𝖝𝖝𝖝𝖎𝖎𝖎. Ein bisschen Prickeln

( von -aquamoods )








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KAPITEL DREIUNDDREIIG
Ein bisschen Prickeln
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ES GAB EIN PAAR DINGE, ÜBER DIE SICH ELOISE SCHON LÄNGER DEN KOPF ZERBRACH. Und nein, ausnahmsweise meinte sie damit keinen rothaarigen Gryffindor mit einem Zwillingsbruder. Sie meinte damit diese seltsame Sache mit den Dementoren, über die sie am liebsten gar nicht nachdenken wollte.

Einerseits wusste sie, dass es normal war, auf die Anwesenheit von Askabans Wächtern nicht gerade voller Freude zu reagieren, aber andererseits verlor man doch nicht gleich das Bewusstsein und bekam seltsame... Visionen.

Wendy lag schlummernd auf ihrem Schoß, als der Hogwarts-Express mit stetem Tempo durch Großbritannien rollte. Das ratternde Geräusch des Zuges vermischte sich mit dem Aufprallen der dicken Regentropfen auf der Fensterscheibe des Abteils, in dem Eloise mit Ophelia, Grace und Arwen saßen. Der Himmel war dunkelgrau, als läge Asche in der Luft — eigentlich verbrachte man einen solchen Tag gemütlich zu Hause.

Ihren Dad hatte sie seit der Quidditch-WM kaum gesehen, da er den ganzen Tag im Ministerium verbrachte, wo es immer noch drunter und drüber ging. So sehr sie hoffte, dass sich das Ganze schnell legte, bezweifelte sie, dass es sich hierbei um eine einmalige Sache gehandelt hatte... Es schien viel mehr der Anfang von etwas zu sein.

Doch nun hatte sie sich erst einmal eine andere Sorge von der Seele gesprochen, die sich mit dem heutigen 1. September sogar jährte. Letztes Schuljahr hatte sie ihren drei Freundinnen nicht davon erzählt, weil sie sich schon allein wegen ihrer Ohnmacht wie drei besorgte Mütter verhalten hatten, die sie nicht noch mehr hatte beunruhigen wollen. Aber jetzt war es raus: Das Gefühl, an einem anderen Ort zu sein, als sie im Zug in Ohnmacht gefallen war. Dieser Mann, mit dessen Stimme sie gesprochen hatte, obwohl die Worte nicht die ihren waren. Das Gesicht der Frau, das vor ihr aufgeblitzt war, als sich die Dementoren ihr beim Quidditchspiel gegen Gryffindor genähert hatten.

„Das ist irgendwie gruselig", war das erste, was Grace sagte.

„Hast du darüber mal mit jemandem anderen geredet?", fragte Arwen sofort.

„Na ja", entgegnete Eloise. „Ja, schon. Mit Lupin."

„Und?", fragte Ophelia. „Was meinte er?"

Sie atmete angestrengt durch und versuchte sich zurückzuerinnern. „Dass viele Menschen Erinnerungen durchleben, wenn sie der Wirkung eines Dementors ausgesetzt sind. Auch unterbewusste. Aber ich habe versucht, ihm zu erklären, dass es mehr wie eine Vision war als eine Erinnerung. Er meinte, dass vielleicht beide Vorfälle mit diesem Mann zusammen hängen. Dass die Frau aus seiner Erinnerung kam und ich irgendwie eine Verbindung zu ihm habe."

„Aber wer sollte das denn sein?", fragte Grace wenig überzeugt.

Eloise zuckte genauso frustriert mit den Schultern wie ihre Freundinnen, die unbefriedigt schienen, als sie ihre Erklärung hörten. „Lupin meinte, dass die mentalen Schutzwände durch Dementoren geschwächt und eingerissen werden. Deswegen können Seher ihre Visionen nicht kontrollieren. Aber das bin ich ja nicht. Also keine Ahnung."

„Du hast doch Wahrsagen weiter gewählt, oder?" Ophelia machte einen Gesichtsausdruck, als läge die Lösung auf der Hand. „Ich meine, Trelawney ist ein bisschen seltsam, aber vielleicht kann sie dir helfen."

Eloise nickte nachdenklich und spielte so nervös am Rock ihres Kleids herum, dass Wendy wach wurde. Ophelia, Arwen und Grace tauschten einen hilflosen Blick aus.

