#2 (Hannah)

"Ey, Pisser, fahr mal anständig!"

"Hannah, benimm dich", Sandie schaut mich vorwurfsvoll an. Ich rolle mit den Augen und streiche mir eine meiner blauen Haarstähnen aus dem Gesicht. Immer dieses Hannah, hör auf andere zu beleidigen, die uns helfen wollen oder auch Hannah, nein du wirst ihn nicht mit einem Stein erschlagen oder am schlimmsten noch Hannah, benimm dich! Diese Sätze bekomme ich einfach viel zu häufig von anderen an den Kopf geworfen. Ich meine, ich weiß ganz genau wie ich heiße, und Sandie benimmt sich wie meine Mutter, obwohl sie das nicht ist. Sie ist am ehesten eine Freundin, auch wenn ich mich mit diesem Wort immer schwer tue. Anderen kann man nicht trauen.

Ein plötzliches Ruckeln des Geländewagens in dem ich sitze, bringt mein Diadem ganz schön in schieflage. Einen weiteren Schwall Schimpfwörter herunterschluckend rücke ich sie wieder gerade.

"Ich habe doch gesagt, wir hätten abhauen sollen und uns ne andere Gruppe suchen. Das hätten wir locker geschafft. Aber nein, jetzt werden wir eingesperrt."

"Nein, Hannah, du wärst alleine klargekommen. Und wir werden nicht eingesperrt, wir kommen endlich mal in Sicherheit." Sandies Gesichtsausdruck bingt mich zum Lachen. Es zeigt... Angst. Die Person, die man am ehesten als Hannah Ambrosius beste Freundin bezeichnen kann, hat Angst ihr zu wiedersprechen. Oh man.

Danach schweige ich durchgehend, bis die Karavane von Geländewagen langsamer wird und schließlich anhält. Ich schiebe Sandie, die näher am Ausgang sitzt, zur Seite und springe auf das Gras.

"Endlich wieder Luft", seufze ich und atme tief durch. Hinter mir steigen noch ein paar andere, verängstigte Personen aus, die den Angriff der Mutationen auf unser Dorf überlebt haben. Eigentlich wollte ich nicht auch mit zu dieser Bunkerstadt, und vermutlich haben die meisten auch keine Lust auf mich. Sie nennen mich ein Pulverfass, unkontrollierbar und gefährlich.

Da kommt ein Mann auf mich zu und streckt mir seine Hand entgegen. Ich mustere sie nur, mache aber keine Anstalten sie zu schütteln. Diese Drecksränder unter seinen Fingernägeln sind ekelhaft.
"Sind sie Hannah?", fragt er mit einem Stirnrunzeln, als er seine Hand wieder sinken lässt. Ich muss grinsen, immerhin kann man nicht sagen das ich besonders unaufällig aussehe. Mit meinen blau gefärbten, ellenbogenlangen Haaren, dem Diadem im Haar und meinen schwarzen Kleidern kann man mich nicht sehr leicht verwechseln. Er scheint mein Schweigen richtig zu deuten und macht eine Handbewegung, die aussagt das ich ihm folgen soll. Weil ich mich ja nicht gleich unbeliebt machen will, tue ich dies sogar. Auch wenn es mir schwer fällt, hinter diesem Mann in den Bunker zu gehen, wenn man zehn Jahre seines Lebens nie ohne den Himmel gelebt hat.

Der Mann führt mich in eine Art Heizungskeller. Ich muss grinsen. "Wenn sie mich jetzt überfallen wollen, muss ich sagen das ich Menschen schon wegen weniger die Kehle aufgeschnitten habe..."

"Ich weiß, das habe ich schon gehört, aber um genau das geht es. Sie dürfen ihr Messer nicht behalten."

"Wenn du an dieses Messer gehst, wirst du tot sein!" schreie ich da und in meiner Wut schlage ich gegen eines dieser Rohre, was wohl ein Fehler war. Denn den lauten Gong hört man vermutlich im ganzen Bunker.


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