𝖝𝖝𝖝𝖛. Ein ernstzunehmendes Problem
( von -aquamoods )
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KAPITEL FÜNFUNDDREIẞIG
Ein ernstzunehmendes Problem
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DER VERGANGENE ABEND würde für immer in Eloises Fudge Gedächtnis gebrannt sein. Zumindest war es das, was sie am nächsten Morgen glaubte, als sie die Augen aufschlug. Es war, als würde jemand im Hintergrund ihres Gehirns eine kleine Kurbel drehen, um die Erinnerung vor ihren Augen wieder auftauchen zu lassen.
Fred war ihr so nah gewesen.
Aber es gab noch etwas anderes, eigentlich viel Wichtigeres: Ihren Ring. Sie hatte ihn ausgezogen, sobald sie gestern in ihrem Schlafsaal angekommen war, und ihn für einen Moment angestarrt, als würde der Teufel persönlich aus ihm herausklettern und sie mit einem Dreizack töten, um sie anschließend zu verbrennen. Oder was auch immer der Teufel so mit einem machte.
(Da hatte es diesen Moment gegeben, nicht? Wo sie sich gefragt hatte, wie es wäre, ihn zu küssen. Und na ja. Was das anging... Ihr Gedankengang war gewesen, dass sie es bereuen würde, wenn sie Fred in einem Geheimgang küsste. Nun bereute sie es vielmehr, dass es keinen Kuss gegeben hatte. Was seltsam war. Eloise fühlte sich komisch dabei, das zu denken.)
Dann hatte sie begonnen, die losen Fäden miteinander zu verbinden. Dementoren wurden von dunkler Magie angezogen. Und was hatte Professor Lupin noch gleich gesagt? Dass die Anwesenheit dieser dunklen Wesen den Geist so sehr schwächte, dass die mentalen Schutzwände eingerissen wurden? Vielleicht war es der Ring, der mit dem seltsamen Mann verbunden war, nicht sie. Vielleicht hatte er ihn verflucht. Er könnte der Grund sein, warum sie so schwach geworden war, wenn sie in die Nähe von Dementoren kam — weil die Magie des Rings auf ihren schwächer werdenden Geist wirken konnte und sie dadurch im Kopf dieses Mannes steckte. Merlin, das klang so schräg.
(Apropos schwach werden: Ihre Gedanken wanderten wieder zu diesem Geheimgang und auf einmal sah sie sich selbst wieder, gestern, mit Fred in diesem Geheimgang. Sie hätte ihn an seinem Pullover packen können, ihre Lippen auf seine legen können, und er hätte sie diese Wand gepresst und... Unruhig bewegte sie sich. Sie musste wirklich aufstehen.)
Als sie die gelb-schwarz-gestreifte Decke zurückschlug und sich zur Seite drehte, erwischte sie sich dabei, wie sie die Hand nach ihrem Nachttisch ausstreckte, um ihren Ring anzuziehen. Im letzten Moment stoppte sie sich. Das letzte Mal, als sie ihn so lange nicht getragen hatte, war, als Ophelias Niffler (den sie vor den Sommerferien schweren Herzens an Hagrid hatte abgeben müssen) ihn gestohlen hatte...
(Ein Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht, als sie an das Quidditchspiel von Gryffindor gegen Slytherin dachte. Fred hatte das ganze Schloss auf den Kopf gestellt, um ihn ihr zurückzubringen, und der Blick, mit dem er sie angesehen hatte... Er hatte so ein wundervolles Lächeln, nicht?)
Und da fiel ihr noch etwas ein! Es gab letztes Jahr eine Zeit, in der sie sich in der Nähe der Dementoren besser gefühlt hatte — nicht überragend gut, aber... normal scheiße? War das nicht genau der Zeitraum gewesen, in dem sie ihren Ring nicht getragen hatte?
Im Nachhinein war es fast offensichtlich.
Sie musste heute zu Professor Trelawney gehen. Sie wusste vielleicht, was dahinter steckte. Die offensichtlichste Option war es natürlich, zu Professor Moody zu gehen — er hatte schließlich Ahnung, was dunkle Objekte anging — aber Eloise würde den Ring lieber essen, als zu ihm zu gehen. Trelawney konnte ihr vermutlich mit den Visionen helfen. Möglicherweise fand sie so etwas über sie heraus... Also steckte sie den Ring schnell in ihre Tasche, bevor sie sie über ihre Schulter schwang, nachdem sie sich im Bad fertig gemacht hatte.
„Okay, was ist gestern Abend passiert?", fragte Ophelia, als Eloise trotz des temperamentvollen Gezankes von Arwen und Grace, die sich liebevoll grob darum stritten, wo die Zahnpasta hin verschwunden war, die sie sich teilten (Fazit: Niemand von beiden war es), schweigend vor sich hinstarrte. Erst jetzt schienen Arwen und Grace zu merken, dass Eloise ungewöhnlich tief in Gedanken versunken war, während die Tür ihres Schlafsaals hinter ihnen ins Schloss fiel.
„Ja, du hast noch nicht erzählt, wie es gestern mit Robin war", fügte Grace hinzu.
Arwen seufzte. „Also gab es Drama mit Fred."
„Es gab kein Drama mit Fred", entgegnete Eloise sofort und versuchte allen Blicken auszuweichen, während sie durch den Flur zum Gemeinschaftsraum liefen.
Ihre Freundinnen warfen sich einen Blick zu. Ophelia formte mit ihren Lippen in Grace und Arwens Richtung stumm einen Countdown von drei bis null, bis aus Eloise direkt nach eins herausplatzte: „Okay, es ist etwas passiert."
Ophelia sah zufrieden aus.
„Habt ihr darüber gesprochen, was er gesagt hat?", fragte Grace.
Als Eloise die Tür des Gemeinschaftsraum öffnete, die außen von den Fässern verborgen lag, drehte sie sich wie eine Geheimagentin auf Mission zu ihnen um und senkte die Stimme. Ihre Korkenzieherlocken, die durch eine blaue Schleife zu einem Zopf zusammengehalten wurden, hüpften wild umher, als sie ihren Kopf nach vorne beugte. „Nein, aber irgendwas Komisches ist passiert", wisperte sie geheimnisvoll und drehte sich wieder um.
Grace hob die Augenbrauen.
Währenddessen dachte Eloise: Scheiße, stimmt, da war ja was, vielleicht sollten wir darüber reden, was er gesagt hat.
„Ich weiß auch nicht", erzählte sie jedoch erst einmal frustriert. Sie verstand es ja nicht einmal selbst. „Irgendwie waren wir gestern in diesem Geheimgang und da hab ich ihn angesehen und da ist was Komisches mit meinem Gehirn passiert."
