2. Teil Rückblick (Seoul)

Ach ja. Früher. Vicar hat mir gesagt, ich solle den zweiten Teil des Rückblicks erledigen. Mach ich.
Von ihm habt ihr ja schon erfahren, wie die ganze Scheiße losging. Als die Scheiße losging, waren X und ich zwei Landei - Freunde vielleicht dreißig Kilometer weg von den München-Vororten. Mein Vater war Jäger und hatte somit schon ein bisschen was an Bewaffnung, und als wir von der Evakuierung der Großstädte hörten, hat er zum Glück schnell geschaltet. Wir waren zu fünft. X war ein Waise, also hatte er niemanden, um den er sich sorgen hätte müssen. Mein Vater nahm die Gewehre mit und Er, meine Mutter, ein Freund meines Vaters, X und ich stiegen ins Auto und fuhren los, weg von München. Wir sind allerdings keine zehn Kilometer weit gekommen. Die Strecke war belegt mit toten Autos, schon das hätte uns zu denken geben sollen. Als wir um einen Lastwagen bogen, krachten wir in drei Zombies. Das Auto stoppte. Ich machte die Tür auf und rannte raus, genau wie die anderen. Die Zombies waren wieder auf den Beinen (einer hatte nicht mal mehr welche) und kamen auf uns zu. Hinter ihnen zehn weitere. Wir rannten (an der Reihe entlang; Richtung Stadt wäre Selbstmord gewesen. Der Freund meines Vaters - ich schäme mich dafür, dass ich nicht einmal seinen Namen kannte - rutschte aus und stürzte. Die Zombies hatten ihn erreicht und schon begonnen, ihn zu zerfleischen. Mein Vater fuhr herum. Ich sah Tränen in seinen Augen. Er reichte mir eines seiner beiden Gewehre samt Munitionsgürtel und sagte zu mir und X:
,,Passt auf euch auf. Wir sehen uns an einem besseren Ort!''
Erst wusste ich nicht, was er damit meinte - bis er mir einen Schubs in Richtung Wald gab, sich umdrehte, meine Mutter nahm und mit ihr in eine andere Richtung davonlief.
Mir stiegen Tränen in die Augen. Ich wollte ihnen hinterher, aber X hielt mich fest und sah mich an.  ,,Das tun sie für uns. Willst du das jetzt ruinieren?''. Er zog mich sanft am Arm und ich jämmerliches Arschloch wandte den Blick von meiner Familie ab und rannte mit X fort, fort von allem, was ich gekannt hatte.

Jep, das war die Geschichte, wie ich meine Familie im Stich gelassen hatte. Ein paar Tage waren X und ich auf der Flucht. Mal ehrlich, dass wir überlebten, war nur sein Verdienst. Ich war schier depressiv und zu nichts zu gebrauchen, doch er tat sein Bestes, um mich aufzubauen. Wir ernährten uns von Löwenzahn und anderen Pflanzen, was vorerst reichte, um nicht zu sterben. X fing an, Daten über die Zombies zu sammeln - ich half ihm, indem ich sie mit dem Gewehr meines Vaters erschoss (Er hatte mir schon früher gezeigt, wie man damit umgeht). Ich weiß, klingt blöd, aber am interessantesten sind Zombies, wenn sie tot sind. Man erschießt sie - und irgendwann, einen Tag oder eine Viertelstunde später, stehen sie wieder auf. Die lebenden Zombies nannten wir Jumper, da sie sehr agil waren und auch noch rennen konnten. Die Toten nannten wir Crawler, denn sie hatten jegliche menschliche Agilität verloren. Sie schlurften nur noch und waren allgemein sehr ekelhaft, aber als Gegner um einiges besser als Jumper!
Offenbar war der einzige Weg, einen Zombie umzulegen (also, richtig!) ihr Gehirn zu zerstören. Irgendwann hatten wir den Dreh raus, mit den Viechern umzugehen, denn wir begegneten fast jeden Tag welchen. Und dann hieß es: ab dafür, denn die Schüsse lockten andere an!

Irgendwann kamen wir zu einem Haus, dass verlassen ausgesehen hätte, hätten nicht ein paar Jumper auf die Tür eingeschlagen. ,,Was machen wir?'', fragte ich X. Er war definitiv der Anführer. Er überlegte kurz, dann sagte er: ,,Wir gehen rein. Könnte ja sein, dass der Grund für die Jumper vor der Tür noch lebt.''. Er hob die Brechstange, die er in einem verlassenen Haus gefunden hatte. Ich legte das Gewehr, eine Repetierbüchse, an.

Es war nicht einfach, alle Jumper zu erledigen ohne gebissen zu werden (Wir glauben, dass das eine Ansteckunsmöglichkeit ist). Ich erspare euch die blutigen Details. Die Tür ging auf und heraus kam ein ca. 1,80 großer Junge mit blonden Haaren (im Gegensatz zu X, der schwarzhaarig war, und mir als Asiate) und einem Gewehr in der Hand, rückblickend eine M870. Er richtete sie unschlüssig auf mich und X. Dann senkte er sie. ,,Ich freue mich wirklich, euch zu sehen'', sagte er und lächelte. Der gute, höfliche Vicar (Inzwischen kennen wir uns natürlich schon länger). Auch wir begrüßten ihn. ,,Scheint, als hätten wir deinen Arsch gerettet'', erwiderte ich prompt. Das Lächeln auf seinem Gesicht erstarb. ,,Scheint so, ja!'', bedankte er sich. Dann ergriff X das Wort. ,,Wie bist du hier gelandet?'', fragte er. Vicar runzelte die Stirn, als sei ihm etwas peinlich. ,,Ich bin zu dem Haus gekommen und dachte, vielleicht wohnt da noch jemand, den ich um Hilfe fragen könnte'', begann er, ,,aber raus kam nur eins von diesen... Tieren. Ich habe es getötet und nur ein paar Sekunden danach kamen die da an und ich habe mich im Haus verbarrikadiert.''

