𝖝𝖝𝖝𝖎𝖛. Gleich zwei neue Emotionen?
( von -aquamoods )
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KAPITEL VIERUNDDREIẞIG
Gleich zwei neue Emotionen?
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IM LAUFE DER ZEIT hatte Eloise viele Emotionen wegen Fred durchlebt. Nervosität, Freude, Abenteuerlust, Scham, Verzweiflung, Peinlichkeit, Verlegenheit, Wohlempfinden, vielleicht sogar Angst, weil all das sie am Anfang überfordert hatte. Nun jedoch fühlte sie etwas Neues, das sie ihrer Liste hinzufügen konnte: Wut. Weil es sie verletzt hatte, was er gesagt hatte.
Weißt du, manche Leute riskieren eben etwas für 1000 Galleonen, weil sie die mal eben nicht so nebenbei als Taschengeld bekommen.
Sah er sie so? Als verwöhnt? Als undankbar? Wusste er denn nicht, wie es wirklich in ihr aussah? Dass sie all das Geld ihrer Familie eintauschen würde, wenn das ihm beweisen würde, wie egal es ihr war? Sie würde es sogar eintauschen, wenn ihre Eltern dafür wie seine wären.
Normalerweise wurde der erste Schultag immer von einer gewissen Anfangsmotivation begleitet. Schließlich hatte man sich über die Sommerferien genügend realistische Vorsätze gemacht: Dieses Jahr würde man alles ordentlicher machen, die Notizen nach dem Unterricht noch mal ordentlich abschreiben und direkt alles wiederholen, da nun die UTZ-Jahre begannen. Letztendlich waren solche Vorsätze sowieso hinfällig, aber bisher hatte sie sich auf den ersten Tag immer gefreut. Jetzt würde sie am liebsten gar nicht zum Unterricht gehen und direkt im Schlafsaal. Ihr war schlecht, ihr Brustkorb fühlte sich viel zu eng für ihr Herz an und sie war müde.
Das Gewitter von gestern Abend, das sich nun verzogen hatte, hatte einen Weg in ihr Inneres gefunden, wie es schien. Ihren Stundenplan wollte sie eigentlich gar nicht sehen. Lieblos warf sie ihn auf den Tisch, ohne ihn sich richtig anzuschauen.
Grace und Arwen löffelten schweigend ihr Müsli, als Eloise ihren Toast gewaltsam teilte. Ophelia saß bei Lee... und Fred und George. Was ihre Stimmung nicht unbedingt erhellte.
Grace hatte in der ersten Stunde Astronomie und Arwen Arithmantik, während sich Eloise direkt in einer Freistunde mit sich selbst beschäftigen musste. Trotzdem frühstückte sie zusammen mit den anderen. Länger schlafen hätte sie sowieso nicht gekonnt. Außerdem brauchte sie alle Zeit, um sich mental auf die Stunde heute Nachmittag, Verteidigung gegen die dunklen Künste, vorzubereiten. Professor Moody erschien ihr äußerst unheimlich. Was, wenn er den Verstand verlor, weil er dachte, jemand griff ihn bei einer Übung an?
Oder was wenn—
„Können wir dich alleine lassen, ohne dass du in eine Depression verfällst?", riss Grace sie mit einer hochgezogenen Augenbraue aus ihren Gedanken, als sie aufstand, bereit die erste Stunde dieses Schuljahres anzufangen.
„Hm?", fragte Eloise, bei der ihre Worte kaum angekommen waren.
Grace seufzte theatralisch. „So können wir doch nicht mit gutem Gewissen zum Unterricht gehen, während du hier sitzt." Sie sah hilfesuchend zu Arwen, die Eloise unentschlossen anblickte.
„Geh ruhig vor", versicherte sie Grace plötzlich und Eloise hob angsterfüllt die Brauen, als Arwen unheilvoll lächelte. Sie hatte in den Ferien viel mit ihr über das Thema geredet, also hatte sie nicht wirklich Angst davor, was Arwen zu sagen hatte, aber trotzdem... Eigentlich wollte sie gar nicht darüber sprechen. Es regte sie zu sehr auf.
„Oh oh", bemerkte Grace. „Viel Spaß, Eloise." Sie schlug ihr kameradschaftlich auf den Rücken, bevor sie davonschlich.
„Okay", begann Arwen und ließ ihre Fingerknöchel knacken.
„Wird es ernst?", fragte Eloise.
„Jep."
Kurz schwiegen die beiden.
„Okay, hör mal", begann Arwen dann schließlich. „Ich weiß glaube ich, mit dir zusammen, am besten von uns vier, dass es nicht so leicht ist, gegenüber einer Person, die einem viel bedeutet, etwas zuzugeben, das so schwerwiegend ist, dass es alles verändern könnte."
Eloise vermutete, dass sie damit ihre Lykantrophie meinte.
„Ophelia scheint die einzige von uns zu sein, die es auf die Reihe bekommen hat, ihre Gefühle zu gestehen."
Eloise glaubte, dass sie damit ihre Lykantrophie meinte?
„Grace ist auch nicht besser, auch wenn sie gerne so tut", fuhr Arwen fort. „Sie sieht ja nicht mal ein, dass sie in Will verliebt ist."
„Oder zumindest ziemlich verknallt ist", merkte Eloise mit einem leichten Lächeln an.
Doch sie bekam nur ein Schweigen zurück, während Arwen an den geschälten Resten ihres Apfel herumzupfte. „Nein", sagte sie dann nach einer Weile. „Du hättest sie bei der WM sehen sollen. Die Todesser haben ganz in der Nähe von uns ihren Angriff gestartet. Als Grace und ich nach draußen kamen, war das Zelt von Wills Familie in der Nähe völlig plattgetrampelt. Ich habe sie noch nie so panisch erlebt. Ihr Vater konnte sie gerade noch davon abhalten, mitten in die Menge zu rennen."
Eloise runzelte die Stirn. Davon hatte Grace gar nichts erzählt.
