𝖑𝖎. Ziel, Wille, Bedacht








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KAPITEL EINUNDFÜNFZIG
Ziel, Wille, Bedacht
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       ELOISE VERSUCHTE DEN GEDANKEN AN DEN KOMISCHEN VORFALL AN IHREM GEBURTSTAG ZU VERDRÄNGEN. Es war ohnehin zu komisch darüber zu sprechen, es war genau wie die Sache mit Moody. Es war schwer zu erklären, wenn man es nicht selbst am eigenen Leib erfuhr.

Sie war froh, dass er es nicht noch einmal unter vier Augen ansprach. Stattdessen belegte er die Klasse weiterhin mit dem Imperius-Fluch — alle bis auf Eloise zumindest. Er schien nicht besonders erpicht darauf, sie noch einmal in seinen Kopf zu lassen. Trelawney meinte, dass ein Fluch wie der Imperius eine Verbindung zwischen zwei Bewusstseinen herstellte. Normalerweise hatte eines davon die Überhand über das andere, aber der Verstand eines seherischen Geists war sensibler als der von anderen und war ihm deswegen ebenbürtig. 

Der Februar hielt aber etwas anderes Aufregendes für die Sechstklässler bereit: Die Apparierkurse begannen eine Woche nach ihrem Geburtstag. Eigentlich sollte Eloise sich freuen, das Apparieren endlich zu erlernen, aber in ihrem Kopf bildeten sich Horrorszenarien davon, wo sich ihre Körperteile in Hogwarts überall verteilen würden, wenn sie es nicht schaffte, sich richtig zu konzentrieren. Als sie davon erzählte, schüttelte Arwen mit dem Kopf.

„Weißt du, Eloise, vielleicht solltest du dir Trelawney nicht zu sehr als Beispiel nehmen, du machst ihr mit deinen Todesvorstellungen schon Konkurrenz", merkte sie trocken an, als sie sich auf den Weg zur Großen Halle machten.

Die Tische und Bänke waren zur Seite gehext worden und sofort fiel Eloises Blick auf einen schmächtigen Zauberer mit lichtem Haar und kaum wahrnehmbaren Augenbrauen, der seelenruhig mit hinter dem Rücken verschränkten Händen vor dem Lehrerpodium stand und schweigend die Schüler betrachtete, die sich im Raum sammelten. Auch die Hauslehrer standen bei ihm und warteten auf die Schüler, die sich auf der Liste in McGonagalls Hand eingetragen hatten.

„Ich frage mich, ob sie den Apparier-Schutz aufheben und wir üben können", murmelte Arwen nachdenklich, während sie an den Ministeriumszauber herantraten.

Fred, George und Lee standen auch schon ganz vorne und schienen begierig darauf zu sein, das Apparieren endlich selbst zu erlernen. Als Fred sie sah, stellte er sich sofort neben sie. „Na?", fragte er. „Aufgeregt?"

„Ich hoffe, wir sterben nicht", antwortete Eloise neutral.

„Weißt du, das ist es, was ich so an dir mag — dieses Positive, dieses Optimistische." Fred nickte übertrieben und legte einen Arm um sie. Auch Eloise sah nun mit einem belustigten Lächeln zu ihm auf. „Oh, ich freu mich schon so drauf, Percy eins auszuwischen — seit er apparieren kann, reibt er's uns ständig unter die Nase. Die ganzen Ferien ist er immer durchs Haus appariert, um zu zeigen, wie erwachsen er ist", erzählte Fred schnaubend. „Das werden tolle Sommerferien!"

„Das glaub ich gern", sagte Eloise amüsiert und sah weiter mit einem sanften Lächeln zu ihm, als er den Zauberer musterte, der wohl ihr Lehrer sein würde.

„Der sieht aus, als würd er umfallen, wenn ein Windchen aufkommt", flüsterte er ihr leise zu und Eloise musste ein Schmunzeln unterdrücken.

„Seine Wimpern sehen auch aus, als wäre er schon ein bisschen zu oft appariert", wisperte sie zurück und Fred und sie begannen die Köpfe zusammenzustecken, um leise loszuprusten. Professor McGonagall warf ihnen einen strengen Blick zu.

