Kapitel 119
Die Fahrstuhltür ging auf... ich zögerte etwas... debattierte mit mir selbst, ob ich nicht doch einfach den Weg wieder nach unten nehmen sollte... aber meine Beine führten mich schon aus dem Fahrstuhl... noch bevor ich überhaupt fertig gedacht hatte...
Und lief direkt in zwei grosse Männer. Beide in Anzüge, beide breiter als ich je gesehen hatte und beide mit jeweils einer Schusswaffe an der Seite hängen.
Toll.
Ich war direkt in Josh Bodyguards reingelaufen... also wenn ich mich doch dazu entscheiden sollte umzukehren, war es jetzt eindeutig zu spät.
Der eine sah zu mir runter, während der andere Mann sich hinter mich stellte... mir keine Chance ließ wieder zurück in den Fahrstuhl zu steigen...
Ohne ein Wort führten sie mich zu einer Wohnungstür, sie war weiß... modern... und hinterließ einen kühlen Eindruck. Eine Tür, durch die man lieber nicht wollte...
Der Bodyguard vor mir klopfte an die Tür, bis ein kleiner Punkt daneben grün leuchtete und sie aufging... wir gingen rein und ich fand mich in einem großen, relativ modern eingerichteten Apartment wieder.
Jazz Musik lief im Hintergrund und es war warm hier, dank dem großen Kamin auf der anderen Seite. Würde ich nicht wissen wer hier wohnt... fände ich es ganz nett hier.
„Zieh ruhig deinen Mantel aus..." Ich drehte mich nach rechts von wo die Stimme kam... aber ich sah hier niemanden.
„... mach es dir ruhig gemütlich." Josh kam aus einem anderem Bereich der Wohnung, barfüßig mit einer schwarzen locker sitzenden Hose kombiniert mit einem weißen T-Shirt. Darüber hatte er einen schwarzen offenen Bademantel an...
Er hatte sich frisch rasiert... ich roch sein Aftershave bis hier.
„Ich habe nicht mit dir gerechnet,... Sarah." Grinste er breite und winkte seine Bodyguards raus, „... zumindest dachte ich du wärst schlau genug mir aus dem Weg zu gehen..."
Ich zog meinen Mantel aus,... versuchte normal zu wirken...
„Möchtest du einen Drink?" Schenkte er einen Whisky in zwei mit Eis gefüllten Gläser und kam zu mir.
Nur widerwillig nahm ich es an... ich hatte nicht vorgehabt herzukommen um mich mit Whisky zu betrinken.
„Verrate es mir nicht..." Grinste er weiter,... „Lass mich raten... du hast über Rose und meine Beziehung erfahren... nicht?"
Ich nickte: „Ja."
„Und... du möchtest von mir, dass ich sie beende?" Wieso redete er, als wäre es eine normale einvernehmliche Beziehung zwischen ihnen?
„Ja..."
„So direkt..." lachte er,... „Ich finde wir sollten uns besser kennen lernen, oder nicht?... Ich mein... sollten wir nicht versuchen ein bisschen Vertrauen zueinander aufzubauen?"
Er wollte reden... ich musste ihn nur dazu bringen ein bisschen mehr als geplant zu reden.
„Ich kenne dich schon, Josh..."
„Ach wirklich?" Setzte er sich amüsiert in seinen Sessel.
„Genug um zu wissen, was für ein Mensch du bist."
„Ich habe dich in meine Wohnung gelassen... habe dir einen Drink angeboten und unterhalte mich mit dir... für mich klingt das sehr nach einem gastfreundlichen Mann." Korrigierte er mich.
„Wir wissen beide, dass du mich am Ende unseres Gespräches töten wirst, Josh."