„Okay, lasst uns über was anderes reden", unterbrach Eloise die seltsame Stimmung, nachdem es die bedrückende Stille schaffte, sie aus ihren Gedanken zu reißen. „Wie läuft's so mit Lee?"

Wie auf Knopfdruck strahlte Ophelia. „Ziemlich gut", antwortete sie. „Diesen Sommer... ja, also es läuft ziemlich gut."

Ziemlich gut?", wiederholte Grace.

Ophelia wurde rot und nickte.

„Wieso hast du denn nichts gesagt?" Grace klang ernsthaft entrüstet.

Eloise verstand diese Konversation nicht so ganz. „Was gesagt?", fragte sie.

Während Grace immer noch mit dem Kopf schüttelte, sah Ophelia mit einem leichten Augenverdreher zu Eloise. „Lee und ich... Wir haben miteinander geschlafen, weißt du?"

Oh", entfuhr es Eloise.

„Verrückt", warf Arwen trocken ein.

Grace seufzte. „Vielleicht finde ich ja dieses Schuljahr auch noch jemanden."

„Was ist mit Will?", fragte Eloise.

„Ich muss realistisch sein, wir werden uns ein Jahr nicht sehen..." Als Grace auffiel, wie das klang, korrigierte sie sich schnell. „Nicht, dass es anders wäre, wenn wir uns jeden Tag sehen würden. Dann wäre ich nur noch genervter."

„Na klar." Arwen tauschte einen Blick mit Eloise und Ophelia aus.

Da sie nun von ihren Gedanken abgelenkt wurde, besserte sich ihre Stimmung tatsächlich erheblich und die vier spielten ein paar Runden Zaubererschnippschnapp, bis Ophelia aufstand, um kurz bei Lee vorbeizusehen (es hieß immer „kurz", aber das lief mindestens auf eine Stunde hinaus).

Dafür verpasste sie aber auch die Snacks der Imbisswagen-Verkäuferin, die vorbeikam, kurz nachdem Ophelia sich auf den Weg durch den Zug gemacht hatte. Nach einer schnellen Absprache stand Eloise vorsichtig auf, gab Wendy vorsichtig an Grace weiter und kaufte drei Schokofrösche für die drei. Gerade als sie sich umdrehen wollte, sah sie zur Seite und erblickte Robin, der scheinbar auch von den Snacks angelockt worden war.

„Hi, Eloise", sagte er mit einem Lächeln, als er vor ihr stehenblieb. „Wie geht es dir?"

Nach der Quidditch-WM hatte Robin sich direkt am nächsten Tag bei ihr danach erkundigt, ob alles bei ihr in Ordnung war. Er war nicht selbst dort gewesen, aber er hatte gewusst, dass sie mit ihrer Familie Tickets hatte. Sie hatte es sehr nett gefunden, dass er extra nachgefragt hatte.

„Gut", antwortete sie deswegen und lächelte. „Ich bin gespannt auf heute Abend — irgendetwas scheint ja geplant zu sein, aber ich weiß nicht was."

„Meinst du wegen der Festroben, die wir mitbringen sollten?", fragte Robin, der natürlich bei seinen Muggeleltern nicht die seltsamen Anspielungen miterlebt hatte wie Eloise.

„Unter anderem." Sie zuckte mit den Schultern und hielt kurz inne, als er eine Kürbispastete und Bertie Botts Bohnen kaufte, bevor die Frau mit dem Wagen weiterzog.

„Okay, wir sehen uns bestimmt später noch mal", fuhr Robin dann fort. „Übrigens will meine beste Freundin dich mal gerne kennenlernen. Sie ist ja in Gryffindor, vielleicht können wir mal was zusammen machen."

„Klar", sagte Eloise, auch wenn sie etwas überrascht darüber war, dass seine beste Freundin sie kennenlernen wollte. „Gerne."

„Super."

Robin sah sie kurz an, bevor er nach vorne trat, um sie zum Abschied zu umarmen. Komischerweise war die herzliche Geste für Eloise gar nicht komisch. Es fühlte sich ziemlich normal an.

Dafür zuckte sie umso heftiger zusammen, als sie wieder ins Abteil gehen wollte und eine tiefe Stimme hinter sich sagen hörte: „Ach, wir sind schon beim Umarmen mit Robin, hm?"

