Kapitel 87

Ich war so dermaßen erleichtert ihre Stimme zu hören, dass automatisch meine Angst vor Jonathan augenblicklich zurückging. Er würde mir nichts tun können, solange sie bei mir war und von mir weggehen, würde sie in den nächsten Stunden ganz sicher nicht.

„Ich bin beschäftigt, Kleine, also stell dich hinten an." Widmete er sich sich wieder mir zu und zog mich näher an sich. Er hatte sich auf den freien Stuhl neben mir gesetzt, wo zuvor Rose Platz war.

Er hat mich angefasst. Er hat mich gegen meinen Willen angefasst. Und Rose hat es mitbekommen.

Das hätte er nicht tun dürfen...

Plötzlich fiel Jonathan auf den Boden und musste seine Finger von mir lassen, um sich wieder aufzurichten.

„Ich bring dich um!" Er war wirklich wütend.

Aber Rose war nur unbeeindruckt an die Stuhllehne von dem Stuhl, den sie ihm kurz davor weggezogen hatte, gelehnt.

„Bist du immer noch zu beschäftigt?" Fragte sie provozierend zurück, noch immer mit dieser Coolness.

Spätestens jetzt hatten wir wieder die Aufmerksamkeit von allen um uns herum.

„Du Schlampe!" Wurde er lauter und sah eher aus wie ein aggressiver Bulle, als der sonst so lässige Jonathan.

„Wieso müsst ihr Kerle uns Frauen bei jeder Gelegenheit Schlampe nennen? Ich mein, ernsthaft? Wieso bist du auf einer Universität, wenn du nicht einmal in der Lage bist dir eine andere Bezeichnung für uns zu überlegen?"

Da hatte sie einen Punkt.

Aber Jonathan hörte ihr nicht wirklich zu. Abgesehen davon, dass Rose keinerlei Anzeichen von Angst ihm gegenüber zeigte, hatte sie ihn nebenbei auch noch beleidigt... vor vielen Mitstudenten hier.

„Okay, Möchtegern Frauenheld, du wirst Sarah nicht einen Meter zu nahe kommen, du wirst nicht mit ihr sprechen, du wirst sie nicht ansehen. Wenn du auch nur an sie denken solltest oder dich wagst sie noch einmal zu berühren, brech ich dir jeden einzelnen Knochen." Ich merkte, dass sie langsam die Geduld verlor und nach jedem Wort ernster wurde.

Trotzdem war ich etwas kurz in meinen Gedanken zurück versetzt.

... brech ich dir jeden einzelnen Kochen...

Es war... so... Als hätte ich...

„Was?" Fragte er leicht amüsiert zurück, als wäre das hier alles ein Spiel.

Ich sah wie Rose Hände sich zu Fäusten bildeten und wusste, dass sie sich nicht mehr lange unter Kontrollen halten konnte.

Ich wollte alles andere, als das Rose hier eine Szene wegen Jonathan machte und stand deshalb auf. Lief zu ihr und legte meine Hände an den oberen Teil ihres Bauches, wo ihre Rippen waren. Sie war angespannt, wahnsinnig angespannt und sah mich nicht an. Ihr Blick blieb starr auf ihn gerichtet. Okay, sie war sauer.

„Rose..." Versuchte ich sie zu beruhigen, aber bekam keine Reaktion von ihr. Mir war klar, dass sie sehr wahrscheinlich gegen Jonathan gewinnen würde, aber trotzdem bestand die Möglichkeit, dass sie sich verletzten oder sich ein paar ihrer älteren Verletzungen verschlimmern könnten. Ich wollte es nicht riskieren.

„Rose." Wiederholte ich ihren Name und küsste ihr Kinn, was half. Diese Geste schaffte es ihre Aufmerksamkeit automatisch auf mich zu richten und merkte, wie sich ihre Anspannung langsam legte. Es war meine kleine Geheimwaffe, die immer bei Rose funktionierte.

„Er ist es nicht wert." Flüsterte ich, aber sie knurrte nur: „Er hat dich angefasst."

Ja, das hätte er wirklich nicht tun dürfen.

„Ignorier den Trottel einfach und setzt dich mit mir wieder hin, okay?" Es war das sinnvollste ihm keine Aufmerksamkeit mehr zu geben, solche Kerle wie er wollten ja schließlich nichts anderes als Aufmerksamkeit. Rose war damit aber nicht so recht einverstanden. Widerwillig ließ sie den Blick von ihm und presste ihre Zähne aufeinander.

Ich wollte nicht meine Hände von ihr lassen, so konnte ich sie wenigstens von etwas abhalten,... Wenn ich vor ihr stand und sie berührte, würde sie mir ‚gehorchen' und hatte sie so unter Kontrolle.

Trotzdem musste ich sie sein lassen für die nächsten vier Schritte bis zum Tisch.

Vier Schritte. Was konnte da schon passieren?

Vieles.

Würde ich Rose nicht so gut kennen, hätte ich mich ihr nicht einmal auf zehn Meter genähert, wenn sie so einen Blick wie gerade drauf hatte.

Aber Jonathan war ein richtiger Idiot. Wenn alle anderen zur Seite gehen würde, blieb er stehen... nicht weil er den Mut dazu hatte sich mit Rose anzulegen. Nein, weil er einfach dachte er hätte die größten Eier. Ich nannte es Dummheit. Er merkte gar nicht, wann er schon verloren hatte...

