Kapitel 92
Achte Tage sind seit dieser einen Nacht vergangen und zwischen mir und Rose lief es mehr als perfekt. Sie war offener geworden, glücklicher und gelassener. Sie gewöhnte sich an meine plötzlichen Berührung und zuckte selbst nicht mehr bei Brian und Ryan zusammen. Ihr ging es besser, viel besser und ihre leisen Lacher über den Tag hin zu hören, war jedesmal das Highlight. Ich liebte sie mehr, als ich jemals erwartet hatte, auch weil sie wirklich die süßeste Freundin war, die man sich nur wünschen konnte.
„Ich werde alt!" Lehnte dich Jane erschöpft an die Theke und bestellte gleich für uns alle Drinks. Ich weiß nicht wie lange wir getanzt haben, aber mehr als zwei Stunden waren es definitiv gewesen.
Es tat gut mal wieder so lange zu tanzen, bis die eigenen Füße einen nicht mehr tragen wollten und dich zu einer Pause zwangen.
Jeder von uns hier versuchte lachend seine Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen, wie alle glaubten einen Marathon gerannt, nicht gelaufen, sondern wirklich getränt zu sein.
„Das ist anstrengender als jedes Workout." Setzte sich Ryan auf einen Hocker und nahm dankbar das Glas entgegen.
„Ich habe vergessen, wie gut du tanzen kannst." Zeigte Luke mit einem Grinsen auf mich.
„Hast du eine Ahnung, wie du die Hälfte des Clubs hier in den Wahnsinn getrieben hast?" Lachte Brian und sah um sich, „Oh oh, da traut sich eine."
Was meinte er?
„Viel Spaß." Zwinkerte mir Maria zu, mehr nicht.
Bevor ich es wirklich realisieren konnte, hatten sie alle meine Freunde um die zwei Schritte von mir weggestellt und unterhielten sich weiter,... bloß ohne mich. Sie grinsten immer mal wieder frech zu mir rüber und ich verstand nicht warum,... bis ich dann die Stimme hinter mir hörte: „Hi."
War sie die eine, die sich traute? Zumindest von Brian aus...
Ich hatte keine Wahl und drehte mich um. Sie war kleiner als ich, hatte langes blondes Haar, blaue Augen, volle Lippen und einen zierlichen Körper... sie sah aus, wie 27?
„Hi?" Sagte ich zurück, nicht wirklich wissend, was sie von mir wollte.
„Ich bin Mia." Hielt sie eine Hand mir entgegen, die ich nach leichtem Zögern nahm.
„Und die bist Sarah,... ich weiß." Kam sie mir zuvor und überraschte mich aufs neue. Woher wusste sie es? Immerhin war sie mit niemanden von meinen Freunden befreundet, dass setzte ich logisch zusammen, sonst hätte die kleine Gruppe hinter mir anderes auf Mia reagiert.
„Woher ich das weiß?" Redete sie wieder, bevor ich etwas sagen konnte... Konnte sie Gedanken lesen?!
„Jeder kennt dich. Du bist Sarah Snow, die Amerikanerin, die das Unmögliche geschafft hat."
Okay... wovon redete diese junge Frau da?! Langsam wurde sie mir unheimlich...
„Rose Smith?" Half sie mir auf die Sprünge.
Oh... Sie redete von Rose...
„Ich habe dich tanzen sehen... Kein Wunder, dass sie dich wollte." An sich sollte ich jetzt geschmeichelt sein und mich verlegen bedanken,... aber irgendwas lief in dieser Konversation schief. Bisher war ich noch kein Mal zu Wort gekommen und stand nur verwirrt vor ihr.
„Seid ihr wirklich ein Paar?" Kam dann die Frage, die glaube ich nicht nur sie wissen wollte. Ich merkte, dass immer mal wieder Augenpaare auf uns lagen und unser Gespräch verfolgten... Langsam verstand ich es. Mia war die diejenige, die sich traut zu fragen und allen anderen auf den wirklichen neuen Stand brachte.
„Ich persönlich glaube nämlich nicht. Rose ist heiß, zu attraktiv für eine Beziehung... Sie kann wirklich jeden bzw. jede haben, warum sollte die sich dann mit einer zufrieden geben?"
Wow,... ich hasste sie.
Langsam hatte ich das Gefühl, dass sie selber nicht wirklich der Fan von mir mit Rose war. Ich konnte mir vorstellen, dass diese Mia es bei Rose schon probiert hatte, mehr als einmal. War sie gekränkt gegen mich verloren zu haben?
