1. Hilg

Hongjoong ließ sich kaum die Zeit richtig heimzukommen, ließ nur unzeremoniös seine Tasche auf den Boden fallen und kippte seufzend auf sein Bett.

Er wollte sich nie wieder von seinem kuscheligen Mantel trennen.

Seonghwa lachte leise, als er Minuten später den Raum betrat, ihren Captain wie einen Seestern ausgestreckt auf seinem Lager fand.

"Was, sie war doch gar nicht so anstregend! So nett." Er stellte seine Tasche ebenfalls ab, räumte die Hongjoongs ordentlich zur Seite.

"Sie mag dich, weil sie dich lieber jeden Tag nach dem Aufstehen gesehen hätte, als ihren eigenen Sohn.", jammerte Hongjoong kaum böse in sein Kissen, vergrub den Kopf darin, um Seonghwas selbstgefälliges Grinsen nicht sehen zu müssen.

Seine Mutter hatte schon recht, er sah Seonghwa auch gerne jeden Tag nach dem Aufstehen.

Das Bett sank unter dem Gewicht des Nachtwandlers ein, als er sich an Hongjoongs Seite setzte, träge begann mit dem Haar in seinem Nacken zu spielen.

"Sie verpasst eindeutig etwas. Ich wache gerne neben dir auf."

Hongjoong murrte nur, tat seinem Freund allerdings den Gefallen sich zu ihm umzudrehen. Für einen Moment blinzelte er müde zu ihm herauf, zu der Schönheit seines Nachtwandlers im weichen, orangenen Licht ihres Zimmers. Ein träges Grinsen spaltete Hongjoongs Lippen.

"Na immerhin einer. Gut zu wissen." Mit etwas Gewühle und Gekrame schaffte er es sich um Seonghwa zu schmiegen, den Kopf auf dessen Schoß abzulegen. Ein leises Gähnen entschlüpfte ihm und wieder flatterten seine Lider, verlangten nach Ruhe. Seonghwas Finger waren so weich und lockend in seinem Haar, zogen ihn nur tiefer hinab in die Betäubung des Schlafes.

Für einen kurzen Moment war alles still und die Dunkelheit streckte sich angenehm hinter Hongjoongs Lidern, dann riss ihn das Geräusch von Schritten wieder aus der Trance.

"Captain, hast du-! Oh. Tut mir leid. Ich wollte nicht stören." Wooyoungs Stimme ging sofort von laut und aufgeregt in ein zischendes Flüstern über. Seonghwa seufzte leise über ihm und Hongjoong wandte Wooyoung möglichst nonchalant den Kopf zu, versuchte nicht all zu verschlafen auszusehen.

"Was gibt's, Woo?"

Wooyoung schien für einen kurzen Moment nachzudenken, die zart blauen Fühler wippend, dann breitete sich ein verdächtiges Grinsen auf seinem Gesicht aus.

"Was hast du denn da unten gemacht, Cap?"

Mit einem Stöhnen rollte Hongjoong von Seonghwas Schoß, kurz davor sich auf die Beine zu schwingen und ihren lokalen Lashunta durch ihren Unterschlupf zu jagen, als der bereits kichernd hinter den Türrahmen huschte. Nur sein lockiger Kopf lugte noch vorsichtig um die Ecke, sein sonniges Grinsen voller Heiterkeit.

"Ich wollte dir nur bescheid sagen, dass Changkyun oben wartet. Er meinte, er hätte noch etwas mit dir zu klären." Mit einem Achselzucken und einem sonnigen Grinsen huschte er davon und Hongjoong ließ sich wieder seufzend an Seonghwas Schulter fallen.

"Ist ja nicht so, als gäbe es hier unten viel zu machen.", murrte Hongjoong erschöpft von dem endlosen Necken des anderen, schmiss aber immerhin mal wieder die Beine vom Bett, um sich zu ihrem Freund und einzigem Nachbar aufzumachen.

Seonghwa verharrte für den Moment, fasste sich sanft eine Hand voll Haar an Hongjoongs Kopf und zog ihn etwas beiseite, entblößte seinen makellosen Hals mehr.