Sie drehte sich zu Fred und George um und dank seiner Bemerkung fiel es ihr nicht schwer zu sagen, wer Fred war und wer nicht.

„Und?", fragte sie, ein bisschen genervter, als es eigentlich klingen sollte. Sie wusste gar nicht, wo das plötzlich herkam.

Fred hob die Augenbrauen. „Auf welchem Freundschaftslevel bist du mit ihm denn schon?"

„Da gibt's keine Level mit ihm", winkte sie schnell ab, doch das schien für ihn wohl eine sehr unbefriedigende Antwort zu sein.

„Hey, warum hatten wir dann welche?", fragte er, während er ihr ins Abteil folgte. „Weil du auf ihn standest?"

Eloise war kurz verwirrt, bis sie sich daran erinnerte, dass sie Robin ja nur kennengelernt hatte, weil sie so getan hatte, als ob sie auf jemanden stand — und zufällig hatte es wirklich jemanden gegeben, der den Namen ihres Fake-Crushs hatte.

George folgte den beiden mit einem angestrengten Seufzen und Grace holte sich etwas zum Knabbern heraus, als Eloise und Fred ins Abteil kamen, womit sie Ophelias Rolle übernahm.

„Das war ja was anderes", redete sie sich heraus.

„Weil du in ihn verknallt warst?"

„Nein!", sagte sie sofort, bevor sie an ihre Lüge dachte. „Also... ja. Aber eigentlich... ganz unabhängig... damit hat das doch gar nichts zu tun."

George schob sich unauffällig an ihnen vorbei, um sich neben Grace zu setzen, als Fred die Arme vor der Brust verschränkte und Eloise ihn lange ansah.

„Ist ja auch egal", sagte Fred dann ein wenig genervt und ließ sich auf den Platz neben Arwen fallen, auf dem eben noch Ophelia gesessen hatte. Verwirrt ließ sich Eloise langsam neben George auf ihren eigenen Platz sinken und beobachtete Fred, der sich zurücklehnte. „Wir dachten nur, wir kommen vorbei, weil Ophelia zu uns kam und jetzt knutschen sie und Lee."

„Kaum auszuhalten", fügte George hinzu.

Da Fred nichts sagte und Eloise nicht in Stimmung war, das Wort zu ergreifen, herrschte plötzlich Schweigen zwischen ihnen. Auch Grace und Arwen, die sonst sicher kein Problem gehabt hätten, die Situation zu retten, schien das alles zu unangenehm zu sein.

„Na ja, wir gehen dann mal weiter zu den Mädels — den anderen", beschloss Fred plötzlich und George nickte.

„Unseren Mädels, ihr wisst schon", erklärte er ergänzend.

Eloise nickte und seufzte hilflos, als die beiden ihr Abteil wieder verließen.

Arwen verzog das Gesicht und tauschte einen Blick mit Grace aus. „Lasst uns lieber ein Feuer machen, hier ist es ja echt frostig", merkte sie trocken an.

So ist es also zwischen euch?" Grace schien fassungslos zu sein. „Ich dachte, er hätte deine Hand genommen."

„Ja!", verteidigte Eloise die seltsame Stimmung sofort. „Ich weiß auch nicht, was los war—"

„Robin war los", antwortete Arwen sofort auf ihre unausgesprochene Frage. „Er war eifersüchtig."

„Aber Robin und ich sind doch nur Freunde..."

„Was du Fred natürlich erklärt hast?" Grace hob die Augenbrauen.

Eloise kratzte sich kleinlaut am Hinterkopf. Na ja...

ღ ღ ღ

Das Festmahl in der Großen Halle bestand hauptsächlich daraus, dass Grace Pläne schmiedete, wie sie einen Geist umbringen konnte, auch wenn sowohl Eloise als auch Ophelia und Arwen ihr mehrfach erklärten, dass das sich als schwierig herausstellen könnte. Also beruhigte sie sich allmählich... und einigte sich auf bloße Rache.

Zur Erklärung: Peeves hatte wiedermal sein Unwesen getrieben. Eloise hatte Professor McGonagalls aufgebrachte Stimme schon gehört, als sie die Treppe zur Großen Halle hinaufgelaufen waren, immer noch in ihre Jacken gewickelt, da es draußen verregnet und kalt war.

