𝖝𝖛𝖎𝖎𝖎. Im Fuchsbau







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KAPITEL ACHTZEHN
Im Fuchsbau
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OTTERY ST. CATCHPOLE WAR TATSÄCHLICH NICHT WEIT VON IHREM EIGENEN ZUHAUSE ENTFERNT. Eloise hatte sich die ganzen Ferien über sogar darauf gefreut, Fred und George zu treffen — andererseits war sie aufgeregt und bekam Herzklopfen, wenn sie daran dachte. In Hogwarts: okay — aber Zuhause? Das war ein ganz anderes Level. Das nächste Freundschaftslevel, wie Fred wahrscheinlich sagen würde. 

Die Ferien plätscherten vor sich hin. Es war schön, ihre Eltern wiederzusehen und ihr Vater entschuldigte sich bei ihr dafür, dass die Dementoren das Quidditchspiel so sehr gestört hatten. Eloise verschwieg ihre seltsamen Visionen in ihrer Nähe und dass sie von ihrem Verteidigungslehrer den Patronus beigebracht bekommen würde. Viel wichtiger — und aufregender — war es gewesen, ihren Eltern zu erzählen, dass sie sich irgendwie mit zwei Jungs treffen wollte, die die größten Unruhestifter ihres Jahrgangs waren. (Letzteres ließ sie aus Versehen weg. Aber es war ja auch nicht wichtig, richtig?)

„Weasley?" wiederholte ihr Vater etwas überrascht. „Die Kinder von dem, der ein Auto zum Fliegen gebracht hat und damit die Geheimhaltung extrem gefährdet hat?"

„Ähm..." Eloise machte eine unsichere Pause. „Ja?"

Er hörte sich allein beim Wort Auto misstrauisch an, als handle es sich um den seltsamsten schwarzmagischen Gegenstand, der je geschaffen wurde.

„Arthur heißt er", warf ihre Mum ein. Sie kannte wirklich alles und jeden. „Es wäre ja schön, wenn aus den Kindern mehr wird als aus ihm." Das war es, was Eloise nicht verstand. Noch im letzten Sommer hatte sie so freundlichen Smalltalk mit ihm und seiner Frau Molly geführt, als würde sie sich riesig freuen, sie zu sehen. Sie hasste es. Es kostete sie Selbstbeherrschung, nur die Zähne zusammenzubeißen.

Genau diese Gedanken jedoch versuchte sie zu verdrängen, als sie in den Kamin stieg, Flohpulver aus dem kleinen Schälchen daneben nahm und laut „Fuchsbau!" sagte, als sie es fallen ließ. Sie hoffte einfach, dass Fred und George nicht direkt vor dem Kamin standen und sie einen komischen Gesichtsausdruck machte, wenn sie ankam. Das wäre seltsam, oder? Vermutlich sollte sie— Und natürlich standen sie vor dem Kamin und warteten. Eloise hoffte sehr, ihr Gesicht war nicht komisch gewesen.

„Und sie ist tatsächlich gekommen", sagte der linke.

„Wahrhaftig, Fred", entgegnete — offensichtlich — George. „Welch eine Ehre."

Eloise trat aus dem Kamin und legte den Kopf schief. Sie hielt die zwei kleinen Körbchen in ihren Händen immer noch fest. Es gehörte sich doch irgendwie, dass man etwas mitbrachte, oder? Vor allem, weil Weihnachten gewesen war? „Ich hab euch was mitgebracht", sagte sie mit leicht geröteten Wangen unter ihren Blicken. Sie wollte ihnen die Körbchen schon hinhalten, bevor ihr noch im letzten Moment etwas einfiel und sie den von Fred zurückhielt. „Das ist noch für eure Mutter", meinte sie, als sie etwas herausnahm. „Ich hoffe, ihr mögt Marzipan? Ich war da in diesem Laden und da gab es so viel tolle Sachen, also habe ich mal ein bisschen was mitgebracht."

George sah sich völlig aus dem Häuschen die Süßigkeiten an, während Fred sie angrinste. „Äußerst lieb, dass du dich um unsere Figur kümmerst", meinte er.

Sie zuckte verlegen mit den Schultern.

„Danke", sagte George und sah auf die andere Box, die sie noch in ihren Händen hielt. „Mum ist in der Küche, falls du ihr das geben wird — ich meine, ich würde es auch nehmen..."

„Du hast genug", entgegnete Eloise bestimmt. Er hob die Hände. „Und ja, das ist für eure Mum — oder für eure Eltern. Ich wollte einfach was mitbringen."