„Mhm..." Nahm er einen Schluck, „Da hast du vermutlich recht... Aber bis dahin... können wir sicherlich ein langes aufschlussreiches Gespräch führen. Immerhin rede ich mit einer Oxford Jura Studentin... mit einem Notendurchschnitt von 1,1... Ich bin der Meinung, dass du die Stunden interessant nutzen wirst:"
Er kannte meinen Durchschnitt... konnte man leicht an der Uni herausfinden, beeindrucken tat ich er mich damit nicht.
„Warum Rose?" Änderte ich das Thema abrupt.
„Rose... Rose Rose Rose..." Seufzte er, „Was für ein schöner Name, nicht?" dann stand er auf, „Du bist wirklich eine Schönheit, Sarah... selten bekommt man so ein markloses Gesicht zu sehen..." Ich hatte das Gefühl als redete er nicht mit mir... als wäre es nicht als Kompliment gemeint... eher als Feststellung an sich selbst... „... aber selbst du übertriffst Rose nicht."
Dann drehte er sich um: „Wenn du jemanden wie sie dein nennen willst... musst du sie von dir abhängig machen."
„Dafür auch die Drogen..." Schlussfolgerte ich daraus. Die Drogen waren nicht nur für den Erinnerungsverlust gedacht... er hatte sie damit vollkommen im Griff...
„Du weißt von den Drogen..." Nahm er erneut ein Schluck... „Ich muss zugeben, dass ich dich unterschätz habe...aber das ist gut. Sehr gut sogar... ich sagte doch, dass das Gespräch interessant wird."
Meine Chance war, dass ich ihn beeindrucken konnte... wenn ich es schaffte, ließ er mich gehen... und wenn nicht, hielt ich ihn so lange bis die Polizei kam... Ich hatte eine reale Chance... und es stand gut für mich.
„Aber weißt du, was mich wirklich fasziniert?"... formte sich wieder dieses Grinsen auf seinen Lippen, „... Faszinierend ist, dass wir uns doch des öfteren über den Weg laufen. Zwei völlig verschiedenen Personen und Persönlichkeiten in zwei verschiedenen Welten... begegnen sich doch immer wieder aufs neue... verrückt..."
„Wieso hast du sie erschossen?" Ich musste das einfach fragen...
„Das... Genau das ist die richtige Frage!" Lachte er, „Wieso habe ich ein junges Mädchen erschossen? Mitten in New York? Vor den Augen ihrer Geliebten... Genial."
Er war krank... er redete darüber als wäre es ein Spiel für ihn... als verstehe er die Konsequenzen nicht... und prahlte noch damit. Er redete im Fluss, gab alles Preis... nicht wissend, dass ich das alles aufnahm...
„Verrat du es mir, Sarah... Warum habe ich Sina damals getötet und dich nicht?" Sah er mich hoffnungsvoll an... er erwartete eine Antwort... eine gute Antwort.
Ich musste alles logisch zusammensetzen... musste denken wir er...
„Du wolltest mich leiden sehen..." Verstand ich es dann, „Du wolltest mich daran zerbrechen sehen..."
Er lächelte zufrieden: „Es gibt auf der Welt zwei Arten von Menschen... und ich meine nicht Mann und Frau... ich sortiere sie nach ihren Knackpunkt."
„Knackpunkt?" Fragte ich etwas verwirrt.
„Ja... die eine Hälfte der Menschen erleiden mehr Schmerzen wenn man ihnen psychisches Leid zufügt... die anderen bei physischen. Eines der beiden wird dich qualvoller und langsamer zu Fall bringen..."
„Deswegen... hast du mich leben lassen. Du definierst mich als psychischen Menschen..." Es ergab alles einen Sinn. All die Jahre, die diese eine Frage in mir brannte... basierte auf eine Annahme eines Mannes, der die menschliche Psyche als Versuchsobjekte betrachtete.
„Ich musste dich nur sehen um zu wissen, dass es dein kleines Herz auf ewig brechen würde Sina sterben zu sehen... und ich hatte Recht. Du warst an der Schwelle... warst dabei endgültig aufzugeben... aber der finale Entschluss blieb dann doch aus." Zuckte er leicht mit den Schultern, „... Und Sina habe ich aus dem Grund getötet, dass sie sich auf dich eingelassen hat, sich gegen mich gewehrt hat. Ich musste ihr einfach eine Lektion erteilen..."