„Ich bin Wilkie Twycross", begann der Mann sich vorzustellen. Scheinbar waren alle Schüler hier. Sie sah sich kurz um. Tatsächlich hatte sich der ganze Jahrgang hier versammelt, soweit sie das beurteilen konnte. „In den nächsten zwölf Wochen bin ich Ihr ministerieller Apparierlehrer und werde Sie auf die Apparierprüfung vorbereiten, damit Sie die Kunst des Apparierens bestens erlernen können."

Ophelia, die zu jung war, um die Prüfung schon in drei Monaten abzulegen, seufzte. Sie würde sie erst in den Sommerferien nachholen können, da sie im Juli volljährig werden würde.

„Normalerweise ist es nicht möglich, auf dem Gelände von Hogwarts zu apparieren oder zu disapparieren, allerdings hat der Schulleiter diesen Bann für eine Stunde ausschließlich in der Großen Halle für Sie aufgehoben. Seien Sie sich also darüber im Klaren, dass Sie nicht aus den Mauern dieser Halle herausapparieren können und dass es ebenso unklug wäre, dies zu versuchen", erläuterte er. Freds Augen funkelten bei diesen Worten interessiert. „Bitte stellen Sie sich so hin, dass Sie vor sich etwa zwei Meter Platz haben."

Sofort begannen alle übermotivierten Schüler, sich voneinander zu entfernen und sich einen guten Platz zu suchen. Fred und Eloise bahnten sich Hand in Hand mit den anderen einen Weg an die Seite, doch als die Hauslehrer umhergingen, um ein wenig Ordnung in das Chaos zu bringen, blieb Professor McGonagall prüfend vor ihnen stehen.

„Mr Weasley, tauschen Sie doch mit Ms Spinnet", bat sie Fred, der entrüstet den Mund öffnete, doch die Hauslehrerin schnitt ihm schnell das Wort ab: „Das Apparieren erfordert höchste Konzentration und ich hätte Sie beide gerne weiterhin in einem Stück durch dieses Schloss laufen."

Mit hochroten Wangen wich Eloise ihrem Blick aus und sah dabei zu, wie Fred nachgab und grinsend seinen Platz mit Alicia tauschte, die bis eben neben George gestanden hatte.

Langsam kehrte Ruhe in der Halle ein und sie beobachtete den Ministeriumszauberer dabei, wie er den Zauberstab schwang. Kurz darauf tauchte vor jedem Schüler ein altertümlicher Holzreifen auf. „Wichtig beim Apparieren ist etwas, das ich die Goldene Dreierregel nenne", erklärte Twycross. „Ziel, Wille, Bedacht!"

Eloise nickte und versuchte ganz genau zuzuhören, um ja nichts falsch zu machen. Es gab Zauberer, die nie wirklich mit dem Apparieren warm wurden, aber sie würde schon gerne wissen, wie es ging, ohne in tausend Einzelteile zu zerfallen. Sie hing an ihrem Körper.

„Der erste Schritt ist das feste Fixieren der Gedanken auf das gewünschte Ziel — in Ihrem Fall das Innere Ihres Reifens. Bitte konzentrieren Sie sich jetzt auf dieses Ziel."

Verbissen starrte Eloise in das Innere des Rings. Sie versuchte an nichts zu denken außer den staubigen Hallenboden, doch wenn man an nichts denken wollte, dachte man für gewöhnlich an alles Mögliche. Na bravo. Nun überlegte sie, ob sie Wendys Käfig verschlossen hatte. Sie war aber ein schlaues Meerschweinchen, sie hatte sie schließlich aus der Winkelgasse. Sie würde nicht abhauen. Außerdem hatte sie die Tür geschlossen, sie war sich ganz sicher.

Reifen, rief sie sich in Erinnerung.

„Schritt zwei", fuhr Twycross fort, als hätte er diesen Vorgang schon tausende Male erklärt. „Fokussieren Sie Ihren Willen darauf, den Raum, den Sie sich vorstellen, einzunehmen! Lassen Sie Ihren Wunsch, sich dort hinzubegeben, von Ihrem Kopf in jede Zelle Ihres Körpers strömen!"

Eloise atmete tief durch. Fokussieren, fokussieren...

„Und zuletzt Schritt drei", verkündete er, „Jedoch nicht, bevor ich Ihnen den Befehl gebe... Drehen Sie sich auf der Stelle und erspüren Sie Ihren Weg hinein ins Nichts. Führen Sie jede Bewegung mit Bedacht aus! Also, auf mein Kommando... eins, zwei—" Jetzt schon apparieren? Aber... Hastig versuchte Eloise sich nur auf den Ring zu konzentrieren. „DREI!"

