2: "Ein Concierge zum Fortlaufen!"

Der verlorenste aller Tage ist jener, an dem man nicht über das Missgeschick eines anderen lachen konnte.

(Nicolas Chamfort)



NIALL



Völlig zermürbt trottete ich breite Flure entlang und zog meinen Koffer hinter mir her.

„Bitte entschuldigen Sie vielmals, meine Herren. Ein derartiger Buchungsfehler ist uns in diesem Hause noch nie untergekommen."

„Ach, das macht doch nichts", warf Ed sofort ein, ohne mich zu Wort kommen zu lassen. So wie er die Brünette im engen Kostüm musterte, wunderte es mich, dass er noch nicht sabbernd über sie hergefallen war. Unnötig nahe hatte er im Fahrstuhl neben ihr gestanden, ihr Hinterteil gemustert und mir anzüglich zugezwinkert. Zugegebenermaßen, ja sie war heiß. Wie hatte sie sich uns noch mal vorgestellt? Irgendetwas mit E, dessen war ich mir sicher, aber mir wollte beim besten Willen kein Name mehr einfallen. Dafür war ich schlichtweg zu müde.

Eines musste ich Ed aber lassen. Er hatte Geschmack. Spontan würde ich die Concierge auf 25, maximal 28 Jahre schätzen. Lange Beine, dunkle Haare, dunkle Augen, ein sympathisches Lächeln und diese Uniform betonte ihren Allerwertesten ziemlich gut. Sie war wirklich heiß. Aber im Gegensatz zu meinem Kumpel hatte ich die beiden fetten Klunker an ihren Fingern gesehen. Offensichtlich war sie eine verheiratete Frau und ihr Ehemann hatte es sich nicht nehmen lassen, seiner Herzensdame riesige und vermutlich teure Warnhinweise an die Finger zu stecken. Wenn er so viel Kohle für Schmuck ausgab, wollte ich seine Geduld lieber nicht auf die Probe stellen. Wer wusste schon, welche Geschütze, er oder vielleicht auch sie, auffahren würde, um seine/ihre Angebetete zu 'beschützen'.

„Ist schon in Ordnung, Miss-" „Eckersley, Sir."

Ich wusste doch, irgendwas mit E, dachte ich triumphierend, bevor ich ehrlich und vor allem unheimlich müde fort fuhr: „Miss Eckersley. Solange der Ausweichraum ein Bett hat, schlafe ich auch in der Besenkammer. Ehrlich, machen Sie sich da mal keinen unnötigen Stress, ich bin eh zu müde dazu. Ein Bett, Decke, Kissen und wir sind uns einig."

Wenigstens konnte ihr mein loses Mundwerk ein kleines Schmunzeln entlocken, sonst wäre sie wohl vor Scham im Boden versunken. Wozu denn überhaupt? Solange ich ein Bett hatte, war es mir völlig wurscht, ob ich auf einer Etage mit den anderen Jungs schlief oder eben nicht. Allerdings meinte ich es, trotz meines losen Mundwerks, genauso, wie ich es gesagt hatte. Die Jungs und ich kamen gerade von einem unheimlich ermüdenden Radiointerviewmarathon, zu welchem wir nach dem anstrengenden Konzert am gestrigen Abend im Madison Square Garden unverschämt früh hatten antanzen müssen. Sämtliche Fragen hatten sich gedoppelt und mein Gefühl, mir den Mund fusselig geredet zu haben, ließ sich nicht abstreifen. Die längsten drei Stunden meines Lebens. Wer auch immer auf die Idee gekommen war, uns um vier Uhr morgens herzubestellen, gehörte geschlachtet. Jetzt, um kurz nach acht Uhr in der Früh war es mir eigentlich herzlich egal, ob Harrys und Liams Zimmer, genau wie Louis' und Zayns im fünften und meines im dritten Stock lag. Ich wollte bloß noch schlafen.

Ed hatte sich irgendwann ab Utah zu uns gesellt. Seine Tour hatte er in Salt Lake City abgeschlossen und anschließend Harry kontaktiert. Seit dem hatte ich den Ginger an der Backe. Sicher, ich mochte ihn und ja, ich ging gerne mit ihm feiern. Aber sein Geschnarche jede Gottverdammte Nacht, trieb mich noch in den Wahnsinn. Irgendwann würde ich ihn im Schlaf ersticken oder aus dem Fenster werfen. Die zahlreichen Artikel sah ich schon beinahe vor mir.

Rasend schnell hatte sich Harry zu Liam verpisst, als es um die Verteilung der zweier Suiten ging. Dieser kleine miese Pisser wusste nämlich haargenau wie lieblich und friedlich sein Freund schlief. Zu meinem Leidwesen hatte ich jetzt also den völlig sexuell unterzuckerten Briten an der Backe kleben.Und konnte nichts dagegen tun.