„Das sind die High-Society-Sitten, die wir nicht verstehen, weißt du, George?"

George grinste, bevor er um sich herum durch das Wohnzimmer deutete. „Das ist also unser trautes Heim — ich hole mal Mum aus der Küche."

„Ich weiß, du bist wahrscheinlich anderes gewöhnt..." sagte Fred dramatisch, als George in die Küche ging, auch wenn es Eloise fast so schien, als überspielte er seine Worte nur mit einem Witz, damit sie lustig klangen. Sie runzelte die Stirn.

„Ich finde es total schön", antwortete sie nur. Er kratzte sich im Hinterkopf. War er... verlegen? Weswegen? Weil seine Familie weniger Geld hatte als ihre?

Doch kurz darauf hatte sie kaum mehr Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Mrs Weasley — Molly, wie sie jedes Mal sagte, wenn Eloise sie mit Nachnamen ansprach — umarmte sie herzlich, als sie ihr die Schachtel mit den Süßigkeiten überreichte und bald darauf kam auch Ginny ins Wohnzimmer, die scheinbar froh darüber zu sein schien, dass ein Mädchen im Haus war.

Als Molly wieder nach nebenan ging, schrie Percy einmal die Treppen hinunter, dass er Hausaufgaben machen müsse. Eloise genoss den ganzen Trubel. Bei ihr Zuhause war es meistens ruhig — ihr Vater war im Ministerium und ihre Mutter mochte lautes Herumgeschreie nicht. „Von wegen Hausaufgaben", murmelte Fred.

„Er hat Stress mit Penelope", erklärte George. „Schreibt ihr die ganze Zeit."

Eloise schürzte traurig die Lippen, als sie das hörte.

„Können wir eine Schneeballschlacht machen?" fragte Ginny und hüpfte leicht auf und ab. Automatisch dachte sie an die Gerüchte vom letzten Schuljahr zurück und wusste nicht, wie viel an der ganzen Sache dran war, dass Harry Potter sie vor dem gerettet hatte, was in der Kammer gewesen war. Die ganze Geschichte war ziemlich komplex gewesen — Eloise wusste nicht, was wahr und was nur Gerüchte waren.

„Ähm..." Sie sah zu Fred und George. „Ich habe jetzt gar keine Jacke dabei."

„Kein Problem, kein Problem", meinte Fred mit einem unverschämt charmanten Grinsen. „Ich gebe dir eine von mir."

„Sie kann auch—" begann Ginny.

„Red keinen Unsinn, Ginny, deine Jacken sind viel zu klein."

Ginnys Blick könnte töten. Eloise lächelte ihr leicht zu und sie grinste zurück, was sie als gutes Zeichen empfand. Sie mochte sie vielleicht! „Wo ist eigentlich Ron?" fragte sie, während sie Fred hinterherging.

„Der ist mit Harry und Hermine in Hogwarts geblieben", entgegnete er.

Eloise nickte. Sie hatte sich immer vorgenommen, auch einmal ein Weihnachten in Hogwarts zu verbringen. Es musste traumhaft sein, vor allem mit ihren Freundinnen. Apropos — Ophelia hatte ihr am ersten Weihnachtsfeiertag einen sehr seltsamen, überschwänglichen Brief geschrieben. Sie hatte wohl irgendein unglaubliches Geschenk erhalten, über das sie nicht genauer sprach. Grace verlangte Details über ihren Besuch bei Fred und George und Arwen, die sonst immer überaus lange Briefe geschrieben hatte, hielt sich etwas kürzer.

„Die Dame", sagte Fred, als er vor ihr stehenblieb und einen Mantel von einem Haken nahm, um ihn ihr hinzuhalten. Eloise errötete. Und sie konzentrierte sich wirklich darauf, cool zu bleiben, als er ihr die Ärmel über den Arm streifte — und sie wollte wirklich cool bleiben, als er sie hin und wieder dabei berührte. Wirklich. Doch sie hoffte sehr, dass er nicht bemerkte, wie sie leicht zusammenzuckte; wie sie eine leichte Gänsehaut bekam und ihr Herz sicherlich sehr ungesunde Sprünge machte.

Und so sehr Eloise sich weiterhin den Kopf darüber zerbrach, akzeptierte sie die Tatsache, dass es — was auch immer es war — sie zum Lächeln brachte und dass es sich ganz und gar nicht schlecht anfühlte.

ღ ღ ღ

Ginny Weasley war wirklich nicht zu unterschätzen. Zitternd und halb erfroren kehrten die vier in den Fuchsbau zurück — wobei niemand so mitgenommen aussah wie Eloise. Sie war in einem Team mit Fred gewesen. Man sah ja, was es gebracht hatte. Ginny hatte sie fertiggemacht.