„Wir sind in den Wald geflohen und da waren er und seine Familie plötzlich — seine Mutter ist ja auch ein Muggel, klar. Ihren Mann, Graces Nachbar, haben sie irgendwie verloren. Und Will... Er lag da, völlig regungslos. Er hatte Brandwunden und ist vor Schmerz ohnmächtig geworden. Seine Mutter konnte ihn gerade noch an den Anfang des Walds schleppen."
Zwar verstand sie noch nicht, worauf Arwen hinauswollte, aber die ganze Geschichte lenkte sie hervorragend von ihren eigenen Gedanken ab. Und darüber hinaus... Sie war einfach neugierig, was dort passiert war.
„Grace ist sofort zu ihm gestürzt und ihre Eltern mussten sie regelrecht zur Seite tragen, damit sie ihm helfen konnten." Arwen ließ weg, wie sie einfach nur dort gestanden hatte und auf Will starrte, den Jungen, den Grace so sehr zu lieben schien, dass sie nicht mehr klar denken konnte. Sie erzählte nicht, wie sehr sie ihn in diesem Moment hasste, aber wie sehr sie dennoch für ihn betete, weil Grace sich an sie klammerte und so sehr zitterte, dass sie kein Wort über die Lippen brachte. „Sie haben ihn mit Heilzaubern behandelt, aber er war immer noch ohnmächtig, als sie fertig waren. Zumindest kurz. Sobald er aufgewacht ist, ist sie zu ihm gerannt und hat ihn umarmt und... Sie hat so sehr gezittert. Selbst Will war überrascht. Ich habe noch nie so viel Erleichterung bei jemandem gesehen. Als wäre es das Schlimmste auf der Welt für sie, ihn zu verlieren."
„Wow", entgegnete Eloise leise.
„Da hab ich es erkannt", sagte Arwen, fast schon niedergeschlagen, obwohl Eloise sich das nicht erklären konnte. „Dass sie ihn liebt."
Kurz dachte Eloise daran, was sie in dieser Nacht empfunden hatte. Im Nachhinein kam es ihr vor, als wäre sie in einem Zeitraffer vor ihrem Auge abgelaufen. Es war alles so schnell gegangen. Als sie verstanden hatte, was vor sich ging, hatte mehr ihr Instinkt gehandelt als ihr Verstand. Aber sie wusste, dass sie hauptsächlich an ihre Freunde gedacht hatte... und an die Weasleys.
„Wie auch immer", kam Arwen zum Thema zurück. „Ich kann dir nicht mal einen Vorwurf machen, weil du nicht sagst, was du empfindest, aber..." Sie machte eine kurze Pause. „Bitte streitet euch nicht. Das geht sonst eine ganz falsche Richtung."
„Aber was er gesagt hat, war so gemein", entgegnete Eloise sofort, die es kaum ertragen konnte, Fred anzusehen. Immer wieder fragte sie sich: Dachte er wirklich so von ihr?
„Ich weiß", antwortete Arwen. „Aber vergiss nicht, dass du einen Spion in gegnerischen Reihen hast."
Als Eloises Blick auf Ophelia fiel, die neben Lee am Gryffindor-Tisch saß und über etwas lachte, das George gesagt hatte, verstand sie.
ღ ღ ღ
„Hat er denn wenigstens zugegeben, dass er das nicht hätte sagen sollen?", fragte Eloise ihre Freundin aufgebracht, als sie zusammen zu Verteidigung gegen die dunklen Künste gingen. „Dass das nicht gerade fair war? Ich mache mir doch nur Sorgen!"
Ophelia seufzte tief und rückte ihre Tasche zurecht, bevor sie ihre Worte sorgfältig wählte. „Ehrlich gesagt", begann sie langsam, „Hat er nicht wirklich was dazu gesagt."
Nicht wirklich was?
Gut, ihr war auch nicht wirklich danach zumute gewesen, aber er musste doch irgendetwas dazu gesagt haben?
Es gab zwei Optionen: Entweder hieß das, dass es ihn viel beschäftigte oder gar nicht. Vielleicht fand er ja sogar, dass er im Recht lag.
Zumindest wusste Eloise, dass es ihr lieber war, an Fred zu denken, als daran, wie wohl der Unterricht mit Moody werden würde. Ein Gedanke, vor dem sie sich nicht mehr drücken konnte, als sie auf dem Stuhl in der letzten Reihe saß. Sie zwang Arwen, sich neben sie zu setzen. Sie würde sich nicht einen Zentimeter weiter nach vorne bewegen. Das Klassenzimmer wirkte recht normal, aber dennoch...
Bald schon war das hölzerne Klacken seines Fußes auf dem Boden zu hören und Eloise fühlte ihr Herz so schnell schlagen, als würde sie wieder zu einer ZAG-Prüfung müssen. Sie zählte angespannt die Sekunden, bis er hineinkommen würde und mit einem groben Quietschen flog schließlich die Tür auf. Sie versuchte, nicht zu ihm zu sehen, als er an ihnen vorbeistakste, direkt aufs Lehrerpult zu. Erst jetzt fiel ihr auf, wie leise es im Raum war.
Ihr Blick blieb an Fred hängen, den sie bisher versucht hatte, nicht anzusehen. Seine Augen waren begeistert auf Moody gerichtet und er und George wisperten sich etwas zu.
Eloise spielte nervös an ihrem Namensschild herum, als Moody schweigend vorne stehenblieb und sein magisches Auge durch die Reihen wandern ließ. Immer wieder zuckte es zur Seite, rollte zurück oder huschte so schnell von links nach rechts, dass Eloise fürchtete, es würde hinausfallen. Ihre Nerven waren so angespannt, als wäre ihr Körper jede Sekunde fluchtbereit. Vermutlich war er das.
„Packt die Bücher weg", knurrte Moody plötzlich und Eloise, die gehofft hatte, das Buch als Fels in der Brandung missbrauchen zu können, wollte heulen. Dahinter hätte sie sich verstecken können (obwohl? Auge?) oder so tun können, als würde sie tief konzentriert auf die Seiten vor sich starren.
