Kapitel 72

„Hast du es mitbekommen?" Fragte Jane, als wir in unserer Wohnung ankamen und alle drei im Wohnzimmer saßen.

Ich schüttelte den Kopf, keinen Plan habend über was sie überhaupt redete.

„Rose hat dich ziemlich oft angeschaut..." Schrie sie schon förmlich und erschreckte mich so wahnsinnig.

Trotzdem wollte ich doch gleichzeitig vor Freude aufspringen. Ich hatte mich Hals über Kopf in Rose verliebt und sie hatte nicht einmal einen blassen Schimmer, wie sehr ich sie wollte.

„Sie muss auf dich stehen... was anderes kann es nicht sein." Meinte Luke simple und ich platzte hier gerade. Ich wollte es Ihnen erzählen, so sehr. Einfach alles, von wie ich es geschafft hatte, Rose dazu zu bringen sich zu überwinden und sich mir langsam aber einigermaßen sicher zu öffnen, bis zu den kleinen süßen Gute Nacht Nachrichten. Ich wollte Ihnen erzählen, wie wahnsinnig schön es ist sie zu küssen, oder sie einfach mal zu umarmen. Die Zeit zwischen mir und Rose wurde Tag für Tag besser und ich wollte, dass es für immer so blieb.

„Ich kann nichts anderes machen, als ihr Zeit geben." Antwortete ich und es war immerhin nicht gelogen. Wir waren eventuell etwas weiter, als sie glaubten, aber dennoch war meine oberste Priorität ihr die Zeit zu geben, die sie brauchte.

„Ich hoffe, dass ihr beiden irgendwann zusammen findet... Ihr gehört einfach zusammen, als wäre alles so passiert, dass ihr beiden euch treffen und in einander verlieben musstet... Als wäre es kein purer Zufall gewesen, sondern ein Plan... vom Schicksal oder von Gott, keine Ahnung." Schwärmte Jane vor sich hin, gar nicht realisierend, was sie da gerade gesagt hatte.

Ihrer Meinung nach musste Sina sterben, nur damit ich Rose kennenlernte. Als hätte das Schicksal einfach alles aus dem Weg genommen, was mich und Rose voneinander hielt... Ganz egal, ob ich dabei meine Lebensfreude, meine Liebe, mein Herz verlor.

Sina war mir nicht unwichtig, nur weil sie tot war und würde es auch nie sein.

Rose hatte es geschafft, dass ich mich in sie verliebte und mein Herz ein erneutes Mal für jemand anderen schlug... aber auch wenn Rose auf der selben Ebene wie Sina damals war, würde sie mir niemals genau das geben können. Sina war für jeden unerreichbar... außer für den Tod.

Ich vermisste sie noch immer. Ich dachte vielleicht nicht mehr so oft an sie, aber sie war noch immer in meinen Erinnerungen...

Ehrlich gesagt hatte ich Angst. Angst davor, dass ich sie eines Tages vergessen würde. Was ist, wenn ich eines Tages vor Sinas Grab stand und nichts mehr fühlte? Keine Liebe, keinen Schmerz? Was dann? Würde sie endgültig gehen und ich sie somit für immer verlieren? Ich wollte das nicht, kein bisschen,...

„Ich geh schlafen." Stand ich von der Couch auf.

„Gute Nacht." Wünschten mir beide und ich gab ein leises: „Nacht." zurück.

Ich ging zwar ins Bett, aber wusste, dass ich nicht wirklich schlafen würde. Die Erinnerungen an Sina ließen mein Bett so unendlich kalt wirken, dass ich eher Angst hatte unter meiner Bettdecke zu liegen.

Es vergingen Minuten und Stunden und ich starrte noch immer durchgehend die Decke an. Es war mittlerweile kurz nach zwei Uhr Morgens. Alles in mir verlangte nach Schlaf, aber ich schaffte es einfach nicht und wurde langsam verzweifelt.

Seufzend wälzte ich mich auf die Seite und griff nach meinem Handy. Wie automatisch landete ich auf meinen und Rose Chat. Ich sah die Nummer an, für eine halbe Ewigkeit und fragte mich, ob ich ihr eventuell schreiben sollte. War sie überhaupt noch wach,...? So gesehen, war die Frage eher unsinnig gewesen. Sie war noch nie eine viel schlafende Person, zumindest seit dem ich sie kannte.

Aber was sollte ich ihr bitte schreiben? Sie würde wissen wollen, warum ich ihr nach Mitternacht schrieb und nicht schon schlief. Anlügen wollte ich sie nicht, aber ihr die Wahrheit sagen gleichzeitig auch nicht. Diese ewigen Entscheidungen...

Ich überwand mich, immerhin würde ich wahrscheinlich noch eine Weile wach bleiben und besser war es mit einem Gesprächspartner.

Rose? Bist du wach?

Schrieb ich und wartete geduldig, ob ich auch eine Antwort bekam. Tat ich auch keine zwei Minuten später:

Ist alles okay?... Es ist 2:16 Uhr."

Ja, vielleicht war es nicht die beste Uhrzeit ihr eine Nachricht zu schicken.

Ja,... ich kann nur nicht schlafen.

Es war wahr und hoffte sie gerade nicht irgendwie zu stören.

Ich kann jetzt nicht, Sarah. Ich muss noch wohin.