Für Grace sollte es jedoch noch nässer werden. Bevor sie erkannten, was vor sich ging, hatte Peeves eine Wasserbombe auf sie fallengelassen. Sie war zwar nicht das einzige Opfer und mit einem Zauber war sie schnell wieder trocken, aber es reichte, um zum Gesprächsthema des Abends zu werden. Zumindest bis Dumbledore ihnen ein besseres bescherte.

„So! Nun, da wir alle gefüttert und gewässert sind, muss ich noch mal um eure Aufmerksamkeit bitten und euch einige Dinge mitteilen", begann der Schulleiter und fuhr erstmal fort mit dem Üblichen. Er verwies auf Filchs Liste verbotener Gegenstände, der sicher explizit darauf bestanden hatte, dies am Anfang des Schuljahres verkünden zu lassen. Doch nachdem Dumbledore daran erinnerte, dass der Verbotene Wald tabu war, fuhr er mit etwas fort, dass selbst Eloise fassungslos dreinblicken ließ. „Ich habe zudem die schmerzliche Pflicht, euch mitzuteilen, dass der Quidditch-Wettbewerb zwischen den Häusern dieses Jahr nicht stattfinden wird."

Verständnislos öffnete Eloise leicht überrumpelt den Mund. Aber... Wieso das denn? Quidditch fand doch immer statt. Nicht dass sie eine fanatische Spielerin war, aber es war ein Ausgleich zum Unterricht, der ihr einfach Spaß machte.

Automatisch blickte sie zu Fred auf der anderen Seite der Halle. Egal, wie weit er entfernt war, irgendwie fanden ihre Augen ihn immer. Die Zwillinge schienen zu geschockt, um zu protestieren.

„Der Grund ist eine Veranstaltung, die im Oktober beginnt und den Lehrern das ganze restliche Schuljahr viel Zeit und Kraft abverlangen wird — doch ich bin sicher, ihr werdet alle viel Spaß dabei haben", fuhr Dumbledore fort und weckte damit wieder Eloises Neugier. Vielleicht war das das, worüber alle in letzter Zeit redeten? Auch Fred und George hatten sie wegen der Anspielung ihrer älteren Geschwister schon ausquetschen wollen, aber ihr Dad hatte ihr ja auch nicht mehr erzählt. „Mit größtem Vergnügen möchte ich ankündigen, dass dieses Jahr in Hogwarts—"

Ein so lautes Krachen hallte durch die Große Halle, dass Eloise erschrocken zusammenzuckte. Auch ihre Freundinnen sahen aus, als wären sie einem Vampir begegnet, als sie zur Tür sahen, von der das Geräusch gekommen war. Ein Mann, der in einen Reiseumhang gehüllt war, befand sich am Eingang und stützte sich auf einem langen Stock ab. Ein Blitz tauchte ihn in unheimliches Licht, während er seine Kappe abnahm, um seine grauweiße Haarmähne zu schütteln.

Sein Gesicht war durchfurcht wie ein zerbrochener Stein, doch nicht mit Falten, sondern mit Narben. Ein Teil seiner Nase fehlte, sein Mund prangte wie eine deformierte Wunde unter ihr und seine Augen... Die waren das Gruseligste. Das eine wirkte recht normal, doch das andere war groß und blau und bewegte sich ständig, von einer Seite zur anderen und manchmal sogar nach hinten, sodass man nur seine weiße Rückseite sah.

Er sah so grotesk aus, dass man seinen Blick nicht von ihm abwenden konnte.

Ohne ein Wort und mit einem lauten Klack bei jedem Schritt ging der Fremde auf den Lehrertisch zu. Eloises Blick fiel erneut auf den leeren Platz, der eigentlich dem Professor für Verteidigung gegen die dunklen Künste gebührte. Das wäre eine plausible Begründung... Und irgendwie kam ihr der Mann auch bekannt vor.

Dumbledore und der Fremde tauschten ein paar Worte aus, bevor er sich auf den leeren Platz setzte und die Würste vor ihm zu verschlingen begann.

„Ich möchte euch euren neuen Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste vorstellen", ergriff Dumbledore das Wort, der nicht so entsetzt wirkte wie die Hälfte der Schüler, die ihn anblickten. Eloise schluckte. „Professor Moody."