Selbst Arwen sah ihn ziemlich sprachlos an.
„Oder denkt ihr, ein Buch würde euch helfen, wenn ihr angegriffen werdet? Ihr habt keine Zeit, nachzuschlagen. Ihr müsst sofort handeln. Dürft in eurer Wachsamkeit nie nachlassen. NIE."
Eloises Augen weiteten sich. Hilfe? Schnell steckte sie das Lehrbuch weg.
Plötzlich zog er eine Liste hervor und Eloise wollte schon wieder heulen. Sie wollte sich nicht melden müssen. Mit seinem normalen Auge ging er ruhig die Namen durch, doch sein magisches Auge zuckte sofort zu jedem Schüler, der sich meldete. Als sie bei Grace ankamen, atmete Eloise tief durch. Jetzt kam sie. Sie wusste nicht, ob sie es sich einbildete, aber sie glaubte, sein Auge schon auf sich zu spüren, bevor er ihren Namen überhaupt aussprach. Gruselig. Dieser Mann war generell gruselig. Sie war ein wenig stolz darauf, es geschafft zu haben, sich zu melden.
„Professor Lupin hat mir einen Überblick über euren Wissensstand zusammengestellt. Es wird Zeit, dass wir den wichtigen Sachen beginnen — wie ihr mit Flüchen umzugehen habt. Aber zum Glück werde ich dafür ein Jahr Zeit haben."
„Sie bleiben nur dieses Jahr, Sir?", fragte Cedric.
Eloise wusste nicht, wie er es schaffte, etwas zu sagen. Hier. Bei Moody. Sie betete, dass er sie nicht sah und er redete? Da er direkt vor ihr saß, hoffte Eloise, dass Moody nicht aus Versehen zu ihr blickte, also starrte sie konzentriert auf Cedrics Rücken.
„Ich tue Dumbledore einen Gefallen", antwortete Moody. „Jaah, und dann geht es zurück in den friedlichen Ruhestand."
Merlin sei Dank.
„Also: Flüche. In einem Duell werdet ihr nicht um sie herumkommen. Ich brauche einen Freiwilligen."
Fred und George meldeten sich sofort, aber Fred sprang auf, um seinen Bruder zuvorzukommen. Moody schien es nicht zu stören.
„Der zukünftige trimagische Champion macht das schon", prahlte Fred.
Eloise verdrehte die Augen. Das war doch nicht sein Ernst.
Cedric drehte sich zu ihr um. „Er will mitmachen?"
„Er ist viel zu jung", antwortete Eloise schnell und schüttelte den Kopf.
Plötzlich schlug Moody laut auf den Tisch. „Denkst du, das hier ist nicht wichtig, Diggory?", fragte er grob.
„Doch, Sir", antwortete Cedric schnell und Eloise war froh, wenn auch etwas überrascht, dass Moody nur Cedric ansprach und nicht sie.
„Weasley, nicht?", wandte Moody sich wieder an Fred, der stolz nickte. „Gut. Greif mich an."
Fred schien kurz zu überlegen, dann stellte er sich aufrecht hin und rief: „Stupor!"
Moody blockte seinen Zauber sofort. Natürlich. Alles andere hätte sie gewundert.
„Jetzt probieren wir mal was anderes...", begann Moody und ohne dass irgendjemand realisierte, was passiert war, wurde Fred der Zauberstab aus der Hand gerissen. „Was denkt ihr, will ich euch beibringen?", wandte er sich an die Klasse.
Als Arwen neben ihr die Hand hob, versuchte Eloise sie zu stoppen, doch Moody hatte sie schon gesehen und nickte ihr zu. „Nonverbales Zaubern."
„Ganz recht", antwortete Moody und gab Fred seinen Zauberstab zurück. „Da draußen warten sie nicht, bis ihr bereit seid oder überlegt, welcher Zauber der richtige wäre. Es wird mit Tricks gekämpft, ohne seinem Gegner vorher zu verraten, welchen Zauber man verwendet. Ihr wisst nie, was kommt. Deswegen müsst ihr mit ständiger Wachsamkeit unterwegs sein. Überall. IMMER WACHSAM."
Er brüllte so laut, dass Eloise fast von ihrem Stuhl fiel.
Der Rest der Stunde ging eigentlich. Er erklärte, dass ungesagte Zauber viel Willenskraft und Konzentration erforderten. Dass viele es nie zu meistern lernten, aber sie IMMER mit ihnen rechnen mussten. Sie begannen, es zu üben, aber Eloise bekam das Gefühl, dass sie es nie hinbekommen würde und zum Großteil der Hexen und Zauberer gehören würde, die es einfach nicht schafften. Ihr Kopf fühlte sich an, als würde er explodieren, aber es hatte sich nichts getan. Den anderen ging es aber wohl ähnlich.
Zwischendran gab Moody immer wieder Anekdoten zum Besten, hauptsächlich weil Fred, George, Lee und Ophelia ihn fasziniert über seine Vergangenheit ausfragten. Er erzählte von Duellen mit Todessern und welche Zauberer er hinter Gitter hatte bringen können. Manche Namen kamen ihr sogar bekannt vor.
Es war nicht so schlimm gewesen, wie sie gedacht hatte. Trotzdem hatte sie das seltsame Gefühl, dass Moody sie öfters mal angesehen hatte. Aber das machte er bei jedem Schüler. Eine Gryffindor stellte er bloß, weil sie mit ihrer Sitznachbarin unter dem Tisch geschriebene Zettelchen austauschte.
Na ja... Nun war es erstmal vorbei. Eloise überlegte, ob sie vielleicht Fred vor dem Raum abfangen sollte? Aber wie sollte sie denn anfangen? Eigentlich sollte er sich doch entschuldigen, oder? Andererseits gab es aber auch genug, was sie sagen sollte und vielleicht war es jetzt wirklich völlig egal, wer sich entschuldigen sollte und wer nicht... Aber war es wirklich der richtige Ort dafür?