Ich hoffte nur, dass er jetzt seine Klappe hielt.

Ich nahm Rose Hand und führte sie zu unserem Tisch.

Wir waren fast da...

„Wir machen um neun bei dir, Sarah. Ich weiß wo du wohnst. Da mit ich dich da anfassen kann, wo ich dich an sich nicht an fassen darf."

Oh Gott.

Bevor ich wirklich reagieren konnte, entriss sich Rose meiner Hand. Ich hörte nur einen Schlag, einen wirklich harten Schlag und etwas knacksen.

Jonathan lag am Boden, sich die blutige Nase haltend und sich wimmernd hin und her wälzend.

Rose hingegen sah auf ihn runter, drehte sich um und setzte sich auf ihren Stuhl. Sie ignorierte das Wimmern von Jonathan, oder die ganzen auf sie gerichteten Augenpaare. Sie saß da, als wäre nichts geschehen, spielte sie gelangweilt mit meiner Flasche.

Ich wollte zu Jonathan, um nach seiner Nase zu schauen, aber er rutschte nur verängstigt von mir weg, stand dann auf und rannte aus der Cafeteria.

Okay, so schnell würde ich ihm nicht mehr begegnen.

„Das war heiß!" Meinte Scarlett. Toll, musste sie Rose Handlung berechtigt finden?!

Rose war etwas besitzergreifend und sehr beschützerisch, wenn es um mich ging, aber trotzdem bevorzugte ich die verbale Version. Sie hätte ihm keine reinhauen müssen nur weil er seine Klappe nicht halten konnte.

„Ich glaube, du hast neue Fans." Julia hatte Recht. Vor allem die Mädels sahen nur noch verliebter aus, als zuvor. Klar, jede Frau mochte es einen starken Partner zu haben.

Ich war hin und her gerissen. Sollte ich sauer auf Rose, oder ihr dankbar sein?

Der Schlag hätte nicht sein müssen und ich wollte, dass sie damit aufhörte.

Andererseits hatte sie ihr Leben lang nichts anderes als mit Gewalt zu tun gehabt. Es war klar, dass sie so ihre Probleme löste. Mit Gewalt.

Es verging fast eine viertel Stunde in denen wir miteinander redeten, aber Rose beteiligte sich nur ab und zu.

„Warum bist du eigentlich hier?" Fragte ich sie, während sie noch immer mit meiner Flasche spielte.

„Ähm..." Anscheinend erinnerte sie sich erst jetzt an den eigentlichen Grund und wurde plötzlich nervös.

Ich konnte nicht länger sauer auf sie sein, sie hatte es für mich getan und wenn ich das ändern wollte, musste ich anders mit ihr Vorgehen.

Abgesehen davon, war es einfach nur süß, wie sie nervös immer wieder den Deckel auf und zu drehte ohne mir wirklich in die Augen sehen zu können.

„Rose." Ermutigte ich sie mit einem Grinsen und sie seufzte: „Ich... I-ich wollte dich fragen, ob du..." Sie stoppte: „ObdumitmiraufeinDategehenwillst." Murmelte sie ohne ein Pause einzusetzen vor sich hin.

„Was hast du gesagt?" Natürlich hatte ich es verstanden, aber ich wollte es nochmal hören.

Sie sah mich kurz an und schwieg kurz: „Sarah Snow... w-willst du mit mir auf ein Date gehen? Bitte?" Es war vorsichtig ausgesprochen, sie hatte wirklich Angst, dass ich nein sagte.

Sie war zu süß.

Wie konnte ich bitte Nein sagen, wenn ich allein durch diese Frage vor mich hin schmolz?

Sie sah mich mit diesen emotionslosen blauen Augen an, angespannt auf meine Antwort wartend, die ich schon längst für viel Male in meinem Kopf wiederholt hatte.

Es gab nur eine Antwort.

Wer wünschte sich nicht von der Person auf ein Date gefragt zu werden, die einem die wirkliche Existenz von Schmetterlingen in Bauch bewies? Es war an sich schier unmöglich jemanden so ein Gefühl zu bereiten allein durch eine simple Frage, die mit Nein oder mit Ja beantwortet werden konnte.

Ganz simple... und doch so schwerwiegend.

Von der richtigen Person änderte diese Frage einfach alles. Entweder würde der Weg von dort an ins Glück oder in den zubleiben Zustand führen.

Bei Rose allerdings gab es für mich nur eine Richtung und die würde alles andere als bergab führen.

„Antworte, Sarah! Hör auf sie so zu quälen." Ross mich Olivia aus den Gedanken und ich merkte, dass ich für die letzten 30 Sekunden, die sich für Rose mit Sicherheit ewig lange angefühlt hatten, nur verträumt auf meine Freundin gestarrt hatte.

Es war mir nicht übel zu nehmen... Immerhin hatte ich gerade eine Einladung von einer so wunderschönen jungen Frau bekommen, die zufälligerweise am Anfang einer Liebesbeziehung mit mir und ich noch dazu Hals über Kopf in sie verliebt war.

Besser konnte es für mich nicht laufen.

„Ja. Ich will definitiv."

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