Kapitel 69
Ich hatte keine Ahnung wie viel Uhr es war, als ich aufwachte. Es war nicht mehr sonderlich dunkel, also war anscheinend die Nacht rum.
Streckend wälzte ich mich auf die andere Seite, jemanden neben mir erwartend,... aber ich lag alleine im Bett.
Ich lag in diesem Bett. In Rose Bett, also konnte ich mir das von gestern nicht nur eingebildet haben... Oder? Hatte ich es eventuell nur geträumt?
Aber wie kam ich dann hier in ihr Bett?
Ich spulte jeden einzelnen Moment des gestrigen Abends in meinen Kopf wieder ab. Jede Bewegung, jeder Gedanke, jedes Wort. Ich konnte mich an alles haargenau erinnern und je mehr ich realisierte, dass das alles der Wahrheit entsprach, desto glücklicher wurde ich. Ich konnte es nicht wirklich wahr haben, Rose Smith als meine Freundin... wär hätte das gedacht?
Nach einer Weile stieg ich aus dem Bett, immer noch etwas müde und machte mich im Badezimmer fertig. Ich zog wieder die Sachen an, die ich gestern getragen hatte und machte meinen Weg runter. Ich wollte Rose wieder sehen, nur um mir selbst zu zeigen, dass es echt zwischen uns war... wirklich echt.
Aber als ich unten ankam, war ich alleine. Sie war nicht hier und kein Zettel oder sonstiges sagte mir, wo sie hingegangen war. Ich hoffte, es war kein Zeichen für mich zu gehen... Aber bei Rose wusste man nie.
„Rose?" Rief ich ihren Namen durch die Wohnung, aber eine Antwort bekam ich nicht. Wo was sie?
Ihre Jacke und ihre einen schwarzen Schuhe waren ebenfalls nicht da, also musste Rose weg sein und ich stand hier, ganz alleine in ihrer Wohnung und wusste nicht, was genau ich jetzt tun sollte.
Seufzend setzte ich mich vor dem großen Fenster und sah was auf den Straßen gerade los war. Ich hatte keine andere Option als zu warten. Ich wollte Rose sehen, sehen ob sie noch immer mit unserer ‚Beziehung' einverstanden war, oder ob sie ihre Entscheidung bereute. Natürlich war mir das erste lieber, aber wenn nicht, musste ich es so nehmen, wie es kam und selbst wenn sie mein kleines fragiles Herz somit brach, würde ich ihr immer noch bei Seite stehen.
Ich saß da und wartete angespannt auf die eine Person, die darüber entschied, wie meine nächsten Tage und Wochen aussahen.
Die zehn Minuten die ich dort sitzend verbrachte, fühlten sich für mich wie Stunden an. Ich lehnte mich gegen die Wand und schloss die Augen. Ich musste meine Nerven runterbringen, sie spielten wahnsinnig verrückt und machten mir somit nur umso mehr Angst...
Es vergingen qualvolle zehn Minuten...
Bis ich die Tür sich öffnen hörte. Ich hörte das Klirren der Schlüssel und Fußtritte. Wie die Tür ins Schloss fiel und jemand Jacke und Schuhe auszog.
Ich schlug meine Augen auf, darauf hoffend, dass es wirklich Rose war... auch wenn es ziemlich eindeutig war, immerhin hatte nur sie einen Schlüssel zu ihrer Wohnung.
Sie kam mit einer zerrissenen Jeans und einem grauen Pullover ins Wohnzimmer und wollte Richtung Küche, aber sie bemerkte mich davor und blieb stehen: „Sarah?! Was machst du da?"
Okay, ich saß eventuell da wie ein kleines Opfer, aber das störte mich in dem Moment gar nicht. Ich war überaus erleichtert, dass sie wieder gekommen ist. Klar, irgendwann musste sie so oder so zurückkommen, doch nicht während ich noch hier gewesen wäre...
Sie war gekommen, bewusst, dass ich noch in ihrer Wohnung sein würde...
„Wo warst du?" Fragte ich nur leise und sie hob die Tüte hoch, die sie in der Hand trug: „Frühstück holen, aber warum sitzt du hier unten?" Ich hörte die Besorgnis in ihrer Stimme und zuckte nur mit den Schultern. Was sollte ich bitte sagen? Dass ich panische war, weil sie einfach nicht hier war, als ich aufwachte?! Dass ich Angst hatte, dass das was gestern erst begonnen hatte, heute schon komplett vorbei war? ...