„So, hier wären wir, meine Herren. Zimmer 345 verfügt über ein großes Himmelbett, einen Wohnbereich mit Free TV, WLAN-Zugang und ein großes Badezimmer." Mit einem mir viel zu vertrauten Geräusch ließ sie die Schlüsselkarte durch das Schloss rauschen und drückte die Tür auf. „Danke, Miss, ab hier übernehmen wir." Rasch nahm ich ihr die Karte aus der Hand, drückte ihr eine zwanzig Dollar Note in die Hand und schloss die Tür mit einem freundlichen Lächeln hinter mir. Endlich Ruhe!

Dachte ich.

„Niall, gib zu, die war heiß."

„Und verheiratet."

„Tatsache, aber kein Hindernis." Zwinkernd wandte der Rothaarige sich von mir ab, ließ seine Tasche im Flur fallen und lief in Richtung des Badezimmers, während ich meinen Koffer neben der Garderobe abstellte. Ich sah es nicht sofort. Stattdessen hörte ich einen menschlichen Körper, oder vielleicht auch zwei auf den Boden fallen. Sicher war Ed einfach nur ausgerutscht. Der Idiot hatte den Gleichgewichtssinn eines Elefanten. Wie oft er schon von der Bühne gesegelt war, da grenzte es beinahe an ein Wunder, dass er überhaupt in Fleisch und Blut vor mir stand. Wobei, tat er das überhaupt? Vielleicht war er auch nur einer dieser unheimlich nervigen Geistern, die es nicht einmal auf die Reihe bekamen in Ruhe zu sterben.

Gähnend schlüpfte ich aus meinen Schuhen und wollte sie gerade ordentlich nebeneinander drapieren, als mir ein zweites Paar in die Augen fiel. Die Schuhe waren viel zu klein und zierlich, um an Eds riesen Quadratlatschen zu passen. Auch, wenn ich es nicht wollte und ich wollte es wirklich, wirklich nicht. Aber dieser schwarze Fetzen mit dem breiten Spongebobgrinsen - der mir, nebenbei bemerkt vermutlich sehr, sehr viele Albträume bereiten würde - stach mir einfach ins Auge.

Somit konnte ich nicht anders, als das Ding zwischen die Fingerspitzen zu nehmen und nach Ed zu sehen. Immerhin dürften diese Sachen hier Anlass genug geben, nachzusehen, ob ich einen an der Waffel hatte. Denn auch, wenn mir meine mich- heimsuchender- Geist- Theorie besser gefiel, hatte ich hier doch handfeste Beweise in der Hand, die dieser widersprachen.

Was ich allerdings tatsächlich im Wohnbereich der Suite vorfinden würde, hätte ich niemals erwartet.

Zu meinen Füßen sah ich Ed liegen, irgendwie verknotet mit einer zierlichen Brünetten, eingewickelt in ein weiches Handtuch.

Gerade noch rechtzeitig, um kontern zu können, hörte ich die letzten Taylor Swift Verse aus den Kopfhörern der jungen Frau.



»'cause like

We hadn't seen each other in a month

When you said you needed space (What?)«


Bei diesem äußerst kuriosen Anblick, von welchem ich mir insgeheim noch erhoffte, dass es sich einfach um einen seltsamen Traum handelte und ich gleich einfach verkrampft im Taxi aufwachen würde, konnte ich nicht anders, als den Spongebob-Schlüpfer hoch zu halten und grinsend zu sagen: „Also ich denke deine Vorwürfe sind ein bisschen harsch. Wir haben uns doch noch gar nicht kennen gelernt. Außerdem denke ich, dass ich mich an die Dinger hier definitiv erinnern würde."

Anstatt, wie jeder normale Mensch rot vor Scham anzulaufen und sich irgendetwas bescheuertes zurecht zu stammeln, stellte sich die Frau, einen guten Kopf kleiner als meine Wenigkeit, mit absoluter Sicherheit vor mich und stemmte mit empörtem Gesichtsausdruck die Hände in die Hüfte. „Also, das ist wirklich unerhört! Was erlauben Sie sich einfach in fremde Suiten einzudringen und die Kleidung anderer Gäste anzufassen? Sind Sie einer dieser kranken Stalker oder wie habe ich das zu verstehen? Ich möchte – nein, ich verlange, dass Sie sofort verschwinden, sonst fühle ich mich gezwungen die Polizei zu rufen!"

„Das ist doch ein schlechter Scherz oder? Ich glaube Sie wollen mich verarschen", rutschte es mir einfach so heraus. Trotzdem traf es den Nagel auf den Kopf. Während ich das Klopfen nur flüchtig wahr nahm und sah, wie Ed auf die Tür zu lief, fühlte ich mich von der Kleinen vor meiner Nase kräftig verarscht!

„Ganz und gar nicht! Ich möchte, dass Sie sofort meine"- „Lexy!?"

Wie genau die Brünette Concierge, Miss- Was-auch-immer, jetzt genau in unsere Suite gekommen war, war mir irgendwie entfallen. Stattdessen stand ich zwischen den beiden Brünetten Damen und spürte Eds Arm auf meiner Schulter. Als würde sich vor uns ein Kinofilm abspielen, standen wir da und schauten zu, wie die ältere an der jüngeren rumzerrte, um sie von uns wegzuziehen. Probleme löste man schließlich nicht vor dem Gast.

