Kapitel 83

Rose hatte auf ihr Bett mir Klamotten hingelegt und dieses Mal brauchte ich auch wirklich alles. Nichts von meinen eigenen Klamotten waren im entferntesten trocken und ehrlich gesagt wollte ich sie nach den ganzen Tag heute auch nicht länger anhaben.

Ich hatte ebenfalls eine Jogginghose bekommen mit einem dunkelgrauem ebenfalls dünnen, aber kuscheligen Pullover. Er passte mir perfekt und ich verliebte mich gleich in ihn. Er war so dermaßen bequem und hielt mich warm, genau das was ich jetzt brauchte.

Meine geföhnten Haare band ich zu einem messy Zopf hinter und ließ ein paar Strähnen in mein Gesicht fallen. Dann war ich nach einer Dreiviertel Stunde fertig und machte mich auf den Weg runter.

Rose hatte anscheinend was gekocht, es roch wahnsinnig gut und erinnerte mich daran, dass  ich bisher nichts außer etwas zum Frühstück hatte. Ich hörte auch Musik im Hintergrund spielen und jemanden leise mit Summen. Allein bei dem Gedanke, musste ich Grinsen. Rose hörte oft Musik, eigentlich durchgehend...

Vom Wohnzimmer aus sah ich den für zwei gedeckten Esstisch. Alles war in weiß gedeckt, passend zu dem schneeweißen Tisch und den Stühlen. Es sah wunderschön aus, vor allem mit dem Blick über die beleuchtete Stadt, als wäre das hier alles aus einem Magazin und man es an sich nur erträumen konnte. Ich liebte Rose Wohnung...

Staunend strich ich leicht über den Tisch, ihr Werk bestaunend und wusste nicht annähernd, was ich dazu sagen sollte...

„Gefällt es dir?" Hörte ich Rose ein paar Meter entfernt in der Küche fragen.

„Es ist wunderschön." Sprach ich das aus, was in meinem Kopf war. Wunderschön traf das alles hier am ehesten...

„Warum hast du das alles gemacht?" Dreht ich mich zu ihr um und sah in ihre kalten Augen, während sie leicht die Schultern zuckte.

Ich wusste warum sie das alles gemacht hat. Anscheinend kannte ich Rose, besser als sie dachte...

„Rose... Nur weil ich dich liebe, musst du mich nicht so verwöhnen."

Sie kam mit einer großen Platte zu mir zum Esstisch und setzte sie zwischen unseren Tellern hin, bevor sie einen Stuhl etwas rausschob und ihn mir anbot.

„Erstens hast du nichts anderes verdient, als jeden einzelnen Tag verwöhnt zu werden."

Ich setzte ich auf den Stuhl und sah ihr nach, als sie wieder in die Küche ging und noch etwas anderes holte.

„Zweitens bezweifle ich, dass du heute was richtiges gegessen hast."

Sie setzte sich ebenfalls mir gegenüber hin und schank uns beiden etwas Wein ein.

„Und drittens,..." Sie stoppte und sah mich ernst an. Sie versuchte das traurige in ihrer Stimme und Gesichtsausdruck zu verbergen, „... habe ich noch nie jemanden das zu mir sagen hören."

Noch nie? Es musste nicht nur von Liebhabern gewesen sein, aber von ihren Eltern irgendwann? Oder Geschwister, wenn sie überhaupt welche hatte.

Von keinem einzigen? Ihr Leben lang?

Zuvor war mir nicht so klar, wie kaputt und einsam Rose wirklich war. Sie hatte nie eine Liebende Beziehung gehabt,... wusste nicht wirklich, wie sich das alles anfühlte.

Natürlich hatte sie Ryan, Brian und Dorothea, aber ich bezweifelte, dass jemand von Ihnen mal Ich liebe dich zu ihr gesagt hat. Es war selbstverständlich für sie und waren sich sicher, dass Rose wusste, wie sehr sie sie liebten.

Aber das tat sie nicht...

Niemand hat es bisher zu ihr gesagt. Sie wusste nicht, dass sie sie liebten auch ohne es gesagt zu haben. Also woher sollte sie das Gefühl geliebt zu werden kennen?

„Du wirst nicht nur von mir geliebt, Rose." Lächelte ich ihr zu und sah ihren fragenden Blick.

„Ryan und Brian lieben dich, als wärst du ihre kleine Schwester und sie dich am liebsten nur bei sich haben wollen. Dorothea sieht dich quasi als Beste Freundin, als Schwester, als Tochter... einfach alles zusammen. Wenn du nicht schon 20 wärst, hätte sie dich mit Sicherheit adoptiert." Ja, das hätte sie. Sie hat ein großes Herz und Rose hatte einen sehr sehr großen Platz darin.

„Wir lieben dich alle auf unterschiedlicher Weise, so wie du bist, das musst du verstehen." Nahm ich ihre Hand, die auf den Tisch lag und strich ihr mit dem Daumen über die Handfläche.

Sie sah etwas nachdenklich aus, als würde sie versuchen es zu verstehen... es sah wahnsinnig süß aus, wenn sie ihre Augenbrauen zusammenzog mit ihrem Daumen leise auf den Tisch trommelte.

In so einem Moment wurde mir immer wieder bewusst, dass ich nur Rose an meiner Seite haben wollte und sie niemals gehen lassen musste. Ich konnte es nicht in Worten fassen, wie sehr ich diese mir gegenüber sitzende Frau liebte. Nicht einmal annähernd.