Schnell drehte Eloise sich im Kreis, taumelte aber schnell zur Seite, als sie wieder innehielt, weil ihr schwummerig geworden war. Allen anderen schien es ähnlich zu gehen. „Machen Sie sich nichts draus", sagte Twycross, als hätte er damit gerechnet. „Nun legen Sie Ihre Reifen bitte wieder richtig hin und begeben Sie sich an Ihre Ausgangspositionen zurück. Wir probieren es noch einmal."

Vertieft versuchten sie es ein zweites Mal... und ein drittes... und ein viertes. Immer noch gab es keine Fortschritte. Aber er war vom Ministerium geschickt worden, also wusste er schon, was er da tat.

Beim fünften Versuch stoppte Eloise nicht, weil ihr schwindlig war, sondern weil ein Schrei durch die Halle hallte. Rhiannon, die Slytherin aus ihrem Jahr, stand in ihrem Ring, jedoch lag eine Hand an der Stelle, wo sie vorher gestanden hatte. Eloise verzog das Gesicht und eine Ravenclaw rannte bei dem Anblick aus der Großen Halle, während sich die Hauslehrer schnell um Rhiannon versammelten und eine große lila Wolke heraufbeschworen, die mit einem Knall erschien und bald wieder eine vollständige Rhiannon freigab.

Wenn Eloise ehrlich war, wollte sie gar nicht mehr apparieren, und sie war froh, als die lange Stunde endlich vorbei war. Mit einem letzten Wiederholen der Goldenen Dreierregel entließ Twycross sie und Eloise lief missmutig zu Fred, der es irgendwie schaffte, Rhiannons Unfall total abgefahren zu finden.

Sie war gespannt, wie viele solcher Vorfälle sie noch haben würden, bis der erste Schüler das Apparieren beherrschte. Ziel, Wille, Bedacht. Eigentlich sollte das doch zu machen sein, oder nicht?

Wenigstens erwartete sie noch ein schönes Ereignis, bevor der nächste Samstag und damit die nächste Apparierstunde kam. Am Dienstag war Valentinstag, und nicht nur irgendeiner: Es war ihr erster Valentinstag mit Fred! Grinsend sah sie bei dem Gedanken zu Fred auf.

Als er ihren Blick bemerkte, sah er sie skeptisch an. „Was?", fragte er misstrauisch.

„Ach, ich hab nur an Dienstag gedacht", sagte Eloise vielsagend. Für Fred war es allerdings recht wenig sagend.

„Ah", erwiderte er, als würde das alles beantworten, bevor er die Augenbrauen hob. „Was ist am Dienstag?"

Dienstag, Fred!", gab sie sofort zurück, als handle es sich um einen geheimen Code.

„Was du nicht sagst", sagte Fred.

„Ich dachte, es wäre ein Freitag", fügte George hinzu, der sich von der Seite zu ihnen stellte.

Vorwurfsvoll legte Eloise den Kopf schief. „Leute, es ist Valentinstag!"

„Oh, fuck", murmelte Fred und setzte schnell einen unschuldigen Blick auf, als Eloise zu ihm schaute. „Wie... cool."

„Ja, nicht?" Eloise versuchte den Blick, den die beiden austauschten, zu ignorieren.

„Ja", sagte Fred plötzlich mit einem überraschenden Tatendrang. „Ich werde was Cooles planen."

Skeptisch betrachtete sie ihn. Oh je...

„Ich habe auch schon was geplant", erwiderte sie grinsend und auch wenn sie sich in diesem Moment nicht viel dabei dachte, sorgte dieser Satz dafür, dass Fred am Montag Morgen panisch nach Hogsmeade aufbrach, um ein Geschenk zu besorgen. Dabei hatte Eloise eigentlich nur von dem Brief gesprochen, den sie letzte Nacht begonnen hatte, um ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Manchmal fiel ihr das nämlich viel zu schwer, wenn Fred daneben saß.

Dementsprechend freute Eloise sich sehr auf Valentinstag...

... zumindest bis sie am Montag mit Halskratzen und einer verstopften Nase aufwachte.

