder die Frist abgelaufen ist! Damit man auch ja nicht vergisst, dass es hier noch etwas zu erledigen gibt! Die Entchippung ist so schon ziemlich schmerzhaft, also bleib still!!", keifte sie zurück.

„Warum bringst du mich nicht gleich um? Früher oder später wirst du das doch eh tun!!"

Glamoria richtete sich auf und schaute mich mit zusammengekniffenen Augen an. „Oh nein, meine Liebe, ich werde dich nicht töten! Ich hatte nie vor dich zu töten! Ich will, dass jede Nané auf dieser Welt das erleiden muss, was ich erleiden musste! Wenn ich keine Nané sein kann, dann keiner!! Und jetzt halt still, sonst erwische ich wirklich noch eine Ader und dann hätte ich mich neun Jahre umsonst gefreut!"

Sie beugte sich wieder über meinen Unterarm, doch kurz vor diesem hielt sie nochmal inne. „Ach ja... Ich sollte dich vielleicht noch warnen, dass die Entchippung viel schmerzhafter sein wird, als das Einpflanzen. Du hast den Chip neun Jahre lang mit rumgetragen, also ist er auch etwas in deinen Körper eingewachsen. Oh, und du wirst nicht ohne Narben davonkommen!"

Diese Frau konnte mich mal!!!

Glamoria setzte ihr Messer an die kaum sichtbare Narbe, die sie mir vor fast zehn Jahren beigebracht hatte, an.

Im nächsten Moment schnappte ich nach Luft. Okay, das war jetzt noch nicht so schlimm, doch das änderte sich schnell.

Ich konnte richtig spüren, wie sich die Messerspitze immer tiefer in mein Fleisch bohrte. Die ehemalige Nané schnitt mir noch öfters in den Arm und jedes Mal musste ich angestrengt Luft holen.

Ich spürte, dass das Messer sich immer weiter zu der Stelle vordrang, von der das Brennen ausging, das ich, seit wir die Insel gesichtet hatten, hatte.

Als die Klinge ihr Ziel erreichte, konnte ich mich nicht länger beherrschen; ich schrie aus Leibeskräften. Das tat so unvorstellbar weh!

Bitte, das sollte aufhören! Bitte!!! Mach, dass es aufhört!!! ... Ruffy...


Ruffy merkte auf. „Ally?"

Tara stoppte in ihrer Erklärung und blinzelte den Strohhutträger verwundert an.

„Ist was, Ruffy?", fragte Sanji nach.

Ruffy war verwirrt; er hatte seine Schwester eben schreien hören, da war er sich sicher! War das Ruffys und Allys Geschwister-Instinkt? Der war aber stark geworden!

„Ruffy?"

Als Nami seinen Namen nannte, riss es ihn aus seinen Gedanken zurück. „Tut mir leid... Mach weiter!", forderte er Tara auf und sie nickte.


„Na also!!" Glamoria richtete sich triumphierend auf und hielt etwas Kleines und sehr Blutiges in ihrer behandschuhten Hand.

Ich keuchte nur. Es war so eine Erleichterung, sowohl das Messer, als auch den Chip aus dem Körper zu haben.

Ich warf einen kurzen Blick auf Letzteres und mir wurde schlecht. Der Chip war sehr blutig ja... mein Problem war, dass es so aussah, als ob da auch ein paar kleine Stückchen Fleisch dranhängen würden... und zwar von meinem Körper! Baaah!!

Ich schaute auf meinen rechten Unterarm und war entsetzt. Sechs tiefe, blutrote Schnitte zogen sich diagonal unterhalb meiner Ellenbogenbeuge entlang. Drei waren parallel, genauso die anderen drei, nur verliefen die in die entgegengesetzte Richtung, sodass das Ganze ein Karo-Muster ergab. Jede Menge Blut floss meinen Arm hinab auf die Stuhllehne und von dort tropfte es auf meine Hose, die zuvor noch strahlend weiß gewesen war. In kürzester Zeit bildete sich ein großer, roter Fleck.

Glamoria hatte Recht, ich würde höchstwahrscheinlich für immer mit diesem Muster herum laufen.

„Teisu!!", rief Glamoria laut und ein Mann von breiter Statur und in einem blauen Outfit kam herbeigeeilt. War das Glamorias Begleiter von damals?

„Säubere den Chip und lade ihn wieder auf, falls wir wieder einen Gast erwarten."

„Jawohl, Herrin!!", murmelte der Kerl in seinen gewaltigen Schnauzbart. Er nahm den Chip mit meiner DNA entgegen und verschwand sogleich.

Ich hatte davor gar nicht bemerkt, dass er überhaupt im Raum war. Ich hatte im Allgemeinen nicht so auf meine Umgebung geachtet.