„Mit deinem Gehirn, klar", murmelte Grace und Ophelia warf ihr ein kurzes Grinsen zu, bevor sie sehr ernst Eloises hilflosen Blick erwiderte.
„Hey, wie wäre es, wenn wir heute bei den Gryffindors frühstücken?", fragte Ophelia. „Ich gehe zu Lee und du kommst einfach mit. Fred und George haben ja sogar ausnahmsweise mal Unterricht in der ersten Stunde."
„Äh—", begann Eloise, die sich nicht ganz sicher war, ob sie dazu bereit war, mit Fred an einem Frühstückstisch zu sitzen. Am liebsten würde sie ihn gar nicht mehr ansehen. Irgendwie waren ihr ihre Gedanken etwas peinlich. Aber Ophelias Vorschlag einfach so abzulehnen, kam ihr zu auffällig vor... Außerdem hatte Eloise die beiden bisher noch nie beim Frühstück gesehen, da sie mehr Freistunden als Unterricht hatten und dementsprechend lang schliefen. Heute Morgen war allerdings Zauberkunst und soweit Eloise sich erinnerte, hatten sie beide die ZAGs bestanden.
Arwen und Grace sagten, sie würden zusammen zum Hufflepuff-Tisch gehen, damit es nicht seltsam wurde, aber Eloise hatte schon das Gefühl, dass es das werden würde, als sie mit Ophelia am Gryffindor-Tisch entlangging.
Und verdammt. Sie erstarrte auf der Stelle. Durchatmen, Eloise. Tief durchatmen.
Fred stand mit gebeugtem Rücken hinter George und stützte sich mit einer Hand neben ihm auf dem Tisch ab, die Augen konzentriert auf ein Stück Pergament gerichtet, auf das George etwas schrieb. Eine kleine Furche war zwischen seinen Augenbrauen zu sehen, während er angestrengt seufzte. Eloise schwor, dass sie sah, wie Fred sich kurz auf seine Unterlippe biss. Bei Helga Hufflepuffs Wollsocken, sie wünschte, das wäre ihre— Was?
„Mir ist schlecht", murmelte Eloise Ophelia zu.
In diesem Moment sah Fred zu den beiden auf und strich sich seine Haare aus dem Gesicht, die ihm zerzaust in die Stirn fielen. „Wen haben wir denn da?", fragte er mit einem Grinsen (oh, dieses Fred-Weasley-Grinsen!) und schob sich beiläufig die Ärmel seines Hemdes hoch. Eloise blieb jegliches geplantes Guten Morgen im Hals stecken, ja nicht einmal eine Erklärung, was sie hier machte, brachte sie heraus.
„Morgen", half George ihr mit gehobenen Augenbrauen auf die Sprünge.
Richtig. Es war Morgen.
„Morgen", murmelte sie schnell und ließ sich hastig auf die Sitzbank sinken, da sie nicht glaubte, länger stehen zu können.
Das hier wurde zu einem ernstzunehmenden Problem. Vor allem weil sie sich gedanklich besser mit dem Ring in ihrer Tasche befassen sollte, als damit, wieso ihr nie aufgefallen war, wie toll dieses weiße Hemd an Fred Weasley aussah — und war sie nicht eigentlich sauer auf ihn gewesen? War das jetzt einfach vergessen oder würden sie noch darüber reden? Sollte man darüber reden?
Er ließ sich neben sie auf den Platz sinken, während sich Ophelia neben Lee setzte und erklärte, dass Eloise unbedingt hatte mitkommen wollen.
„Wirklich?", fragte George und sah sie herausfordernd an, während Fred nach der Marmelade griff und sie eigentlich... kaum ansah. Hatte er auch schon mal so etwas gefühlt, wenn er sie ansah? War das normal? Und empfand er es immer noch? Oder war es vorbei und er sah sie einfach nur noch als Freundin? Ich bin wirklich darüber hinweg, alles gut. Hatte er gelogen, als er das im Fuchsbau gesagt hatte oder war es für ihn wirklich vorbei?
Eloise versuchte, sich auf George zu konzentrieren, und lächelte so ernst wie möglich, als er anmerkte: „Du bist ein bisschen blass."
„Ich bin nicht blass", antwortete sie sofort.
Jetzt sah Fred sie an und ihr Herz machte bei dem kurzen Blickkontakt einen Satz. „Und du meinst, das kannst du besser beurteilen als wir, die direkt neben dir sitzen?", grinste er frech. „Was sagst du, Lee?"
Lee ließ augenverdrehend seinen Toast sinken. „Leute, ihr seid grundsätzlich alle zu blass für mich."
„Aber Eloise ist besonders blass heute."
„Ich bin wirklich nicht blass, Freddie", sagte Eloise, ohne weiter darüber nachzudenken, und widmete sich schon den Spiegeleiern, die vor ihr auf einem Teller lagen, während sie redete.
Doch Fred hielt inne. „Wie hast du mich gerade genannt?"
„Was?", fragte Eloise, die langsam ihren Kopf zu ihm drehte.
„Du hast ihn Freddie genannt", erklärte George für ihn.
„Ja", stimmte Fred zu. „Wie in aller Welt ist das passiert und in welchem Paralleluniversum bin ich aufgewacht? Wenn ich nicht aufpasse, küsst du mich noch." Er lachte, während Eloise ein wenig ertappt zusammenzuckte. Ophelia warf ihr einen verwirrten Blick zu, als würde sie sich äußerst seltsam verhalten.
„Sei mal nicht albern", erwiderte sie dann mit einem sehr komischen Lachen. Fred blinzelte verwirrt und tauschte einen Blick mit George aus, der mit den Schultern zuckte, als hätte er nicht die geringste Ahnung, was vor sich ging, als Eloise ihren Toast bestrich.
„Na ja", sagte Fred in die Stille, die auf ihre Worte folgte, hinein, „An Freddie kann ich mich gewöhnen."
„Ach komm, ich hab doch schon oft—", versuchte Eloise, sich herauszureden, doch Fred schüttelte mit dem Kopf.
„Nope."
Eloise suchte nach einer Erwiderung, bevor sie begeistert ausrief: „Das ist wie, wenn ich George Georgie nenne!"
„Wann nennst du ihn Georgie?", fragte Fred verwirrt.
„Ständig", antwortete Eloise.
„Ständig?", fragte George.
„Ja, klar", meinte Eloise selbstbewusst und warf ihm einen Blick zu. „Dieses eine Mal auf jeden Fall, weißt du nicht mehr?"
„Welches eine Mal?", fragte Fred skeptisch.