"Kann man ändern." Seine Stimme war tief und schwer mit seinem Akzent, ließ Hongjoong auch nach vielen Monaten noch wohlig schaudern und sich aus seinem lockeren Griff winden.

"Vielleicht wann anders. Ich bin totmüde, komme aber gerne morgen früh noch einmal darauf zurück."

Er war schon halb zur Tür raus, winkte noch einem verloren im Wohnzimmer stehenden Mingi, als sich Jongho an seine Fersen heftete. In stummer Souveränität begleitete er Hongjoong auf seinem Weg nach draußen, durch die spärlich erleuchtete Kristallhöhle und an die frische Luft. Changkyun war bereits hier und lehnte an einer der zerbrochenen Säulen, die den Eingang ihres Unterschlupfes flankierten. Das Mondlicht schimmerte bleich auf seinen schwarzen Locken, akzentuierte weiter seine bleiche Haut.

Als er sie hörte, hob er den Kopf, ließ ein schwaches Lächeln erkennen.

"Hey, gut angekommen?"

Hongjoong erwiderte den Handgruß des Nachtwandlers, ließ mit genug Druck für einen Moment seinen ausgestreckten Zeigefinger um den eisigen des anderen haken. Jongho tat es ihm schweigend nach.

"Müde, aber alles klar, ja. Was gibt es neues?"

"Hier waren Leute... Sie haben nach euch gesucht. Ich denke, sie wissen, dass ihr hier seid." Changkyun lehnte sich mit verschränkten Armen an die Säule zurück und Hongjoong zog ebenfalls unwillig die Brauen zusammen.

"Was, Kopfgeldjäger?"

"Nicht mehr nur das. Sie haben mit dem Militär gedroht, wenn du dich nicht demnächst in Reingen blicken lässt. Sie wollten... Wooyoung denke ich."

Das war es wieder. Wooyoungs Vater machte ihnen mal wieder Druck.

"Wir werden auch ein paar Soldaten los. Er wird nicht die ganze Flotte auf eine kleine Crew hetzen können. Danke aber für deine Warnung, ich hoffe, sie haben dich nicht zu sehr belästigt?"

Changkyun schüttelte milde den Kopf, seine tiefe Stimme ehrlich.

"Haben sie nicht. Ich habe ihre Hintern gekickt und sie sind wie feige Hunde davongerannt. Kein Problem."

Hongjoong grinste ihn müde an und auch Jongho klopfte zustimmend seine Schulter, sah sich dann kurz verloren im finsteren Wald um.

"Wann wollen sie wiederkommen? Vielleicht sind wir bis dahin schon wieder weg."

"Morgen."

Sie tauschten skeptische Blicke.

"Das erscheint mir etwas früh, oder? Haben sie es so eilig Wooyoung wiederzukriegen? Ist ja nicht so, als sei er absolut nervtötend."

Hongjoong schlug sanft nach Jongho.

"Ich bin mir sicher, sie hecken etwas aus. Deswegen wollte ich dich heute Abend sehen und nicht erst morgen. Ihr wisst, wo ihr mich findet, sollte es Probleme geben. Ich bewache die Sunrise und habe sie startklar, sollten sie eine Falle planen."

Hongjoong nickte Changkyun dankbar zu, verabschiedete sich dann für den Abend von ihm. Er und Jongho gingen mit gleichermaßen gesenkten Köpfen durch den peitschenden Wind zurück zum Lager. Changkyun verschmolz problemlos mit der Finsternis, kehrte in sein eigenes oberirdisches Heim zurück.

Changkyun war vor ihnen hier gewesen, aber er erwies sich als der treueste Freund, den sie sich wünschen konnten. Er hatte in dem unterirdischen Höhlensytem gelebt, das sie nun behausten, war ein Nachfahre von denen, die es vor vielen Jahren gebaut hatten.

Die Geschichte um Akye und ihre Piratengruppe war nicht unbekannt, weder den Geschichtsbüchern, noch den modernen Piraten, die voller Respekt auf diese Crew zurückblickten. Changkyun war der Enkel einer ihrer Crewmitglieder und während er nicht dabei gewesen war, als die Kometencrew die illegalen Forschungen an den Nachtwandlern enttarnt und gestoppt hatten, so sah er einen gewissen Stolz darin der Nachkomme eines jener legendären Piraten zu sein.