Unentschlossen ging sie neben Arwen aus dem Raum und auch Grace schloss schnell zu ihnen auf, nachdem Moody verschwunden war. Ein paar Siebtklässler standen schon vor der Tür. Unter anderem... Oh. Robin.
„Hi", sagte sie lächelnd, als sie ihn dort stehen sah, und er drehte sich überrascht um.
„Oh Gott sei dank", entfuhr es ihm, als er sie sah. „Wie war es so bei Moody?"
Eloise setzte ein traumatisiertes Gesicht auf. „Meine Empfehlung: Letzte Reihe. Nicht freiwillig melden. Nichts unter dem Tisch machen."
Robin runzelte bei ihrem letzten Satz die Stirn.
„Na?", mischte sich Grace in dem Moment ein und grinste breit. Sie fand immer noch, dass Eloise sich die Gelegenheit entgehen ließ, zu coolen Siebtklässlerpartys eingeladen zu werden.
„Ähm — na?", gab Robin verunsichert zurück. Er wandte sich wieder an Eloise, warf aber kurz einen verunsicherten Seitenblick auf Grace. Arwen versuchte, halbwegs beteiligt an dem Gespräch zu wirken. „Übrigens hat Marissa gefragt, ob du morgen mal vorbeikommen willst? Also sie ist ja in Gryffindor, deswegen müsstest du dahin kommen. Aber wir sind ja eh im gleichen Gemeinschaftsraum, also kann ich dich sowieso mitnehmen."
„Ja, klar", antwortete Eloise. „Also morgen?"
„Ja, heute ist was mit den Jungs, so eine Erster-Schultag-Tradition. Rowan organisiert das."
Rowan Harris war der Partyorganisator der Hufflepuffs und hatte einen ziemlich coolen Stil mit seinen dunklen lockigen Haaren und den stechenden blauen Augen, die viele Mädchen schwach werden ließen.
Robin deutete kurz hinter sich, wo die Hufflepuff-Jungs aus seinem Jahrgang standen, mit denen er befreundet war. Auch Nicolas, der Jäger aus ihrem Quidditch-Team, stand bei ihnen. Wieder trauerte Eloise den anstehenden Trainings mit dem Team hinterher. Grace sah zu Rowan hinüber und nickte, ein seltsames Funkeln in den Augen. „Apropos Party, es wird auch echt mal wieder Zeit, dass wir auf eine gehen", sagte sie dramatisch und blickte zu ihren Freundinnen, die verwirrt waren, aber dennoch hastig nickten. Sie wussten, worauf Grace hinauswollte.
„Wir wurden letztes Jahr immer von den Siebtklässler eingeladen", antwortete Robin leichthin. „Ich werd natürlich an euch denken, wenn was ansteht."
Grace sah zufrieden aus. „Super", sagte sie. „Ich muss echt neue Leute kennenlernen. Sonst muss ich am Ende noch mit George ausgehen."
„Und das wäre so schlimm, weil...?", hörten sie in diesem Moment Georges Stimme neben sich, der gerade mit Fred aus dem Klassenzimmer gekommen war. Lee und Ophelia blieben Hand in Hand neben ihnen stehen, während Fred die Arme verschränkte und kurz zu Robin sah.
„Das wäre nicht schlimm, ich meine ja nur, dass alles darauf hinausläuft, dass sich unsere Freundesgruppen endgültig verbinden", erklärte Grace.
„Danke", warf Arwen ein.
Alicia, die gerade mit Angelina an ihnen vorbeiging, und gehört hatte, was Grace und George gesagt hatten, warf den beiden einen seltsamen Blick zu. Eloise hoffte, George hatte es bemerkt. Das war schließlich gut, oder nicht? Falls er es nicht bemerkt hatte, musste sie es ihm zumindest sagen.
„Hey ihr beiden", rief Fred den beiden Mädchen hinterher, bevor sie gehen konnten. „Wollt ihr nicht zu uns kommen und kurz schwatzen?"
„Wieso?", fragte Angelina skeptisch.
„Ach bitte, meine liebe Angelina." Fred machte einen Schmollmund, doch das brachte die Gryffindor nur dazu, eine Augenbraue zu heben.
„Fred, ich komme nicht zu dir, wenn du nett bist, weil das für gewöhnlich nichts Gutes bedeutet", erwiderte sie und wollte sich wieder zum Gehen wenden, als Fred ungeduldig die Augen verdrehte.
„Komm, sei nicht so blöd", sagte er, während Eloise dachte: Moment mal, sie kann sie auseinander halten?
Angelina nickte. „Besser", erklärte sie zufrieden und zog Alicia mit sich mit. Eloise spürte, wie sie beinahe automatisch die Arme vor der Brust verschränkte, als Fred Angelina ein Grinsen zuwarf.
„Ähm, ich geh dann mal besser", warf Robin unbeholfen ein und warf Eloise einen fragenden Blick zu, der vermutlich etwas wie Soll ich dir hier raushelfen? heißen sollte. Sie schüttelte leicht mit dem Kopf.
„Ach Robin, hast du extra auf Eloise gewartet?", wandte sich Fred an Robin. „Wie süß von dir."
„Nein", antwortete Robin schlicht. „Hab ich nicht."
Fred schien verwirrt von dieser Antwort zu sein, aber Eloise fand, dass er das sehr geschickt gemacht hatte. Schließlich sollte er verstehen, dass Robin nicht auf sie stand und nicht auf sie wartete.
Auch wenn diese Konstellation äußerst komisch für Eloise war, gingen sie zusammen zur Großen Halle — Fred verwickelte Angelina in ein Gespräch über Quidditch und streute hin und wieder ein, dass er sich als Champion bewerben würde. Angelina wohl auch, wie es aussah. Eine unserer vielen Gemeinsamkeiten, bemerkte Fred und sie war sich fast sicher, dass er das sagte, weil sie vor ihm herlief. Aber sie versuchte Ophelia und Lee zuzuhören, die ziemlich aufgeregt über die Stunde Kräuterkunde berichteten. Alicia und George alberten herum, während sich Grace bei Arwen unterhakte und mit ihr über etwas redete, was Eloise von hier nicht hörte. Sie war zu sehr mit Fred hinter ihr beschäftigt.