Ich sah ihn ernsthaft an. ,,Die ganze Gegend hier ist tot!'', sagte ich, nicht so unhöflich wie es sich anhört. ,,Du wirst hier nirgendwo mehr Hilfe bekommen!''. Ich sah zu X hinüber, um ein Nicken oder sonst eine Reaktion zu bemerken, aber seine Miene war vollkommen versteinert. ,,Der Zombie, den du erledigt hast. Wo ist er? Hast du ihm den Schädel demoliert?''
Vicar runzelte die Stirn und drehte sich zu einer Leiche um, die als einzige ihre graue Masse noch da zu haben schien, wo sie üblicherweise hingehörte. Ich hatte keine Zeit mehr, etwas zu sagen, denn da kam Bewegung in den Leichnam, er rappelte sich umständlich auf (etwas, das schon ,,verfaultere'' Crawler gar nicht mehr können) und wankte auf uns zu, mit ausgestreckten Händen. X holte mit dem Brecheisen aus und zielte Richtung Kopf, aber die Waffe prallte an den erhobenen Armen des Zombies ab, etwas knackte. Der Crawler packte X und wollte ihm die Zähne in den Hals graben, da nahm X das Brecheisen quer und rammte es ihm zwischen die Zähne. Endlich erwachten auch wir anderen aus unserer Starre. Ich trat seitlich gegen das Knie des Zombies und er sackte unter Stöhnen (und Knacken!) ein. Er vergaß X und konzentrierte sich nun voll auf meinen Schuh (widerlich!). Gerade als er daran herumbiss, fuhr der Griff von Vicars M870 auf den Zombie nieder. Der Schädel brach (mit lautem Knacken!) und Blut und Gehirn verteilten sich gleichermaßen auf den Boden, Vicars Gewehr und meinen Schuh. Wir drei sahen uns an.
Wir würden ein perfektes Team sein. 

Seitdem ist viel Zeit vergangen. Jeder hat ein paar Dinge gelernt, die zum Überleben unerlässlich sind. Ich, zum Beispiel, lud immer durch, wenn ich einen Zombie erledigt hatte. Seit mehreren Monaten schon ziehen wir herum, horten Lebensmittel und haben keine Ahnung, was eigentlich unser Ziel ist. Schon seit einer Woche habe ich keine Munition mehr, ich benutze das Gewehr nur noch als Schläger. X hat immer noch seine Brechstange und Vicar noch knapp ein Viertel seines Munitionsvorrates. Es muss etwas geschehen!
Wir sind momentan in der Nähe von Bayreuth, in einer alten Scheune, und beratschlagen.
,,Wir müssen in die Stadt, in eine Polizeidienststelle'', sagt Vicar. ,,Hoffentlich werden wir da fündig!''
,,Bayreuth ist zu groß! Die hätten uns eingekreist, ehe wir ,Steak' sagen können.'', entgegnet X, noch immer Anführer der Gruppe. ,,Dann gehen wir nach Kulmbach, in der Nähe! Es müsste um einiges kleiner sein. Auf jeden Fall, irgendwas müssen wir machen.'', schlug Vicar vor. Jetzt schalte ich mich ein. ,,Kulmbach ist gut, da war ich schon mal. Die Frage ist natürlich, wie würden wir es anstellen?''
,,Gut, dann können wir es machen.'', sagt X. ,,Allerdings, wir kennen die Stadt nicht - was eine gute Planung ausschließt. Es heißt also rein, draufhauen, raus. Genauer wirds nicht. Oder hast du dir was Wichtiges über die Stadt gemerkt, Seoul?''. Ach ja, die Spitznamen. Vicar hat seinen bekommen, weil er ziemlich christlich ist und auch sehr verlässlich - außerdem eine ziemlich gute psychische Stütze. Ich wurde Seoul, weil ich nun mal halber Koreaner bin und auf K-Pop stehe. Beziehungsweise stand. X heißt X, nicht weil er besonders weiblich wäre, sondern weil wir noch kein passendes Pseudonym für ihn hatten.
Ich schüttele den Kopf. ,,Nein, nichts von Bedeutung!''
X seufzt. ,,Also dann, legen wir los. Je weiter wir unseren Selbstmord aufschieben, desto weniger haben wir Bock drauf!''

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Moin Leute, hier Teil zwei, wie angekündigt. Das nächste Kapitel befasst sich mit Kulmbach. Falls ihr im Text irgendwo ein ,,AK'' statt ,,X'' entdeckt, weißt mich bitte darauf hin, habe es möglichst im ganzen Text korrigiert. Also dann Ciao -

Darcile

(und PS, bevor ihr mich vielleicht für bescheuert haltet: Ja, ,,Knacken'' war ein Running Gag!)

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