Und so verbrachten Eloise und Fred ihren ersten gemeinsamen Valentinstag mit einer Erkältung im Bett. Madam Pomfrey hatte ihnen einen Trank gegeben, aber der würde sie erst in zwei oder drei Tagen vollständig genesen lassen.

„Ich habe Kopfschmerzen", jammerte Fred.

„Ich doch auch", murrte Eloise, die sich in seinem Schlafsaal einquartiert hatte, um gemeinsam mit ihm leiden zu können. An Freds Leidenslevel kam sie jedoch nicht ansatzweise heran, als sie dabei zusah, wie sich Fred ächzend zum Bad schleppte.

Sie war davor noch nie in Freds Schlafsaal gewesen, aber als sie beide krank geworden waren, hatte Fred darauf bestanden, dass sie mitkam. „Ich will dich nicht so lange nicht sehen", hatte er herzzerreißend geklagt. Und Eloise tat es auch weh, daran zu denken, ihn den ganzen Tag nicht zu sehen.

„Verliebte", kommentierte Arwen das Trauerspiel nur kopfschüttelnd.

Im gleichen Schlafsaal mit George und Lee zu schlafen war irgendwie überhaupt nicht seltsam, die beiden könnte es vermutlich kaum weniger interessieren. Nur mit Kenneth Towler wechselte sie kaum ein Wort, aber er war sowieso nicht gut auf Fred und George zu sprechen, da Fred ihm vor den ZAG-Prüfungen Pustelpuder in den Pyjama geschüttet hatte. Seitdem mied er den Schlafsaal sowieso die meiste Zeit des Tages.

Eloise hatte ihn im Januar das erste Mal so richtig kennengelernt, wobei das eine... na ja... sonderbare Begegnung gewesen war. Sie hatte Fred Frühstück gebracht, woraufhin George und Lee ihre Empörung kundgetan hatten.

„Wo ist mein Frühstück?", hatte George mit tiefer Enttäuschung in der Stimme gefragt.

„Und wo ist meine Ophelia mit meinem Tablett?", hatte Lee hinzugefügt.

„Du musst dir eben mal ein bisschen mehr Mühe geben", hatte Fred zufrieden von seinem Bett gegrinst und motiviert zu der Gabel gegriffen, die Eloise ihm mit einem zufriedenen Lächeln hinhielt. „Wenn man nett ist, kriegt man Frühstück."

Dann war Kenneth aus dem Bad aufgetaucht, mit nassen Haaren und einem Handtuch über der Schulter.

„Morgen", hatte Eloise schüchtern gesagt.

„Morgen", erwiderte Kenneth, der sich plötzlich ungewöhnlich schnell daran machte, zu verschwinden.

„Morgen", wiederholte Eloise aus Versehen, da sie nicht wusste, was sie sagen sollte.

„Morgen", fügten Fred und George unisono hinzu.

„Ihr solltet ein Theaterstück aufführen", merkte Lee trocken an, als Kenneth den Raum wieder verließ.

Sie sagte ja, es war äußerst unangenehm gewesen...

Er sagte zumindest nichts dazu, dass sie ihre Krankheit gemeinsam auskurierten. Fred wurde bereits am Donnerstag fit, was für Eloise bedeutete, dass er seine Energie an ihr ausließ.

„Selbst wenn du krank bist, fahr ich immer noch so sehr auf dich ab", beschwerte Fred sich und stieß einen aggressiven Laut aus, als hätte er viel zu viele Gefühle in sich, die irgendwie an die Oberfläche mussten. Er packte sie an den Armen und schüttelte sie ein wenig, während er sagte: „Warum bist du so toll?"

„Fred!", jammerte Eloise. „Ich bin krank."

„Und wunderschön."

Auch wenn sie sich ihren ersten richtigen Valentinstag anders vorgestellt hatte, brachte das sie zum Lächeln. Wieso war er eigentlich so... süß?

Als sie wieder auf den Beinen waren, beschlossen sie, den Valentinstag nachzuholen, und Eloise versprach Fred noch den Brief, an dem sie schrieb... Eigentlich war sie bereits fertig, aber sie wusste nicht, ob und wie sie ihm ihn geben sollte. Er kam ihr so traurig vor — Eloise hatte sich ein paar Ängste von der Seele geschrieben, die Fred vermutlich kennen sollte. Doch erst einmal brauchte sie den richtigen Moment.