Als sie die Treppen zur Halle hinabgingen, runzelte Eloise die Stirn über den Lärm und die Menge an Schülern, die vor den Flügeltüren standen.
Sie hörte Moodys Stimme von den Wänden hallen — und ein seltsames hohes Kreischen. Harry stand in der Mitte der Eingangshalle und sah zu, wie Moody auf die zwei Slytherins zulief, die Malfoy immer um sich hatte.
„Hier geblieben!", donnerte Moody und Eloise drehte sich kurz nach hinten zu Fred um, der ihren Blick sofort erwiderte. Der Auror richtete seinen Zauberstab auf etwas Weißes, das über den Boden flitzte. Ein... Frettchen? Es flog drei Meter hoch in die Luft, knallte auf den Boden und dann wieder in die Höhe.
„Hören Sie auf!", schrie Lucrezia Malfoy mit hoher Stimme und wollte ihn am Arm packen, um ihn davon abzuhalten, doch Moody stieß sie grob zur Seite.
„Ich mag Leute, die angreifen, wenn ihnen der Gegner den Rücken zukehrt, überhaupt nicht", sagte Moody, halb an sie gewandt, halb an das Frettchen. „Widerlich, feige, gemein ist das..."
Viele Schüler sahen mit offenem Mund dabei zu, wie das Frettchen wehrlos durch die Luft strampelte und Malfoys Schwester versuchte, ihn aufzuhalten.
„Das ist Malfoy", sagte Ginny, die auf Fred und George zulief.
„Krass", kommentierten die Zwillinge das Ganze nur abwesend, da sie jede Bewegung des Frettchens genau mitverfolgten.
„Tu — das — nie — wieder—"
„Professor Moody! Was... Was tun Sie da?", ertönte Professor McGonagalls Stimme hinter ihnen auf der Treppe. Sie sah schockiert bei dem Schauspiel zu, bis Lucrezia die Treppen zu ihr hochstürzte. Eloise machte Platz für sie.
„Unterrichten", antwortete Professor Moody auf die vorherige Frage.
„Professor!", schrie Lucrezia erleichtert. Dass McGonagall die Hauslehrerin der Gryffindors war, schien ihr egal zu sein. „Das ist Draco!", kreischte sie.
„Draco?", wiederholte McGonagall und die Bücher fielen ihr aus den Armen. „Moody, ist das ein Schüler?"
„Jep", antwortete Moody entspannt.
Bei jedem Aufklatschen des Frettchens auf dem Boden verzog Eloise das Gesicht.
Professor McGonagall zögerte nicht eine Sekunde damit, das Frettchen zurückzuverwandeln und mit einem Knall lag ein wimmernder Draco Malfoy auf dem Boden. Seine Schwester stürzte auf ihn zu und wollte ihn umarmen, aber er stieß sie zitternd von sich.
Während McGonagall Moody über Strafen in Hogwarts belehrte, murmelte Draco etwas über seinen Vater.
„Ach ja?", fuhr Moody auf und Eloise erschreckte sich so sehr, dass sie einen Schritt zurücktrat und wegen der Treppenstufe fast stolperte. Gerade noch rechtzeitig hielt sie sich an Freds Hemd fest und sah zu ihm auf. Als er zu ihr sah, ließ sie schnell los und räusperte sich unbeholfen. „Gut, ich kenn deinen Vater schon sehr lange, Junge... sag ihm dass Moody seinen Sohn jetzt scharf im Auge behält... sag ihm das von mir... und euer Hauslehrer ist sicher Snape?"
„Ja", erwiderte Draco.
„Noch ein alter Freund", grollte Moody. „Ich freu mich schon die ganze Zeit auf ein Pläuschchen mit Snape... komm mit, du..."
Er packte Draco am Arm und Lucrezia fuhr zurück. Sie sah kurz so aus, als wolle sie mitkommen, überlegte es sich bei Moodys Anblick aber doch noch einmal anders, trotz der Bitte, die in den Augen ihres Bruders lag.
„Er hat den Zeitungsartikel über Dad laut vorgelesen", erklärte Ginny Fred und George.
„Welchen Zeitungsartikel?", fragte Eloise.
„Nicht wichtig", murmelte Fred, bevor er heiter ausrief: „Ich liebe Moody."
„Der Mann ist genial", stimmte George zu.
„Der beste Lehrer, den wir je hatten."
Na ja. Lupin war ihr lieber gewesen...
Die Gryffindors gingen die Treppe hinunter und Eloise warf Ophelia, Grace und Arwen einen kurzen Blick zu. Letztes Jahr lief irgendwie alles besser...
ღ ღ ღ
Am nächsten Abend war sie auf dem Weg zum Gryffindor-Gemeinschaftsraum — und es fühlte sich komisch an. Normalerweise war sie nur hierhergekommen, wenn sie zu Fred oder George wollte. Jetzt lief sie neben Robin her und würde den Abend mit Marissa und ihm verbringen, wobei sie erstere ja eigentlich gar nicht kannte.
Sie betete, dass sie nicht da sein würden, wirklich. Aber scheinbar hatte heute jemand keine Lust, ihre Gebete zu erhören. Fred und George brüteten über mehreren Pergamentrollen und flüsterten sich etwas zu. Wieso hatte sie das Gefühl, dass es sich nicht um Hausaufgaben handelte?
Fred war es, der sie zuerst entdeckte. Erst schien er sich zu freuen, dann... Na ja, dann sah er Robin.
Und zugegeben, Eloise wusste, dass sie Öl ins Feuer mit ihrem Besuch hier goss, aber Robin war nun mal ihr Freund geworden. Er sagte nicht solche Dinge wie Weißt du, manche Leute riskieren eben etwas für 1000 Galleonen, weil sie die mal eben nicht so nebenbei als Taschengeld bekommen.
