24: Improvisation at it's best!




We do, what we do best. We improvise.

(Paul Walker: "Fast and Furious 6")

LEXY

Völlig verkatert wachte ich am nächsten Morgen auf.

Und ich konnte es einfach nicht glauben.

Das Grinsen ließ sich nicht von meinem Gesicht wischen, es blieb einfach stehen, auch wenn dieser frühe Morgen einen faden Beigeschmack mit sich brachte: Es war der Tag der Abreise. Emma und Robbie würden sich genau so verabschieden, wie Ed und die One Direction Jungs. Mit anderen Worten: Die Menschen, die mir in einer Woche mehr Freunde waren, als es meine angeblichen Freunde mein Leben lang waren, werden mich verlassen. Und als kleines Sahnehäubchen werde ich meinen Job an den Nagel hängen dürfen.

Doch trotz alledem überwog die gute Laune. Nie im Leben hätte ich es für möglich gehalten, dass ich mich über meine viel zu große Klappe einmal freuen würde aber wer konnte schon behaupten die Gitarre von Brian May angefasst und mit den legendären Queen Mitgliedern getanzt zu haben?

Emma hatte es tatsächlich geschafft. Im Gegensatz zu ihrer Aussage, hatte Niall eigentlich gar nichts damit zu tun gehabt und war genau so von der Rolle gewesen, wie ich. Auch wenn ich ihr nicht komplett hatte folgen können, schien es wohl so gewesen zu sein, dass Roger Taylor ein großer Robbie Williams Fan war und dementsprechend Emma ihren Wunsch eines kurzen Meet & Greets nicht hatte ausschlagen wollen. Außerdem habe Teddy so zuckersüß drein geschaut, da habe der Großvater nicht widerstehen können. Wo sie so schnell die kleine Tochter Robbies hergezaubert hatte, wollte ich lieber nicht wissen. Stattdessen hatte ich jede einzelne Sekunde genossen und mich einfach in die erste Reihe gestellt, um mit Harry, Niall, Ginny, Owen und natürlich Emma zu tanzen, während Adam Lambert seinem großen Idol wahnsinnig nahe kam. Dass das Ironside Hotel, neben München, Freddie Mercurys liebster Urlaubsort war, wusste ich schon alleine aus Berufszwecken. Wyatt hatte den freakigen Mann mit der genialen, einzigartigen Stimme persönlich gekannt und ihn sogar dazu bekommen 'Somebody to Love' auf seiner Hochzeit zu singen, während die leider bereits verstorbene Eve Wyatt den Gang entlang schritt. Eben dieser Song lief um halb sechs durch meine Kopfhörer, als ich mich mit einem heißen Becher Kaffee auf den Weg zu meinem letzten Tag machte. Die Aufräumarbeiten standen an und alleine, weil ich meine Schicht an der Garderobe gestern nur halb angetreten war, wollte ich Caspar dabei helfen. Ginny und Owen hatte ich ebenfalls erwartete, doch meine Schwester schien tiefer als gedacht ins Glas geschaut zu haben. Andernfalls wäre Ms.-Pflichtbewusstsein sicher aufgelaufen.
Für offiziell beendet erklärte man die Feierlichkeiten um 12 Uhr nachts. Dem kleinen aber spektakulären Feuerwerk verdankte das Team für gewöhnlich das Ende und dementsprechend rechnete ich nicht damit, dass mir Caspar genervt entgegen lief und sagte: „Hol die Saufnase vom Tresen." „Dir auch einen wunderschönen guten Morgen", lachte ich darauf hin nur, öffnete die Eingangstür und verstimmte prompt. Cas hatte nicht gelogen. Direkt auf dem Tresen lag er und schlief, wie ein Baby. „Was zur Hölle?" fragte ich und lief vorsichtig auf ihn zu, um ihn nicht zu erschrecken. Doch gerade, als ich vor ihn trat, drehte er sich im Schlaf und rutschte von dem Ebenholz. Hätte ich den Fall nicht gebremst, läge er auf dem kühlen Parkett. So lag er verwundert auf mir. „Du bis' ja weich", murmelte er und machte Anstalten einfach auf mir weiter zu schlafen. Was ich natürlich zu unterbinden wusste. „Mach dass du hier runter kommst", quengelte ich, lachte aber dennoch. 

