Kapitel 28

Wie sollte ich bitte die nächste Stunde mit ihr aushalten?

Ich würde es höchstwahrscheinlich bereuen, es hatte sich schließlich bestimmt nichts geändert, sie konnte mich immer noch genauso wenig leiden, wie vorher.

Zumindest hatte sie mich noch kein einziges mal beleidigt... Ob es auch so anhalten wird? Nein, ganz bestimmt nicht.

Trotzdem, egal, wie oft sie mir sagen wird, dass sie mich nicht hier haben möchte, werde ich definitiv nicht gehen. Sie müsste mich wenn dann rausschmeißen,... Auch wenn sie es mit Leichtigkeit schaffen würde, betete ich, dass sie es nicht versuchen würde.

Nachdem ich ebenfalls meine Jacke und meine Schuhe ausgezogen hatte, ging ich den selben Weg den auch sie gegangen war... Richtung Küche.

Die Wohnung war anders, als ich im ersten Moment gedacht hatte. Das Wohnzimmer lag tiefer, als die Küche. Man musste drei Stufen gehen, um in die Küche zu kommen. Diese zwei Räume waren offen miteinander verbunden. Wenn man ihm Wohnzimmer stand, war an der linken Wand hinten noch eine Treppe. Sie bestand aus dunklen glänzenden Holz, die einzelne an der Wand fest waren. Es waren genau 11 Stufen, die nach oben führten. Ich nahm stark an, dass sich da oben das Bad und das Schlafzimmer befand.

Die Wohnung hatte noch Fenster, mit großen Scheiben und man hatte direkten Blick auf das London Eye...

Es war wirklich schön hier und ehrlich, so etwas hatte ich nicht erwartet... trotzdem fehlte mir hier irgendwie was. Etwas farbiges...

Ich würde nich lange genug hier bleiben, um was ändern zu können und eigentlich sollte mir das völlig egal sein...

Nichts desto trotz versuchte ich mir hier drinnen alles zu merken. Haar genau... Teppich pro Teppich, Lampe pro Lampe, die Farbe des Sofas und der Kissen, die Aussicht... Einfach alles.

Langsam kam ich in der Küche an...

Rose stand dort. Mit dem Rücken zu mir und der Whisky Flasche auf der Trese stehend, die sie immer noch umgriffen hielt. Ich wusste nicht im geringsten, warum das hier alles war. Ich hatte so viele Fragen...

Was sie mit dem Alkohol anstellen wollte?

Warum sie sich krank gemeldet hatte?

Was mit ihrem Gesicht los war?

Warum sie sich kaum dagegen gewehrt hatte, als ich beschlossen hatte mit hoch zu kommen?

Ich wusste es nicht... Und hoffte auf jeder auch eine Antwort zu bekommen.

Ich lief näher zu ihr hin und griff langsam nach der Flasche, die sie so verzweifelt anstarrte. Mein Finger berührte nur kurz, ganz Minimal ihre Hand,... aber bevor auch nur eine Sekunde verstrichen war, hatte sie ihre Hand ruckartig weggezogen, als dürfe sie mit mir nicht im geringsten in Kontakt geraten.

Konnte sie mich wirklich so wenig ausstehen?

Sie sah mich weiterhin nicht an und versteckte ihr Gesicht. Es war ihr deutlich unangenehm und ich wusste, dass sie innerlich betete, dass ich doch gehen würde. Das tat sie vergeblich. Ich war mir nicht sicher für wie lange ich heute Abend bleiben würde,... aber zumindest so lange, bis ich mir sicher war, dass sie nicht mehr zur Flasche greifen würde.

Es war etwas nach acht Uhr, dementsprechend hatte ich noch etwas Zeit.

Ich hatte allerdings keine Ahnung, wie ich jetzt weiter vorgehen sollte... Ich wollte es wissen, ich wollte wissen, was nur mit ihr passiert war... Warum sie mir immer so fies zu anderen oder nur zu mir ist... Ich wollte wissen, warum sie eine Alkohol Flasche sich gekauft hatte... Ich hatte einfach so viele Fragen, aber Antworten keine.

Wie sollte ich jemanden, der mich hasste, dazu bringen mit mir zu reden? Wie?

"Setzt dich auf die Couch." Bat ich sie dann einfach und zu meiner Überraschung tat sie es auch. Sie ging leicht humpelt aus der Küche und setzte sich vorsichtig auf die Couch.

Na gut, Sarah... Was machst du jetzt?