Lee und Ophelia sahen sich an.
„Ja, welches eine Mal?", warf George interessiert ein.
Überfordert erwiderte Eloise abwechselnd ihre Blicke. „Ophelia!", rief sie dann aus. Sie sah sie mit großen Augen an.
„Ja?", fragte ihre Freundin vorsichtig.
„Wenn wir untereinander über die beiden reden, nennen wir sie doch immer Freddie und Georgie, oder nicht?"
„Äh—", begann Ophelia, bis Eloise ihr einen bösen Blick zuwarf, „Ja, richtig."
„Ich würde immer noch gerne wissen, wann das eine Mal war, wo du mich Georgie genannt hast", warf George ein und Eloises Augen hätten ihn in Flammen setzen können, wenn sie gewollt hätte, als sie zu ihm sah. Er grinste.
„Vielleicht erinnerst du dich ja nicht", entgegnete Eloise mit zusammengebissenen Zähnen, um ihr Lächeln zu bewahren.
„Vielleicht war ich betrunken."
„Ja, wie eine gewisse Hufflepuff bei der Quidditch-WM..." Fred tat so, als müsse er überlegen, welche Hufflepuff das gewesen war.
Eloise legte flehend den Kopf schief. „Ich dachte schon, ihr sprecht es nie mehr an", seufzte sie schließlich.
„Wir haben dich absichtlich in dieser falschen Sicherheit gelassen...", begann Fred.
„Um irgendwann zuzuschlagen", fügte George triumphierend hinzu.
Ophelia blinzelte verwirrt. „Du warst bei der WM betrunken?"
„Neeeein", antwortete Eloise im selben Moment, in dem Fred „Sie war völlig weg", antwortete. Sie sah ihn böse an, während Fred frech grinste. Oh, dieses Fred-Weasley-Grinsen!
Und dann begannen Fred und George — etwas zu dramatisch — zu erzählen, wie hinüber sie gewesen war und dass sie froh seien, dass sie nicht angefangen hatte, wilde Seemannslieder zu singen. Ihre Schonfrist, was das anging, war offensichtlich abgelaufen.
„Was habt ihr da eigentlich eben geschrieben?", lenkte Eloise herausfordernd ab.
„Nichts", antworteten Fred und George gleichzeitig, während George ganz langsam das Pergament in seine Tasche schob. Aha. Sehr unauffällig.
„Wie kommst du nur auf die Idee, dass diese beiden etwas anderes machen als Hausaufgaben?", fragte Lee kopfschüttelnd. Sie bekam dennoch keine Antwort auf ihre Frage, selbst nicht, als sie alle zusammen zum Zauberkunst-Klassenraum liefen. Zumindest ging Eloise davon aus, dass sie alle zusammen zum Zauberkunst-Klassenraum liefen, bis Lee und Ophelia in die andere Richtung abbogen, da sie Pflege magischer Geschöpfe hatten. Da es nur einen Kurs gab, der zeitgleich mit Zauberkunst stattfand, waren sie im anderen Zauberkunst-Kurs gelandet, der parallel zu Eloises Muggelkunde-Stunden stattfand. Na toll.
Als sie vor dem Klassenraum stehenblieben, vor dem schon ein paar andere Schüler auf Professor Flittwick warteten, spürte Eloise, wie George an der blauen Schleife in ihrem Haar zog, das heute von Wendys Frisur aus Peter Pan inspiriert war. Sofort trat sie hastig einen Schritt zur Seite — mitten in jemanden hinein. Und es war leider nicht Fred.
Graham Montague, ein Vertrauensschüler ihres Jahrgangs, der bestimmt Kapitän des Slytherin-Quidditchteams wäre, wenn der Kampf um den Quidditch-Pokal nicht wegen des Trimagischen Turniers ausgesetzt worden wäre, sah auf sie herab. Eloise trat instinktiv ein Stück zurück. Es war nicht seine Größe oder sein breiter Körperbau, der ihn so einschüchternd machte — vielleicht auf dem Quidditchfeld, aber außerhalb des Stadions war es sein Blick. Seine Gesichtszüge hatten etwas Aristokratisches und Ausgeklügeltes an sich, beinahe als wäre er einem alten Herrscherporträt eines Königs entsprungen. Sein strähniges hellbraunes Haar schien nur achtlos mit der Hand zurückgestrichen worden zu sein und stand mit seiner leichten Unordnung in Kontrast zu dem Ausdruck in seinen Augen, der den Eindruck vermitteln konnte, dass er tatsächlich ein Prinz war, der auf das Fußvolk hinabblickte.
„Tut mir leid", murmelte Eloise, auch wenn ihr der Gedanke half, dass Fred und George hinter ihr standen.
Und plötzlich nahm Montagues Gesicht etwas Charmantes an. Seine Lippen verzogen sich zu dem Anflug eines teuflischen Lächelns und er beherrschte die Kunst eines wahren Verführers, seinem Gegenüber das Gefühl zu geben, so interessant zu sein, dass sie sich genauso erhaben fühlen durften wie er, wenn er jemanden aus seinen eisblauen Augen ansah.
„Das muss es nicht, meine Liebe", erwiderte er mit öliger Stimme. „Dafür, dass du einem über den Weg läufst, sollte man sich eher bedanken."
Eloise war so überrumpelt, dass sie schwieg und ihn eine Weile geschockt ansah.
Fred jedoch brauchte nicht so lange, um eine Erwiderung zu finden. „Ich erinnere mich recht recht gut daran, wie du sie letztes Jahr beim Spiel ziemlich unfair gefoult hast, Montague. Sie wäre fast von ihrem Besen gefallen."
„Nun", antwortete Graham grinsend. „Das ist das Spiel, nicht?" Mit einem Zwinkern in ihre Richtung ging er mit seinen Freunden weiter.
Eloise war immer noch ein wenig sprachlos. „Hat er mit mir geflirtet?", fragte sie verwirrt.
„Himmel, nein", entfuhr es Fred, während George mit gehobenen Augenbrauen „Himmel, ja", sagte. Die beiden warfen sich einen Blick zu.
„Hör mal, Eloise", begann Fred, als müsse er einem Erstklässler aus einer Muggelfamilie das Zaubern erklären. „Montagues Dads Stellung im Ministerium ist wohl gerade etwas gefährdet, hab ich gehört. Dem kommt es nur recht, dass du in ihn reinrennst."
Ihr Blick wurde fassungslos. Was wollte er denn damit sagen? „Ach, weil mein Dad Minister ist?", fragte sie und sie konnte nicht vermeiden, dass in ihrer Stimme etwas Verletztes mitschwang. „Vielleicht flirtet er mit mir, weil er mich einfach so interessant findet."