„Falls du Ophelia suchst, die ist oben", sagte George, der natürlich gemerkt hatte, dass etwas Fred abgelenkt hatte.
„Sie sucht offensichtlich nicht Ophelia", entgegnete Fred.
„Ist auch besser so", antwortete George. „Sie ist oben, aber geh nicht nach oben."
„Lee ist oben."
„Ah", antwortete Eloise etwas überfordert und sah zu Robin, der die Initiative ergriff und auf die Sitzecke deutete, in der Marissa saß. Sobald sie die beiden entdeckte, stand sie begeistert auf, ihre blauen Augen schienen förmlich zu leuchten. Sie hatte dunkle lockige Haare, die ab der Hälfte einen lilafarbenen Ton annahmen. Den oberen Teil hatte sie sich zu einem unordentlichen Dutt hochgesteckt. Sie trug einen schwarzen Rollkragenpullover und eine blaue Jeans mit ein paar Flicken.
„Voll cool, dich mal kennenzulernen", sagte sie begeistert.
„Ja", erwiderte Eloise unbeholfen. „Gleichfalls."
„Ich muss ja das mysteriöse Mädchen im Leben meines besten Freunds abchecken." Eloise schien wohl sehr verschreckt zu sein, weil Marissa zu lachen begann. „Keine Sorge, war nur ein Witz, ich weiß das mit Fred."
Eloise sah kurz zu Robin, doch er zuckte unschuldig mit den Schultern und hob die Hände.
„Ich kann Auren sehen", erklärte Marissa. „Ich sehe dein Gefühlschaos, wenn du in seiner Nähe bist. Und seins."
Okay. Das war interessant.
„Was ist denn so bei ihm los?", fragte Eloise. Marissa grinste belustigt. Das Eis war wohl gebrochen, auch wenn sie von ihrer Energie ein wenig verschreckt war. Robin dagegen schien in ihrer Nähe deutlich aufzugehen.
„Im Moment ist er frustriert. Ein bisschen sauer. Letztes Jahr war da ein bisschen mehr rosa um euch herum und so."
„Oh."
Sie hatte es ja gesagt: Letztes Jahr war alles besser. Doch sie wurde schnell auf andere Gedanken gebracht. Marissa stellte bereitwillig viele Fragen und war eine lebhafte Geschichtenerzählerin, die liebend gern alte lustige Ereignisse aus ihrem Gedächtnis kramte, die für Robin vermutlich sehr... peinlich waren.
Sie spielten ein wenig Zauberschnippschnapp und hatten (durch Marissa) einen temperamentvollen Abend, bis ihr Lächeln plötzlich etwas weniger energetisch wurde. Es war schon dunkel draußen, vielleicht wurde sie deswegen stiller. „Ähm, ich will ganz ehrlich mit dir sein, okay?", begann Marissa plötzlich. „Ich fall eigentlich immer gern mit der Tür ins Haus, ich kann nicht anders. Auf jeden Fall... Es gab einen Grund, warum ich dich kennenlernen wollte."
Robin runzelte die Stirn, als wüsste er selbst nicht, was sie meinte.
„Also, wie du jetzt weißt, sehe ich Auren und... Eigentlich wollte ich mit dir reden, weil mir etwas aufgefallen ist."
Eloise fröstelte es ein wenig. Okay? Sie dachte, das würde einfach ein ganz entspannter Abend werden?
„Ich weiß nicht, ob du es weißt, aber ich dachte mir, bevor du es nicht weißt und ich dich unwissend herumlaufen lasse, frage ich lieber, ob du es weißt."
Okay?
„Weißt du, dass dein Ring verzaubert ist?"
„Verzaubert?", wiederholte Eloise verwirrt und blickte auf das Schmuckstück an ihrem Finger hinab. Der Rubin in ihm war ihr so vertraut wie ihr eigener Name. Wieso erwähnte Marissa ihn?
„Und normalerweise würde ich dazu nichts sagen", fuhr sie fort. „Viele haben verzauberte Gegenstände. Von magisch miteinander verbundenen Notizblöcken, durch die sie mit Freunden kommunizieren, bis zu Federn, die ihre Rechtschreibung korrigieren. Aber — also was ich wahrnehme, ist ein wenig... dunkel. Und ich dachte, das solltest du wissen."
Eloise war wie vor den Kopf gestoßen. War das wieder ein Witz? So ganz verstand sie gar nicht, was Marissa da sagen wollte. Dunkel?
„Du meinst, da ist ein dunkler Zauber an meinem Ring?"
„Na ja." Marissa sah hilflos zu Robin. „Ja."
Eloise schwieg.
„Ich weiß, das hört sich bestimmt komisch an — Ich sehe, wenn etwas Magie an sich hat. Es leuchtet förmlich. Nur dunkle Magie hat etwas... Dunkles um sich. Es ist schwer zu erklären. Ich dachte nur, du trägst bestimmt keinen Ring absichtlich, der mit dunkler Magie behaftet zu sein scheint."
Was sollte das denn? Es war ja nicht so, dass sie genug Probleme hatte... Fred, die Sache mit den Dementoren, Fred, die Todesser bei der Quidditch-WM, Fred, Moody, Fred... Es standen schon ein paar Dinge auf der Liste, über die sie sich den Kopf zerbrach.
Ihr Ring war immer bei ihr gewesen, immer. Seit sie ihn damals... gefunden hatte. Aber nicht irgendwie. Es war, als wäre sie zu ihm geführt worden — das war es doch, was sie immer erzählte, richtig? Sie war aufgewacht, als sie klein war und irgendetwas hatte sie dazu verleitet, ins Ankleidezimmer ihrer Mutter zu gehen und die Schmuckschatulle zu öffnen. Ein Zauber würde das erklären, nicht?
Ihre Mutter hatte gesagt, es sei ein Familienerbstück, ein Obsidianring, der in der Familie weitergereicht wurde. Und Sirius Black — er hatte ihn angesprochen, nicht? Was hatte er noch gleich gesagt? Wusste nicht, dass die Fudges auch so eine Vorliebe für protzige Familienringe haben. Wieso sprach er ihn an? Einfach so? Oder weil er eine solche Art Ring kannte?