Es war schwieriger als gedacht, den völlig betrunkenen Ed a) von mir herunter und b) in sein Zimmer zu bekommen. Nur schwer schaffte ich es, mit Caspars Hilfe, in dazu zu bewegen mir in den Fahrstuhl zu folgen. Sobald dies geschafft war, lehnte ich ihn in die Ecke und stützte ihn, damit er mir nicht, wie ein nasser Sack zu Boden fiel. "Lexy?" fragte er schon beim ersten Stock und zog das y furchtbar hoch in die Länge. "Huh?" 

"Wills' du mit mir 'ommen?" 

"Mache ich doch schon, Ed", erwiderte ich nur und hoffte inständig, dass wir bald den dritten Stock erreichen würden, damit ich ihn ins Bett packen konnte. Dass ich Niall dafür wach machen musste, war mir ziemlich egal, immerhin konnte ich nichts dafür, dass Ed seine Schlüsselkarte dort vergessen hatte. Und abgesehen davon, dass Ginny nicht im Hotel war, hätte sie sicherlich ihre Schlüsselkarte nicht heraus gerückt.

"Ne, so mein' ich das nich'. Ich werd' verhungern auf Tour, weil meine Köchin schwanger is'. Komms' 'u mit un' kochst für mich?" 

"Meinst du das ernst?" Mit einem 'Pling' öffnete sich die Tür zum dritten Stock, doch wir blieben für einen kurzen Moment stehen. Ich verdattert, er orientierungslos aber mit einem ernsten Gesichtsausdruck. Die einzige Sache, die mir Sorgen bereitete war: Wenn er das ernst meinte, dann würde er sich hundertprozentig daran erinnern, denn er war niemand, der von Alkohol irgendwelche Gedächtnislücken bekam und dabei war es egal, wie viel er wirklich getrunken hatte. 

"'Türlich. Ich hätt' dich bei mir un' super Essen. Was will ich mehr?"

Sofern es möglich war, stand ich noch verdatterter da und brauchte einen Moment, bis ich lachte und den Kopf schüttelte. "Du bist betrunken." "Jap", erwiderte Ed darauf hin nur und ging voran. Vielleicht wankte und stolperte er mehr, als das er ging, aber er wankte und stolperte sehr zielstrebig auf seine Zimmertür, nur um dann völlig bescheuert dagegen zu Hämmern, als ginge es um Leben und Tod. "Den Rest schaffst du ja auch alleine", sprach ich irgendwie abwesend, sobald ich Niall von drinnen fluchen aber aufstehen hörte. 

Was war das denn gerade? Der Weg zum Fahrstuhl schien mir mit einem Male viel zu lang und der Kasten selbst, viel zu eng. Es war gerade einmal kurz vor halb sieben in den Morgenstunden und Ed schlug mir so in den Magen? Sobald ich im Erdgeschoss angekommen war, stürmte ich nach draußen. Ich brauchte frische Luft und das sofort! 

Mich völlig überfahren fühlend, schüttelte ich den Kopf über meine eigene Dummheit und raufte mir die Haare. Was machte ich mich hier eigentlich so verrückt? Ed hatte mir angeboten auf seiner Tour zu kochen, dies bedeutete frei über eine Küche herrschen zu dürfen, meiner Kreativität freien Lauf lassen zu können und mich auszuprobieren und das rund um den Globus. Oder anders gesagt: Er bot mir die Verwirklichung meines Traums an. 

Doch es waren die Umstände, die mir Kopfschmerzen bereiteten. Nicht nur, dass Ed völlig betrunken war, sondern auch die Tatsache, dass es für meine Verhältnisse viel zu Positiv war, der Zeitpunkt seines Angebots viel zu perfekt. Defacto musste irgendwo der Haken sein. Umso besser war es, wenn ich das Ganze möglichst schnell vergaß, meiner letzten Aufgabe nachging und mir zuhause die Reste des köstlichen Dinners, die ich mir gestern Nacht noch mitgenommen hatte, in die Mikrowelle schob. Damit könnte ich mich auf die Couch werfen, einen Wolverine, beziehungsweise X-Men- Marathon vollziehen und mein Leben wäre gut. 

