Kapitel 18
Am nächsten Tag schnappte ich meinen Laptop und ging sobald die Bibliothek aufmachte dort hin. Also stand ich schon um 8 Uhr vor der Tür und wartete darauf, dass Dorothea kam.
Es war noch relativ dunkel und es war eisig kalt, wie England im Herbst nun mal war. Das erleichterte das Warten nicht sonderlich und brachte mich dazu die Sekunden zu zählen. Ich beobachtete ein paar Leute, die an mir vorbei liefen oder an der Bushaltestelle gegenüber standen und ebenfalls ungeduldig und frierend auf den Bus warteten. Auch wenn England ein ziemlich trübes Land war, waren die meisten der Leute, die hier lebten wahnsinnig nett und zuvorkommend. Ganz anders als in New York.
New York konnte man ziemlich perfekt in drei Worten beschreiben.
Stressig. Laut und voll.
Ja, perfekt.
Trotzdem vermisste etwas kleines in mir diese große Stadt. Klar, ich bin dort geboren und aufgewachsen, sie bedeutete mir fiel... Aber zur7ckkehren wollte ich jetzt dennoch nicht. Ich fühlte mich hier in London sehr wohl, auch wenn es in den letzten Tagen Unannehmlichkeiten passiert sind, die alles hätten unattraktiver machen können... aber naja, ändern konnte ich es so oder so nicht. Ich hatte so ein Gefühl, dass ich hier sein musste, aus einem ganz bestimmten Grund. Einem Grund, den ich bisher noch nicht herausgefunden hatte.
"Sarah?" Ich drehte mich um und sah eine zittrige Dorothea vor mir, "Was machst du denn schon so früh hier?!"
"Ich dachte mir, dass ich meine Arbeiten auch hier machen kann und dir gleichzeitig etwas Gesellschaft leiste..." Lächelte ich und sie lächelte zurück: "Na dann, herzlich willkommen."
Sie sperrte auf und schaltete sofort die Heizung an, was mich mehr als Recht war. Sie ging kurz in ein Nebenzimmer, um uns Kaffee zu machen, währenddessen machte ich es mir auf einer Couch gemütlich und öffnete meinen Laptop.
"So, Kleines, hier." Gab sie mir die Tassen, die sich so gut umhüllt in meinen Händen fühlte. Langsam wurde mir wieder warm.
"Okay und jetzt erzähl mir was los ist."
Ich sah sie überrascht an. Woher wusste sie, dass was los war?!
"Liebes, ich seh dir an, dass dich was beschäftigt..." Ließ sie mich wissen, nachdem mein überraschter Blick immer noch nach 10 Sekunden blieb.
"Naja..." Fing ich an und erzählte ihr dann von dem gestrigen Vorfall und dem in dem Club. Ich wusste gar nicht, dass ich mir jedes einzelne Wort von ihr gemerkt hatte und sie exakt zitieren konnte. Es überraschte mich selber...
"Sie mag dich." Haute sie am Ende einfach raus.
"Bitte was?! Sie hat mich beleidigt und konnte nicht schnell genug von mir wegkommen." Wiederholte ich es erneut und sie nahm einen Schluck von ihrem heißen Getränk.
"Sie war zwei Mal für dich da... Sie ist wie dein kleiner Beschützer... Irgendwie süß." Träumte sie vor sich hin. Ich lachte ironisch auf. Das konnte sie doch nicht ernst meinen.
"Es war nur Zufall, dass sie Gestern da war und des vor ein paar Tagen im Club,... Des ist ihr Job, sie musste da eingreifen." Was verstand sie nicht daran, dass sie mich anscheinend nicht leiden konnte.
"Von den ganzen Pizza Läden in New York ist sie ausgerechnet in dem, wo du warst... noch während der selben Uhrzeit und am selben Tag und rettet dich ein erneutes Mal vor einem bös gelauntem Kerl... Was für ein Zufall." Okay, dass war ironisch gemeint!
"Schätzchen, das ist wirklich viel zu viel Zufall auf einmal." Nahm sie erneut einen Schluck.
"Und was ist, wenn sie irgendwo in der Näher wohnt?" Schlug ich diese Option vor und sie hielt kurz inne...
...
"Okay ja, dass wäre auch möglich." Gab sie zu und kratzte sich am Kopf: "Was willst du jetzt machen?"
"Nichts! Sie hat mich beleidigt, ich renne ihr ganz sicher nicht hinter her." Das tat ich mit Sicherheit nicht!
"Ich glaube sie meinte es nur gut."
Dorothea hat den Verstand verloren...
"Sie war indirekt fürsorglich und besorgt... Immerhin hat sie dich ja darum gebeten wieder in keine... unangenehme Situation zu geraten."