„Bist du jetzt völlig verrückt geworden", zischte die Concierge leise, aber nicht leise genug. „Erkläre mir mal, wie ich das Geradebiegen soll, Fräulein." „Spiel doch einfach mal mit Ginny..."

„Also ich wette auf die Eckersley und du?"

Fassungslos sah ich zu meiner Rechten. Zu dem perfekten Chaos fehlte nun nur noch, dass sich Ed mit einer XXL- Packung Popcorn auf einen der Stühle aus dem Wohnbereich setzte.

Wenn ich heute noch schlafen wollte – und das hatte ich definitiv vor, sonst würde ich noch explodieren – blieb mir nichts anderes übrig, als diese Diskussion zu leiten. Somit brüllte ich einfach drauf los, solange, bis ich die Aufmerksamkeit der beiden hatte. „So und jetzt sammeln Sie sich beide mal, klar? Und Sie" – ich zeigte auf die Ältere der beiden, denn sie schien mir eindeutig kompetenter als die halb nackte. „- Sie erklären mir jetzt bitte in einer Kurzfassung, was zum Henker hier los ist, damit ich endlich schlafen kann. Ich hab nämlich dezent den Faden verloren, hier in diesem Chaos."

„Mr. Horan. Ich kann mich gar nicht genug entschuldigen. Wo soll ich nur anfangen? Bitte entschuldigen Sie meine kleine Schwester hier. Jennifer hat ein geistiges Problem. Unsere Mutter hat während ihrer Schwangerschaft getrunken und seitdem ist die Kleine ein wenig verwirrt. Ich kann Sie nur inständig darum bitten, Mr. Horan, das Sie mich dieses Problem klären lassen. Natürlich werde ich dafür sorgen, dass Sie freien Zugang zum Wellnessbereich erhalten und Ihnen der Aufenthalt in unserem bescheidenen ❛Ironside Estate❜so angenehm, wie nur möglich gestaltet wird. Ich bitte Sie inständig, Mr. Horan, dieses unprofessionelle Fehlverhalten zu entschuldigen und-"

„Okay, okay!" Abwehrend hob ich die Hände und unterbrach die Dame weniger Gentleman-like, bevor ihr Kopf noch explodierte. Völlig rot angelaufen und mit kleinen Schweißperlen auf der Stirn hatte sie einfach drauf los geplappert und mich so in Grund und Boden geredet. Ihre zitternden Hände waren mir allerdings nicht entgangen und irgendwie schaffte sie es, trotz ihres nervösen Geplappers, dass ich Mitleid mit ihr bekam. Wenn ihre kleine Schwester wirklich eine Schraube locker hatte, dann wollte ich lieber nicht noch nachtreten.

„Wissen Sie was? Wir vergessen das alles hier einfach okay? Ich brauch auch keinen Wellnessbereich, keine freie Minibar oder ein Gespräch mit der Hotelleitung. Ich will nur schlafen und das jetzt. Also lassen Sie uns das hier einfach vergessen", schlug ich aufgrund dessen vor und fügte gedanklich hinzu: Ich hoffe ohnehin immer noch, dass es ein mieser Traum ist.

„Oh, Mr. Horan, ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll!"

„Danken Sie mir, in dem sie dafür sorgen, dass wir nicht mehr gestört werden."

„Sehen Sie diese Angelegenheit als erledigt an!" Ruppig zog die Concierge an dem armen Mädchen im Handtuch herum und gerade rechtzeitig schnappte sie nach ihren Chucks.

Die Spongebob-Unterhose hatte ich noch immer in der Hand.














☁☁☁☁☁☁

Euer Feedback war absolut genial, ich fühle mich geehrt!

Entschuldigt bitte, dass es langsamer voran geht. Eigentlich ist NYN noch in den Babyschuhen aber ich musste nach dieser tollen Rückmeldung einfach nochmal weiter schreiben und hoffe natürlich, dass es euch gefallen hat :3

Ein großer Anteil des Hauptgrundes für dieses Kapitel ist aber das wunderschöne Cover, dass mir die liebe babycalledhaz  erstellt hat! Ich bin absolut verliebt, also noch mal ein ganz ganz großes Dankeschön an dich!

So jetzt hat Ginny ihre Schwester also erwischt und dabei wollte sie Niall und Ed bloß Wellnessgutscheine vorbeibringen, um den Buchungsfehler wieder gut zu machen.

Was glaubt ihr, hat das für Konsequenzen für Lexy? Immerhin hat ihre Schwester ja für sie gelogen?

Ich bin gespannt, was ihr so denkt und verabschiede mich dmait bis zum nächsten Mal :)

Alles Liebe, Jessi





P.S.: Inspiration für dieses Kapitel hat mir Michael J Fox's "For Love or Money" oder zu Deutsch "Ein Concierge zum Verlieben" gegeben, deshalb seht ihr oben den Trailer eingefügt. Ironischerweise habe ich während des Schreibens den "Moulin Rouge!" Soundtrack gehört, während Lexy nur im Handtuch dort im Zimmer rumspringt :D

27032017

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