Fred schnaubte. Und da hatten sie es wieder. Immer ging es für ihn darum, wer ihr Vater war — nie ging es um sie.
„Oh, ist das wirklich so abwegig?" Sie verschränkte die Arme, als ihre Stimme kühler wurde. „Denkst du, dass ein Junge hier sich nur wegen meines Dad für mich interessiert?"
George sah aus, als wolle er schnell verschwinden, wusste aber noch nicht, wohin.
„Bestimmt die meisten!", platzte es aus Fred heraus.
Nun ergriff George offen die Flucht. Na ja. Er versuchte es zumindest. Allerdings drehten sich Eloise und Fred zeitgleich so schnell zu ihm um, um „Wohin willst du?" zu fragen, dass er in seiner Bewegung erstarrte.
Dann fiel Eloise ein, was Fred gesagt hatte. „Die meisten also?", wiederholte sie.
„Ich meinte—"
„Gut zu wissen", unterbrach sie ihn jedoch schon und drehte sich ohne ein weiteres Wort zum Klassenraum um, den Professor Flittwick gerade geöffnet hatte.
Die erste Schulwoche ihres sechsten Schuljahrs wurde hiermit offiziell zur beschissensten von allen — und sie hatte letztes Jahr gedacht, dass man einen Ohnmachtsanfall auf der Hinfahrt kaum toppen konnte.
ღ ღ ღ
Wenn Eloise nach Zauberkunst aufgewühlt war, machte es ihr Besuch bei Professor Trelawney nicht gerade besser. Erstens fühlte sie sich schlecht, weil sie Wahrsagen abgewählt hatte, so sehr, dass sie sogar mit dem Gedanken spielte, zu Professor Sprout zu gehen und das Fach ihrem Stundenplan hinzuzufügen — schließlich hatte die Lehrerin eben angemerkt, wie bedauerlich sie es fand, dass ein geschärfter Geist wie Eloises nicht mehr in ihrem Kurs anzutreffen war. Zweitens war ihr Gespräch nicht sonderlich hilfreich gewesen.
Die Macht des Ringes lag tief in ihm verborgen, wie es schien, und um die Verbindung zu verstehen, müsste sie erst ihren Geist mit ihm verbinden. Meditieren, so lautete also ihre Empfehlung. Wenn er nicht so gruselig wäre, würde sie vor lauter Frustration sogar zu Moody gehen.
Aber jetzt brauchte sie etwas anderes: Einen klaren Kopf. Und es gab tatsächlich kaum etwas Besseres, als den Wind im Gesicht zu spüren, während man sich auf dem Besen vorlehnte, beschleunigte und mit dem Quaffel auf einen der Torringe zielte. Ohne Hüter zugegeben etwas langweilig, aber immer noch ablenkend genug.
Gerade als sie nach einem der Schulbesen griff, da sie ihren eigenen natürlich heute Morgen nicht mitgenommen hatte, hörte sie eine Stimme hinter sich.
„Vermisst du Quidditch auch schon?"
Cedric hob mit einem Lächeln die Augenbrauen, als sie sich zu ihm umdrehte.
„Ein wenig", gab sie schüchtern zu.
„Was dagegen, wenn ich mitfliege?"
Und so geschah es, dass Eloise ihren Nachmittag plötzlich mit Cedric Diggory verbrachte, Quaffel warf und mit ihm um den Schnatz konkurrierte.
„Du hättest auch Sucherin werden können", merkte Cedric danach mit einem freundlichen Grinsen an, als sie den Besen in die Hütte neben dem Platz brachte.
„Mit Harry und Cho als Konkurrenten sind wir mit dir auf jeden Fall besser dran", stritt sie schnell ab und Cedric lachte leise.
„Ich find's toll, wie du Malfoy gar nicht erst erwähnst."
Eloise legte den Kopf schief und schnitt eine Grimasse, als wolle sie sich dafür entschuldigen, obwohl sie es nicht zurücknehmen würde.
„Aber du hast schon recht, vor allem Cho — die ist echt gut. Ihre Techniken sind ziemlich ausgeklügelt, sie fliegt wirklich außergewöhnlich. Ich meine, was sie mit ihrem Komet alles hinbekommt..." Sein Blick verlor sich kurz in der Ferne und als Eloise ihn für einen kurzen Moment beobachtete, verstand sie. Cho Chang war es also, die dem Schulschwarm Cedric Diggory ins Auge gefallen war. Kein Wunder, die Ravenclaw war ungewöhnlich hübsch und in ihrem Jahrgang sehr beliebt. „Ähm, Eloise, das klingt vielleicht komisch, aber... Du bist doch gut in Wahrsagen, nicht?"
Sie runzelte die Stirn. „Na ja, ich mochte es immer sehr."
„Ja..." Cedric überlegte kurz. „Sag mal, kannst du vielleicht schauen, wie meine Chancen beim Turnier sind oder so? Ob ich genommen werde? Oder wie ich mich schlagen würde, wenn ich dabei wäre? Ich bin mir nämlich doch ein bisschen unsicher, ob ich es versuche oder nicht."
Seine Bitte überraschte sie ein wenig, aber wenn sie ehrlich war, war sie dankbar, dass Cedric ihr diesen Nachmittag überraschend sorgenfrei gestaltete, einfach nur, weil er bei ihr war. Wäre er nicht dabei, hätte sie vermutlich stundenlang über Freds Worte nachgedacht.
„Wir können direkt in die Bibliothek gehen, wenn du magst", schlug sie also vor. Cedric strahlte.
Und so starrte Eloise ein paar Minuten später konzentriert auf ihre Tarotkarten und breitete sie vor Cedric aus, damit er drei Karten zog, während er sich auf das Turnier konzentrierte. Sein Besen lehnte an dem leeren Stuhl neben ihnen, auf den sie ihre Taschen geworfen hatten.
„Okay", sagte er, nachdem er drei Karten verdeckt ausgesucht hatte.
Eloise nickte und drehte die erste um. „Das Ass der Stäbe", begann sie. „Oh, das ist gut. Das steht für neue, spontane Möglichkeiten, die einem das Leben bietet — dafür, dass man seine Pläne in die Tat umsetzen soll, und dass man sozusagen am Anfang von etwas steht und nur... die Zündung aktivieren muss."
„Also sich bewerben", meinte Cedric.