Dieses mal stand ich auf,... hielt das Kühle Glas in meiner Hand und ging zum Kamin, sah das Holz beim brennen zu und dachte nach.
Ich hatte genügend Informationen um ihn für sein restliches erbärmliches Leben hinter Gitter zu bringen... nur wollte ich mehr. Ich wollte die ganze Geschichte, wollte jedes Detail... aber die Uhr machte mich nervös... ich hatte kaum mehr eine Viertel Stunde bis Sophie die Polizei rufen würde...
„Ich schätze mal deine Fragen haben sich geklärt..." Hörte ich ihn sagen...
„Noch nicht..." Ich musste ihn bei Stimmung halten,... ihn unterhalten, damit er weiter mitspielte...
„Überrasch mich, Sarah... was geht in deinem schlauen Kopf vor sich?"
„Esqueci... besser bekannt unter EC...." Sah ich ihn direkt an.
Er nahm einen Schluck, brach nicht den Augenkontakt... aber ich erkannte in seinem Ausdruck, dass ich seine Erwartungen völlig übertroffen hatte. Er war mehr als nur beeindruckt...
„Eine aus México stammende Droge... selten und wahnsinnig teuer. Wer sollte so viel Geld ausgeben für eine Droge die hoch gefährlich ist und die Nebenwirkungen sogar tödlich sein können?" Nahm ich ein paar Schritte näher zu ihm, „... übersetzt heißt die Droge ‚Ich vergaß'."
Er nahm die Flasche, die neben ihn stand und schenkte nach: „Noch einen Drink?"
Ich schüttelte den Kopf, hatte kaum mehr als vier Schlücke von dem Whisky genommen...
„Woher weißt du von dem Namen?"
„Ich bin reich..." Erklärte ich kurz, brachte ihn zum Lachen: „Dank mir..."
„Also gut..." Verschränkte er die Beine, „...Unser Gespräch ist allen Anschein nach noch nicht zu Ende."
„Du verabreichst Rose eine Droge, die ihr die Erinnerung während der Wirkung vollkommen nimmt... aber warum?..." Setzte ich mich ihm wieder gegenüber.
„Sag du es mir... warum sollte ich das machen?"
„... Weil Sinas Sarg leer ist." Beantwortete ich es sofort, „... Sie hat die Ärzte bezahlt ihren Tod nur vorzutäuschen... versuchte dich glauben zu lassen, dass dir der Mordanschlag gelungen sei... ist nach England gezogen, weg von dir... weg von uns allen... doch du hast sie gefunden. Wie?"
„Da sieht man, wer von uns Sina besser kennt... wenn du über sie was wissen solltest, dann, dass man sie nicht so leicht töten kann." Meinte er, „... Glaub mir, das habe ich oft genug versucht... und nach allem was ich ihr angetan habe... habe ich nie geschafft sie endgültig zu brechen... sie ist faszinierend... Also musste ich sie nur suchen. Es hat lange genug gedauert, aber wie du schon sagtest... alles ist leichter, wenn man reich ist. Ich habe überall Augen und Ohren... jemanden wie sie zu finden, ist nicht sonderlich schwer."
Erklärte einiges....
„Ich muss sagen, ich bin froh, dass du her gekommen bist. So eine gute Unterhaltung genieße ich nur selten... Es ist erfrischend..." Stand er auf und lief zu einer Art Schreibtisch auf der anderen Seite des Raumes, „Findest du nicht auch?"
Ich nickte als er her sah. Ihn zu schmeicheln und Recht zu geben war notwendig... umso mehr Sympathiepunkte ich bei ihm sammelte, desto eher wollte er mich lebendig sehen.