"Du liest viel zu viele Romanzen." Kam ich zum Schluss und sie rollte die Augen: "Das hat nichts damit zu tun,... und nur das dus weißt, so viele Romanzen lese ich gar nicht!"
"Was war dein letztes Buch?" Fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen.
Sie hielt kurz inne, bevor sie abwinkte: "Das ist jetzt nicht von Belang." Erwischt!
"Sie ist nicht länger von Belang. Ich habe sie schon so gut, wie vergessen." Meinte ich.
"Ja, ich seh's... Das klappt auch sicherlich... nie bei dir." Sie seufzte, "Sarah, weißt du überhaupt ihren Namen?"
Natür-... Nein,... das tat ich nicht. Ich wusste wirklich nicht, wie sie hieß.
"Eben. Du kennst sie nicht mal im Geringsten, wirklich gar nicht, dann kannst du doch noch keine voreiligen Schlüsse ziehen, Liebes. Manche Menschen haben einen guten ersten Eindruck und manche eben einen... fragwürdigen. Vielleicht ist es ihre Art sich vor Fremden zu schützen... Ich bin mir sicher, dass sie ein ganz anderer Mensch hinter dieser Fassade ist... Vertrau mir, ich bin alt genug um schon als weise zu gelten." Nickte sie stolz und ich musste lachen. Sie hatte echt eine Gabe dafür, andere gleichzeitig zum nachdenken zu erregen und zum lachen zu bringen.
"Was soll ich denn machen? Sie wird sich sicherlich nicht mit mir unterhalten wollen." Konterte ich und sie überlegte kurz: "Du studierst doch Jura, nicht?"
"Ja?" Wie sollte das mir weiterhelfen??
"An der Oxford University..." War das eher eine Festellung.
"Ja. Warum?" Wollte sie etwa Thema wechseln?
"Warum genau denke ich dann bitte nach? Du bist schlau genug. Finde eine Lösung!" Stand sie auf und ich sagte ehr verzweifelt ihren Namen: "Dorothea... Bitte!"
Sie drehte sich nochmal um mit einem breiten Grinsen: "Wenn du eine sinnvolle gefunden hast, bekommst du auch... einen Karamell Bonbon, meine Kleine." Dann lief sie weiter.
"Dorothea!" Schrie ich ihr hinter her, aber bekam nur ein: "Sshh, wir sind hier immer noch in einer Bibliothek!" Ja, in einer Bibliothek in dem kein Mensch außer uns zwei war!
Seufzend lehnte ich mich zurück und bedeckte genervt mein Gesicht mit meinen Händen.
Ich dachte sie würde mir helfen... Jetzt bin ich aber noch verwirrter, als zuvor!
Was sollte ich denn jetzt machen? Stimmte das, was Dorothe sagte? Was wenn nicht? Aber irgendwo wollte ich sie ja näher kennenlernen... aber ein anderer Teil von mir eben nicht.
Oh Gott, warum musste solche Sachen immer so unendlich kompliziert sein?!
Ich wusste, dass ich eine Antwort nicht so schnell finden würde, daher widmete ich mich meiner Aufgabe des Studiums zu. Es war eine schöne lange Aufgabe,... Genau das richtige, um einen freien Kopf zu kriegen.
Etwa vier Stunden saß ich dran, bis mich Jane mit einem Anruf unterbrach.
Sie fragte, ob ich mit gehen wolle. Die ganze Truppe würde essen gehen und ich durfte nicht fehlen... Also sagte ich ja. Was konnte denn bei einem einfachen Essen schief gehen? Ja, viel... Aber die Wahrscheinlichkeit war nicht hoch, also stimmte ich zu.
Wir würden zu einem Griechen gehen und während des Telefonates erwähnte Jane ganze sieben Mal, dass er nicht so teuer sein sollte...
Wenigstens mussten wir nicht so viel Geld ausgeben,...
"Ja, bis später." Verabschiedete ich mich und schrieb meine Seite fertig, bevor ich alles zusammenpackte.
"Und, eine Lösung gefunden?" Wurde mir gleich die Frage gestellt und ich schüttelte den Kopf: "Leider nicht."
"Oh." Sie sah den Bonbon in ihrer Hand an und dann wieder mich: "Mh..." Sie überlegte kurz, dann steckte sie ihn weg, "Dann denk nach bis zum nächsten Mal."
Ich lachte und nickte: "Bis bald, Dorothea und danke nochmal."
"Keine Ursache, Kleines und schön dich hier gehabt zu haben."
Ich winkte und bevor ich durch die Tür verschwand, hörte ich noch ein: "Vergiss nicht nachzudenken!"
Ich hoffte dieser Tag würde besser verlaufen als der gestrige.
Okay, es konnte nur besser laufen ohne diese arrogante namenlose Türsteherin...
Also allen Grund glücklich zu sein!
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top