„Ja", stimmte Eloise begeistert zu und deutete auf die Karte, auf der eine Hand zu sehen war, die einen Ast mit jungen grünen Trieben hielt. „Aber die Blätter, die hier runterfallen, stehen dafür, dass die Chance nicht ewig bleibt. Wenn die Blätter weg sind, ist die Chance vorbei, also musst du sie nutzen, wenn du sie willst. Und weil der Ast noch jung ist, geht es auch oft um Möglichkeiten, zu wachsen. Und das ist das Turnier ja auch."
Cedric nickte, während Eloise zur zweiten Karte griff.
„Oh mein Gott", entfuhr es ihr.
„Oh mein Gott?", wiederholte Cedric verunsichert.
„Sechs der Stäbe!", rief Eloise begeistert und senkte schnell die Stimme, bevor Madam Pince sie hörte.
„Ah", antwortete Cedric ahnungslos und warf einen Blick auf die Karte, auf der ein Mann mit einem Lorbeerkranz auf dem Kopf durch eine Menschenmenge ritt, die voller Bewunderung zu ihm aufblickte. „Sieht aber gut aus."
„Auf jeden Fall!" Eloise lächelte begeistert. „Das ist die totale Siegerkarte. Aber es stand auch in meinem Buch wirklich so beschrieben, dass man sich diesen Sieg auch durch seine Leistungen verdient, ob das jetzt ein Wettkampf ist oder eine Schlacht. Also du wärst beim Turnier definitiv erfolgreich und — ich will ja wirklich nicht zu viel versprechen — aber das könnte sogar heißen, dass du gewinnst. Oder einfach sehr gut bist." Den letzten Satz fügte sie hinzu, als sie das Strahlen in Cedrics Augen bemerkte.
„Oh", war ihr Kommentar zur nächsten Karte, auf die sie einen Moment lang hinabblickte.
„Oh?" Cedric sah sie fragend an, als sie eine Weile nichts sagte, da sie überlegen musste, wie sie das zu deuten hatte. „Welche ist es denn?"
Nun legte Eloise sie offen auf den Tisch. „Der Tod."
Cedric schwieg kurz. „Charmant."
„Aber Karten zeigen fast nie wirklich einen Tod an — den gibt es ja an sich auch im Spirituellen nicht so richtig, also keine Sorge. Dieser Fluss auf dem Bild da ist ein bisschen wie der Hades aus der griechischen Mythologie — ich hatte davor ehrlich gesagt nicht so viel Ahnung davon, aber Maya aus unserem Team hat mich irgendwie darauf gebracht. Das ist der Fluss in der Unterwelt, den wir überqueren, wenn wir sterben. Er ist also ein Übergang — und dafür steht im Grunde genommen auch die Karte. Es geht darum, dass etwas Neues kommt. Also kein körperlicher Tod, sondern eher der Tod einer Situation oder von Umständen. Das könnte ja auch heißen, dass du gewinnst und direkt die Schule schmeißt oder was anderes völlig Neues dadurch in dein Leben kommt. Vielleicht wirst du auch nicht Erster, aber trotzdem öffnen sich für dich trotz des Verlusts neue Türen."
„Also liegt's insgesamt gar nicht so schlecht...", stellte Cedric fest.
„Die ersten beiden Karten sind auf jeden Fall richtig gut, das gibt der dritten Karte auch was Positives."
„Also wenn ich dich fragen würde, ob ich es versuchen soll, würdest du Ja sagen?"
Eloise zögerte keine Sekunde. „Auf jeden Fall", antwortete sie überschwänglich und tippte auf die erste Karte. „Chancen nutzen."
„Gut", sagte Cedric mit einem leichten Lachen. „Ich weiß ja nicht, wie die Champions ausgewählt werden — ich will sicherheitshalber trainieren. Meine Freunde meinten schon, sie üben mit mir Zaubersprüche, aber ich glaube, ich sollte auch körperlich fit sein. Ich will die Jungs nicht noch mehr nerven, würdest du vielleicht...? Ich meine, wenn du Lust hättest, könnten wir uns ein paar Mal morgens auf dem Quidditchfeld treffen, ein paar Runden laufen und fliegen?"
Sie würde lügen, wenn sie sagen würde, dass sie nicht überrascht davon war. Um fair zu sein müsste sie eigentlich Grace mitnehmen, oder? Aber die liebte ihren Schlaf morgens viel zu sehr. Eloise ja auch, aber wenn Cedric sie um Hilfe bat... Es war ja nichts dabei. Vielleicht hätte er dadurch wirklich bessere Chancen. Und irgendwie tat es ihr gut, in Cedrics Nähe zu sein. Er sprühte nur so voller Leben, als würde das Gelb seiner Uniform tatsächlich wie die Sonne leuchten. Eloise verstand seine Beliebtheit.
Dann biss er sich leicht auf die Lippe. „Sag mal, ich hätte nur noch eine kleine Frage", begann er. „Es gibt da so ein Mädchen und vielleicht kannst du ja mal..."
Eloise hob die Augenbrauen, legte aber die drei Karten wieder zu den anderen und mischte sie, bevor sie eine einladende Geste in seine Richtung machte.
Eifrig schloss er die Augen und ließ seine Hand über die Tarotkarten schweben, bevor er langsam drei von ihnen auswählte. Als es um das Turnier ging, hatte er sich nicht so viel Zeit gelassen...
„Der Magier", benannte sie die erste Karte, die er umdrehte. „Der hat alle Gaben und Werkzeuge der Welt und kann mit ihnen auch alles erreichen. Also wenn wir das auf dich beziehen, hast du alles, um Cho für dich zu gewinnen."
„Cho?", fragte Cedric überrascht.
„Äh—" Sie hatte es einfach angenommen. „Ich dachte nur..."
„Gott, ist es so offensichtlich?"
„Du hast nur eben etwas von ihr geschwärmt und sie ist sehr hübsch und süß, da hab ich angenommen..."
Cedric nickte ergeben und drehte begierig die zweite Karte um.
„Die Zwei der Kelche", erklärte sie. „Ach, schau doch mal, die ist super romantisch." Eloise deutete auf das junge Pärchen auf der Karte, das verliebt voreinander stand. „Zuneigung, Vertrauen, Dates. Da ist auf jeden Fall eine sehr gefühlvolle Verbundenheit. Jegliche Grundlage für eine große Zukunft ist da."
Seine Hochstimmung wich jedoch einem verwirrten Blick, als sie die dritte Karte umdrehte. Auf ihr war ein Herz zu sehen, in dem drei Schwerter steckten. Der Hintergrund war mit tristen Wolken dargestellt. „Lass mich raten, Drei der Schwerter?", fragte Cedric.