„Warum kümmerst du dich nicht um deine eigenen Angelegenheiten,... Maja?" Natürlich wusste ich, dass sie nicht so hieß, aber warum ihr nicht das Gefühl geben mir nicht einmal wichtig genug zu sein, um mir ihren Namen zu merken? Ich mochte sie nicht, nicht einmal ein bisschen.
„Ich heiße Mia." Knurrte sie mit einem bösen Blick und ich zuckte nur mit den Schulter: „Ich habe keine Zeit dafür." Jap, ich kam wie eine Bitch rüber, aber hey, sie war es immerhin auch...
Dann allerdings fing sie an zu lachen: „Ihr seid kein Paar..." Bitte was?! „Sonst wäre sie jetzt hier,... Du bist schon den ganzen Abend alleine, auch wenn sie hier arbeitet."
Wie ich das Verlangen hatte ihr jedes einzelne Haar vom Kopf zu reißen! Was fiel ihr eigentlich ein?! Sie wusste gar nichts und trotzdem riss sie ihren Mund so weit auf!
„Vielleicht siehst du gut aus, kannst dich bewegen und was weiß ich,... aber du bist nicht interessant genug für Rose. Sie braucht jemanden weniger langweiliges, kein Wunder, dass sie wieder gegangen ist."
Diese...!!! Ich hatte Rose. Sie gehörte mir und sie hatte keine Ahnung, von gar nichts.
„Bitte was?!" Fauchte Jane hinter mir und Maria packte ebenfalls ihr italienisches Temperament heraus: „Hey, Kleine. Pass auf was du sagst und zieh Leine, bevor du uns mit deinem Gesicht den Appetit auf die Drinks endgültig versaust."
„Leute, es ist okay. Ich hab's im Griff." Beruhigte ich meine Freunde und drängte sie etwas weg von mir. Sie sollten sich in sowas nicht einmischen, es war nichts außer unnötige Versuche mich klein zu machen. Diese Bitch wollte sich wahrscheinlich selbst neben Rose Seite sehen...
Die fünf standen nur wenige Meter von uns entfernt, aber ich wusste, dass sie dennoch irgendwie schafften alles über die laute Musik mitzuhören.
Es war schwer ruhig zu bleiben, aber wenn ich was von Rose die letzten Wochen gelernt hatte, dann, dass man dem gegenüber am besten auf die Nerven ging, wenn man ganz ruhig blieb und so tat, als wäre einem alles egal. Es war schwer, aber ich hatte keine Wahl. Ich wollte ihr nicht den Gefallen tun und vor allen anderen auf sie los gehen.
Also hob ich nur eine Augenbraue und sah sie gelangweilt an: „Das ist zwar falsch, aber okay."
Mehr sagte ich nicht und sie hasste es. Sie verschränkte die Arme und sah mich mit einem tödlichen Blick an: „Falsch?! Bist du wirklich zu naiv genug, um nicht zusehen, dass du für Rose nichts weiter, als eine einfache Ablenkung bist?!"
„Rose verliebt sich nicht. Rose bindet sich nicht. Rose interessiert sich nicht. Vor allem nicht für jemanden wie dich! Ihr beide werdet niemals ein Paar se-...!" Ich wusste was sie sagen wollte und ich war kurz davor komplett auszurasten, aber sie beendete ihre Satz nie. Stattdessen veränderte sich ihr Gesicht schlagartig, als hätte sie einen Schock.
Wenn jemand schlagartig die ganze Farbe im Gesicht verlieren könnte, dann war das gerade passiert. Mia war kreidebleich und bewegte sich für lange fünf Sekunden kein Stück.
Ich wartete. Darauf, dass sie sich mal wieder fassen würde, weil ich ehrlich keine Ahnung hatte, was ich jetzt tun sollte. Einfach weggehen? Was war eigentlich der Grund, dass sie mitten im Beleidigen plötzlich aufhörte?! Sie sah links an mir vorbei, also war der Grund hinter mir.
Ich wollte mich umdrehen, sehen was es war, aber bevor ich es konnte, kam der Grund zu mir. Ein Arm schlang sich um meine Taille und hielt mich fest gegen einen sehr vertrauten Körper.
Ein Körper der mich für einen kurzen Moment meine Wut auf diese Mia komplett vergessen ließ.