„Darf ich?" Hielt sie ihr offene Hand mir entgegen und deutete mit ihren Augen auf meinen Teller. Also war das Thema wohl beendet. Ich gab ihn ihr und bestaunte das große gebratene Lachsfilet mit Bratkartoffeln auf meinem Teller.

„Du kannst anfangen." Lachte sie, als sie meinen gierigen Blick sah. Ich ließ es mir nicht zwei Mal sagen und begann zu essen. Gott war das gut! Sie konnte wirklich wahnsinnig gut kochen, auch wenn sie erst 20 war und hauptsächlich nur für sich selbst am Herd stand. Bei Luke, Jane und mir gab es größtenteils nur Pizza, weil jeder erstens zu faul war um etwas zu machen und zweitens unser selbst gekochtes meistens nicht so super gut schmeckte...

„Das ist wirklich wirklich gut!" Brachte ich zwischen den Happen heraus und widmete mich wieder meinen Teller. Nicht ein Mini Stück blieb übrig. Mein Teller sah danach aus wie zuvor, als wäre nichts drauf gewesen...

„Du hattest wirklich Hunger." Gab mir Rose ein breites Grinsen.

Sie hatte nicht mal die Hälfte von dem was ich hatte und war ab der Hälfte der Hälfte schon satt. Normalerweise würde ich jetzt glauben, dass ich nicht ganz normal wäre... aber ich wusste jetzt warum Rose Appetit gezügelt war. Sie musste ab und zu was essen, aber selbst dann nur so viel, wie nötig. Es war schwer ertragen zu müssen, dass ich dagegen nichts tun konnte...

Darüber nachdenkend, sah ich ihr zu, wie sie schnell und nur in ein paar Minuten alles aufgeräumt hatte.

„Was möchtest du machen?" Fragte sie, sobald sie fertig war und automatisch hielt ich meine Hand vor meinem Mund. Beschissenster Zeitpunkt um zu Gähnen, ich weiß, aber was sollte ich machen?! Der ganze Stress mit dem Flug und zwei schlaflose Nächte machten sich deutlich bemerkbar... Ich wollte wirklich nur ins Bett.

„Okay." Lachte sie, „Dann bring ich dich mal ins Bett." Ohne Vorwarnung griff sie mich und hob mich hoch. Ich hatte vergessen, wie toll es sich in ihren Armen anfühlte. Sie trug mich ohne jeglichen Anzeichen von Anstrengung den ganzen Weg hoch ins Schlafzimmer und legte mich behutsam aufs Bett. Ich wollte einfach liegen bleiben und mich in diese warme Decke einhüllen... aber ich konnte nicht. Seufzend setzte ich mich auf und schleppte mich ins Badezimmer, um mit Rose neben mir Zähne zu putzen. Ich sah mich im Spiegel und verschluckte mich fast an der Zahnpasta. Ich hatte riesige Augenringe und sah mehr tot als lebendig aus. Wie konnte ich mich so vor Rose setzten?!

„Hey hey, alles ist gut. Du bist noch immer wunderschön, okay?" Küsste sie meine Wange und beruhigte mich automatisch. Ich wusste, dass das süß gemeint war, aber trotzdem war ich nicht blind. Ich konnte durchaus mein Spiegelbild erkennen und sehen wie erschöpft ich aussah.

Mein Glück, dass wir jetzt das Licht ausmachten und sie mich so wenigstens nicht mehr sehen musste...

„Hier." Sie gab mir Schlafsachen und legte sich auf ihre Bettseite. Ich konnte nicht schnell genug unter die Decke kriechen und mich an Rose ankuscheln. Mir war echt kalt und was gab es besseres als eine schöne warme Decke und Rose? Sie würde die ganze Nacht mich schützend an sich haltend und sicher gehen, dass ich nicht einmal zitterte.

Wir lagen eine Weile still nebeneinander. Mein Kopf lag auf ihrer Schulter und mein Arm über ihren Bauch. Ich lauschte das leise Klopfen ihres Herzes und atmete mit jedem Atemzug ihren angenehmen Duft ein.

Ich weiß nicht wie lange wir einfach nur da lagen... aber irgendwann hielt ich es nicht mehr länger aus. Jetzt, wo ich so da lag, hatten sich die Fragen in meinen Kopf zurückgebohrt und ließen mich fast verrückt werden. Ich hasste es keine Antworten zu haben... ich musste sie einfach wissen.

„Rose...?" Flüsterte ich ihren Namen. Sie konnte schließlich schon schlafen... aber was für eine Überraschung,... sie tat es nicht.

„Mh?" Bekam ich zurück.

Wie sollte ich das jetzt am besten formulieren?! Was ist, wenn sie darauf nicht weiter eingehen wollte? Immerhin war das noch ein sensibles Thema bei ihr...

Zärtlich strich ich ihr mit meinem Daumen über ihren trainierten Bauch: „Ich... ich habe Fragen."

Angespannt wartete ich auf ihre Reaktion, die sich eine gewisse Zeit hinauszögerte.

Sie seufzte: „Ich weiß."

„Wirst du sie auch beantworten?" Hakte ich vorsichtshalber nach.

„Ich versuch's..." Immerhin versuchte sie es. Sie würde mir nicht alle beantworten, aber wenn ich die richtigen stellte, würde sie mir die Antworten geben... Hoffte ich zumindest.

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