Eloise machte ein hilfloses Gesicht. „Die Liebeskummer- und Verlust-Karte, um ehrlich zu sein." Na prima. Bis eben war doch alles so toll. „Aber guck mal, die Wolken können auch dafür stehen, dass man irgendwas mit seinen negativen Gedanken kaputt macht. Verstand gegen Gefühl quasi. Vielleicht steht euch noch was im Weg, aber die Verbindung zwischen euch ist auf jeden Fall gegeben, das sagt ja die Zwei der Kelche."
Hastig holte sie ihre Lenormandkarten aus ihrer Tasche.
„Hast du die immer dabei?", fragte Cedric überrascht.
„Klar", antwortete Eloise, als wäre das das Normalste der Welt, bevor sie so schnell zu mischen begann, dass Cedric kaum mitkam. Sie legte ein keltisches Kreuz und das sah recht gut aus. Die Ausgangssituation lag mit dem Haus stabil, aber als Einfluss von außen lag schon wieder eine Verlustkarte, die Mäuse. In unmittelbarer Zukunft lag der Mond, der immer für Gefühle stand, aber die Diagonale gefiel Eloise nicht. Sense, Mond, Storch. Sense-Mond stand oft für verletzte Gefühle, mit dem Storch kam eine Veränderung dazu.
Sie versuchte Cedric es so gut es ging zu erklären und er lachte bei ihren Versuchen, die schlechten Dinge nett zu verpacken. „Eloise, du sagst doch, dass hier die Sonne mit dem Mond heißt, dass Gefühle erwidert werden. Vielleicht trennen wir uns irgendwann, aber dann ist es so."
Eloise nickte. „Egal was, es ist auf jeden Fall schicksalhaft. In der langfristigen Zukunft liegt der Park mit dem Kreuz. Der Park ist eigentlich auch immer was Öffentliches oder eine Veranstaltung. Mit dem Kreuz auf jeden Fall was Schicksalhaftes."
„Du könntest Geld dafür nehmen", lachte Cedric und Eloise lächelte breit.
Dieser Junge hatte ihren Tag wirklich schöner gemacht.
ღ ღ ღ
Ab nächster Woche begann Eloises Training mit Cedric — hin und wieder kam sogar Ophelia mit, weil sie besser (und fieser) Leute striezen konnte. Ihre Freundinnen meinten doch tatsächlich, Eloise sei für so etwas zu nett.
Heute Morgen aber war sie mit Cedric alleine und lief völlig verschwitzt mit ihm zurück zum Schloss. Himmel, wofür machte sie das eigentlich? Das war definitiv zu viel Sport.
Mit Fred hatte sie seit seinem tollen Kommentar letzten Mittwoch nicht wirklich geredet. Das hörte sich dramatischer an, als es war — tatsächlich lief sie Fred und George auch nur sehr selten über den Weg. George sah sie sogar mehr, da Fred Kräuterkunde und sein Bruder Verwandlung gewählt hatte. Und weil Eloise mit großer Freude nicht mehr zu Professor Sprouts Unterricht ging, sah sie ihn nur in Zauberkunst und in Verteidigung gegen die dunklen Künste, wo sie hauptsächlich damit beschäftigt war, sich in der letzten Reihe zu verstecken. George allerdings hatte sich in Verwandlung neben sie gesetzt und zog sie ständig mit irgendetwas auf.
Sie fand wirklich, dass Fred an der Reihe war, sich zu entschuldigen. Erst sein Kommentar mit dem Preisgeld, jetzt das. Ja, es war wirklich seine Aufgabe— Und der Himmel erhörte sie. Als sie um die Ecke bog, kam er ihr entgegen, und das auch noch alleine. Unheimlich.
„Hey", sagte er und wirkte fast ein wenig... schuldbewusst? Es geschahen noch Zeichen und Wunder, hm?
„Hey", erwiderte sie und blieb vor ihm stehen. Es war noch früh, die Sonne war gerade erst über den Horizont der schottischen Highlands geklettert und fiel mit einem sanften Schimmer durch die Fenster von Hogwarts. Vermutlich war er auf dem Weg zu den Gewächshäusern. Die Korridore waren noch halb von Fackeln beleuchtet, halb vom Sonnenlicht, das Freds Haare sanft golden schimmern ließ. Er sah müde aus, während Eloise in ihrer klebenden Hufflepuff-Uniform, mit zusammengebundenen Haaren und ihrem Besen in der Hand vor ihm stand und sich fragte, warum sie darauf bestanden hatte, im Schlafsaal zu duschen. Aber sie hatte eine Freistunde, also war es ihr so lieber gewesen. Sie war noch aufgekratzt von der ganzen morgendlichen Bewegung.
„Warst du fliegen?", fragte Fred überrascht und Eloise nickte.
„Deswegen der Besen, weißt du", erwiderte sie mit einem schwachen Lächeln. Fred grinste leicht bei ihrem Kommentar und ließ seinen Blick zu ihrem Besen wandern.
„Ich wollte—", begann er, doch dann realisierte er, was sie da in der Hand hatte. „Ist das ein Feuerblitz?"
„Äh... ja." Eloise war ein wenig überrumpelt, da sie nicht damit gerechnet hatte. „Hab ihn in den Sommerferien für meine ZAG-Noten bekommen."
Als Fred die Augenbrauen hob, fiel ihr auf, wie das klang. Merlin, andere sparten zwei Geburtstage und Weihnachten für so einen Besen und ihr Vater legte ihn ihr einfach auf den Frühstückstisch.
„Gott, ich klinge wirklich verwöhnt", sagte sie also ehrlich. „Tut mir leid."
Als Schritte hinter ihr zu hören waren, sah Fred kurz über ihre Schulter. Da er die Stirn runzelte, konnte Eloise sich denken, wer es war. Cedric lief an ihnen vorbei, im Gegensatz zu ihr mit frischen Sachen und nassen Haaren. Er lächelte den beiden zu und hob kurz die Hand, mit der er nicht seinen Besen hielt, in Eloises Richtung. „Bis übermorgen", sagte er und Eloise erwiderte seine Geste schnell, während er schon weiterging.
„Macht ihr trotzdem noch Quidditch-Training?", fragte Fred, als Cedric um die Ecke verschwunden war.
„Oh, nein, Cedric und ich machen Sport zusammen", antwortete sie. „Um zu — äh — trainieren."
„Aha", erwiderte Fred mit einem seltsamen Unterton. „Wofür trainiert ihr denn?"
„Er macht es zumindest nicht, weil mein Dad Minister ist", merkte sie an. Eine kleine Spitze, um ihn zu einer Entschuldigung zu bewegen, konnte ja nicht schaden.