Ich nahm die Flasche und steckte sie in meinem Schuh, bedeckt von meiner darüber hängenden Jacke. Ich wollte sie nicht hier bei ihr lassen, dass wäre echt das dümmste, was ich hätte machen können...

Dann ging ich zurück und durchforstete erstmal die ganzen Schränke und Regale hier in der Küche. Was mir auffiel war, dass sie echt viele Gewürze hatte... und Tees. Es kam mir vor, als hätte sie jede existierende Tee Sorte... Sie mochte also Tee und dieses Getränk hatte ja auch den Ruf eine beruhigende Wirkung zu haben...

Ich nahm einfach willkürlich zwei Teebeutel und tat sie in zwei Tassen. Der Wasserkocher war ziemlich leicht zu finden und keine Minuten später konnte ich das heiße Wasser in die Tassen hineinschütten.

Die nächste Herausforderung war die Frage, ob sie ihn mit Zucker, Honig oder pur trank... Oh man. Ich hatte keine Ahnung. Ich fand keinen Zucker und keinen Honig... also hatte sich die Frage schnell wieder geklärt. Dafür hatte ich aber etwas anderes gefunden und ich glaubte das würde ihr gerade echt entgegenkommen...

Ein letztes Mal tief durchatmend, ging ich dann zu ihr ins Wohnzimmer und stellte die Tassen auf den Tisch.

Sie saß, oder lag eher da. Ihre Augen waren geschlossen und ihr Atem ging einigermaßen ruhig, sie versuchte es zumindest.

Sie hatte mich noch nicht bemerkt... Ich hatte die Chance ihr Gesicht für eine längere Zeit genauer zu betrachten.

Sie hatte eine aufgeplatzte Lippe.

Ihr rechtes Auge war etwas angeschwollen.

Sie hatte eine Platzwunde noch über das schon verletze Augen.

Und auch ihre Nase hatte eine...

Sie musste eine Schlägerei gehabt haben... was anderes käme da eigentlich nicht in Frage...

Ich war mir nicht ganz sicher, ob sie nur Verletzungen im Gesicht hatte... Musste sie an sich, sonst würde sie nicht versuchen ihr eines Bein zu entlasten, sie würde nicht zittern und so stöckig atmen.

Wo ich mir sicher war, war, dass sie mir ihre restlichen Verletzungen mit Sicherheit nicht zeigen würde.

Des stand schon mal fest.

"Rose." Sagte ich mach einigen Minuten ihren Namen und sie schrak eher auf.

Als ihr gesundes, aber noch immer gefühlloses linke Auge mich ausmachte, beruhigte sie sich wieder etwas.

Gott, sie tat mir so Leid... Ich hoffte sie vertraute mir irgendwann so sehr, dass sie mir erzählen würde, was mit ihr passiert war.

Ich hoffte es.

Ich setzte mich auf den Boden, zwischen dem Glastisch und der Couch. Ja, richtig gelesen, ich hatte mich wirklich auf den Boden gesetzt, wohl eher auf den Teppich...

Warum?

Weil Rose mit Sicherheit nicht ihre Tasse halten konnte, wenn sie nicht einmal den Schlüssel umdrehen konnte. Schlauer wäre es, wenn sie sich auf den Teppich setzten würde, mit der Couch als Lehne und somit nicht die Tasse halten müsste, die sie direkt vor ihr auf den Tisch stellen konnte.

Damit sie sich nicht unwohl fühlte, tat ich es also auch und hoffte somit, es normaler wirken zu lassen. 

Als sie sah, was ich machte, konnte ich erahnen, was für einen Blick sie mir wohl jetzt gab. Nach kurzem Zögern, machte sie es aber auch und setzte sich zu mir mit auf den Boden.

Okay, dass hatte schon mal geklappt.

Die Fernbedienung lag neben meiner Tasse, also schaltete ich den Fernseher an und schaltete durch.

Es kam irgendeine Komödie und etwas einigermaßen lustiges war jetzt vielleicht nicht schlecht.

Ich merkte, wie Rose neben mir unauffällig versuchte, die Tasse zu heben... Mein Stichwort. Nachdem sie sie wieder abgesetzt hatte, steckte ich einfach einen Strohhalm rein. Deutlich überrascht wandte sie ihren Blick das erste mal freiwillig zu mir. Ich lächelte nur und tat selber einen in meinen Tee.

Ich schwöre, dass ich ein kleines Lächeln auf ihren Lippen gesehen hatte!

Sie hatte wirklich gelächelt!

Okay, ich hatte mal was richtig bei ihr gemacht!

Vielleicht verlief der Abend doch nicht so schrecklich wie ich dachte...

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