1: Das Spongebob-Debakel
❝Manchmal hat es wirklich keinen Sinn die Stirn zu fletschen und die Zähne zu runzeln.❞
(Heinz Erhardt)
❮ LEXY ❯
Ich bereute es schon aufgestanden zu sein, bevor ich auch nur in die Nähe des ❛Ironside Estate❜ kam. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass es ein absolut beschissener Tag werden würde.
Nicht nur, dass mein Lieblingsblazer mit Karamellsoße beschmiert war und meine weißen Socken rosa gefärbt aus der Waschmaschine kamen, nein. Mein grandioser Vermieter hatte es fabelhafter Weise versäumt, die Heizungs- und Wasserrohre regelmäßig überprüfen zu lassen. Dementsprechend hatten eben jene ein Leck, was bedeutete dass es mir noch immer vorkam, als würde ich stinken, wie ein Iltis. Zwar hatte ich versucht mit einem zusammengerollten Waschlappen zwischen den Zähnen das kalte Wasser zu ertragen, doch sonderlich lange hatte ich es unter der Dusche nicht ausgehalten. Sobald das eiskalte Wasser über meinen Rücken gelaufen war, hatte ich mir die Zähne ausgebissen und war schreiend wieder aus der Dusche gesprungen. Keine Chance. Somit würde ich mich noch vor Dienstbeginn einfach an meiner Schwester vorbei schleichen müssen.
In die Sammelduschen des Arbeitertrakts brachten mich keine zehn Pferde mehr, nachdem sich Betty, eine geschätzte Kollegin fiesen Fußpilz eingefangen hatte. Anhand der fünf Sterne, welches das Logos des Hotels an der Ecke 90. Straße Riverside Drive zierten, hätte man meinen sollen, dass zumindest die Hygiene auch im Angestelltentrakt groß geschrieben wurde. Nope. Fehlanzeige.
Somit schlich ich mich nicht zum ersten Mal an den Schlüsselbund meiner großen Schwester Ginny. Es musste doch irgendeinen Vorteil bringen, dass sie sich mittlerweile zum Concierge hochgearbeitet hatte oder?
Mit flinken Fingern öffnete ich ihren Spind, dessen Kombination ich selbstverständlich kannte. Hätte sie mich je gefragt, hätte ich ihr sicherlich auch meine Kombination verraten. Doch Ginny hatte nie gefragt. Meine Schwester hing an ihrem Job. Vermutlich fiel es mir deshalb schwerer als beim letzten Mal an die Kopie des Generalschlüssels zu kommen.
Im ❛Ironside Estate❜ besaßen nur eine Auswahl an Mitarbeitern eine Generalschlüsselkarte und dies auch nur für die Etagen, für welche sie auch zuständig waren.
Dementsprechend würde meine morgendliche Dusche in der dritten Etage stattfinden.
„Ich tue einfach mal so, als hätte ich es nicht gesehen, okay?" Kurz zuckte ich zusammen. Ohne diesen unverwechselbaren spanischen Akzent wäre ich vermutlich fluchend davon gelaufen. Caspar, 34 Jahre, Spanier, verboten heiß und der schwulste Mann auf diesem Planeten, tauchte hinter mir auf. Gelassen lehnte er gegen einen der Spinde und schob sich die dicke, schwarze Hornbrille auf die Nase.
„Exakt Cas", erwiderte ich keck und schlug den Spind meiner Schwester zu. Die Schlüsselkarte verstaute ich in einem gesonderten Fach meiner lädierten Ledertasche. Noch bevor ich aus dem Umkleideraum verschwinden konnte, hörte ich ihn mit der Zunge schnalzen: „Tztztz. Stell dir nur mal vor wie deine Schwester reagieren würde, wenn sie wüsste, was für eine kleine, diebische Elster du bist. Oder dein Schwager erst. Ich wette, dass die Klos danach dein neues Zuhause würden."
„Was willst du, Caspar?" Eigentlich war meine Frage überflüssig. Ich wusste genau was diese kleine Ratte von mir wollte.
„Du weißt ja-" „Der einfachste Weg in die Hose eines Mannes sind meine Spinat-Quesadilla." Genervt seufzte ich auf und zog mein Handy aus der Gesäßtasche, um den Kalender zu öffnen. „Wann brauchst du sie?"