Schrieb sie zurück und ich schaute nochmals auf die Uhrzeit, um mich zu vergewissern, dass es wirklich so spät war.

Jetzt noch?!

Fragte ich verblüfft und sie antwortete keine 5 Sekunden später...

Ist etwas spontan...

Sie sagte mir nicht was sie vorhatte, oder mit wem sie sich traf?!

Oh okay...

Frustriert legte ich mein Handy weg und kuschelte mich wieder die Decke. Ich bekam nie eine Antwort auf mein ‚oh okay?' und irgendwie machte sich der Gedanke breit, dass sie eventuell einfach nur nicht mit mir schreiben wollte. Es war so schwer Rose zu lesen und wenn man gerade glaubt sie langsam zu verstehen, würde einem schnell bewiesen, dass dem nicht so war. Vielleicht würde ich es auch nie schaffen, vielleicht sollte ich es auch nie schaffen... aber zumindest würde ich Jahre später wissen, dass ich es wenigstens bis zum Ende hin probiert habe.

Es vergingen weitere 20 Minuten in denen ich aus dem Fenster auf den dunklen Himmel starrte. Inzwischen hatte ich mich auf die Seite gewälzt und wartete, dass der Schlaf endlich über mich kam...

Irgendwann hörte ich leise meine Tür aufgehen. Es war Luke oder Jane, mit Sicherheit schauten sie nach, ob ich schlief, das taten sie ab und zu und ich nahm es Ihnen nach den letzten Jahren nicht übel.

Die Tür wurde wieder leise geschlossen und ich war allein in meinem Zimmer und schaute weiterhin raus in die Nacht. Vielleicht sollte ich lesen, oder lernen, um die Zeit wenigstens sinnvoll zu nutzen...

Ich seufzte leise und schloss meine Augen, hoffend so endlich einschlafen zu können.

Bis ich dann merkte, wie die Decke sich neben mir etwas hob und kurz drauf ein Arm um meine Taille bzw. um meinen Bauch sich legte. Allein von dem Geruch und dem Gefühl, das ich gleich bekam, wusste ich sofort wer es war.

„Was machst du hier? Ich dachte, du musst noch irgendwo hin?" Fragte ich leicht überrascht.

„Da bin ich doch." Murmelte sie in meinen Nacken und brachte mich nur dazu mich komplett anzuspannen und meinen Atem anzuhalten. Ich bekam förmlich eine Gänsehaut, als ihre Lippen meine Haut berührten, während sie mir geantwortet hatte.

Aber zum Lächeln brachte mich ihre Antwort. Sie wollte zu mir, deshalb konnte sie nicht weiter schreiben...

„Warum?"

„Du kannst nicht schlafen,... ich wollte dich nicht alleine lassen."

... Sie war zu süß. Sie ist den ganzen Weg hergefahren, um neben mir zu liegen, damit ich nicht alleine wach sein musste.

„Danke." Meine Stimme war leicht zittrig, allein der Gedanke ließ meine Augen wässrig werden. Ich hätte ehrlich nie damit gerechnet, dass Rose so etwas mal machen würde.

Sie rutschte etwas näher ran, wir waren glaube ich noch nie so nahe neben einander gelegen,... außer im Krankenhaus und in der Nacht, in der mich Rose in ihrer Wohnung getragen hat. Aber sonst hielt Rose eigentlich immer ihren Sicherheitsabstand, doch heute hielt sie mich so nahe an sich, dass kaum ein Millimeter uns voneinander trennte.

„Versuch zu schlafen, Sarah." Flüsterte sie, bevor sie meinen Kieferknochen leicht küsste und sich wieder hinlegte. Gott, wie gern wollte ich mich einfach nur umdrehen, sie packen und küssen. Gleichzeitig wollte ich allerdings auch nur in ihren Armen liegen bleiben und mich so sicher wie seit Jahren nicht mehr fühlen.

Es war einfach nur wunderschön... Ich liebte es so sehr.

Rose Hand lag an meinem Bauch, ihr Daumen strich ganz leicht und zärtlich hin und her, mich innerlich wahnsinnig machend. Sie hatte mich durch solchen kleine Berührungen so dermaßen im Griff, dass ich selbst nicht mehr wirklich weiter wusste.

Sie hatte keine Ahnung, was sie mir jedesmal antat... Beschreiben war wahrscheinlich unmöglich.

Alles an was ich davor gedacht hatte, was mich wach gehalten hatte, war einfach weg. Nur noch Rose hatte meine volle Aufmerksamkeit und ich genoss jede einzelne Sekunde mit ihr.

Ich liebte es, wie ihr Atem an meinem Nacken prallte, oder ihre Lippen immer mal wieder meine Haut berührten... Wäre es doch bloß möglich die Zeit zu stoppen.

Langsam wurde es für mich schwer meine Augen offen zu halten. Ich fühlte mich sicher, demnach könnte ich schlafen...

Wenn ich so daran dachte... Musste sich Sina damals so gefühlt haben? Hatte ich ihr die Sicherheit gegeben, die sie brauchte? Ich wusste nicht ob es der oder ein anderer Grund war, aber ich konnte mich gut erinnern, dass sie nur neben mir schlafen konnte, ohne diese Albträume zu haben.

Demnach war Rose heute Nacht Sarah. Sie war ich für mich...

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