Es war nicht schwer zu erraten, dass Changkyun von der Regierung wenig hielt und sie ebenso auf ihn herabsah. Die Piraten waren wieder in Ungnade verfallen und Changkyun zum hartnäckigen Gegner der Flotte geworden. Als einer der letzten Nachkommen der Kometen lebte er ihren Ruf weiter aus und kämpfte mit derselben Inbrunst. Es war kein Wunder, dass er Hongjoongs Crew vor den Mistkerlen von der Regierung verteidigte.

Hongjoong konnte es verstehen. Sie unterstützten einander.

Somit war es auch Changkyun, der ihre Besucher hier überwachte und im Notfall fortjagte.

Es war auch nicht das erste Mal, dass er es mit den Männern von Wooyoungs Vater zu tun bekam, aber deren Besuche häuften sich inzwischen. Hongjoong wurde bekannter, berüchtigter für seinen Gefängnisausbruch, den gekidnappten Lashunta und auch das Aufdecken des kriminellen Ringes, in dem San gewesen war (Taemin hatte ihm die Lorbeeren abgegeben).

Es war offensichtlich, dass Wooyoungs Vater seinen Sohn zurückhaben wollte, bevor der von Soldaten erschossen oder lebenslang eingesperrt wurde. Er entschuldigte es als Sorge, aber es ging ihm einzig und allein um seinen eigenen Ruf, auch das konnte man Wooyoung problemlos glauben.

Hongjoong würde morgen mal wieder ein Hühnchen mit ihnen rupfen, versuchen es ein für alle mal zu klären, aber natürlich würden sie wiederkommen. Der endlose Zyklus stoppte nie.

"Wir sollten einfach diesen Vater loswerden. Es ist nicht so, als würde Wooyoung es uns übel nehmen.", sprach Jongho mal wieder bitter ihrer aller Gedanken aus und wie jedes Mal seufzte Hongjoong nur schwer.

Er wollte nicht unbedingt Mord auf seiner Liste der Vergehen haben.

"Er weiß, dass wir ihn nicht töten würden. Das ist es ja, was ihm diese falsche Sicherheit gibt."

"Schick einfach Yeosang rein. Bester Assassine." Jongho erschauderte etwas während sie die Kristallhöhle durchquerten, friedlich um den funkelnden See in der Mitte wanderten.

Nein, Jongho hatte sich zwar gebessert, was Yeosang anging, aber er würde sich nie trauen dem beunruhigenden Mann den Rücken zuzudrehen. Hongjoong verkniff sich ein Lächeln.

"Vielleicht werde ich einmal Taemin deswegen fragen. Es kann nie schaden ihn um eine Meinung zu bitten. Er könnte eine effektivere Methode haben ihn vergessen zu lassen, als einen Nachtwandler zu schicken."

Jongho war ein netter Bursche und hielt seinem kleineren Kapitän zustimmend die Tür auf, bevor der wieder müde in ihr Lager schlurfte. Immerhin hatte jemand Mingi aus der Raummitte gesammelt, das war gut.

Dafür war San auf der weichen Couch in der Ecke zusammengerollt, in seiner Armbeuge eingenickt, während er ihre Ankunft erwartet hatte.

Ein Blick auf Jongho reichte und dann sammelte der Mann den absolut zutraulichen Dschinn bereits in seinen Armen auf, ließ seinen weißblonden Kopf betäubt an seiner Schulter zu liegen kommen. San war ihnen so nahe, schützte sie mit einer wilden Intensität. Er hatte nur wenige Monate gebraucht um sich vollkommen einzufinden und er würde seinen Platz um nichts in der Welt verlassen.

Hongjoong erinnerte sich noch zu gut, wie er ihnen mit misstrauischen Augen begegnet war und nun schlief er tief und fest in ihrem direkten Umfeld.

Jongho wünschte Hongjoong leise eine gute Nacht und trug ihn davon. Stolz und auch totmüde, zog Hongjoong sich ebenfalls zurück.


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