„Du bist ein Engel!" Ein breites Lächeln huschte über seine Lippen, als er mich vor Freude in die Arme nahm. Mein Stolz bekam nicht zum ersten Mal einen Knacks, als er mich spielend leicht, wie eine Puppe hochhob und schließlich wieder auf den Beinen absetzte. „Meinst du, du kannst am Donnerstag? Ich schwöre dir, José ist was Besonderes!" Aha. Die Sache musste ja einen Haken haben. „Weißt du, eigentlich ist es echt peinlich, mein Hase. Du bist zur Hälfte ein Spanier und fragst eine Britin, ob sie dir Quesadillas zubereiten kann, damit du mal einen-" „Mexikaner-" „-einen Mexikaner flachlegen kannst." „Ich will ihn nicht nur einmal flachlegen." Anzüglich hob er seine Augenbrauen und zwinkerte mir zu. „Also, wann hast du gesagt, Donnerstag?" Prüfend scrollte ich durch den Kalender. Das konnte er völlig vergessen. Absolut unmöglich.
„Dir ist bewusst, dass in zwei Tagen, dieses Promi-Benefiz-Golf-Dingens-Kirchens stattfindet oder? Owen hat mich in der Küche eingetragen. Heißt: Zwiebeln schälen und Karotten schnippeln bis zum Umfallen. Diese verwöhnten Gören wollen immer alles am liebsten sofort, absolut gleichzeitig und schön nach ihrer Nase. Das wird 'ne riesen Arbeit."
Caspars Grinsen verschwand umgehend von seinen Lippen. Denn ich hatte Recht. Er hatte völlig vergessen, dass in zwei Tagen die Welt in unserem Hotel untergehen würde. Jeden Tag wartete ich auf die Ankunft des Secret Service. Obwohl ich durchaus nicht hinterm Mond lebte, hatte ich mittlerweile den Überblick verloren, wer nun alles hier unterkommen wollte, um sich auf dem Hoteleigenen Golfplatz Bälle um die Ohren zu hauen. „Ach Scheiße", fluchte er. Das konnte er laut sagen.
„Ich lass mir was einfallen, Cas. Aber jetzt muss ich erstmal duschen."
„Du stinkst aber auch echt, Kleines."
„Charmant wie immer, diese Spanier."
Auf dem Weg nach oben versuchte ich so unauffällig, wie möglich durch die Gänge zu huschen. Auf dieser Etage ein freies Zimmer zu finden, glich immer wieder russischem Roulette. Es war einfach reine –absolut nicht erlaubte- Glückssache. Doch gerade diese Tatsache, machte es für mich immer irgendwie reizvoll. Während meine Schwester gehorchte, war ich immer dieser typische kleine Teufel gewesen, welcher die Regeln er Eltern ein wenig dehnte.
Der rote saubere Teppich schmiegte sich perfekt an die weiß-samtroten Wände der dritten Etage an. Meine liebste würde jedoch immer die fünfte bleiben. Ihre strahlenden Fließen, in welchen sich alles spiegelte, harmonierten perfekt mit den weiß-goldenen Wänden. Die marmornen Säulen kreierten ein wunderbares Palastfeeling. Jeder Mensch, ob Angestellter oder Gast, fühlte sich wie ein König. Die einen länger, als die anderen, doch ich liebte diese Etage.
Erst das dritte Zimmer, Nummer 345 war wirklich leer. Hundertprozentig sicher, dass niemand einchecken würde, konnte ich nie sein. Aber mehr als eine halbe Stunde würde ich schon nicht benötigen. Sobald ich das Zimmer betreten hatte, sperrte ich die Tür hinter mir ab und striff die Schuhe von den Füßen, um keinen unnötigen Dreck zu verbreiten. Meine Kollegen vom Zimmerservice wollte ich schließlich nicht arbeitslos machen, weil sich ein Kunde beschwerte, sein Zimmer wäre nicht angemessen gereinigt worden. Flink huschte ich anschließend über die Fließen ins luxuriöse Badezimmer. Luxuriös für meine Verhältnisse: Eine große Dusche, eine geräumige Badewanne und ein riesen großes Waschbecken. Mit ein bisschen Anstrengung hätte ich mich mit meinen zarten 1.63 Meter wahrscheinlich schon dort drin baden können. Vorausgesetzt man stellte mir eine Leiter bereit.
Leise ließ ich mein Handy Musik abspielen. Sobald ich die Melodie erkannte, entspannte ich mich vollkommen. Bei bestimmter Filmmusik entwickelte ich mich immer wieder zum kleinen Geek. Leise die Klänge von ❝Dracula Untold❞ mitsummend, ließ ich das heiße Wasser meine angespannten Glieder wieder ein wenig lockern. Auf dem Waschbecken hatte ich mein von zuhause mitgebrachtes Shampoo stehen und schmierte mir es im Rhythmus zu Ramin Djawadi's ❝The Brood❞ in die Haare. Obwohl nicht wirklich zum Mitsingen geeignet, stammelte ich mir flüsternd irgendetwas zu der Musik zurecht, dass in meinen Ohren überraschend transsilvanisch klang.