Fred betrachtete sie seufzend. „Ich weiß, das verdien ich", sagte er. „Ich hätte das nicht sagen sollen. Ich meine, offensichtlich interessieren sich Leute nicht nur wegen deines Nachnamens für dich, du bist eines der schönsten Mädchen aus unserem ganzen Jahrgang, wenn nicht sogar aus beiden UTZ-Jahrgängen. Sie wären blind, wenn sie's nicht würden."
Er sagte das, als wäre das ein allgemein bekannter Fakt; etwas, über das man gar nicht zu diskutieren brauchte.
Eloise blinzelte ein paar Mal.
„Und vielleicht bin ich nicht so reich wie du, aber definitiv genauso umwerfend, um da mitzuhalten", grinste Fred, was sie dazu brachte, die Augen zu verdrehen. „Umwerfender als Diggory."
„Mach dir mal keine Sorgen", sagte sie mit einem sanften Lächeln. „Cedric und ich üben nur fürs Turnier."
Fred sah sie an. „Fürs Turnier?" Er zog die Augenbrauen zusammen.
„Er will sich doch bewerben", erklärte Eloise. „Und weil wir nicht wissen, worauf der Richter so achtet, trainieren wir ein wenig."
„Also um das mal zusammenzufassen." Fred verschränkte die Arme. „Du willst nicht, dass ich es versuche, obwohl es mir wirklich wichtig ist, aber Diggory hilfst du?"
„Du darfst doch nicht einmal mitmachen." Glaubte er denn wirklich, dass der Richter unabhängig vom Alter wählte, wenn er es schaffte, sich anzumelden? „Volljährigkeit ist eine feste Regel. Es wird nicht einfach jemand zugelassen, der nicht 17 ist, selbst nicht, wenn er es schafft, Dumbledores Schiedsrichter zu überlisten."
„Und jetzt sag mir mal, wo der Unterschied zwischen mir und Diggory liegt", schnaubte Fred. „Wir haben genau den gleichen Unterricht gehabt."
„Cedric ist einer der besten Schüler unseres Jahrgangs." Eloise versuchte wirklich, sachlich zu argumentieren. „Er schafft die Aufgaben bestimmt, wenn er ausgewählt wird."
„Ach, und ich nicht?", fragte Fred beleidigt. „Er schafft das mit links, aber ich nicht?"
„Fred, wie gesagt bist du nicht 17", wiederholte sie sich erneut und mittlerweile etwas gereizt, „Zweitens ist Cedric wirklich sehr talentiert und—"
„—ich hab nur drei ZAGs bestanden und bin zu blöd dafür."
„Das hab ich doch gar nicht gesagt!"
„Brauchst du auch nicht", murmelte Fred. „Ich versteh nur nicht... Wieso unterstützt du mich nicht? Dieses Preisgeld ist wirklich wichtig für uns, das weißt du."
„Ich unterstütze euch nicht?" Eloise war kurz davor, ihm an die Gurgel zu gehen. Meinte er das gerade ernst? „Meine Eltern fanden eure Idee total lachhaft und ich habe ihnen immer wieder gesagt, wie viel Erfindergeist ihr habt und wie unglaublich die Sprüche sind, die ihr entwickelt habt und dass ich hoffe, dass ihr euren Traum verwirklicht, weil ich so sehr an euch glaube. Ich höre euch bei jeder Idee und jedem Entwurf zu, weil ich so sehr an euch glaube, und nur weil ich euch bei dieser Schnapsidee nicht unterstütze, sagst du mir so etwas?"
Fred schwieg, bevor er angesäuert sagte: „Diese Schnapsidee ist wichtig für uns."
„Aber es bringt nun mal nichts, weil ihr nicht 17 seid", sagte sie erneut und überschlug sich fast beim Reden. Ihr Puls war mittlerweile so hoch, dass sie kaum schlucken konnte „Und ihr habt doch wirklich viel Geld bei Bagman gewonnen, die Quote muss richtig gut gewesen sein — also seien wir ehrlich, so wie du die letzten Tage rumrennst und dich schon als Champion aufführst, geht es doch größtenteils um dein Ego."
Fred spannte seinen Kiefer an und sah sie aus seinen braunen Augen finster an. „Du gönnst es mir einfach nicht", sagte er nach einer kurzen Pause.
Eloise atmete tief durch und wandte ihren Blick ab. Er wollte es auch einfach nicht verstehen, oder? „Klar, es geht nicht darum, dass es sowieso keinen Sinn hat und ich das ganze Schuljahr kein Auge zumachen würde, wenn du Champion wärst", gab sie sarkastisch zurück.
„Du verstehst es einfach nicht." Fred schüttelte zu sich selbst den Kopf. „Du hast ja auch alles — du verstehst nicht, was dieses Turnier für manche bedeuten könnte."
„Dann erklär es mir!", rief Eloise verzweifelt.
„Ich passe nicht in deine Welt", platzte es laut aus Fred heraus. „Zu euren Teedeckchen, euren Ledersofas und diesem Kronleuchter. Oder zu euren Hauselfen. Ich weiß, was deine Eltern von mir denken, Eloise. Sie sehen es nämlich. Sie sehen, dass ich nicht dazugehöre. Aber das hier — dieses Turnier, dieses Preisgeld — das wäre der erste Schritt, das zu ändern. Respektiert zu werden und etwas aufzubauen, das Erfolg hat."
Darum ging es ihm? Darum, in diese Welt zu passen, die jeder beneidete, aber aus der sie sich herauswünschte?
„Ob du im Turnier gewinnst oder ihr euren Laden aufbaut, das ist völlig egal", begann sie fast schon amüsiert. „Du wirst nie in diese Welt passen—"
„Oh, danke für deine Unterstützung", gab Fred sarkastisch zurück.
Eloise verengte ihre Augen. „Ich war noch nicht fertig", knurrte sie sauer. „Du wirst nie in diese Welt passen und weißt du überhaupt, wie froh mich das macht? Meine Eltern sind Teil dieser Welt und sie macht so scheiße oberflächlich. Bei allem, was sie tun, denken sie an ihren Ruf, sie schleimen sich bei Leuten wie Lucius Malfoy ein, um ihre Position zu halten." Sie bewegte so energisch ihre Arme, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. „Du hast erzählt, dass dein Dad die letzte Ferienwoche kaum zu Hause war. Mein Dad ist nie Zuhause. Und um sich zu entschuldigen, kauft er mir und meiner Mutter Geschenke, um uns zu zeigen, dass es ihm leid tut und ich ihm viel bedeute. Willst du so sein? Willst du oberflächlich und arrogant und nie für deine Familie da sein?"