Glamoria wandte sich wieder mir zu. „So, zurück zu dir...!"


„Jedenfalls", schloss Tara, „ist es sehr schmerzhaft, den Aufzeichnungen nach zu urteilen..."

Die Strohhutpiraten waren geschockt.

Lysops Mund stand offen. „Ally... hockt jetzt im Berg und muss dort Schmerzen erleiden..."

Nami rannen zwei Tränen über ihr Gesicht und schluchzte. „Diese Frau... ist... das Letzte!!!"

Sanji schaute, als wäre soeben jemand gestorben. „Arme Ally... Sie braucht uns jetzt!!"

Zorro und Ruffy sagten nichts.

Bedrücktes Schweigen herrschte im Raum.

Plötzlich durchbrach das Geräusch, als würde etwas zerbrechen, die Stille.

Alle außer Ruffy zuckten zusammen und wandten ihren Blick zu Zorro, der seine Teetasse, die er bis eben noch in der Hand gehalten hatte, zerdrückt hatte. Scherben prasselten zu Boden, doch der Schwertkämpfer achtete nicht darauf und ballte seine Hand weiter zu einer Faust. Die kleinen Scherben, die sich noch in seiner Hand befanden, bohrten sich in sein Fleisch und Blut tröpfelte auf den Boden, doch Zorro war das egal. Er war unglaublich wütend.

„Zorro...!", gab Lysop halb empört von sich.

„Macht nichts!", beruhigte Muzu ihn und kniete sich zu Boden, um die Scherben aufzuheben. Zorro saß da und machte immer noch nichts, außer die Scherben in seiner Hand zu zerbröseln und dabei die Zähne vor Wut zusammenzupressen.

Plötzlich stand Ruffy auf.

„Ruffy... Was...?", fing Nami an.

Ihr Kapitän reagierte nicht.

Ohne ein Wort verließ es das Zimmer und dann das Haus.

Die Sonne war bereits am Untergehen und der Himmel färbte sich orange.

„Halt, Ruffy!!", rief Sanji. Er, Lysop und Nami standen auf und liefen ihm hinterher, Zorro wartete kurz ab, dann machte er es ihnen nach.

Als der Schwertkämpfer das Haus verließ, entschieden Muzu und Tara, ihnen zu folgen.

„Warte, Ruffy!", rief Sanji.

„Du bist doch wohl nicht mehr beleidigt, weil Ally dich angelogen hat!!", rief Lysop. „Das musste sie tun!!!"

Ruffy achtete nicht auf seine Freunde, sondern lief einfach weiter Richtung Marktplatz.

Als Lysop, Zorro, Sanji und Nami ebenfalls dort ankamen, stand der Strohhutträger bereits vor der Statue Glamorias und holte mit seinem Arm aus.

Dann ließ er ihn hervorschießen und dehnen.

„Gum-Gum-"

Seine Faust traf direkt ins Gesicht der Statue, woraufhin diese komplett zerbrach.

„PISTOLE!!!"

Die paar Stadtbewohner, die auf dem Marktplatz waren, starrten Ruffy an, als ob er geisteskrank wäre, wofür sie ihn wahrscheinlich auch hielten.

Seine Freunde blieben erst überrascht stehen, dann grinsten sie selbstgefällig.

„Na geht doch, Ruffy!", meinte Nami.

„Zeig ihr, wo der Hammer hängt!!", jubelte Lysop.

„Meine Güte... Ruffy ist genauso verrückt wie früher...", gab Tara halb entsetzt, halb bewundernd von sich.

„Gott, behüte uns, wenn nicht... dann würde das hier nämlich nicht klappen!", erwiderte Sanji ohne den Blick von der zerstörten Staue zu wenden.

„I... Ist euch eigentlich klar, was er da grade gemacht hat?" Muzu hielt Ruffy für total verrückt.

„Reg dich nicht so auf, Onkel", beruhigte Zorro ihn selbstgefällig grinsend. „Das ist nur seine Art zu zeigen, wer hier das Sagen hat!"

Muzu blinzelte.

Ruffy beachte alles um sich herum gar nicht, er schritt einfach auf die zerstörte Statue zu.

Dort angekommen, stellte er sich auf den übriggebliebenen Sockel und streckte wütend beide Fäuste in die Luft.

Er starrte direkt in die Videoteleschnecke auf den Hügel und holte tief Luft.

Dann brüllte er:

„GLAMORIA!! ICH WEISS, DASS DU MICH HÖREN KANNST!!! NIEMAND TUT MEINER SCHWESTER WEH UND WER ES DOCH MACHT, KRIEGT ES MIT MIR ZU TUN!!!"

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