Sie stand nicht direkt neben mir, eher etwas hinter mir, so, dass ihre Lippen nahe an meinem Ohr waren.
Mia sah sie an. Immer noch mit großen Augen und mit offenen Mund sah sie sie an. Ich mein, ernsthaft?! Musste sie sie so anstarren?! Noch dazu, wenn ich genau vor ihr stehen?!
„R-Rose...!" Stotterte sie und sobald sie es selbst bemerkte, schaute sie kurz verlegen auf den Boden. Sie benahm sich wie ein wahnsinnig verliebtes Highschool Girl... was irgendwie auch verständlich war, jeder würde sich so in der Nähe von Rose verhalten.
Aber trotzdem! Ich habe jedes Recht mich aufzuregen, als feste Freundin...!
Ich verschränkte meine Arme und selbst wenn ich es wollte, meinen bitchigen Gesichtsausdruck konnte ich nicht los werden.
Was dachte sie bitte wer sie ist?! Kreuzt hier einfach auf, mault mich an, wird zur unhöflichsten Person in ganz London und ist dann auch noch im allen Überfluss in meine Freundin verknallt?!
Wie sollte ich mich da bitte nicht aufregen?!
„Hi,...?" Lächelte Rose charmant wie immer. Langsam glaubte ich, dass Rose Lachen gewollt oder ungewollt einfach immer charmant war. Keiner konnte es widerstehen...
„M-Mia." Grinste sie verliebt,... Wenn Blicke töten könnten, wäre sie mit Sicherheit nicht mehr am Leben.
„Hi, Mia." Diese Bitch hing quasi an Rose Lippen. Mir war klar, dass hier wahrscheinlich keiner, mit wenigen Ausnahmen, jemals mit der begehrtesten Türsteherin ein wirkliches Gespräch geführt hatte. Das hier war quasi ein Wunder für Mia...
„Ist alles okay?" Fragte sie dann mich, wahrscheinlich hat sie meine Anspannung gespürt.
„Mh." Nickte ich nur leicht, nicht weniger angepisst dreinschauend.
Rose' Griff um mich verstärkte sich leicht und dann spürte ich zwei Lippen neben meinem Auge. Mias Blick war Goldwert. Jemand müsste ernsthaft ein Problem mit den Augen haben, wenn er ihr die Eifersucht nicht angesehen hätte... Ich hatte das, was sie so gern wollte.
„Habe ich euch in irgendwas gestört?" Wandte sich Rose Mia wieder zu, die nur mit einem dümmlichen Grinsen den Kopf schüttelte.
„Gut, dann hoffe ich mal, dass es dir nichts ausmacht, wenn ich meine Freundin etwas entführe...?"
Und ob es ihr was ausmachte. Wenn sie den Mut dazu gehabt hätte, würde sie sie jetzt aufhalten und uns zwingen noch für einige Zeit bei ihr zu bleiben... aber sie blieb still und außerdem hätte ich selbst wenn sie Nein gesagt hätte, Rose einfach mit mir von ihr weg gezogen. Ich würde ihr sicherlich nicht mehr Zeit mit meiner Freundin erlauben...!
„Nein, nein,..." Schaffte sie es mal Stotter frei. Nicht einmal ließ sie in diesem kurzen Gespräch die Augen von Rose, als wäre ich und alle anderen in diesem Raum Luft. Merkte Rose es überhaupt?!
„Gut, dann Ciao." Verabschiedete Rose sich und führte mich weg von ihr. Endlich.
„Okay, was ist los?" Fragte sie und lehnte sich an die Theke. Die enge zerrissene Jeans, die sie trug mit dem leicht zu großen schwarzen T-Shirt ließ sie einfach nur göttlich aussehen. Ihre dunklen lange Haare fielen so perfekt auf die Seite, als wäre sie gerade mitten in einem Shooting. Was ich an meisten mochte waren die zwei kleinen Narben an der Nase und am Kieferknochen. Alles an ihr war einfach nur perfekt und macht sie wunderschön...
„Nichts." Drehte ich mich zum Drink neben mir hin und nahm einen Schluck. Ich war noch immer sauer, was durchaus verständlich war. Ich hätte ihr am liebsten beide Augen rausgerissen, nur damit sie nicht noch einmal Rose so verliebt und gierig ansah. Gott, wie ich das hasste...!