Ohne darüber nachzudenken stand sie auf. Sie musste... Sie musste mit ihren Freundinnen darüber reden, herausfinden, was es damit auf sich hatte. Vielleicht sollte sie noch einmal ihre Mutter fragen. Irgendetwas war da noch — irgendetwas, das sie bisher nicht realisierte.
„Ich muss gehen", sagte sie zu Marissa und Robin, als ob sie fürchtete, dass sie den Ansatz einer Erkenntnis in ihrem Kopf verlor, wenn sie hier blieb.
„Eloise—", begann Robin, doch sie wich zurück und rannte schnell zum Gemälde der Fetten Dame, riss es auf und sah sich auf den Treppen um, bevor sie hinunterrannte. Ihr Blick fiel auf ihre Armbanduhr. Scheiße. Schon kurz nach neun? Sie war nach der Ausgangssperre draußen!
Okay, okay. Cool bleiben. Sie hatte das schon mal geschafft, damals mit Fred und George. Waren die beiden überhaupt noch im Gemeinschaftsraum gewesen? Egal, sie musste einfach in den Keller kommen.
Hier war doch ein Geheimgang, oder? Fred und George hatten ihr mal einen gezeigt... Aber hier lag das Problem: Sie hatten ihr einige gezeigt.
Vielleicht würde sie es aber auch so unauffällig schaffen. Einfach den schnellsten Weg die Treppen runter nehmen, egal wie leicht man auf ihnen gesichtet werden konnte. Sie atmete nervös durch. Das musste sie schaffen.
Sie wusste nicht, ob es an ihr lag, aber irgendwie wurde ihr erst, als es still war, klar, wie laut ihre Schuhe eigentlich auf dem Boden klangen. Und die Porträts... Ob eins davon mit Filch befreundet war? Sie warf dem Schäfer mit der Pfeife im Mund, der sie misstrauisch beäugte, einen ebenso skeptischen Blick zu.
Okay, diese Schuhe mussten weg. Sonst könnte sie gleich durch das Schloss laufen und Töpfe aneinander schlagen. Gerade als sie sich runterbeugte, ließ sie jedoch etwas innehalten. Irgendetwas... Was war das? Vorsichtig drehte sie sich zur Seite und dann— Dann hörte sie es noch mal.
„Pst."
„Hallo?", wisperte sie leise, immer noch verwirrt, woher das seltsame Geräusch gekommen war. Als der Wandvorhang neben ihr frustriert zur Seite gezogen wurde und sie jemanden ungeduldig mit der Hand wedeln sah, wurde es ihr klar.
„Mensch Eloise, kommst du jetzt mal?", fragte Fred gehetzt.
„Fred?", versicherte sie sich dennoch, dass er es wirklich war.
„Ja, verdammt", erwiderte er und diesmal zögerte sie nicht. Sie zerrte den Wandteppich zur Seite und flüchtete zu Fred in den Geheimgang. Er trat ein Stück zurück, aber Eloise ließ sich direkt am Eingang gegen die Wand sinken und atmete tief durch. Sie war genauso verwirrt wie nach der Sirius-Black-ist-ja-gar-kein-Mörder-und-Arwen-ist-ein-Werwolf-Sache. „Filch ist auf dem Weg hierher", erklärte Fred und Eloise runzelte die Stirn, endlich ein wenig abgelenkt.
„Woher weißt du das?" Diese sonderbare Karte hatte er doch Harry gegeben.
Seine braunen Augen bohrten sich in ihre. „Ich bin vor ihm abgehauen, um ihn abzulenken, George ist in die andere Richtung."
„Oh", antwortete Eloise einfallslos und sah zu ihm auf. Sollte sie sich bedanken? Dafür, dass er ihr half, obwohl er sauer auf sie gewesen war? Immer noch war?
Bevor sie allerdings gedanklich abwägen konnte, was angemessen wäre, machte Fred wieder einen Schritt auf den Eingang — auf sie — zu und schob sich direkt vor sie, um kurz am Wandteppich vorbeizulugen.
Da war sie: Die Ablenkung, die Eloise seit ein paar Minuten suchte. Und sie stand direkt vor ihr. Eloise wusste nicht, was genau in diesem Moment passierte, aber irgendwie... Plötzlich sah sie Fred an. Anders als sonst. Es war, als würde sie sich über alles bewusst werden. Damit meinte sie nicht, dass ihr auffiel, dass er den braunen, weichen Pullover trug, auf dem ein F stand oder dass seine Haare selbst in der Dunkelheit rot zu leuchten schienen, nein. Er war so... nah. Auf eine seltsame Weise irritierte es Eloise, weil sie es spürte. Sie spürte, wie warm er war, wie nah er war, wie... groß. Er hatte die Hände an den beiden Kanten des Eingangs liegen, um sich vorzubeugen, und jetzt, wo sein Arm so nah vor ihrem Gesicht schwebte, stellte Eloise fest, wie stark sie waren. Und auf einmal fragte sie sich, wie es wohl wäre, wenn er sie mit ihnen umarmen würde, halten würde, sie mit diesen Händen berühren würde. Ja, sie hatte ihn umarmt, aber— Was sie meinte, war irgendwie anders. Und es überrumpelte sie.
Fred lehnte sich zurück und drehte seinen Kopf zu ihr, die braunen Augen mit einer Mischung aus Schalk und Wachsamkeit funkelnd. Doch dann schien er etwas in ihrem Blick zu entdecken, etwas, das es ihr kaum ermöglichte zu blinzeln. Sie konnte ihn nur anstarren. Es würde sich falsch anfühlen, sich zu bewegen. Fast war sie sich sicher, dass sie nicht einmal in der Lage dazu war.
Und da war er, dieser Gedanke, der plötzlich vor ihr aufblitzte wie ein Feuerwerk: Wie wäre es wohl, ihn jetzt zu küssen?