Sie kam zu mir und setzte sich neben mich, mich mit diesen kalten Augen, aber trotzdem mit besorgtem Blick anstarrend. Sie wollte eine Antwort...
„Ich dachte,... ich dachte, dass du es bereuen würdest und gegangen wärst." Gab ich dann ehrlich zu. Wozu lügen?
Sie seufzte leise und rieb sich das eine Auge: „Ich bin immer noch der Meinung, dass du es bereuen wirst..."
Wieso sollte ich es irgendwann bereuen? Rose war niemand, den man bereute, ganz egal, was mit ihr war.
Sie nahm meinen kleinen Finger und sah mich wieder an, „Aber ich möchte es zumindest versuchen..."
Sie wollte mir noch etwas sagen, etwas, was sie anscheinend unbedingt über ihre Lippen bringen wollte, aber sich einfach nicht dazu überwinden konnte. Sie behielt es in sich und ließ mich ein erneutes Mal im Unwissen.
Ich nickte, eher an mich selbst gerichtet und seufzte: „Also schmeißt du mich nicht aus deiner Wohnung." Es war eher eine Feststellung, als eine Frage und brachte sie so etwas zum Lächeln: „Gott, nein... und jetzt komm, es gibt Frühstück." Sie war schneller auf den Beinen, als ich überhaupt Blinzeln konnte und sah eine Hand zu mir ausgestreckt. Ich nahm sie und ließ mich mit einer Leichtigkeit auf die Beine ziehen.
Wir gingen in die Küche und ich setzte mich nach Rose Anweisung an den Tisch, während sie alles vorbereitete. Wie ich ihr so zuschaute, machte mir nur klarer, wie glücklich Rose mich machen konnte. Lange habe ich solche Momente vermisst,... aber langsam kamen sie wieder zurück... Stück für Stück brachte Rose mich in diese Welt zurück und ich hatte keine Ahnung, wie nur sie sowas bei mir bewirken konnte...
„Du starrst etwas offensichtlich." Riss mich Rose aus den Gedanken.
„Ich weiß, aber ich kann nicht anders." Machte ich dementsprechend einfach weiter und brachte sie zumindest etwas zum lächeln.
Sie setzte sich mir gegenüber, zwischen uns lagen unterschiedliche Brötchen und viel verschiedene Beilagen auf dem Tisch. Ich hatte ehrlich einen Wahnsinns Hunger und suchte mir auch gleich das Croissant aus.
„Es tut mir Leid,..." Fing sie dann an und ich sah sie fragend an. „Ich hätte nicht einfach gehen dürfen ohne dir Bescheid zu geben..." Oh,... Es waren vielleicht zehn Minuten her, als ich diese Angst in mir hatte. So lange kannte ich das Gefühl schon, so lange war es Alltag für mich gewesen und trotzdem wurde es an keinem einzelnen Tag leichter.
„Ich wollte dich nicht aufwecken..."
Ich gab ihr ein kleines Lächeln: „Schreib das nächste Mal einfach einen Zettel und leg ihn irgendwohin, wo ich ihn finde."
Sie rieb sich die Stirn und murmelte ein: „Klar. Logisch..." bevor sie dann seufzte: „Ich war nur immer alleine..." versuchte sie es mir zu erklären und ich verstand es. Sie war es nicht gewohnt jemanden bei sich zu haben, sie machte also manchmal noch Dinge, als würde sie noch alleine sein.
„Ist schon okay..." Versicherte ich ihr und sah in ihre matten blauen Augen. Sie sah müde aus und erschöpft, als hätte sie gestern Nacht nicht viel Schlaf abbekommen.
„Was machst du heute?" Fragte sie und ich musste kurz überlegen, „Ich muss in die Uni und dann noch in die Bibliothek." Es war schon kurz nach zwölf, ich musste mich so langsam beeilen um noch pünktlich in der Uni anzukommen.
„Soll ich dich fahren?" Wollte sie wissen, aber ich schüttelte den Kopf: „Nein, ich muss davor noch in die Stadt und kann dann gleich das restlichen Stück laufen." Die Bibliothek war nicht weit der der Uni in der Innenstadt, ich musste erst nächste Woche wieder nach Oxford.