Sie wollte Lupin zurück. Der war wenigstens nicht gruselig, sondern einfach nur nett.

Deswegen fiel ihr gar nicht auf, dass niemand klatschte — sie war selbst zu paralysiert, um ihre Hände zu rühren.

„Moody?", flüsterte Grace. „Wie Mad Eye Moody, der berühmte Auror?"

Etwas klingelte, als Eloise das hörte. Den Namen hatte sie auf jeden Fall schon mal gehört — und er passte...

„Er sieht auf jeden Fall aus, als hätte er viel hinter sich", meinte Arwen leise.

„Allerdings", murmelte Ophelia, während Eloise schon die größten Horrorszenarien des kommenden Unterrichts vor sich sah. Hoffentlich fragte er sie nichts... Sie würde kein Wort herausbringen. Vielleicht war er aber auch das genaue Gegenteil seines angsterregenden Aussehens.

„Wie ich eben erwähnte werden wir in den kommenden Monaten die Ehre haben, Gastgeber einer sehr spannenden Veranstaltung zu sein, eines Ereignisses, das seit über einem Jahrhundert nicht mehr stattgefunden hat. Mit allergrößtem Vergnügen teile ich euch mit, dass dieses Jahr in Hogwarts das Trimagische Turnier stattfinden wird."

Ihr klappte fast der Mund auf. Das Trimagische Turnier? Soweit Eloise wusste, hatte diese Veranstaltung ewig nicht mehr stattgefunden!

„Sie machen Witze!", rief Fred laut.

Eloise lachte, als sie die Ungläubigkeit in seinem perplexen Ausbruch hörte, und bei dem sanften Funkeln in ihren Augen schüttelte Grace mit dem Kopf.

„Ich mache keine Witze, Mr Weasley", entgegnete Dumbledore vergnügt. „Obwohl, da fällt mir ein, im Sommer habe ich einen köstlichen Witz gehört; ein Troll, eine Vettel und ein irischer Kobold gehen zusammen in die Kneipe—" Auf Professor McGonagalls Räuspern hin unterbrach er sich. Schade. Eloise hätte den Witz gerne gehört. „Ähm — aber vielleicht ein andermal... nein... Wo war ich stehen geblieben? Ah ja, das Trimagische Turnier... nun, einige von euch werden nicht wissen, worum es bei diesem Turnier geht, und ich hoffe, dass die anderen mir verzeihen, wenn ich es kurz erkläre, sie können ja inzwischen weghören."

Er erklärte, wie das Trimagische Turnier entstanden war — dass es als freundschaftlicher Wettbewerb vor siebenhundert Jahren begründet wurde und je ein Champion die drei magischen Schulen Hogwarts, Durmstrang und Beauxbatons vertrat, um drei magische Aufgaben zu bestehen. Früher einmal fand es alle fünf Jahre statt, bis... Nun.

„Bis allerdings die Todesart so stark zunahm, dass das Turnier eingestellt wurde."

Eloise fragte sich, wie es dazu gekommen war, dass diese Sorge nebensächlich wurde. Ihr Dad würde doch nicht etwas erlauben, was einem Schüler schaden könnte?

„Den ganzen Sommer über haben wir uns alle Mühe gegeben, dafür zu sorgen, dass diesmal kein Champion in tödliche Gefahr geraten kann", erklärte Dumbledore währenddessen. Okay, das war schon mal etwas — und irgendwie war das echt ziemlich... cool. Eloise lächelte aufgeregt und teilte einen begeisterten Blick mit ihren Freundinnen.

„Der Schulleiter von Beauxbatons und Durmstrang werden mit ihren Kandidaten engerer Wahl im Oktober hier eintreffen und der Ausscheidungskampf für die drei Champions wird an Halloween stattfinden. Ein unparteiischer Richter wird entscheiden, welche Schüler geeignet sind, im Trimagischen Turnier für den Ruhm ihrer Schule anzutreten und das ausgesetzte Preisgeld von tausend Galeonen zu gewinnen."