Die nächste Apparierstunde verlief nicht im Geringsten erfolgreicher als die erste. Diesmal zersplinterte nicht einmal jemand, alle drehten sich einfach nur im Kreis. Doch die Aufmerksamkeit galt sowieso etwas anderem. Die Woche darauf war der Tag der zweiten Aufgabe und die spannungsgeladene Vorfreude im Schloss war deutlich zu spüren.

„Die nächste Aufgabe findet unter Wasser statt", gestand Cedric den vier Mädchen aus seinem Haus, als sie am kommenden Montag zum Unterricht liefen. „Ich habe aber schon einen Zauber gefunden, um eine Stunde unter Wasser zu bleiben."

Eloise beruhigten diese Worte ungemein, auch wenn sie wieder an ihren Geburtstag denken musste. Sie war bestimmt nur übermüdet gewesen, da war sie sich mittlerweile sicher. Sie wusste ja nicht einmal genau, was sie überkommen hatte.

Sie mochte Harry, aber sie wünschte sich von ganzem Herzen, dass Cedric gewann. Zwei Abende vor der Aufgabe saß sie mit Fred und George in ihrem Gemeinschaftsraum und sah sich den Entwurf für ihr Wimpern-Produkt an.

„Wir haben zwei verschiedene Ansätze. Einmal in Form einer normalen Wimperntusche und einmal künstliche Wimpern", erklärte Fred, während George neben Eloise das Produkt schüttelte und die Mascara aufdrehte.

„Bist du dir sicher, dass du das kannst?", fragte Eloise skeptisch, als George ihr mit der kleinen Bürste näher kam.

„Wie lange kennen wir uns jetzt?", erwiderte er enttäuscht von ihrem Misstrauen.

„Zu lange", murmelte Eloise, aber George ließ ihren Protest nicht gelten, und sie hob das Kinn, damit er die Wimperntusche besser bei ihrem linken Auge auftragen konnte.

„Lass das nicht Alicia sehen", scherzte Fred und bei Georges genervtem Schnauben zog Eloise die Augenbrauen zusammen.

„Nicht bewegen", beschwerte George sich sofort und schien abgerutscht zu sein, da er nun neben ihrem Auge herumrieb, bevor er weitermachte. „Okay, fertig."

Auch wenn er sich stolz zurücklehnte, ließ Eloise sich nicht abschütteln. „Wo ist eigentlich Alicia?"

„Keine Ahnung", murrte George, dann weiteten sich seine Augen, als er Eloise prüfend ansah.

„Was—?", begann sie, aber ihre Frage erübrigte sich, als sich plötzlich etwas Schwarzes in ihr Sichtbild schlich und ihr Augenlid seltsam schwer wurde. „FRED!"

Fred und George zückten sofort ihre Zauberstäbe, aber Eloise warf ihnen einen finsteren Blick zu, der sie kurz zögern ließ.

Doch Fred richtete ihn schließlich auf sie und murmelte etwas, das ihre Wimpern wieder auf normale Größe schrumpfen ließ.

„Nur ein kleiner Konstruktionsfehler..." Fred räusperte sich.

Eloise tastete ihre Wimpern ab und sagte schließlich versöhnlich und mit einer Geduld, die nur sie aufzubringen vermochte: „Probieren wir doch lieber das andere." Während George nach dem zweiten Produkt griff, fiel ihr wieder ein, worüber sie eben gesprochen hatten. „Ist alles in Ordnung zwischen dir und Alicia?", fragte sie besorgt.

„Keine Ahnung", erwiderte er erneut, was Eloise aus irgendeinem Grund traurig stimmte. „Sie ist einfach immer so eifersüchtig."

Wortlos öffnete er die kleine Schachtel und hielt sie Eloise vor ihr rechtes Auge. „Aber was—" Eloise hielt erschrocken inne, als etwas aus der Schachtel in die Luft flatterte und sich an ihren Wimpern festsetzte. Sie blinzelte ein paar Mal, um sich daran zu gewöhnen, während Fred und George synchron die Arme verschränkten und sie aufmerksam betrachteten.

„Das ist besser", sagte Fred sofort und George begann eifrig, etwas aufzuschreiben.

„Manchmal hab ich Angst vor euch", gab Eloise zu, bevor sie wieder zu dem Thema zurückkam, das sie beschäftigte. „George, was ist denn mit Alicia?"