„Rose?" Sie sah auf und wartete auf meine Frage, „Wie ist das jetzt? Möchtest du den anderen von unserer Beziehung erzählen, oder noch nicht?" Ich musste es fragen. Sobald ich nach Hause käme, würden sie mich mit Fragen bombardieren und wenn Rose sich mit dem bestätigen unserer Beziehung nicht wohl fühlt, dann müsste ich mir jetzt schon Ausreden einfallen lassen.
„Ich... möchte es langsam angehen lassen." Kratzte sie sich verlegen am Nacken. Das bedeutete also, dass ich vorerst nichts erzählen würde...
Sie sah mich kurz an, so als würde sie erwarten, dass ich irgendwie negativ darauf reagieren würde. Angespannt wartete sie auf eine Antwort von mir, hielt nicht einmal den Blickkontakt.
Dachte sie ernsthaft, dass ich sauer oder böse sein würde, wenn sie es langsamer angehen wollte?! Was bitte dachte sie von mir?
„Okay."
„Okay?" Wiederholte sie überrascht meine Antwort.
„Ja, okay. Ich kann warten Rose, so lange wie du willst." Es stimmte. Ich wollte Rose nicht verlieren und sie zu drängen, war das dümmste, was ich hätte tun können.
Immer noch überrascht sah sie mich an, als hätte sie mit so einer Antwort nicht gerechnet.
„Danke..." Brachte sie irgendwann heraus und trank nachdenkend ihren Tee.
Warum dachte sie denn darüber nach? Es war selbstverständlich jemanden, den man so liebte, Zeit zu geben, um sich daran zu gewöhnen und wohl zu fühlen. Rose sollte freiwillig zu unserer Beziehung stehen und nicht von mir irgendwie da rein gedrängt werden. Das wäre nicht richtig und das würde Rose nur weiter verscheuchen.
Wir unterhielten uns noch etwas über völlig andere Themen, hauptsächlich meinem Studium, bevor ich dann vor ihrer Tür stand und meine Jacke anzog.
„Wann seh ich dich wieder?" Ich hoffte bald, es war schwer die Zeit ohne Rose auszuhalten.
„Ich weiß es nicht." Zuckte sie mit den Schultern und ich musste etwas Lächeln. Es sah süß aus, so wie sie da stand, verzweifelt, weil sie nicht wusste, was sie wirklich darauf antworten sollte.
„Spätestens übermorgen." Übermorgen trafen wir uns alle zum Essen und ich nahm stark an, dass auch Rose mit eingeladen war.
Sie nickte und hielt mir die Tür auf. Ich lief aber nicht ganz an ihr vorbei, ich blieb vor ihr stehen. Ich musste zugeben, dass ich immer noch gleichzeitig Angst, Herzklopfen und einen wahnsinnigen Drang in mir hatte, wenn es dazu kam, mich zu trauen Rose zu küssen.
Für mich war es so oder so unmöglich zu begreifen, dass das echt war. Wie konnte jemand wie Rose Smith sich für jemanden wie mich entscheiden? Das würde ich wahrscheinlich nie verstehen...
Ich sah sie lange an, vielleicht mit der kleinen Hoffnung, dass Rose von sich aus mal mich küssen würde. Tat sie aber nicht. Dazu war es anscheinend noch zu früh...
Also lehnte ich mich langsam zu ihr und legte meine Lippen auf ihre. Ich küsste sie, zwar nicht so innig, wie gestern Abend, aber das reichte mir auch vollkommen aus. Rose Kuss war einfach unbeschreiblich für mich, es war einfach nur jedes einzelne Mal perfekt.
Ich wollte mich nicht von ihr lösen, allein den Gedanken hasste ich, aber irgendwann löste sie sich von mir. Ich konnte ein kleines Lächeln von ihren Lippen ablesen, das mich nur dazu brachte sie wieder küssen zu wollen. Alles was sie machte, brachte mich dazu sie küssen zu wollen.
„Pass auf dich auf." Bat sie mit ehrlicher Besorgnis in der Stimme und wurde von ihren kalten Augen eindringlich und eher flehend angesehen. Das Rose Smith sich irgendwann mal um mich Sorgen macht, hätte ich niemals erwartet, aber ich liebte es. Alles an ihr liebte ich.
„Mach ich." Ich umarmte sie und ging dann die Treppen runter, weg von ihr...
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top