(Zwischendrin hatte Ginny sie in bestimmt jeder Pause zehnmal gefragt, was an dem Artikel dran war — der scheinbar immer noch nicht ganz in Vergessenheit geraten war — und Eloise musste mehrmals versichern, dass sie mit Fred und George lediglich befreundet war. Es fühlte sich wie eine Lüge an. Zumindest zur Hälfte.)

Fred hatte ihr gesagt, dass er froh war, Ginny wieder mit mehr Selbstbewusstsein zu sehen, nach allem, was letztes Jahr passiert war und es war irgendwie schön, ihn so liebevoll über seine Schwester reden zu hören. Wie gesagt, sie hätte auch gerne Geschwister. Eloise folgte den beiden Zwillingen in den zweiten Stock, wo sich wohl ihr Zimmer befand und sah sich etwas unentschlossen um. Zwei Betten. Schränke. Schreibtische. Wo sollte sie sich hinsetzen? An den Schreibtischstuhl? Sollte sie sich überhaupt setzen?

„Eloise?" fragte Fred im Türrahmen. Wäre sie bei Ophelia, Grace oder Arwen, würde sie sich einfach auf ihr Bett setzen — konnte man das einfach tun? Das Bett war ja ein sehr privater Ort. Also schon mal nicht Freds Bett, das wäre viel zu auffällig. Bei George vielleicht... ja, das hörte sich besser an. Welches war Georges Bett?

„Hm?" entgegnete sie ganz locker.

„Du hast wieder diesen Blick", erklärte George.

„Den, bei dem ich immer Angst bekomme, dass du wegläufst."

„Haha", sagte sie trocken. „Nein, ich habe mich nur umgesehen." Eloise ging langsam in die Mitte des Raums und wartete, bis die beiden sich jeweils auf ihre Betten gesetzt hatten. Anschließend machte sie einen kleinen Schlenker zu George und setzte sich an den Rand auf die Kante.

„Wir müssen dir da von einer Vision erzählen", begann Fred plötzlich.

„Einem unglaublichen Erfolgsplan."

„Weißt du schon, was du nach der Schule machen willst?"

Eloise seufzte. „Nicht wirklich", sagte sie. „Wahrscheinlich gehe ich ins Ministerium und mache irgendwas."

„Spezifischer Plan", entgegnete George mit anerkennender Stimme.

„Aber wir haben einen besseren als irgendwas im Ministerium", kündigte Fred an. „Wir hatten eine Idee."

„Mit der wir sehr reich werden."

„Also..." begann Fred. „Die Entwicklung würde erst kommen, vermutlich in den Sommerferien."

„Aber mit den Zaubern haben wir uns schon beschäftigt."

„Wovon redet ihr?" fragte Eloise verwirrt.

„Von Scherzartikeln", sagte Fred.

„Aber nicht irgendwelchen."

„Eine Kategorie würden wir Nasch- und Schwänzleckereien nennen. Die Grundidee: Es gibt eine Süßigkeit, du isst die eine Seite und kriegst irgendwas ganz Übles — Nasenbluten..."

„Fieber."

„Beulen."

„Die Pest."

„Ganz harmlose Sachen eben."

Eloise runzelte hilflos die Stirn.

„Naja..." fuhr Fred fort. „Du musst nicht zur Schule, isst die andere Hälfte und alles ist geheilt."

„Und damit wollt ihr dann...?"

„Einen Scherzartikelladen eröffnen!" erklärten sie ihr gleichzeitig.

„Das Geschäft boomt", meinte George.

„Das würde echt total zu euch passen", antwortete Eloise ermutigend und wesentlich nüchterner als die beiden. „Und ich glaube, es ist am besten, seine Leidenschaft als Beruf haben zu können — wenn ihr das schafft. Ihr braucht auf jeden Fall einen Plan B. Wir müssen das alles durchplanen. Habt ihr das schon durchgeplant? Das Geld, der Laden..."

„Was wäre denn dein Traum?" fragte Fred, ohne auf ihre Fragen einzugehen.

„Mein Traum?" wiederholte Eloise. „Ich... Ich weiß nicht. Ich mag Kleidung. Ich hätte ein paar Sachen, die ich etwas angepasst und entworfen habe, aber sowas wirklich zu machen... ich weiß nicht. Und Muggel mag ich ja auch echt gern, vielleicht sowas in der Zusammenarbeit im Ministerium oder so."