Sie holte tief Luft — und es fühlte sich so gut an, das alles loszuwerden, auch wenn ihre Stimme so klang, als würde sie gleich weinen. „Immer tust du so, als müsstest du dich für deine Familie schämen, aber weißt du, was ich dafür geben würde, dass meine Eltern mehr wären wie deine? Ja, du siehst unsere tollen Ledersofas und unseren tollen, perfekt eingerichteten Salon, in dem kein Bild zu schief hängt und du denkst dir ‚Oh man, mein Haus sieht ja im Vergleich aus, als würde es auseinanderbrechen' und weißt du was? Scheiß auf diesen Mist. Meine Mutter denkt, ich bin zu jung, um mir wirklich Meinungen bilden zu können und wenn ich den Mund aufmache, tut sie alles als Phase ab. Sie machen sich über euch lächerlich und wenn ich sage, dass ich an eure Idee glaube, sehen sie mich an, als wäre ich ja so ein süßes, naives Kind, das noch aufwachen wird, aber hoffentlich passiert das nicht zu bald, weil ich ja möglichst lange ihr kleines Mädchen bleiben soll."
Er sah sie mit geöffneten Lippen sprachlos an.
„Fred", sammelte sie sich und versuchte, runterzukommen, als ihre Stimme sanfter wurde. „Ich bin so froh, dass du nicht wie sie bist. Ich bin so froh, dass du anders bist."
„Und trotzdem benimmst du dich so, wie sie es von dir wollen", antwortete Fred langsam. „Wieso sagst du das alles ihnen nicht?"
Sie gab es auf. Bis er es nicht verstehen wollte, brachte das hier nichts. Und doch dachte sie daran, wie sie ihrem Dad in seiner Geschichte über Sirius Black und Peter Pettigrew zugestimmt hatte. Sie hatte die Wahrheit verleugnet, weil sie ihrem Dad unbequem war und weil sie wusste, dass er es nicht glauben würde. Aber sie hätte mehr Druck machen können — nicht einfach aufgeben, bevor sie es versuchte. Und irgendwann hatte sie es auch aufgegeben, Fred und Georges Pläne zu verteidigen und einfach geschwiegen, da sie wusste, dass sie ihre Eltern nicht umstimmte.
Aber sie dachte auch an die Momente, in denen sie das Gegenteil getan hatte. Als sie jedoch die Male in ihrem Kopf durchspielte, in denen sie Regeln gebrochen hatte, fiel ihr auf, dass ihre Eltern nie etwas davon erfahren hatten. Alles was sie tat, war höchstens eine stille Rebellion. Die einzige Ausnahme war vielleicht ihr Kommentar über Professor Lupin — und selbst diese Meinung hatte sie vor ihrem Dad nicht weiter verteidigt. Stattdessen hatte sie sich für ihre öffentliche Aussage entschuldigt und nicht darüber diskutiert, dass Werwölfe mehr Rechte verdienten und zu Unrecht diskriminiert wurden.
Fred hatte recht.
„Musst du nicht zu Kräuterkunde?", fragte sie tonlos.
„Ja", sagte Fred ebenso ausdruckslos und lief an ihr vorbei zu den Gewächshäusern, ohne sich noch einmal zu ihr umzudrehen. Eloise bemühte sich ebenfalls, ihm nicht nachzusehen, bis seine Schritte im Gang verklangen. Dann brach alles über sie hinein. War es das, wie es jetzt zwischen ihnen war? Sie redeten aneinander vorbei und verletzten sich mit unbedachten Worten? Tränen stiegen ihr erneut in die Augen und sie spürte, wie ihre Nase verstopfte, als ihr Herz seltsam in ihrer Brust zog. Passten sie vielleicht einfach nicht zusammen? Hatte Fred recht und sie waren zu verschieden?
Langsam ließ sie sich an der Wand auf den Boden sinken, legte ihren Besen vor sich ab und vergrub ihr Gesicht in ihren Knien, die sie an sich heranzog.
Es tat einfach so weh. Sie hatte Cedric doch nur helfen wollen. Sie wollte doch einfach nur, dass Fred nicht in Gefahr geriet, weil er an diesem Turnier mitmachte — sie würde sterben, wenn ihm etwas zustieß.
Außerdem hatte sie es endlich ausgesprochen — die Worte über ihre Eltern, die schon lange in ihr gebrodelt hatten, die sie sich aber nie getraut hatte, zu denken oder zu sagen — und obwohl sie eigentlich jemanden gebraucht hätte, der sie nach dieser harten Erkenntnis in den Arm nahm, war sie hier, alleine in einem Korridor und bitterlich am weinen.
Doch sie sollte nicht alleine bleiben.
Wie es der Zufall — oder das Schicksal — wollte, trat in diesem Moment ein Slytherin um die Ecke, dessen eisblaue Augen sich überrascht auf Eloise richteten. Und so geriet der Ball ins Rollen.
Wie man vielleicht merkt, haben Eloise und Fred gerade eine... schwierige Phase. Sie sind beide so offensichtlich ineinander verliebt, aber Fred sieht es nicht mehr ein, die ganzen Schritte auf Eloise zuzumachen, nachdem sie ihn einmal zurückgewiesen hat — schließlich denkt er, dass sie dadurch weiß, dass er was von ihr will und selbst was machen kann, wenn sie es möchte. Und Eloise ist damit überfordert bzw. ist sie eigentlich auf dem Weg dahin, wäre Fred nicht so ungeduldig und temperamentvoll und stur. Aber er ist eben auch frustriert, weil Eloise ja in seinen Augen endlich was machen könnte, aber es nicht tut und er fürchtet, dass sie zu höflich ist, ihn abzuweisen und galant versucht, nur mit ihm befreundet zu sein, und ihn deswegen so lange hinhält, bis er darüber hinweg ist. Deswegen ist er auch immer eifersüchtig auf andere. Weil es ihn frustriert und er fürchtet, Eloise will nichts von ihm. Dabei sendet Eloise ja auf ihre Art sehr eindeutige Signale und er will sie auch so deuten, aber bei ihr weiß man ja nie...
Lol macht das Sinn?
Ich fühl mich wie Hermine, die Ron Chos Gefühlswelt erklärt. Es ist 23:30 Uhr, wo ich das da oben geschrieben habe, also habt Nachsicht.
Na ja.
Trotzdem freue ich mich so weiter auf den Feuerkelch mit den beiden 😩😩
Und ja, Graham Montague wird noch wichtig.
Außerdem find ich die Freundschaft von Cedric und Eloise süß 🥺 Wurde Zeit, das mehr einzubauen, damit der Heartbreak später schlimmer wird...
Das nächste Kapitel kommt frühestens Anfang Dezember, ich bin ab Morgen in Vietnam im Urlaub 💖
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