Kapitel 97
„Was sollen wir machen, Dad?!" Fragte ich nervös.
Rose Zustand wurde immer schlechter und sie verlor immer wieder ihr Bewusstsein. Sie war heiß, wahnsinnig heiß, als würde ihr Blut im Körper kochen.
Ihr Zittern hatte nicht annähernd nachgelassen und ihr Atem war hastig und unregelmäßig. Es war, als bilde sich in ihr ein immer stärker werdender Schmerz.
„Sie muss aufhören weiter in Ohnmacht zu fallen." Meinte Dad und kratzte sich nach einer ganzen vergangenen Stunde die Stirn. Wir hatten alle anderen Schnittwunden desinfiziert und die großen angeschwollenen Blutergüsse mit allem Kühlpacks aus ihrem Gefrierfach gekühlt, aber ihr schien nur wärmer und wärmer zu werden.
„Was kannst du uns über ihren Zustand sagen, Dad?" Fragte ich angespannt.
„Sie schwitzt momentan die Giftstoffe der Droge raus... das bedeutet, dass die Menge, die ihr gespritzt wurde, angemessen ist für die vorhergesehenes Wirkung. Sie hat keine Überdosis wie das letzt Mal erlitten." Antwortete er, „Ich kenne diese Droge nicht. Ihre Symptome sind mir unschlüssig und die Funktion dahinter erkenne ich auch nicht... Das einzige, was ich weiß ist, dass Ihr Körpertemperatur steigt und das nicht so sonderlich gut ist."
Es war, als hätte Rose 40 oder mehr Grad Fieber und ihr Körper nach jeder verstrichenen Sekunde schwächer wurde.
Und wir konnten nur zusehen.
„Sie wird Schmerzen haben sobald das Adrenalin komplett aus ihrem Körper ist und die Droge ihre volle Auswirkung erreicht. Wie gesagt, ich kenne sie nicht, also habe ich selbst keine Ahnung, was sie mit Rose hinterher macht... Geht vorsichtig mit ihr um. Rose ist sehr zugerichtet worden, jede kleinste Bewegung bedeutet für Sie Unmengen an Schmerzen." Erklärte er uns, dann traf sein Blick mich: „Kann ich kurz mit dir sprechen?"
Ich nickte,... Ich wusste worum das Gespräch gehen würde. Er stand unter Schweigepflicht,... nur war Rose keiner seiner Patienten.
„Du weißt, was mit ihr passiert ist." Sagte er direkt, sobald wir außer Hörweite von den anderen waren.
Erneut nickte ich leicht. Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen, ich hätte ihm alles heulend erzählt...
„Es ist also schon öfters vorgekommen." Setzte er logisch zusammen, „Warum wissen es die anderen nicht?"
Was sollte ich darauf antworten?! Brian und Ryan hatten ein größeres Recht darauf darüber Bescheid zu wissen als ich und trotzdem war ich diejenige, die ihr über Jahre hinweg geheim gehaltenes Geheimnis kannte. Ich war diejenige, die dagegen etwas hätte tun können... und trotzdem lag sie dort oben, verletzt und gebrochen.
„Sie ist nicht bereit dafür es den anderen zu erzählen..." Es war nicht komplett wahr. Größtenteils hatte sie nur Angst davor es Ihnen zu sagen,... Sie glaubte noch immer, dass sie jeder verlassen würde, sobald sie Bescheid wussten und sie am Ende ganz alleine da stand. Aber ich wusste es besser. Niemand hier war so herzlos.
Wir liebten Rose alle auf unserer eigenen Weise und würden sie nie verlassen... für nichts.
„Sarah. Vergewaltigungen hinterlassen massive psychischen Schäden. Ich weiß nicht, wie oft sie das schon durchleben musste, aber es muss aufhören. Irgendwann wird sie das nicht mehr aushalten und du weißt für welchen Ausweg sich viele Missbrauchsopfer entscheiden."
Ich wusste, dass Rose an ihrem Limit angekommen war. Sie wollte und konnte nicht mehr... Mir war klar, dass ich das einzige war, was sie bisher von dem eigentlichen Schritt alles zu beenden, verhindert hatte. Trotzdem glaubte ich, dass sie mehr als nur einmal darüber nachgedacht hatte...
In ihren Augen würde das niemals enden.
„Wenn du Hilfe brauchst, du weißt du kannst uns jede Zeit anrufen." Redete er weiter auf mich ein und ich nickte nur monoton.
Wenn Rose nicht einwilligte, musste ich meine Eltern und eventuell die Santos um Hilfe bitten. Eine andere Wahl hatte ich nicht mehr...
Rose hatte Angst vor diesem Kerl... Aber warum ließ sie es überhaupt soweit kommen?! Ich hatte sie im Ring gesehen, sie konnte sich locker aus seinem Griff schlagen. Warum endete sie dann jedesmal in so einem Zustand?! Was hatte er gegen sie in der Hand?
„Okay,... danke, Dad."
„Ciao, meine Kleine."
Seufzend legte ich auf, setzte mich kurz auf die Couch und vergrub mein Gesicht in meinen Händen.
Es war so viel was gerade durch meinen Kopf ging und keine dieser Fragen konnte ich wirklich sicher beantworten. Alles nur Vermutungen, die mich nur noch mehr verwirrten...