Es war das erste Mal, dass sie ihn in Gedanken aussprach — dass sie ihn über sich hereinbrechen fühlte. Er schien das Kommando zu übernehmen.
Es war seltsam. Sie hatte darüber nachgedacht, Fred zu küssen, ja, über die bloße Tat — das, was man eben immer sah, im Film, in ihrer Umgebung: Zwei Menschen, die ihre Lippen aneinander legten. Sie hatte mit ihren Freundinnen darüber gesprochen, Fred zu küssen, aber sie hatte nie... Sie hatte nie den Gedanken gehabt, wie es sich anfühlen würde. Wie sich seine Lippen anfühlen würden. Sein Atem auf ihrer Haut, wenn sein Mund sie streifte. Würde sie ihre Hände durch sein Haar wandern lassen? Oder er durch ihres?
Sie atmete laut ein. Sollte sie an so etwas denken? Es fühlte sich so... falsch an. Fast so, als würde sie erwischt werden. Aber niemand würde es erfahren, richtig? Niemand würde es wissen. Alles, was sie dachte, gehörte ganz ihr.
Sie würden sich nahe sein, nicht? Die Wärme seines Körpers würde all ihre Sinne schärfen, sie vielleicht sogar kaum atmen lassen. Vermutlich würde er eine Hand auf ihre Taille legen — und Eloise stellte sich vor, wie diese große warme Hand sie festhielt.
Aber ein Geheimgang? Eloise wollte einen romantischen ersten Kuss, mit Rosen oder in einem wunderschönen Kleid. Nicht mitten im Streit und in einem Gang, der vermutlich mehr Spinnen als Menschen gesehen hatte. Das würde sie im Nachhinein bereuen.
Richtig?
Fred betrachtete sie und sie wusste, dass sie etwas sagen musste. Jetzt. Also öffnete sie den Mund und atmete ein, bevor aus ihr herausplatzte: „Ich steh gar nicht auf Robin."
„Hä?", erwiderte Fred verwirrt, bevor er zu verstehen schien.
„Ich stand auch nie auf ihn", fuhr sie hastig fort, um ihm keine Zeit zu geben, etwas zu sagen. Sie überschlug sich fast. „Um ehrlich zu sein hab ich ihn nur erfunden und dann war er da."
Fred sagte lange Zeit gar nichts, bevor er zu grinsen begann. „Also hast du eine Wunderlampe, mit der du dir jetzt Leute herwünschst?"
Zugegeben, es warf sie ein wenig aus der Bahn, aber es... Es tat gut. Ein Lachen kam ihr über die Lippen. Fred wirkte versöhnlich. Das war gut, oder? Dann wurde sie wieder ernst.
„Fred?", fragte sie. Sie wusste nicht einmal, was sie sagen wollte.
„Ja?", gab er zurück.
Doch in diesem Moment hörte Eloise etwas auf dem Gang.
„Scheiße, Filch", fluchte Fred leise und packte sie ohne zu zögern an der Hand. Eloise stolperte ihm hinterher, wenn auch etwas enttäuscht, dass sie nicht dazu gekommen war, es zu sagen. Auch wenn sie nicht wusste, was, aber... Er blieb wieder stehen. Der Gang war ein wenig breiter geworden. „Was wolltest du eben sagen?", fragte er und seine Augen schienen durch sie hindurchzusehen.
„Ich...", begann Eloise. Gute Frage. Sie hätte auch gerne eine Antwort darauf. Komm Eloise, sag schon, was du sagen wolltest. So etwas wie ‚Ich will, dass du mich küsst, bis ich nicht mehr denken kann' vielleicht?
„Ah, hier seid ihr also."
Instinktiv traten Fred und sie voneinander weg.
George kam vor ihnen zum Stehen und Eloise musste zugeben, dass sie nicht wirklich wahrgenommen hatte, dass jemand von der anderen Seite auf sie zulief. „Hallo, Eloise."
„Hallo", antwortete sie benommen. Irgendetwas war eben mit ihr passiert und es war ihr völlig fremd.
„Kommt, wir müssen weiter", sagte George und ohne ihn zu hinterfragen folgten die beiden ihm.
„Also, kleines Treffen mit Robin, hm?", fragte Fred, aber es klang nicht wie die anderen Male, es klang beinahe... zufrieden? Eloise war stolz auf sich, es gesagt zu haben.
Allerdings erinnerten seine Worte sie wieder an den Ring, der plötzlich Tonnen an ihrer Hand zu wiegen schien. Eins stand fest: Heute Nacht würde sie wieder grübelnd wach liegen. Und sie wusste nicht, was sie mehr aufwühlte.
Denn ja, im Laufe der Zeit hatte Eloise viele Emotionen wegen Fred durchlebt. Nervosität, Freude, Abenteuerlust, Scham, Verzweiflung, Peinlichkeit, Verlegenheit, Wohlempfinden, Angst, Wut. Nun jedoch fühlte sie etwas Neues, das sie ihrer Liste hinzufügen konnte: Verlangen. Und sie hatte noch nie etwas so Heftiges erlebt.
Wen killt der Slowburn langsam? ✋✋
Aber ich kann euch versprechen, dass ihr nicht mehr soooooo(ooo) lange warten müsst. Ich halte es ja auch nicht mehr aus haha
Auf jeden Fall hatte Eloise jetzt ein ✨awakening✨. Irgendwie hatte sie einen Crush auf Fred, aber ich glaube, Eloise braucht einfach Zeit, zu verstehen, was sie will, und es ist das erste Mal, dass sie wirklich darüber nachdenkt, was es heißen würde, wenn es ernst wird... und dass er ziemlich hot ist?
Ich glaube sowieso, dass Zauberer ziemlich unaufgeklärt sind, zumindest Eloise bei ihren Eltern, also finde ich, dass es recht realistisch ist, dass sie es nicht so ganz zuordnen kann, was sie fühlt.
ABER GUCKT MAL, SIE HAT IHM GESAGT, DASS SIE NICHT AUF ROBIN STEHT??
i'm proud of her 🫶🫶
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