Mit diesem Entschluss drehte ich mich um und wäre beinahe in die Brust meines bald Ex-Chefs geknallt. Natürlich erschrak ich mich fast zu Tode und quietschte auf, als hätte er mich gerade bei der Vertuschung eines Mordes ertappt. "Mr. Wyatt, ich, äh, war gerade auf den Weg zurück zu Caspar, äh ich brauchte nur ein wenig frische Luft", stammelte ich peinlich vor mich hin. Die eiserne Miene meines Chefs verwandelte sich prompt in ein Lächeln. Das Lächeln eines liebenden Großvaters, der kurz davor war seine Enkelin enttäuscht zu tadeln oder anders gesagt: Ich machte mir vor Angst und Respekt beinahe in meine Glücks-Spongebob-Unterhose. 

"Das wird nicht nötig sein, Ms. Acreman. Ich möchte gerne mit Ihnen sprechen. Begleiten Sie mich doch ein Stück, ich habe auch einen Kaffee mitgebracht. Hugh Jackman war so freundlich mir eine Probe seines Kaffees zu schenken, möchten Sie kosten?" 

Völlig verdattert nickte ich, sagte aber nichts, denn ich fühlte mich auch so völlig idiotisch. 

Dass DUKALES DREAM unfassbar gut schmeckte, machte die ganze Sache nicht besser. Schweigend lief Wyatt mit mir in Richtung der Gartenanlage. Jene Anlage, in welcher ich zum ersten Mal wirklich mit Niall gesprochen habe. "Ich würde Ihnen gerne eine Frage stellen, Alexis."

"Nur zu, was möchten Sie wissen." Sicher klang ich nicht, eher, als würde ich es kläglich versuchen aber wenn ich dem monströsen Kloß in meinem Hals und meinem Bauchgefühl vertraute, dann würde er mich ohnehin gleich um die Ecke bringen und das nicht nur sprichwörtlich. 

"Wieso sind Sie nach New York gekommen, wieso ins Ironside." 

Dass ich ihm diese Frage vor fünf Jahren bereits mit einem dicken Grinsen während des Vorstellungsgesprächs beantwortet habe, scheint er vergessen und so tue ich es nochmal. Die Stadt faszinierte mich schon immer, ich war ein familiärer Mensch, wollte groß heraus kommen. "Diese naiven Träume eben", fügte ich kleinlaut hinzu. 

"Wissen Sie eigentlich, dass Sie mich damals, wie heute, sehr beeindruckt haben, Alexis?" 

Beinahe spuckte ich den teuren aber guten Kaffee einmal quer durch die Hecke. "Wie bitte?" 

"Ja. Sie sagen, was Sie denken, Sie sind schonungslos ehrlich und lassen sich nicht alles gefallen. Beeindruckende und leider seltene Eigenschaften." Was bitte ging hier vor sich? Mit großen Augen sah ich den alten Mann. Er wiederum lächelte und bat mich, mich auf die Parkbank neben ihn zu setzen. "Worauf ich eigentlich hinaus will ist, folgendes." Oh Gott, jetzt kam es. Sicherlich erdolchte er mich gleich für mein bescheuertes Verhalten. Wie zum Teufel konnte es im März eigentlich so schrecklich heiß sein? "Das Ironside war immer ein familiärer Betrieb. Ich hatte nie vor zu expandieren und werde es auch nicht mehr tun. Wozu auch? Außerdem streitet sich diese Familie. Aber sie verträgt sich auch wieder, das müssen Sie und Ihre Schwester doch nur zu gut wissen." Auch wenn ich nicht wusste, worauf er eigentlich hinaus wollte, nickte ich stumm. "Wissen Sie, Alexis, ich hatte nie Kinder. Das Ironside ist daher mein Kind, die Angestellten, wie meine Enkel. Und jetzt, Alexis Acreman, möchte ich Ihnen einen Vorschlag unterbreiten und ich bitte sie inständig, ihn nicht abzulehnen." 

Sprachlos und völlig verdattert stand ich zwei Minuten später auf und stammelte etwas, wie: "Darf ich?" 

"Ich bitte darum." 

Überglücklich fiel ich dem alten Mann, der mit einem Male so gar nicht mehr, wie der unnahbare Vorgesetzte wirkte um den Hals. "Ach und noch etwas, wenn Sie mögen biete ich Ihnen einen Platz in der ersten Reihe an, wenn ich Sarah Johnson feuere."

"Ich bitte darum." 

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