Noch während meine Haare (und hoffentlich mein Körper), eingewickelt in ein viel zu weiches Handtuch begannen zu trocknen, fischte ich ein paar meiner Haarsträhnen aus dem Sieb im Abfluss und begann damit das Badezimmer wieder ordentlich herzurichten. Obwohl ein Gast in diesem Hause nicht einmal einen Staubwedel schwingen musste - ich war mir sicher, einige meiner Kollegen wären gegen entsprechendes Entgelt bereit, dem Gast die Füße zu küssen- befanden sich im Schränkchen unter dem Waschbecken immer einige Reinigungsmittel und verschiedene Schwämme. Unter normalen Umständen, hätte ich es für absolut überflüssig befunden. Mir kam es jedoch sehr zu Gute, denn somit konnte ich immerhin meine Spuren angemessen beseitigen, ohne meine Kollegen in Verruf zu bringen.
„Dieses blöde Handtuch", zischte ich leise. Für meinen Geschmack war der Stoff einfach viel zu weich. Ich fühlte mich immer noch nass, obwohl ich bereits vor über zehn Minuten aus der Dusche gestiegen war. Wenn es nach mir ginge, mussten Handtücher von selbst in der Ecke stehen können und die nasse Haut einfach weg kratzen. Weichspüler hatte mein Leben in dem Moment verlassen, als ich vor fünf Jahren am Kennedy Airport aus dem Flugzeug gestiegen war.
Dank der zufälligen Wiedergabe wurde ich nicht mehr von Filmmusik beschallt, sondern von Taylor Swift durch die Kopfhörer, welche ich inzwischen eingesteckt hatte, besungen. Meine Stimme klang furchtbar. Nur allzu oft, hatte Owen mich mit einer überfahrenen Katze verglichen. Diese Tatsache, die mir durchaus bewusst war, hinderte mich allerdings nicht daran, leise singend meine Haare aus dem Handtuch zu befreien und sie zu einem strengen Dutt zusammen zu binden.
»I remember when we broke up the first time
Saying, "This is it, I've had enough"«
Leise und schief trällernd stolperte ich aus dem Badezimmer. Ich Trottel hatte nicht nur meine Klamotten, sondern auch meine Unterwäsche im Wohnbereich gelassen. Die Fließen waren kalt und vermutlich beschleunigte ich nur deshalb meinen Gang.
Dumme Entscheidung.
»'cause like
We hadn't seen each other in a month
When you said you needed space (What?)«
Durch einen dumpfen Zusammenprall landete ich auf meinem Allerwertesten. Zum ersten Mal freute ich mich über die viel zu weichen Handtücher, denn sie federten meinen Sturz auf meinen runden und für meinen Geschmack stark gepolsterten Arsch ziemlich gut zusätzlich zu meinem Speck ab. Erschrocken zog ich einen Kopfhörer aus dem Ohr und hörte einen irischen Akzent lachend sagen: „Also ich denke deine Vorwürfe sind ein bisschen harsch. Wir haben uns doch noch gar nicht kennen gelernt. Außerdem denke ich, dass ich mich an die Dinger hier definitiv erinnern würde." Triumphierend hielt er meinen Slip in die Höhe.
Ausgerechnet heute.
Ausgerechnet heute hatte ich meinen schwarzen Slip mit fettem Spongebob-Grinsen, welches sich fröhlich über beide Pobacken erstreckte, eingepackt.
☁☁☁☁☁☁
Euer Feedback zu meinem bescheidenen Prolog hat mich wirklich umgehauen! Ich danke jedem einzelnen fantastischen Leser für seinen Kommentar! *-*
Hier wäre nun das erste Kapitel, in welchem ihr vor allem Lexy und ihre Art, aber auch den sexy Caspar kennen lernt ;) Ich hoffe euer erster Eindruck hat sich nun nicht zum schlechten gewendet XD
Ab hier geht es allerdings erst einmal langsamer voran und es dauert ein Weilchen, bis Ginny, Niall und Ed auf der Bildfläche erscheinen :)
Nichtsdestotrotz wünsche ich euch natürlich einen schönen Abend, vielleicht habe ich euch ja ein bisschen zum Schmunzeln gebracht, denn dies ist der Sinn und Zweck von "New York Nights" :3
Alles Liebe, Jessi ♥
☁ 17032017
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