„Sarah." Kam sie näher und hob mit einem Finger mein Kinn, um meinen Blick wieder in ihre Richtung zu lenken.
Ich seufzte genervt: „Diese Mia hat mir direkt ins Gesicht gesagt, was die meisten sich hier fragen."
„Und was?" Hakte sie weiter nach und allein der Gedanke machte mich nur noch wütender...
„Ob ich wirklich deine Freundin bin." Lachte ich bitter vor mich hin, „Anscheinend glaubt keiner, dass du es ernst mit mir meinst... Immerhin bist du zu attraktiv für eine feste Beziehung und ich eindeutig zu langweilig für dich..." Imitierte ich Mia mit einem richtig angepissten Ton.
„Sie glauben es also nicht?" Wiederholte Rose in einen ruhigen Ton, „Und das stört dich?"
„Natürlich! Schau sie dir doch mal hier an, als würden sie jede Sekunde dir die Klamotten vom Leib reißen wollen und dann soll ich da ruhig bleiben?!"
Ironisch, dass genau in diesem Moment ein Kerl vorbei lief, Rose, so charmant wie es nur ging, anlächelte und ihr sogar zuzwinkerte!!
Sie reagierte zwar nicht einmal darauf, aber trotzdem war ich erneut auf 180!
„Wie soll mich das nicht stören?!" Knurrte ich nach einem erneuten Schluck.
„Sarah,..." Lachte Rose, „Hast du eine Ahnung, wie viele dir hier hinterher schauen und allen Ernstes anfangen mit dir zu flirten, wenn ich genau neben dir stehe?"
Wie konnte sie dann bitte so ruhig bleiben? Reagierte ich eventuell über??
„Was machst du dann?" Fragte ich neugierig nach, ich wollte es wissen, vielleicht klappte ihre Methode bei mir auch...
„Ich schmeiß sie hier raus." Zuckte Rose unschuldig mit den Schultern und brachte mich kopfschüttelnd zum Lachen. Die armen Leute,... wurden rausgeschmissen, weil sie mich in einem Club, wahrscheinlich schon angetrunken, angemacht hatten...
„Also, dich stört es wirklich?"
Ich antwortete nicht, sondern seufzte nur. Was dachte Rose jetzt nur von mir? War ich zu eifersüchtig? Reagierte ich über? Ich hatte keine Ahnung... aber diese Eifersucht brannte in mir in solchen Situationen und ich konnte nichts dagegen machen...
„Dann geben wir Ihnen mal eine Antwort." Meinte sie, was mich sie fragend ansehen ließ. Was genau hatte sie jetzt vor...?
Noch bevor ich den Satz in meinem Kopf wirklich zu Ende ausgesprochen hatte, bekam ich schon meine Antwort. Rose legte ihre Hände um meinen Hals und kam den Schritt, der uns trennte, auf mich zu. Keine Sekunde früher oder später lagen ihre Lippen auf meine und küssten mich so leidenschaftlich, wie in den ganzen guten tragischen Liebesfilmen...
Es war einer von diesen Küssen, die einen alles um sich herum vergessen ließ. Jedes Geräusch, jeder Bewegung, jegliches Zeitgefühl war in diesem Moment so egal, man verlor sich einfach darin und das war das beste Gefühl, das man haben konnte. Wenn man jemanden fand, der so etwas mit einem schaffte... Ja, dann hatte man pures Glück... und ich hatte es zum zweiten Mal, während anderen ihr Leben lang vergebens weiter suchten...
Ich hatte Sina Santos und Rose Smith...
Das Glück war da, aber das Pech und der Schmerz verfolgte mich auf Schritt und Tritt.
Es war albern, was ich selbst noch im Bett an dieser Nacht dachte,... aber trotzdem war es in mir.
Diese Angst.
Diese Angst, die mich stets daran erinnerte, dass mir ein erneutes Mal mein Herz aus der Brust gerissen werden könnte...
Dieses Wissen.
Dieses Wissen, das ich wahrscheinlich noch viele Jahre vor mir haben werde in denen mehr passieren könnte, als ich ertrug...
Und dieses Gefühl.
Dieses Gefühl, dass mir noch etwas großes bevorstand, was mich entweder wieder komplett aufbauen oder endgültig zerstören würde... Etwas über das ich keine Kontrolle hatte und die Angst in mir nur noch weiter verstärkte...
Wenn ich doch nur wüsste, warum ich das alles in mir trug...
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