„Wollt ihr mitmachen?", wandte sich Ophelia sofort an die drei. Alle in der Großen Halle begannen plötzlich zu flüstern oder starrten Dumbledore wie in Trance an, als sähen sie sich selbst bereits auf dem Podium sehen. Auch Eloise wagte es, kurz zu träumen — der Druck und die Aufmerksamkeit wären ihr viel zu viel, aber sie stellte sich vor, wie schön es sich wohl anfühlen würde, für Hogwarts anzutreten und den Pokal für alle Schüler zu holen. Das war eine große Ehre... aber irgendwie doch auch gefährlich.

„Ne", antwortete sie also.

„Ich auch nicht", stimmte Arwen schulterzuckend zu.

„Boah, ich werd's auf jeden Fall versuchen", sagte Grace dagegen mit leuchtenden Augen. „Wenn ich Champion bin, werde ich dreimal attraktiver und alle wollen was von mir."

Es war das erste Mal, dass Eloise Grace bewusst anblickte und sich dachte, dass sie dafür überhaupt kein Champion sein müsste. Seit dem letzten Jahr schon wirkte sie viel erwachsener. Die rundlichen Züge ihres Gesichts wurden markanter und reifer, so sehr, dass Eloise fast vergessen könnte, dass das kleine elfjährige Mädchen mit den vollen Wangen und Schleifen in den Zöpfen vor fünf Jahren sie gewesen war.

„Ich auch", stimmte Ophelia mit leuchtenden Augen zu und hielt Grace die Hand für ein High Five hin.

„Zwar weiß ich, wie begierig ihr alle darauf seid, den Trimagischen Pokal für Hogwarts zu holen", unterbrach Dumbledore das aufgeregte Gemurmel, „doch die Leiter der teilnehmenden Schulen haben gemeinsam mit dem Zaubereiministerium beschlossen, in diesem Jahr eine Altersbegrenzung für die Bewerber festzusetzen. Nur Schüler, die volljährig sind — das heißt siebzahn Jahre oder älter — erhalten die Erlaubnis, sich am Wettbewerb zu beteiligen. Dies ist ein Schritt—"

Protestrufe gingen durch die Große Halle. Eloise sah zu Fred und George, die wütend buhten.

„Dies ist ein Schritt", erhob Dumbledore erneut die Stimme, „Den wir für notwendig halten, denn die Turnieraufgaben sind schwierig und trotz aller Vorkehrungen nur unter Gefahr zu lösen und es ist höchst unwahrscheinlich, dass Schüler unterhalb der sechsten Klassenstufe damit zurechtkommen. Ich persönlich werde dafür sorgen, dass kein minderjähriger Schüler unseren unparteiischen Schiedsrichter hinters Licht führt, um Hogwarts-Champion zu werden. Ich bitte euch daher, eure Zeit nicht mit einer Bewerbung zu verschwenden, wenn ihr noch nicht siebzehn seid." Wenn Eloise sich nicht täuschte, sah er dabei zu Fred und George.

„Das ist doch unfair", maulte Ophelia, während Grace strahlend einen Freudentanz mit ihren Armen aufführte.

„30. Oktober, bitches", sang sie triumphierend und als sie ihren Geburtstag erwähnte, realisierte Eloise, dass Grace sich immer noch bewerben konnte, da sie einen Tag vor der Auswahl der Champions volljährig sein würde. Ophelia dagegen war diese Sommerferien erst sechzehn geworden.

„Wieso sagen sie dann nicht, dass es ab dem sechsten Schuljahr ist? Grace und ich sind genauso weit im Unterricht, das macht doch keinen Sinn."

„Ich denke, das ist gut", meinte Eloise. „Grace, du solltest dich auch nicht bewerben. Du hast doch gehört — nur unter Gefahr. Wir werden uns alle Sorgen machen müssen, wenn du genommen wirst."

„Ach", winkte Grace ab. „Das kann nicht gefährlicher sein als ein Quidditchspiel."

„Aber wer weiß—"

„Du hast die Verletzungen gesehen, die es schon durch Klatscher gab, oder?"

„Ja, aber..." Eloise seufzte, als Grace zufrieden zusah, wie sie sich geschlagen gab. Trotzdem. Es gefiel ihr nicht, dass sie mitmachen wollte. Sie hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache. Aber nur weil sie sich bewarb hieß das ja nicht, dass sie genommen wurde... Auch wenn dieser Glanz in Graces Augen lag, hoffte Eloise, dass sie nicht dafür ausgewählt wurde.