„Ich mag dich, Sarah... ehrlich... aber nur herzukommen um mit mir über vergangenes zu reden, war sicherlich nicht deine Absicht..."
... hatte er mich durchschaut?...
Lass dir eine Ausrede einfallen, Sarah!
„Ich... habe davon erfahren, dass du vorhast Rose mit nach Tokio zu nehmen..."
„Da haben wir den wahren Grund..." Er kaufte es mir ab... mein Glück.
„Ja habe ich... und du wolltest mich überzeugen es nicht zu tun..." schlussfolgerte er logisch, „... Da muss ich dich leider enttäuschen... ich werde sie mitnehmen... aber das wird für dich weniger von Bedeutung sein..."
Wieso sollte es nicht...?
„Weißt du... ich bin ein sehr neugieriger Mensch,... das ist glaube ich eine gute Eigenschaft, oder?" Redete er mit dem Rücken zu mir gedreht, kramte irgendetwas an seinem Schreibtisch herum, „Und eine Sache wollte ich schon immer mal wissen... des... des muss man eigentlich selbst erlebt haben, um es wirklich zu wissen, aber soweit möchte ich eigentlich nicht gehen..."
Er drehte sich um, grinste und hielt eine angezündete Zigarette in der Hand: „... Ich wollte schon immer mal wissen, wie es sich wohl anfühlt vergiftet zu werde... ich mein ich könnte Rose fragen... sie weiss es... nur erinnert sie sich nicht dran..."
Bizarrer Themenwechsel...
„Also verrate es mir..." Nahm er einen tiefen Zug; „... Wie fühlt es sich an?"
Ich brauchte einen Moment.. verarbeitete seine Worte...
Bis mir schlagartig kalt wurde... eiskalt, selbst so nah am Kamin... diese Kälte die den Körper durchfuhr, wenn man etwas schweres realisierte...
Unsicher atmend wandte ich meinen Blick weg von ihm auf das Glas, was ich in meiner zittrigen Hand hielt... ich hatte es fast vollkommen ausgetrunken... sah den restlichen Whisky zwischen den übrig gebliebenen Eiswürfeln... die sich am Boden in ein leichtes gelb verfärbt hatten.... er hatte nicht gelogen...
„Du dachtest doch nicht wirklich ich lasse dich nach all diesen Informationen und deinem Handy am Bein gehen, oder?" Schüttelte er grinsend den Kopf, „... Das ist nicht deine Welt... Gift, Waffen, Drogen... Mord... also gib dir nicht die Schuld, Sarah..."
Ich konnte nicht reden... ich wusste einfach nicht was... ich stand nur da... langsam merkend, wie schwer es wurde das Glas in der Hand zu halten.
Ich sah panisch zur Tür... aber Josh lachte nur: „Die Tür ist zugesperrt... du kommst hier nicht raus... und wenn du in der nächsten viertel Stunde keinen Arzt aufsuchst... ist mein Gesicht wohl das letzte was du siehst...."
Ich hielt mich an der Wand fest... es wurde schwerer aufrecht zu stehen...
„Du Mistkerl..." Sah ich ihn an, griff nach der Whisky Flasche neben mir und zwang mich die paar Schritt zu ihm.
„Nah Nah Nah..." Grinste er... ich blieb stehen, „So ein Jammer... an dieses schöne Gesicht wird sich bald keiner mehr erinnern..."
Ich nahm ein Schritt zurück... ließ die Flasche fallen und sah auf die auf mich gerichtete Waffe...
Ich griff nach der Couch neben mir,... setze mich hin und versuchte mich auf das atmen zu konzentrieren...
Ich hatte versagt...
Ich würde sterben... und Josh würde die Aufnahme mit sich nehmen...
Keine Beweise... nichts...
Ich saß da... wissend, dass ich weder die Hochzeit meiner Schwester miterleben würde... noch dass ich Sina nicht von dem allen befreien konnte...
Josh hatte gewonnen... mal wieder...
Und ich hörte ihn nur lachen...
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