Ein lautes Seufzen kam von ihm zurück. „Ich weiß nicht, sie ist sehr... besitzergreifend", begann er. „Ich meine, ihr wisst das ja, in Hogwarts verbringt man automatisch den ganzen Tag miteinander, wenn man das will — und ich will ja auch irgendwie jede Sekunde mit ihr verbringen, klar. Aber ich habe das Gefühl, wenn ich das mal nicht will, macht sie mir dafür ein total schlechtes Gewissen."

Eloise bekam kurz Angst, dass sie auch zu anhänglich sein könnte, bis sie daran dachte, dass sie es gewesen war, die um mehr Freiraum gebeten hatte. „Habt ihr darüber gesprochen?", fragte sie aufmerksam.

„Ja." George zuckte mit den Schultern und wirkte plötzlich irgendwie müde. „Ich weiß nicht, ob sie es ganz versteht, aber sie meinte, sie versucht es."

Irgendwie machte es Eloise traurig, dass es zwischen George und Alicia so schnell schwierig geworden war... er hatte so lange auf sie gestanden. Vielleicht realisierten sie und Fred auch irgendwann, dass die Realität anders war? Doch als sie zu ihm sah und bei seinem Lächeln dieses warme, wundervolle Gefühl in ihrem Bauch spürte, wusste sie, dass das eine Sorge war, die sie gerade nicht haben musste.

ღ ღ ღ

Das warme, wundervolle Gefühl im Bauch wich am nächsten Tag einem stechenden, eiskalten Schlag. Der Unterricht bei Moody war nie angenehm, aber in letzter Zeit wenigstens für Eloise entspannter... Zumindest bis Moody ihren Namen sagte. Seine Stimme ging ihr durch Mark und Bein.

„Komm nach vorne", forderte er sie auf. Mit zittrigen Beinen und schwitzigen Handflächen leistete sie seinen Worten folge. „Du bist volljährig, nicht?", fragte er.

„Ähm, ja", erwiderte sie verwirrt. Ihr Herz pochte so laut, dass sie es in ihren Ohren hören konnte.

„Gut", erwiderte er. „Ich will euch etwas demonstrieren. Etwas Wichtiges. Fudge, ich will, dass du den Imperio ausführst."

Den Imperio... ausführen? „Was?", entfuhr es ihr heftig. Fast hätte sie hinzugefügt, dass es ein unverzeihlicher Fluch sei, den er von ihr verlangte, aber Moodys Blick ließ sie verstummen. Er war ein Freund von Dumbledore, rief sie sich in Erinnerung. Es war in Ordnung. „An... äh... wem?"

„Such es dir aus."

Das überforderte Eloise noch mehr.

„Ich mach's", meldete Ophelia sich zu Wort, bevor Eloise überfordert zu Fred schauen konnte, der plötzlich selbst sehr angespannt wirkte. Überrascht wandte Eloise ihren Blick auf ihre beste Freundin, die fröhlich aufsprang und auf sie zu spazierte. „Lass mich nichts Peinliches machen, ja?"

„Okay", murmelte Eloise, bevor sie verunsichert zu Moody sah. Ihre Hände zitterten.

„Das Wichtige an den Unverzeihlichen Flüchen ist", begann dieser schon laut. „Dass man sie wollen muss. Mächtige Magie ist sehr eng mit Emotionen verknüpft. Für starke Zauber braucht man starke Emotionen, ähnlich wie für den Patronus."

Eloise schluckte. „Also sag ich einfach Imperio?", fragte sie.

„Du sagst Imperio", Moody schritt um sie herum und blieb neben ihr stehen, „Und du siehst sie an und fühlst mit jeder Zelle deines Körpers, dass du die Kontrolle über sie möchtest."

Ophelia wackelte mit den Augenbrauen und Eloise atmete tief durch, bevor sie ihren Zauberstab anhob. Sie versuchte es zu fühlen, verbissen in das Gefühl zu finden, so viel Macht zu haben. Ziel, Wille, Bedacht. Imperio!", rief sie, doch es funktionierte nicht. Ein winziger Teil von ihr war frustriert und vielleicht reichte dieses kurze Aufblitzen von Emotion, dass der nächste Versuch gelang.

Es war ein seltsames Gefühl, auf der anderen Seite des Zaubers zu stehen, zu beobachten, wie Ophelias Augen etwas Glasiges annahmen. Doch das war es gar nicht. Es schien, als würde Eloise für zwei Gehirne denken. Beinahe verfiel sie selbst in eine Art Trance, als sie Ophelia gedanklich dazu brachte, zwei Schritte zur Seite zu machen.