Umso mehr ich über Rose wusste, desto weniger verstand ich alles. Sie war gut darin mich soweit weg wie nur möglich von der Lösung ihres Rätsels zu halten. Wahnsinnig gut. Jeden Schritt den ich in ihrer Richtung machte, zog mich nur noch tiefer in ein Labyrinth, das keinen Ausgang zu haben schien.
Rose hatte mir vieles erzählt, mehr, als jedem anderen... und doch machte es alles keinen Sinn. Es waren viele unterschiedliche, kaum zusammenhängende Teile, aber die entscheidenden Informationen zur Verknüpfung der viele einzelnen Teile, ja die ließ sie aus. Sie machte es so geschickt, dass ich mit dem allen nicht wirklich etwas anfangen konnte.
Ich hasste es im Dunkeln zu stehen. Das letzte mal, als ich keine Antworten bekommen hatte, durchlebte ich die schlimmsten Jahre meines Lebens... soweit konnte ich es nicht nochmal kommen lassen. Wie sollte ich aber Rose zum Reden bringen?
„Sarah?" Rief Luke eher leise meinen Namen und zwang mich dazu aufzustehen. Ich hätte so oder so wieder hoch gemusst, Rose brauchte mich jetzt.
„Ja?" Nahm ich träge die letzte Stufe hoch zum oberen Geschoss.
Alle standen mit den selben besorgten und nervösen Blicken um Rose Bett herum wie zuvor. Ich sah in ihren Augen diese Trauer, die ich mehr als nur gut kannte. In ihren Köpfen schwebten die vielen Fragen, die ihnen das Herz in der Brust zerriss. Das war wirklich zu viel für sie, keiner von ihnen hatte jemals erwartet so etwas zu erleben und doch standen wir alle hier. Starrten auf den brutal zugerichteten vor uns auf dem Bett liegend Körper und hofften eventuell aus dieser Stille einige Antworten zu bekommen.
Brian setzte sich auf den Boden, neben das Bett und hielt vorsichtig Rose Hand. Mit wässrigen Augen sah er in ihr verletztes Gesicht: „Wir hätten sie davor schützen sollen."
„Ihr hättet das nicht wissen können." legte Jane eine Hand auf seiner breiten Schultern, aber er schüttelte nur leicht den Kopf: „Seit Jahren kommt sie verletzt zu Arbeit, oder verschwindet einfach so..."
„Wir dachten, dass sie jemanden besuchen ging... und eventuell in irgendeiner Schlägerei geraten war. Rose war schon immer so, dass sie sich auf die Seiten der Schwächeren stellte und ihnen half, ganz egal, wie viel sie abbekam... Aber so haben wir sie nie gesehen..." wischte sich Ryan eine kleine Träne weg und griff nach Luke Hand, der in näher zu sich zog und mitfühlend musterte.
„Sie ist quasi... unsere kleine Schwester." seufzte Brian, „Große Brüder sind doch dazu da, um sie zu schützen... und wir haben versagt. Gott, wir haben so oft versagt."
„Wir alle haben versagt." Setzte ich mich ebenfalls erschöpft auf den Boden, „Wir alle wussten seit Rose im Krankenhaus war, dass die Chance hoch ist, sie wieder so verletzt aufzufinden. Drogen sind zu hartnäckig, als dass es einfach so schnell vorbei geht." Ich nahm behutsam ihre Hand und strich mit dem Daumen zärtlich über sie, „Wir verlieren sie Stück für Stück, sie ist an ihrem Limit."
„Was sollen wir machen? Sie in eine Entzugsklinik bringen?" Fragte Maria, aber ich schüttelte den Kopf: „Die Drogen sind momentan nicht das Problem."
Fünf Augenpaare starrten mich an, verstanden nicht, was ich meinte.
In dem Moment wurde ihnen klar, dass ich einiges mehr wusste, als sie es taten.
„Was weißt du, Sarah?"
Was konnte ich ihnen sagen und wann war es zu viel? Würde es Rose verstehen, wenn ich es Ihnen erzählte, oder verlor ich ihr Vertrauen dadurch?
Rose war schwer zu lesen, ich konnte nicht voraussagen, wie sie reagieren wird und das verunsicherte mich enorm. Ich war ihr sicheres Pol, sie ließ mich immer mehr von ihr verstehen und hinter ihrer so guten Fassade sehen,... ich konnte nicht riskieren es zu verlieren. Dieses Vertrauen von ihr war viel zu selten...
„Ich kann es euch nicht sagen." Sah ich sie alle entschuldigend an, „Rose ist noch nicht bereit dafür...."
„Wie schlimm ist es?" Hackte Jane leise nach und musterte meine Reaktion. Das, was Sie und Luke in meinen Augen herauslesen konnten, ließ sie wissen, dass es wirklich nicht gut um Rose stand. Diesen Schmerz darin kannten sie aus den Jahren zuvor. Der, der mich ein Leben ohne Farben leben ließ. Der, der mir die Begriffe Liebe, Hoffnung und Glaube zu Fremdworten machte. Der, der mich in schmerzerfüllten kleinen Stücken zerriss, ohne eine Chance mich je wieder zusammenflicken zu können.
„Wie sollen wir sie dazu bringen uns das alles zu erzählen?!" Verzweifelte Ryan und hoffte, dass ich die Antwort dazu hatte. Hatte ich auch,... nur war es ein riskanter Versuch.
„Sobald sie breit dafür ist,..."
Mir war klar, dass das für Rose nur umso schwerer wurde,
„... zwingt sie dazu es euch zu erzählen."
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