„Du musst echt mit Dad reden", sagte Fred kopfschüttelnd.

„Ja, er müsste bald nach Hause kommen."

„Er zeigt dir bestimmt liebend gern den Schuppen."

„Den Schuppen?" fragte Eloise.

„Oh ja, er hat da alle möglichen Sachen von Muggeln drin liegen... Aber das darfst du nicht deinem Dad sagen—"

„Natürlich nicht", unterbrach sie George sofort. Ihre Augen leuchteten aufgeregt und sie merkte gar nicht, wie sie noch näher an ihn heranrückte. „Wann kommt er nochmal nach Hause?"

ღ ღ ღ

„Ich habe gehört, dass sie das benutzen, um dadurch miteinander zu reden." Eloise war ganz außer Atem, als sie sich in der Gartenhütte der Weasleys umsah.

„Faszinierend, nicht? Mobile Funktelefone?", entgegnete Mr Weasley, der vor ein paar Minuten von der Arbeit zurückgekommen war.

„Und sie können sie überall mit hinnehmen. Wieso können wir das nicht haben? Das würde ja unsere Leben auch viel einfacher machen."

„Absolut", stimmte Mr Weasley ihr zu. Fred und George lehnten etwas gelangweilt an der Innenwand der Hütte neben der Tür. „Ich denke, es ist der Stolz — viele Zauberer denken immer noch, es wäre unter ihrer Würde."

Eloise seufzte. „Das ist so schade..." murmelte sie. „Zum Beispiel diese süße Ente hier." Sie drückte die kleine gelbe Badeente zweimal zusammen, sodass sie quietschte.

„Ich bin immer noch nicht ganz dahinter gekommen, welche besondere Funktion sie haben", sagte er kopfschüttelnd.

„Ich glaube, sie sind nur zur Unterhaltung da", vermutete Eloise. „Ich wollte immer mal eine."

„Wenn du magst, kannst du sie behalten", bot Mr Weasley an. Sie strahlte förmlich, als er diese Worte aussprach und konnte nicht anders als zu Fred zu laufen, der zu ihr hinuntersah.

„Schau mal", sagte sie glücklich und dann — dann tat sie etwas sehr Komisches. Etwas Unüberlegtes und absolut Unangemessenes: Sie umarmte Fred. Halb hüpfend und nicht lange, aber sie hatte ihn umarmt. George stand daneben und setzte einen belustigt-verzweifelten Blick auf. Sein Vater sah ihn fragend an und er versuchte mit einem vielsagenden Gesichtsausdruck zu antworten.

Doch Eloise bekam dies alles gar nicht mit. Es war sehr schön, ihn zu umarmen. Das Umarmen an sich war nicht einmal das Schöne — es war vielmehr die Nähe zu ihm, die ihre Haut zum Kribbeln brachte.

Fred sah sie an und konnte nicht anders, als über ihre Reaktion zu lächeln. Für einen kurzen Moment bekam Eloise Hoffnung. Vielleicht waren ihre Sorgen ja unbegründet. Vielleicht ging es ihm ja genauso wie ihr (nur ohne die Panik). Vielleicht mochte Fred Weasley sie ja auch. 

Es wäre schön, wenn er es tun würde.

Auch wenn sie nie gedacht hätte, dass jemand wie Fred Weasley charakterlich zu ihr passen würde, wusste sie, dass da etwas war, was ihr sehr guttat. Sie hatte das Gefühl, aus sich herauszukommen, neue Dinge zu hinterfragen und immer herausgefordert zu werden, wenn sie bei ihm war. Es war ein gutes Gefühl.

Sie hätte wirklich nie gedacht, dass sie auf einen Gryffindor stehen würde — zumindest nicht auf jemanden, der das Haus so „typisch" verkörperte. Sie hätte sich mit einem gebildeten, gewitzten Ravenclaw sehen können oder einem erfolgreichen Slytherin — das würde ihren Eltern bestimmt gefallen — oder auch mit einem Hufflepuff, der ein gutes Herz hat.

Aber wenn sie sich Fred so ansah, wollte sie überhaupt keinen gebildeten, gewitzten Ravenclaw, einen erfolgreichen Slytherin oder einen Hufflepuff mit gutem Herzen. Sie hatte das Gefühl, in Fred all diese Dinge gefunden zu haben — und vielleicht war es das, was zählte.

Jetzt musste Eloise nur noch herausfinden, wie und ob das zu ihrem perfekten Märchen werden würde. Ohne es kompliziert zu machen natürlich. Aber das würde sie hinbekommen, richtig?

Richtig?

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