So etwas hatte sie noch nie gefühlt. So viel Kontrolle, so viel... Macht. Es erschreckte sie selbst ein wenig, dass es ein so befriedigendes Gefühl war, gleichzeitig machte es ihr klar, dass sie gerade tatsächlich dunkle Magie anwendete. Ihr Blut rauschte und ihr Herz klopfte, als täte sie etwas Erregendes.

„Lass sie irgendwas Spaßiges tun", schlug Moody vor, der Eloises Reaktion genau beobachtet zu haben schien.

Sie ließ Ophelia sich im Kreis drehen und in die Luft springen und als Moody in die Hände klatschte, hätte sie fast zu lächeln begonnen. Aber nein... Es sollte ihr nicht gefallen. „Wie beende ich den Zauber?", fragte sie.

„Du kontrollierst ihn", sagte Moody schlicht. „Hör auf, es zu wollen."

Eloise zog die Augenbrauen zusammen, versuchte sich wirklich zu konzentrieren. Sie wollte es doch nicht. Oder? Wie fühlte es sich an, wenn sie eine Feder schweben ließ und den Zauber beendete? Sie ließ ihren Zauberstab sinken und atmete tief durch. Ein, aus. Ein, aus.

Dann blinzelte Ophelia plötzlich. „Du warst eine nette Stimme in meinem Kopf", sagte sie lächelnd.

Eloise brachte nur ein leichtes Heben ihrer Mundwinkel zustande.

„Danke, Clearwater", sagte Moody und nickte ihr zu, damit sie wieder zu ihrem Platz ging. Eloise jedoch wollte er scheinbar vorne behalten, denn er machte keine Anstalten, sie zu entlassen. Stattdessen drehte er sich zu ihr. Oh nein. „Wie fühlst du dich, Fudge?"

„Gut", antwortete sie.

„Wirklich?", fragte Moody unbeeindruckt, als hätte er mit dieser Lüge gerechnet. „Gib der Klasse einen Eindruck. Wie hat es sich angefühlt?"

Obwohl sie erst schwieg, stellte sie fest, dass sie ihre Antwort von eben nicht ändern musste. Sie atmete tief durch. Sie wollte es selbst nicht hören. „Gut", gab sie zu — und fühlte sich im gleichen Moment schuldig.

„Inwiefern gut?", drängte Moody.

„Ich habe mich—", begann Eloise fast ein wenig gereizt in seine Richtung, bevor sie sich sammelte und ruhig hinzufügte: „Ich habe mich... mächtig gefühlt. Beinahe berauscht, als hätte ich eine Achterbahnfahrt gemacht."

„Ja... ja", bestärkte Moody sie. „Diese Kontrolle, nicht wahr?"

Eloise blinzelte verstört. „Ja", brachte sie mit kratziger Stimme hervor.

„Das ist es!", rief Moody plötzlich laut. Sie zuckte zusammen. „Dunkle Magie — sie ist nicht nur mächtig nach außen, sondern auch nach innen. Kannst du dir vorstellen, wie es sich anfühlt, den Cruciatus auszuführen? Irgendwann hatten sie Spaß daran, die Todesser, an dem Gefühl, so viel Macht zu besitzen. Gruselig, nicht? Deswegen müsst ihr vorbereitet sein. Ihr müsst den Wahnsinn verstehen."

Die Haare an ihren Armen stellten sich auf und sie unterdrückte den Impuls, mit den Händen über sie zu streichen. Die Antwort machte ihr Angst. Moody machte ihr Angst. Und irgendetwas anderes, Undefinierbares, das sie nicht ganz greifen konnte...


Heyy meine Lieben <3
Wie geht es euch?

Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen 🥰
Kommentiert gern, wie es euch gefallen hat, ihr wisst nicht, wie ich mich über jeden Kommentar freue 🙈
(also eskaliert ruhig xD)

Ich möchte gerne nächstes Wochenende eine Lesenacht machen, bei der es dann drei Kapitel an einem Abend gibt, entweder freitags oder samstags... ich mache euch noch ein Ankündigungskapitel, wenn ich den Tag genau weiß, evtl. habe ich an einem Abend nämlich was vor.

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