„Aber überhaupt — Beauxbatons und Durmstrang kommen hierher! Das wird echt spannend", fuhr Grace aufgeregt fort. „Geht nicht Viktor Krum nach Durmstrang?"

„Ich glaub schon", meinte Arwen und auch Eloise nickte zögerlich.

„Stell dir vor, ich werde Champion mit Viktor Krum", seufzte Grace völlig hingerissen von der Vorstellung.

„Du willst es versuchen?", fragte Cedric ein paar Plätze entfernt und sah kurz zu seinen Freunden, bevor er zu den vier Mädchen aus seinem Jahrgang hinüberging und sich neben Eloise setzte. „Ich bin auch am Überlegen."

„Ach, du bist dann auch schon siebzehn?"

Cedric nickte. „Ende September."

Eloise sah kurz zwischen den beiden hin und her und dachte bei sich, dass sie eigentlich gut zusammengepasst hätten. Allerdings hatte Cedric letztes Jahr nach einem Date gesagt, dass sie lieber Freunde sein sollten, weil er das Gefühl hatte, dass sie etwas für Will empfand. Was ja auch stimmte... (Aber sagt ihr das bloß nicht.)

„Das wird bestimmt echt cool", meinte Grace.

„Bestimmt", stimmte Cedric zu und sah plötzlich zu Eloise, die unbeteiligt lächelte. „Nur kein Quidditch leider..."

„Ja, aber dafür haben wir noch nächstes Jahr", antwortete sie optimistisch und Cedric nickte bei dem Gedanken. Da Dumbledore sie eigentlich schon ins Bett geschickt hatte, leerte sich die Große Halle Stück für Stück und so stand auch Cedric auf. Zu Eloises Überraschung wartete er aber auf die vier und ging mit ihnen zusammen zum Ausgang. Ihr fiel auf, dass auch Fred, George, Harry, Ron und Hermine noch am Gryffindor-Tisch waren.

Sie dachte wieder an die seltsame Stimmung heute im Zug. Sie hatte sich da in eine ganz seltsame Situation hineinmanövriert...

„Übrigens, was haltet ihr eigentlich von Moody als Lehrer?", riss Cedric sie aus ihren Gedanken.

„Weiß nicht", murmelte Eloise, die eigentlich Hilfe, ich finde ihn gruselig hätte sagen sollen.

„Er wirkt... interessant", formulierte Ophelia es freundlich.

„Mein Dad hat heute noch von ihm erzählt — vielleicht haben Fred und George es auch schon erwähnt?" Als er sich mit dem letzten Teil seines Satzes an Eloise wandte, schüttelte sie schnell mit dem Kopf, und Cedric fuhr so beiläufig fort, dass sie sich fragte, wie selbstverständlich es denn für alle war, dass sie Fred und George... nahe stand? „Auf jeden Fall haben Muggel heute Morgen die Blitzisten wegen Moody gerufen..."

„Polizisten", korrigierte Ophelia ihn vorsichtig.

Cedric nickte dankbar. „Moody meint, jemand hat sich in seinem Hof rumgetrieben und die Mülltonnen hätten sich deswegen auf den Eindringling gestürzt. Das war so ein Lärm, dass die Muggel darauf aufmerksam geworden sind. Und ein paar der Mülltonnen haben sich noch bewegt."

„Er hat Mülltonnen als Wachen?", fragte Arwen.

„Ja, er ist ein bisschen—"

„Paranoid", beendete Eloise Cedrics Satz, die sich wieder ein wenig daran erinnerte, woher sie den Namen Moody kannte. „Mein Dad hat erzählt, er war mal einer der besten Auroren, die es so gibt. Aber er hat viel erlebt und irgendwann hat er überall eine Gefahr gewittert. Er hat schon viele Leute fälschlich angegriffen, weil er dachte, sie wollen ihm etwas Böses."

„Ja, genau", stimmte Cedric zu. „Na ja, mal sehen, wie er so als Lehrer ist — wir sehen uns dann morgen." Mit einem Lächeln verabschiedete er sich von ihnen und ging zurück zu seinen Freunden, die etwas weiter vorne zum Hufflepuff-Gemeinschaftsraum liefen.

„Ich denke mal, ein paar Tropfen Alterungstrank werden genügen, George..."

Freds Stimme ließ sie zur Seite sehen und sie entdeckte die fünf Gryffindors hinter sich hergehen. Sie bekam nur am Rande mit, dass Ophelia irgendetwas sagte.

„Aber Dumbledore weiß doch, dass ihr nicht alt genug seid", warf Ron ein.

„Schon, aber er entscheidet ja nicht, wer Champion wird, oder?", hörte sie Fred verschmitzt fragen. „Ich glaube, sobald dieser Richter weiß, wer mitkämpfen will, wählt er von jeder Schule den Besten aus, ohne dass er groß aufs Alter achtet. Dumbledore will doch nur verhindern, dass wir uns bewerben."

„Ich denke nicht, dass die Bewerbung überhaupt gezählt wird, wenn man minderjährig ist", erwischte Eloise sich dabei, sich in die Unterhaltung einzumischen und ihre Freundinnen hielten überrascht inne, als sie merkten, dass sie die ganze Zeit Fred zugehört hatte. „Du willst doch nicht wirklich mitmachen, oder?"

„Es sind schon Leute dabei umgekommen!", redete auch Hermine ihm ins Gewissen.

Eloise warf ihr einen dankbaren Blick zu, aber Fred schnaubte nur augenverdrehend. „Tjaah", erwiderte er eine Spur zu entspannt, wenn es nach ihr ging. „Aber das ist doch schon ewig her. Und außerdem, wo bleibt der Spaß, wenn nicht ein bisschen Prickeln dabei ist?"

„Seit wann ist es denn Spaß, sich in Lebensgefahr zu begeben?" Irgendetwas an seiner Leichtfertigkeit machte sie... wütend. Sie spürte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte, als sie ihm in die braunen Augen sah. Harry, Ron, Hermine und George waren stehengeblieben und sahen genauso wie Ophelia, Arwen und Grace bei ihrer Unterhaltung zu. Aber das merkte Eloise fast gar nicht. Ein Feuer brannte in ihrer Brust. „Ich... Ich will nicht, dass du mitmachst."

„Du willst nicht, dass ich mitmache?"

Eloise wusste nicht, wie sie es ausdrücken sollte. Das einzige, was sie hervorbrachte, war ein „Ja".

Fred schnaubte und verschränkte die Arme vor der Brust. Schon wieder. „Weißt du, manche Leute riskieren eben etwas für 1000 Galleonen, weil sie die mal eben nicht so nebenbei als Taschengeld bekommen."

Sie trat ein wenig zurück, ein verletzter Ausdruck zeichnete sich in ihren Augen ab. Fred öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, tat es aber nicht.

War war denn los? Dass er am Anfang der Ferien so gewesen war, das verstand sie ja sogar. Er war verletzt gewesen. Aber dann war sein seltsamer Stimmungsumschwung gekommen, so zu tun, als sei nichts gewesen, als sei er wirklich darüber hinweg, alles gut. Er verhielt sich wie letztes Jahr — völlig normal. Bei der Begegnung in den Sommerferien mit Robin war er auch etwas seltsam gewesen, aber... anders. Bei der Quidditch-WM hatte sie geglaubt, es ginge bergauf, weil sie zu ihnen gekommen war, weil sie versucht hatte, Einsatz zu zeigen, weil er ihre Hand genommen hatte, als sie seine Familie verteidigt hatte, aber scheinbar war das alles nicht genug. Ja, sie war ein wenig beschwipst gewesen, als sie ihn auf die Wange geküsst hatte, aber sie hatte ihn auf die Wange geküsst, war das nicht offensichtlich? Müsste er nicht wissen, dass das schon alles sagte und sie gar nichts von Robin wollte? Beschäftigte es ihn so sehr, wie unterschiedlich ihre Familien waren, dass er es immer auf den Tisch brachte, wenn er verletzt war?

All das machte Eloise sauer. Vielleicht auf ihn, vielleicht auf sich selbst. Wieso war das denn alles so kompliziert? Wieso hatte er sie denn gerade an diesem bestimmten Tag im Krankenflügel küssen wollen? Wieso bekam sie es bis heute nicht auf die Reihe, es anzusprechen?

„Dann mach doch", sagte sie nur leise, bevor sie die Treppen zum Keller hinablief, bei der ihre Freundinnen schon warteten.

Das war ja ein toller Start fürs sechste Schuljahr.

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